OGH 6Ob502/91

OGH6Ob502/9111.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Katrin Christine K*****, geboren am 5. April 1977, infolge Revisionsrekurses des Vaters Kurt P*****, und *****, vertreten durch Dr.*****, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 10. Dezember 1990, GZ R 517/90-50, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 31.Mai 1990, GZ P 101/84-47, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung über den Rekurs des Vaters aufgetragen.

Text

Begründung

Ingrid R*****, geschiedene K*****, brachte am 5.4.1977 - außerhalb der Ehe und noch unter ihrem Mädchennamen A***** - die mj.Katrin Christine A*****, nunmehr durch Namensgebung K***** (ON 2), zur Welt. Die Mutter bezeichnete fälschlich Hubert K***** als Vater. Dieser anerkannte am 10.5.1977 vor der Bezirkshauptmannschaft J***** die Vaterschaft zum Kind, obwohl er wußte, daß er nicht der Vater sein konnte. Hubert K***** verpflichtete sie sich zunächst mit den vor der Bezirkshauptmannschaft J***** am 10.5.1977 und 8.11.1977 abgeschlossenen Vergleichen zur Zahlung von monatlichen Unterhaltsbeträgen in Höhe von 800 S bzw 1.000 S (ON 1 und 10), später kam es zu gerichtlichen Unterhaltsfestsetzungen (ON 17: ab 1.4.1983 monatlich 1.650 S; ON 29: ab 1.7.1984 monatlich

1.300 S). Da Hubert K***** ab Mai 1983 keine Unterhaltszahlungen mehr leistete, wurden für das Kind in der Zeit vom 1.3.1984 bis 28.2.1990 monatliche Unterhaltsvorschüsse in Titelhöhe, also zunächst in Höhe von 1.650 S und ab 1.7.1984 in Höhe von 1.300 S, gewährt (ON 18, 30 und 37).

Auf Grund einer von der Staatsanwaltschaft L***** am 5.11.1985 erhobenen Klage gemäß § 164 c ABGB stellte das Bezirksgericht K***** mit Urteil vom 9.2.1989, GZ 3 C 1/88i-61, fest, daß Kurt P***** der Vater der mj.Katrin Christine K***** ist. Sowohl die Berufung als auch die Revision des Kurt P***** blieben erfolglos (Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 27.10.1989, 8 Ob 669/89).

Am 21.3.1990 beantragte die Bezirkshauptmannschaft K***** als Sachwalter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche, den nunmehr rechtskräftig als Vater festgestellten Kurt P***** zu nachstehenden monatlichen Unterhaltsleistungen zu verpflichten (ON 41):

  1. a) für Mai 1983: 1.300 S;
  2. b) vom 1.6.1983 bis 30.6.1984: 1.650 S;
  3. c) vom 1.7.1984 bis 28.2.1990: 1.300 S;
  4. d) ab 1.3.1990: 2.930 S (Regelbedarfsatz).

Im Antrag wurde lediglich darauf hingewiesen, daß Hubert K***** per Mai 1983 seine Unterhaltszahlungen eingestellt habe, worauf ab 1.3.1984 bis 28.2.1990 ein Unterhaltsvorschuß gewährt worden sei.

Der Antrag wurde dem Vater mit Beschluß vom 22.3.1990 (ON 42) gemäß § 185 Abs 3 AußStrG unter Setzung einer Frist von 14 Tagen zur Äußerung zugestellt, widrigenfalls angenommen werde, daß ihm keine Einwendungen entgegengesetzt werden. Die Zustellung erfolgte unter der Wiener Anschrift des Vaters (1030 W*****). Nach erfolglosen Zustellversuchen vom 3. und 4.5.1990 wurde die Sendung noch am 4.5.1990 mit Beginn der Abholfrist an diesem Tag beim Postamt W***** 1030 hinterlegt; sie langte am 23.5.1990 beim Erstgericht als unbehoben zurück.

Das Erstgericht gab dem Unterhaltsfestsetzungsantrag zur Gänze statt. Es ging davon aus, daß der Vater mangels einer Äußerung dem Antrag keine Einwendungen entgegenzusetzen habe. Die Höhe der beantragten Unterhaltsbeträge liege im Rahmen des Regelbedarfes gleichaltriger Kinder. Eine entsprechende Leistungsfähigkeit des Vaters könne angenommen werden, zumal er aus der Vermietung seiner Tennisplätze in B***** ein entsprechendes Einkommen erzielen könne und auch einen neuen VW-Bus, Baujahr 1989, besitze.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Vaterschaftsanerkenntnis des Hubert K***** sei mit Rechtskraft des die Vaterschaft des Rekurswerbers feststellenden Urteils rückwirkend rechtsunwirksam geworden, was auch für die Vergangenheit zu einer Vernichtung der Rechtsbeziehungen (gemeint offenbar: der Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse) zwischen dem ersteren und dem Kind geführt habe. Dem Vater seien wegen seiner Nichtäußerung gemäß § 185 Abs 3 AußStrG der im Rekurs erhobene Verjährungseinwand und das dort erstmalig erhobene Sachgegenvorbringen zur eigenen Leistungsfähigkeit und zu seinen sonstigen Sorgepflichten verwehrt. Zwar seien auch im Unterhaltsfestsetzungsantrag keine näheren Behauptungen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vaters aufgestellt worden, doch ergebe sich bereits aus der Aktenlage, daß er keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen habe und auf einem gepachteten Grundstück einen Tennisplatz betreibe, woraus er allerdings derzeit keine Einkünfte beziehe; aus der Errichtung des Tennisplatzes bestünden noch Schulden von 700.000 S. Der Vater beziehe den eigenen Unterhalt von seiner geschiedenen Frau; er sei aber auch noch Eishändler und besitze einen VW-Bus, Baujahr 1989, den er geschäftlich nutze. Es könne daher nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, daß der Vater seit 1983 aus seinen geschäftlichen Tätigkeiten Reingewinne erzielt habe, die ihm die Zahlung der geforderten Unterhaltsbeträge durchaus ermöglichten.

Der gegen die bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerber macht nunmehr erstmals geltend, daß er nicht imstande gewesen sei, die ihm gemäß § 185 Abs 3 AußStrG eröffnete Äußerung abzugeben, weil die entsprechende Aufforderung unter seiner Wiener Anschrift zugestellt worden sei, wo er sich aber damals - wie jedes Jahr zu Frühlingsbeginn - gar nicht mehr aufgehalten habe. Trifft dies zu, dann kann die Rechtsfolge der unterlassenen Äußerung, nämlich der Ausschluß des erfolglos zur Äußerung aufgeforderten Beteiligten vom Vorbringen von Neuerungen im Rekurs (ÖA 1981, 54; SZ 52/155; EFSlg 37.470; AnwBl 1990, 158 uva), auch nicht zum Tragen kommen. Die Aufforderung gemäß § 185 Abs 3 AußStrG setzt ja eine wirksame eigenhändige Zustellung voraus. Liegt eine solche nicht vor, dann begründet die Nichtberücksichtigung von im Rekurs erhobenen Neuerungen eine mit Nichtigkeit bedrohte Verletzung des rechtlichen Gehörs in zweiter Instanz.

Im vorliegenden Fall haben die vom Obersten Gerichtshof veranlaßten Erhebungen über die Zustellung der Aufforderung gemäß § 185 Abs 3 AußStrG an den Vater ergeben, daß dieser jedenfalls ab Mai 1990 nicht mehr in W***** ortsanwesend war, sondern damals bereits - wie alljährlich ab Beginn der wärmeren

Jahreszeit - seinen Wohnwagen beim Tennisplatz in B*****, bezogen hatte. Daraus folgt aber, daß die eigenhändige Zustellung durch Hinterlegung wegen Ortsabwesenheit des Vaters unwirksam war (Fasching, Lehrbuch2 Rz 537 mwN; SZ 57/34 ua; zuletzt etwa 5 Ob 599/90). Der Vater konnte daher gemäß § 10 AußStrG in seinem Rekurs sehr wohl Neuerungen vorbringen und hiefür auch Beweismittel anbieten, so daß der vom Rekursgericht angenommene diesbezügliche Ausschluß des Rechtsmittelwerbers eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs zur Folge hat und somit die Nichtigkeit des Rekursverfahrens begründet.

Schon aus diesem Grunde war der angefochtene Beschluß als nichtig aufzuheben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung über den Rekurs des Vaters aufzutragen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte