Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde mit dem während der Ehe der Streitteile ergangenen Anerkenntnisurteil vom 13.7.1981 schuldig erkannt, der Beklagten ab 9.6.1981 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.500 S zu bezahlen. Die Ehe wurde am 21.4.1983 mit Wirkung von diesem Tag aus dem Verschulden des Klägers gemäß § 49 EheG geschieden. Der Beklagten wurde auf Grund des Anerkenntnisurteils gegen den Kläger mit zwei sich zum Teil überschneidenden Beschlüssen zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands und der in Zukunft fälligen Unterhaltsbeträge die Exekution auf eine Geldforderung des Klägers und gemäß § 294 a EO bewilligt.
Der Kläger erhob mit einer beim Erstgericht zu Protokoll gegebenen Klage gegen die "Exekutionsbewilligung" Einwendungen mit dem Begehren auszusprechen, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Anerkenntnisurteil ab 1.9.1986 erloschen sei. Er brachte hiezu vor, daß die Beklagte gegen ihn infolge einer Änderung der Verhältnisse im Hinblick auf sein geringes Einkommen und ihr eigenes Einkommen und Vermögen keinen Unterhaltsanspruch mehr habe.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.4.1990 gab der Kläger auf Frage des Richters an, daß die Ehe der Streitteile geschieden sei.
Das Erstgericht schob auf Grund des mit der Klage verbundenen Antrags die beiden von der Beklagten geführten Exekutionen auf. Aus dem hierüber ergangenen Beschluß ergibt sich, daß es auf Grund der Vermögensbekenntnisse, welche die Parteien im Rechtsstreit mit dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vorlegten und in denen sie auf die Scheidung ihrer Ehe hinwiesen, den Akt des Scheidungsverfahrens beigeschafft hatte.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 5.6.1990, die nach dem Beschluß über die Aufschiebung der Exekutionen abgehalten wurde, wendete der Kläger gegen den von der Beklagten betriebenen Anspruch auch ein, daß dieser infolge der Scheidung der Ehe erloschen sei. Die Beklagte brachte hiezu vor, daß das Vorbringen des Klägers wegen der Eventualmaxime unbeachtlich sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Unterhaltstitel habe durch die Scheidung der Ehe seine Wirksamkeit verloren. Hierauf könne trotz der Eventualmaxime Bedacht genommen werden, weil die Scheidung durch die Vorlage der Vermögensbekenntnisse ausdrücklich zugestanden und offenkundig geworden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Kläger habe durch sein Vorbringen über die Scheidung nicht gegen die Eventualmaxime verstoßen, weil dem Erstgericht die Scheidung schon auf Grund der Beischaffung des Scheidungsaktes und somit auf Grund seiner amtlichen Stoffsammlungstätigkeit bekannt gewesen sei. Aus der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht des § 178 ZPO und dem Gebot des § 272 ZPO ergebe sich, daß das Gericht auch die über die Parteienbehauptungen hinausgehenden Ergebnisse des Beweisverfahrens zu berücksichtigen und seiner Entscheidung zugrundezulegen habe. Die im § 35 Abs 3 EO festgelegte Eventualmaxime hindere das Gericht nicht, derart überschießende Beweisergebnisse zu verwerten, zumal sie sich als Norm der Verfahrenskonzentration nicht an das Gericht, sondern an die Prozeßparteien wende.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des "Verfahrens" und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder allenfalls das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung "an die Unterinstanz" zurückzuverweisen.
Der Kläger erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zwar zulässig, weil zu der in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Frage, welche Rechtsfolgen die unrichtige Anwendung der Bestimmungen über die Eventualmaxime hat, eine veröffentlichte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt. Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Die Eventualmaxime ergibt sich für die Oppositionsklage aus § 35 Abs 3 EO, wonach alle Einwendungen, die der Verpflichtete zur Zeit der Erhebung der Klage vorzubringen imstande war, bei sonstigen Ausschluß gleichzeitig geltend gemacht werden müssen. Diese Vorschrift hat bloß verfahrensrechtlichen Inhalt. Sie regelt, daß Einwendungen, die erst nach der Einbringung der Klage erhoben werden, obwohl sie schon in der Klage vorgebracht werden konnten, in dem über die Klage durchgeführten Verfahren nicht berücksichtigt werden dürfen. Geschieht dies dennoch, so kann demnach nur ein Mangel dieses Verfahrens vorliegen.
Diese Ansicht wurde schon in den - nicht
veröffentlichten - Entscheidungen 3 Ob 12/64, 3 Ob 63/64 und 3 Ob 103/72 vertreten und entspricht auch dem Schrifttum (Heller-Berger-Stix I 419 - die dort zitierte E JBl 1953, 489 scheint nicht gegenteilig zu sein -; vgl auch Fasching, ZPR2 Rz 712; Holzhammer, ZPR2 135). Der erkennende Senat hält daran fest. Die Entscheidung darüber, ob ein Vorbringen gegen die Eventualmaxime verstößt, ist der Entscheidung über die Zulassung einer Klagsänderung gemäß § 235 ZPO oder zur Frage der Überschreitung des Klagebegehrens gemäß § 405 ZPO oder der Nichterledigung eines Sachantrags (vgl § 496 Abs 1 Z 1 ZPO) ähnlich. Die Bekämpfung all dieser Entscheidungen richtet sich nach den Regeln über die Geltendmachung von Verfahrensmängeln, die eine Nichtigkeit nicht bewirken (vgl zur Klagsänderung JUS 1986 H 22, 13 und zum Klagebegehren EFSlg 57.763 und ÖBl 1989, 149 mwN).
Mit der in der Berufung der Beklagten enthaltenen Behauptung, daß die Ehescheidung wegen der Eventualmaxime nicht hätte berücksichtigt werden dürfen, wurde somit ein Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend gemacht. Leitet man aus der im angefochtenen Urteil enthaltenen Begründung ab, daß das Berufungsgericht diesen Mangel nicht als gegeben ansah, dann kann er mit Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (aus jüngerer Zeit etwa ÖBl 1984, 109; EFSlg 49.387; RPfSlgG 2266). Ist aber die Begründung so zu verstehen, daß das Berufungsgericht die Frage der Verletzung der Eventualmaxime nicht für bedeutsam hielt, weil die zur Scheidung getroffenen Tatsachenfeststellungen auf jeden Fall berücksichtigt werden konnten und mußten, so hat das Berufungsgericht die Mängelrüge der Beklagten, welche ihre Berufung ungeachtet der - gemäß § 84 Abs 2 letzter Satz ZPO unerheblichen - Benennung eines anderen Berufungsgrundes enthielt, nicht erledigt. Der Verfahrensmangel, der dem Berufungsgericht in diesem Fall unterlaufen wäre, hätte in der Revision geltend gemacht werden müssen, wozu notwendig gewesen wäre, daß sich die Beklagte darin gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes wendet, auf überschießende Feststellungen sei unabhängig von der Eventualmaxime Bedacht zu nehmen. Da dies nicht geschah, ist auf die Revisionsausführungen zur Eventualmaxime auch im zweiten Fall nicht weiter einzugehen.
Die von den Vorinstanzen in der Sache vertretene Rechtsansicht entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (EFSlg 43.710; SZ 55/74; EvBl 1987/18 ua), gegen die in der Revision nichts Stichhältiges vorgebracht wird. Die Beklagte beruft sich darin zu Unrecht auf die Entscheidung EFSlg 49.429, weil diese den - hier nicht vorliegenden - Fall der Scheidung nach § 55 EheG mit einem Verschuldensausspruch nach § 61 Abs 3 EheG betraf. Nur in einem solchen Fall wird der Unterhaltstitel durch die Scheidung der Ehe nicht unwirksam (s noch SZ 52/182; EFSlg 34.094/3; SZ 59/64; JBl 1989, 393 ua).
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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