OGH 5Ob26/91

OGH5Ob26/9117.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schwarz, Dr. Graf und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Marion G*****, vertreten durch Dr. Michael Lackner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung von Anteilen der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** N***** infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 6. Februar 1991, GZ 22 R 3/91, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 22. November 1990, TZ 1922/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin und ihr geschiedener Mann sind zu je 87/6026 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG N***** mit gemeinsamem Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 16. Ihre Anteile am Mindestanteil sind gemäß § 12 Abs 1 WEG 1975 verbunden.

Im Zuge der Ehescheidung wurde die Wohnung zur Gänze der Antragstellerin überlassen. Der gerichtliche Vergleich vom 7. Februar 1990 (GZ Sch 4/90 des Bezirksgerichtes N*****) hält in Punkt 5. die Übergabe der Anteile des Mannes an die Frau und deren Anteilsübernahme fest; außerdem erklärte der Mann die ausdrückliche und unwiderrufliche Zustimmung, daß an den ihm gehörigen Anteilen, mit denen das Wohnungseigentum verbunden ist, das Eigentumsrecht für die Antragstellerin einverleibt wird.

Unter Vorlage dieses Vergleiches begehrte die Antragstellerin in einer beglaubigt unterfertigten Eingabe die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung "ob der 87/556 und 87/556 Anteile an der Liegenschaft EZ ***** B-LNR 30 und 31". Ein Anhang, der vom Vertreter der Beklagten in deren Namen verfaßt wurde, stellt dazu klar, daß die eingangs angeführten Liegenschaftsanteile gemeint sind und die unrichtige Bezeichnung auf einen Rechenfehler zurückgeht. Das Grundbuchsgesuch wurde dahingehend modifiziert, die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung als ein "Minus" bei den kleineren Eigentumsanteilen anzumerken.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß gemäß § 53 Abs 1 GBG nur der Eigentümer die Rangordnungsanmerkung erwirken könne und die Antragstellerin noch nicht Eigentümerin des gesamten Mindestanteils sei. Einer teilweisen Stattgebung des Begehrens stehe wiederum das Verbot einer unterschiedlichen Anteilsbelastung entgegen. Im übrigen sei das Eintragungsobjekt unzulänglich bezeichnet worden, und zwar einerseits durch den Fehler bei der Größenangabe der Miteigentumsanteile, andererseits durch das Versäumnis, auf das mit den Anteilen untrennbar verbundene Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 16 hinzuweisen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, ließ jedoch den ordentlichen Revisionsrekurs zu, nachdem es den Wert des Entscheidungsgegenstandes mit mehr als S 50.000 eruiert (§ 60 Abs 2 JN) und dies auch ausgesprochen hatte.

Nach nahezu einhelliger Ansicht gebe nämlich § 53 Abs 1 GBG nur dem bücherlichen Eigentümer das Recht, die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu verlangen (E 1 zu § 53 GBG, MGA3; Feil, Liegenschaftsrecht II 1174). Davon werde zwar von einem Teil der Rechtsprechung (E 2 zu § 53 GBG aaO) eine Ausnahme zugunsten des eingeantworteten Erben gemacht (gemeint ist die Annahme zugunsten des erbserklärten Erben, namens der Verlassenschaft die Anmerkung der Rangordnung zu beantragen), doch spreche dafür immerhin das gewichtige Argument, daß ja der verstorbene bücherliche Eigentümer für ein Rangordnungsgesuch nicht mehr in Frage komme und deshalb eine solche Anmerkung bei Nachlaßliegenschaften überhaupt unmöglich wäre. Auf den gegenständlichen Fall ließen sich diese Überlegungen nicht übertragen. Es bestehe kein Hindernis für die beiden bücherlichen Eigentümer des Mindestanteils, um die Rangordnungsanmerkung für die beabsichtigte Veräußerung anzusuchen.

Zu folgen sei dem Erstgericht auch darin, daß es unzulässig wäre, die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung nur bei den Anteilen der Antragstellerin anzumerken. Diese Anmerkung setze nämlich voraus, daß nach dem Grundbuchsstand die Einverleibung des einzutragenden Rechtes oder die Löschung des bestehenden Rechts zulässig wäre. Im konkreten Fall müßte also die Veräußerung als solche zulässig sein. Dem stehe § 8 Abs 1 WEG entgegen, der die Teilung des mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils nur zur Begründung des gemeinsamen Ehegattenwohnungseigentums ermögliche. Auch § 9 Abs 2 WEG bringe dies mit dem Verbot zum Ausdruck, die Anteile der Ehegatten am Mindestanteil getrennt zu veräußern. Im übrigen sei gemäß § 11 Abs 1 WEG im Fall der Scheidung die Miteigentumsgemeinschaft am Mindestanteil binnen Jahresfrist aufzuheben und deren Fortsetzung mit einem Dritten ausgeschlossen. Das Gesuch der Antragstellerin sei daher zur Gänze und nicht etwa nur hinsichtlich der dem Mann gehörenden Liegenschaftsanteile abzuweisen.

Die beiden anderen Abweisungsgründe wurden vom Rekursgericht gleichfalls bekräftigt. Die unrichtige Größenbezeichnung der Miteigentumsanteile stehe einer Stattgebung des Grundbuchsgesuches entgegen, weil gemäß § 96 Abs 1 GBG nicht mehr oder etwas anderes bewilligt werden dürfe, als die Partei angesucht hat. Es sei zwar richtig, daß die tatsächlich gemeinten Liegenschaftsanteile mathematisch ein Minus gegenüber den im Grundbuchsgesuch angeführten Anteilen darstellen, in rechtlicher Hinsicht liege jedoch ein Aliud vor. Es gehe darum, daß der Antrag nicht mit dem Grundbuchsstand übereinstimme, wobei eine Abweichung im Nenner des Bruches noch mehr Unklarheiten stifte als eine solche im Zähler. Es sei daher jener Rechtsprechung zu folgen, die die Bewilligung der Rangordnungsanmerkung hinsichtlich eines Teils nicht als Minus, sondern als Aliud wertet (NZ 1987/100 S 220).

Schließlich sei dem § 85 Abs 1 GBG nicht entsprochen worden, der verlange, die Grundbuchseinlagen, in denen eine Eintragung geschehen soll, mit derjenigen Bezeichnung anzuführen, unter der sie im Grundbuch aufscheinen. Im gegenständlichen Fall habe es die Antragstellerin verabsäumt, auf das mit den Miteigentumsanteilen untrennbar verbundene Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 16 hinzuweisen. Eine solche Klarstellung sei nicht erst für den Veräußerungsvorgang zu fordern, sondern bereits für die darauf abzielende Rangordnungsanmerkung. Die bloße Angabe der Miteigentumsanteile - auch unter Anführung der laufenden Nummern des Eigentumsblattes - reiche nicht aus, um auf die untrennbare Verbindung von Wohnungseigentum und Mindestanteil (§ 7 Abs 1 WEG) hinzuweisen. Die Doppelnatur des Wohnungseigentums werde nur durch die zweifache Umschreibung hinlänglich zum Ausdruck gebracht und rechtlich erschöpfend umrissen (NZ 1988/129 S 287; RpflSlgG 583).

Die Zulassung des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit einer fehlenden höchstgerichtlichen Judikatur zu den zuletzt erörterten Rechtsfragen.

Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, sie im Sinne einer Bewilligung ihres Grundbuchsgesuches abzuändern oder aber - wegen des Postulats einer einzigen Beschlußausfertigung (§ 54 GBG) - aufzuheben und dem Erstgericht eine dem Grundbuchsgesuch stattgebende Beschlußfassung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Auf die vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfragen wäre nur dann einzugehen, wenn der erste Abweisungsgrund - die mangelnde Antragslegitimation - versagt. Die Vorschrift des § 95 Abs 3 GBG, in einem das Grundbuchsgesuch ganz oder teilweise abweisenden Beschluß alle Gründe anzugeben, die der Bewilligung entgegenstehen, gilt nämlich nach ihrer Zweckbestimmung nicht für den Fall, in dem eine Wiederholung des Grundbuchsgesuches ohnehin nicht in Frage kommt (JBl 1953, 297; 5 Ob 83/87; 5 Ob 1003/91). Hier wäre das Ranganmerkungsgesuch der Antragstellerin unmittelbare Grundlage der begehrten Eintragung (§ 53 Abs 3 GBG). Wird es als unzureichend erkannt, weil es beide Miteigentümer des mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils hätten einbringen müssen, dann kann ohnehin nur ein neuer Antrag zur begehrten Ranganmerkung führen. Lediglich zur Vermeidung von Mißverständnissen sei daher zu dem auf § 85 Abs 1 GBG gestützten Abweisungsgrund der Vorinstanzen noch bemerkt, daß nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes weder im Grundbuchsgesuch noch in der Erledigung darauf hingewiesen werden muß, daß mit dem vom Eintragungsbegehren betroffenen Miteigentumsanteil Wohnunsgeigentum verbunden ist (5 Ob 4/82).

Auch die Sachlegitimation der Antragstellerin wirft jedoch eine im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage auf. Im Revisionsrekurs wird nämlich der Rechtsstandpunkt vertreten, die neuerdings vom Obersten Gerichtshof judizierte Zulassung eines Ranganmerkungsgesuches durch den eingeantworteten (noch nicht verbücherten) Erben (WoBl 1991/41; EvBl. 1991/31) sei auf alle Fälle eines "unstrittigen außerbücherlichen Eigentumes" anzuwenden.

Der Revisionsrekurs ist daher zulässig; ihm fehlt jedoch die Berechtigung.

Vorauszuschicken ist, daß auch die Antragstellerin nicht bezweifelt, das Ehegattenwohnungseigentum lasse nur gemeinsame Verfügungen der Miteigentümer des Mindestanteils zu (SZ 51/4 uva, zuletzt 5 Ob 79/90). Sie bestreitet angesichts der klaren Gesetzesaussage in § 53 Abs 1 GBG auch nicht, daß nur der Eigentümer berechtigt ist, die bücherliche Anmerkung für eine beabsichtigte Veräußerung zu verlangen. Die Antragstellerin vertritt allerdings den Standpunkt, damit sei jeder, auch der außerbücherliche Eigentümer gemeint, und nimmt für sich in Anspruch, selbst bereits außerbücherliche Eigentümerin des fraglichen Miteigentumsanteils zu sein. Durch den Abschluß des Scheidungsvergleiches sei es nämlich zur gerichtlich autorisierten Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft am Mindestanteil gekommen, die ihr außerbücherliches Eigentum am Anteil des Mannes verschafft habe. Es liege somit eine Zivilteilung besonderer Art vor, die gleich einem Urteilsspruch über die Auflösung einer Miteigentumsgemeinschaft zur außerbücherlichen Übertragung des Eigentumsrechtes führe und nicht nur einen darauf gerichteten obligatorischen Anspruch begründe. Auch das allgemein anerkannte außerbücherliche Eigentum des eingeantworteten Erben sei von der Judikatur gegen den engen Wortlaut der §§ 431, 436 und 819 ABGB geprägt worden, sodaß der Gleichbehandlung der Antragstellerin, die ja auch ein gerichtliches Schriftstück vorweisen könne, nichts im Wege stehe. Schließlich könne aus dem Wesen des Ehegattenwohnungseigentums, das nur gemeinsame Verfügungen über den Mindestanteil gestatte und eine unterschiedliche Belastung der Anteile der Ehegatten am Mindestanteil verbiete, auch auf die Antragslegitimation jedes einzelnen Teilhabers am Mindestanteil geschlossen werden, eine Ranganmerkung für die beabsichtigte Veräußerung des gesamten Mindestanteils zu erwirken. Jeder Teilhaber am Mindestanteil sei nämlich unbestreitbar grundbücherlicher Eigentümer im Sinne des § 53 Abs 1 GBG, der von Gesetzes wegen die Ranganmerkung verlangen könne; dann müsse sich die Ranganmerkung wegen der notwendigerweise einheitlichen Behandlung des Mindestanteils auch auf den gesamten Mindestanteil beziehen.

Das zuletzt angeführte Argument läßt sich mit dem Hinweis auf § 9 Abs 2 WEG widerlegen, der nur die "gemeinsame" Veräußerung des mit Ehegattenwohnungseigentum verbundenen Mindestanteils erlaubt. Die in § 53 GBG vorgesehene Anmerkung der Rangordnung kann gemäß Abs 3 leg.cit. wiederum nur dann bewilligt werden, wenn nach dem Grundbuchsstand die Einverleibung des einzutragenden Rechts möglich wäre, wenn daher die Veräußerung des mit Ehegattenwohnungseigentum verbundenen Mindestanteils ein gemeinsames Vorgehen der Teilhaber erfordert, dann gilt dies auch für die Einbringung eines diesbezüglichen Rangordnungsgesuches. Solange die Eigentumsgemeinschaft am Mindestanteil besteht, haben die Ehegatten - sofern keine Stellvertretung

vorliegt - übereinstimmende Erklärungen abzugeben (vgl. 5 Ob 25/83).

Allen übrigen Argumenten der Antragstellerin ist entgegenzuhalten, daß sie nicht außerbücherliche Eigentümerin der Miteigentumsanteile ihres Mannes ist. Gemäß § 436 ABGB ist nämlich die Einverleibung (§§ 431-433 ABGB) oder die Hinterlegung der Urkunde (§§ 434, 435 ABGB) erforderlich, wenn das Eigentum unbeweglicher Sachen oder eines Bauwerkes zufolge rechtskräftigen Urteils, gerichtlicher Teilung oder Einantwortung einer Erbschaft übertragen werden soll. Hinsichtlich des eingeantworteten Erben haben Judikatur und Lehre aus hier nicht zu erörternden Gründen zwar den außerbücherlichen Eigentumserwerb anerkannt (EvBl 1991/31 mwN); hinsichtlich der Teilung oder Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft sind sich jedoch Judikatur und Lehre ebenso einig, daß sie lediglich Erwerbstitel für die Anteile der übrigen Teilhaber sind und zur Vollendung des Erwerbs (Begründung des Alleineigentums) die Übergabe (bei verbücherten Liegenschaften also die Einverleibung iS des § 431 ABGB) erforderlich ist (Gamerith in Rummel I2, Rz 4 zu § 841 ABGB; EvBl 1964/71; RZ 1964, 204; MietSlg 32.092; MietSlg. 37.046). Das gilt sowohl für den Teilungsvertrag als auch für den Urteilsspruch (Gamerith aaO, Rz 2 zu § 846). Unabhängig davon wäre nicht einsichtig, warum der im Scheidungsverfahren abgeschlossene Vergleich einer gerichtlichen Entscheidung (konkret einem Einantwortungsbeschluß) gleichgehalten werden soll. Der Abschluß eines gerichtlichen Vergleichs macht die Willenseinigung zwischen der Antragstellerin und ihrem geschiedenen Mann über die Vereinigung der Anteile am Mindestanteil in der Hand der Antragstellerin vollstreckbar, sie bleibt jedoch rechtsgeschäftlicher Natur.

Damit erweisen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen jedenfalls insoweit als richtig, als sie die Ranganmerkung für die beabsichtigte Veräußerung des mit Ehegattenwohnungseigentum verbundenen Mindestanteils ablehnten, weil die Antragstellerin noch nicht Eigentümerin des Anteils ihres geschiedenen Mannes ist. Daß nur der Eigentümer um eine solche Rangordnungsanmerkung ansuchen kann, ergibt sich nämlich eindeutig aus § 53 Abs 3 GBG und wurde durch die jüngste Judikatur zur Antragslegitimation des eingeantworteten, aber noch nicht einverleibten Erben auch nicht in Frage gestellt. Es wurde vielmehr eindeutig darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit der Rangordnungsanmerkung nur dem "Eigentümer" offensteht, was etwa beim Erben die Einantwortung voraussetzt (WoBl 1991/41 mit zustimmender Anmerkung von Hoyer).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte