OGH 1Ob681/90

OGH1Ob681/906.3.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Angela F*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in Mauthausen, wider den Antragsgegner Johann Adolf P*****, vertreten durch Dr. Ulf Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgericht vom 13. Juni 1990, GZ R 356/90-70, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Amstetten vom 12. März 1990, GZ F 2/87-65, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 7.471,80 (einschließlich S 1.245,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde am 2. 5. 1985 aus deren gleichteiligem Verschulden rechtskräftig geschieden. Am 5. 7. 1985 stellte die Frau einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens (bestimmter Hausratsgegenstände und eines PKWs) und der ehelichen Ersparnisse (einer Münzensammlung). Der Mann beantragte am 4. 10. 1985 die Einbeziehung von drei Sparguthaben über je rund S 105.000,- in das Aufteilungsverfahren und machte den Aufteilungsgegenvorschlag, ihm neben verschiedenen Fahrnissen eines der drei Sparguthaben und in Abgeltung seiner für die Ehewohnung im Haus der Tochter der Frau getätigten Arbeits- und Geldaufwendungen eine Ausgleichszahlung von S 300.000,-

zuzuerkennen. Am 16. 4. 1986 schlossen die anwaltlich vertretenen Parteien beim Erstgericht einen Vergleich, wonach der Mann verschiedene näher bezeichnete Fahrnisse erhalte, der PKW nicht in die Aufteilungsmasse falle, der Mann in Ansehung der Ehewohnung keine Ansprüche stelle und beide Teile bezüglich der nicht genannten Fahrnisse auf jede weitere Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG verzichteten. Im Verhandlungsprotokoll ist weiters festgehalten, daß übereinstimmend die Münzensammlung der Aufteilung unterliege, daß der Mann weiterhin die Einbeziehung der drei Sparguthaben in die Aufteilung beantrage und beide Teile übereinstimmend erklärten, das Verfahren nur über Antrag fortsetzen zu wollen (ON 11).

Am 17. 6. 1987 langte beim Erstgericht ein Antrag des Mannes auf Fortsetzung des "ruhenden" Verfahrens über die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse, insbesondere der drei Sparbücher, ein, weil darüber außergerichtlich keine Einigung erzielt worden sei (ON 13). Die Frau lehnte zunächst bei der Verhandlung vom 13. 11. 1987 jegliche finanzielle Abgeltung des Mannes ab (ON 18). Mit Schriftsatz vom 31. 12. 1987 (ON 20) beantragte sie auch die Abweisung des "Fortsetzungs"antrages des Mannes, weil dieser das Aufteilungsverfahren nach dem Vergleich vom 16. 4. 1986 nicht gehörig fortgesetzt habe, so daß sein Anspruch im Sinne des § 95 EheG erloschen sei. Dieser Einwand der Frau wurde - nach einem umfangreichen Verfahren in Ansehung der drei vom Mann in das Aufteilungsverfahren gezogenen Sparbücher - vom Erstgericht erstmals am 12. 3. 1990 mit den Parteien erörtert (ON 64). Der Mann verwies dabei auf ein Schreiben des Vertreters der Frau vom 14. 8. 1986 (Beilage ./13), die Frau auf ein Schreiben des Vertreters des Mannes vom 29. 9. 1986 (Beilage ./Z). In diesen Schreiben finden sich keine Vorschläge über die Aufteilung der Sparbücher oder der Münzensammlung. Vielmehr begehrt die Frau darin vom Mann Schadenersatz für den von ihm beschädigten, der Aufteilung laut Vergleich nicht unterliegenden PKW und die Herausgabe verschiedener Fahrnisse, die ebenfalls nicht mehr der Aufteilung unterlagen. Im Antwortschreiben ging der Mann auf diese Forderungen ablehnend ein und machte zur Abgeltung seiner mit S 250.000,- bezifferten Ansprüche aus dem "Hausum- und -ausbau" einen Vergleichsvorschlag, daß er bei Bezahlung eines Betrages von S 100.000,- seitens der Frau auf seine weitergehenden Ansprüche aus dem Hausum- bzw. -ausbau verzichte. Er bat um Stellungnahme bis Ende Oktober 1986, widrigenfalls "diesbezüglich die Hilfe des Gerichtes" in Anspruch genommen werde. Die Frau reagierte auf dieses Schreiben nicht.

Das Erstgericht wies den im Fortsetzungsantrag vom 17. 6. 1987 enthaltenen Aufteilungsantrag des Mannes ab. Der Aufteilungsanspruch unterliege der einjährigen Ausschlußfrist des § 95 EheG. Die Parteien hätten am 16. 4. 1986 vereinbart, das Aufteilungsverfahren nur über Antrag fortsetzen zu wollen. Im Hinblick auf die erst 14 Monate nach dem Vergleich beantragte Verfahrensfortsetzung und den Verfahrensstillstand ab Oktober 1986 ohne triftigen Grund könne von einer gehörigen Fortsetzung des Aufteilungsverfahrens im Sinne des analog anzuwendenden § 1497 ABGB nicht gesprochen werden.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes, bewertete den Streitgegenstand über S 50.000,- und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Die Rechtsprechung wende die Bestimmung des § 1497 ABGB über die Unterbrechung der Verjährung durch rechtzeitiges Belangen und gehörige Fortsetzung der "Klage" analog auch auf Ausschlußfristen an. Dies treffe auch auf die einjährige Ausschlußfrist des § 95 EheG zu, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führe. Die durch die rechtzeitige Antragstellung eingetretene Unterbrechung der Ausschlußfrist gelte daher dann nicht, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht gehörig fortsetze. Eine unterschiedliche Behandlung der Ausschlußfristen nach der für die Anspruchsverfolgung vorgesehenen Verfahrensart sei sachlich nicht gerechtfertigt. Könne auch der am 16. 4. 1986 von den Parteien vereinbarte Verfahrensstillstand nicht als Ruhen im Sinne der Prozeßgesetze (§§ 168 ff ZPO) angesehen werden, so sei doch die Weiterführung des Verfahrens über die beiderseitigen - nach dem Vergleich offen gebliebenen - Anträge der Parteieninitiative vorbehalten worden. Das Zuwarten mit einem derartigen Fortsetzungsantrag durch 14 Monate sei daher jedenfalls nicht als gehörige Fortsetzung der "Klage" (= des Aufteilungsgegenantrages) zu werten. Aber auch auf zwischenzeitige außergerichtliche Vergleichsgespräche könne sich der Mann nicht berufen, weil die von ihm der Aufteilung unterstellten Sparbücher in der festgestellten Korrespondenz nicht einmal erwähnt seien. Würden Vergleichsverhandlungen nicht ernst oder ohne ersichtlichen Grund nur zögernd geführt, oder erschienen solche bei objektiver Beurteilung der Sachlage aussichtlos, müsse die Verfahrensfortsetzung im frühest möglichen Zeitpunkt erfolgen, um die gehörige Fortsetzung der Klage (des Antrages) zu bewirken. Dies habe der Mann hier versäumt, sodaß sein Aufteilungsanspruch erloschen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des Mannes ist zulässig, weil - soweit ersichtlich - veröffentlichte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die analoge Anwendung der Verjährungsbestimmung des § 1497 ABGB auf die Jahresfrist des § 95 EheG nicht vorliegt; er ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung gerichtlich geltend gemacht wird. Nach herrschender Auffassung ist die Frist des § 95 EheG eine von Amts wegen wahrzunehmende sogenannte materiellrechtliche Ausschlußfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führt (SZ 60/116; SZ 55/192 = JBl. 1983, 648 mit Anm. Huber; SZ 55/163; SZ 54/166 uva; zuletzt 1 Ob 542/90; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 95 EheG; Schwind, Eherecht2 339). Auf Präklusivfristen wenden die Rechtsprechung (SZ 58/180 und SZ 56/103 zu § 1111 ABGB; SZ 49/106, Arb. 9702 und RdW 1985, 380 zu § 34 Abs.1 AngG und § 1162 d ABGB; RdW 1985, 219 zu § 6 DHG; EvBl. 1986/30 zu § 22 Abs.3 UVG; SZ 45/80 zu § 43 Abs.2 KO ua) und das Schrifttum (Koziol-Welser I8 181; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1451; Mader in Schwimann ABGB, Rz 1 zu § 1451 mwN; Huber in Anm. zu JBl. 1983, 648; Koziol in Anm. zu ZAS 1976/6) die Verjährungsvorschriften weitgehend analog an. Ob und wieweit eine analoge Anwendung im Einzelfall gerechtfertigt ist, hat sich am Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift zu orientieren (EvBl. 1986/30; SZ 58/180 ua). Die einjährige Ausschlußfrist des § 95 EheG wurde vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf das Interesse nach ehester Klärung der Vermögensverhältnisse der ehemaligen Ehegatten festgesetzt, das nicht nur diese selbst, sondern auch Dritte haben können (SZ 60/116 mwN; JAB in Ent-Hopf, Das neue Eherecht, 119). Die zeitliche Beschränkung soll auch Beweisschwierigkeiten vermeiden helfen, weil sie den Antragsteller zwingt, den Anspruch zu einer Zeit zu erheben, in der die zur einwandfreien Klarstellung des Sachverhaltes notwendigen Beweismittel in aller Regel noch verfügbar sind. Eine ähnliche Zielsetzung liegt aber auch den Verjährungsbestimmungen zugrunde (vgl. Koziol-Welser aaO 176). Der Oberste Gerichtshof ist der Lehrmeinung Schwinds (Eherecht2 339 und in Ehrenzweig3 Familienrecht 116), daß die Fallfrist des § 95 EheG weder gehemmt, noch unterbrochen werden könne, bereits in der Entscheidung SZ 60/116 nicht schlechthin gefolgt. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 1 Ob 542/90 die Verfristung eines Aufteilungsantrages nach dem Scheitern längerer, über die Jahresfrist des § 95 EheG hinaus geführter Vergleichsverhandlungen wegen grundlosen Zuwartens mit der Antragstellung durch mehr als sechs Monate angenommen, weil sowohl die Berufung des von der objektiven Verfristung betroffenen Teiles auf Treu und Glauben, als auch die Annahme einer durch die Vergleichsverhandlungen eingetretenen Ablaufhemmung nur dann gerechtfertigt wäre, wenn der Antrag nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen unverzüglich, also ohne unnötigen Aufschub in angemessener Frist eingebracht worden wäre.

Aus den dargelegten rechtlichen Erwägungen ist die Bestimmung des § 1497 ABGB auf die Präklusivfrist des § 95 EheG und zwar auch in Ansehung des vom Antragsgegner gestellten Gegenantrages analog anzuwenden. Nach den Intentionen des Gesetzgebers hat die einvernehmliche Aufteilung den Vorrang vor der (außerstreitigen) Gerichtsentscheidung. Unter diesem Gesichtspunkt bestehen gegen eine Vereinbarung der Parteien über einen Verfahrensstillstand (zum Zwecke einer außergerichtlichen Regelung des Aufteilungsanspruchs), wobei die Verfahrensfortsetzung vom Antrag einer der Parteien abhängig gemacht wird, keine Bedenken. Es ist dann aber der darauf folgende Verfahrensstillstand, entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Rechtsansicht, in die Sphäre der Parteien verwiesen, die vom Gericht keine Sachentscheidung verlangen. Die Fortsetzung des Aufteilungsverfahrens oblag nicht, wie in dem im Revisionsrekurs zitierten Fall der Entscheidung JBl. 1990, 530, dem Gericht, sondern den Parteien. Der Antragsgegner hat aber vom 16. 4. 1986 bis Ende September keine außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen geführt und auch nach dem Verstreichen der von ihm im Schreiben vom 29. 9. 1986 für die Annahme seines Vergleichsvorschlages gesetzten Frist (Ende Oktober 1986) bis Mitte Juni 1987 keinen Antrag auf Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens gestellt. Eine gehörige Fortsetzung des Aufteilungsverfahrens liegt dann aber, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, nicht vor. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß das Erstgericht den von der Antragstellerin erhobenen Präklusionseinwand mehr als 2 Jahre unbeachtet ließ und in der Sache verhandelte.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

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