European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1991:0020OB00641.9.0227.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in Ansehung des (angeblich) in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen beweglichen Nachlasses der Erblasserin aufgehoben.
In diesem Umfang wird dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Begründung:
Die am 10. Juli 1984 verstorbene Erblasserin hatte ihren Wohnsitz in Wien. Nach der "Mitteilung eines Todesfalles" des Standesamtes Wien-Hietzing ist ihre Staatsangehörigkeit ungeklärt. In der im Pflegeheim errichteten Todfallsaufnahme wurde die Staatsangehörigkeit der Erblasserin mit "politisches Asyl" angegeben; anläßlich der Ergänzung der Todfallsaufnahme mit der Tochter der Erblasserin wurde diese Angabe in "ohne Staatsbürgerschaft" geändert. Da nach der Todfallsaufnahme der Nachlaß lediglich in einem geringen Guthaben auf einem Girokonto bei einer Wiener Bank bestand, wurde mit Beschluß vom 21. Dezember 1984 angeordnet, daß eine Verlassenschaftsabhandlung von Amts wegen nicht stattfindet (§ 72 Abs 2 AußStrG).
Mit dem am 17. März 1989 beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz begehrte die nunmehrige Revisionsrekurswerberin im Hinblick auf das zwischenweilige Hervorkommen von in der Bundesrepublik befindlichen der Erblasserin gehörigen Fahrnissen (wertvolle Wohnungseinrichtung der Erblasserin und deren vorverstorbenen Mannes in deren Wohnung in P* die von einer Einsatzgruppe der SS beschlagnahmt und von dem in diese Wohnung eingewiesenen Ehepaar nach Deutschland verbracht worden und mangels Gutgläubigkeit dieser Personen im Eigentum der Erblasserin und ihres Mannes geblieben seien) die Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung gemäß § 179 Abs 2 AußStrG, und wegen der Gefahr, daß die Nachlaßobjekte entzogen würden, die Inventarisierung und Schätzung der aufgefundenen Möbel sowie den Vollzug dieser Anordnung durch das im Rechtshilfeweg zu ersuchende Amtsgericht Flensburg. Nach Rückziehung des Antrages auf Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses im Rechtshilfeweg (ON 8 dA) und Annahme der von der erblasserischen Tochter aufgrund des Gesetzes zum gesamten Nachlaß abgegebenen unbedingten Erbserklärung zu Gericht sowie Übertragung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 810 ABGB und § 145 AußStrG an die erblasserische Tochter (ON 13 dA) wiederholte die erblasserische Tochter ihren Antrag auf Errichtung eines Inventars gemäß § 92 Abs 1 AußStrG und Durchführung dieses Antrages im Rechtshilfeweg verbunden mit dem Ersuchen, die genannte Witwe über den Verbleib der Nachlaßstücke zu befragen (ON 14 dA).
Das Erstgericht wies beide Anträge ab, weil keiner der vom Gesetz vorgesehenen Gründe für die Errichtung eines Inventars gegeben seien.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem von der erblasserischen Tochter erhobenen Rekurs nicht Folge und bestätigte den angefochtenen Beschluß mit der Maßgabe, daß der Antrag auf Errichtung eines Inventars, soweit er das inländische Vermögen betrifft, abgewiesen, soweit er das ausländische Vermögen betrifft, zurückgewiesen wurde sowie daß der Antrag, das Amtsgericht Flensburg um die Inventarerrichtung und Befragung über den Verbleib der Nachlaßstücke zu ersuchen, zurückgewiesen wurde; außerdem hob es aus Anlaß dieses Rekurses das bisherige Verfahren, soweit es ausländischen Nachlaß zum Gegenstand hatte, als nichtig auf, wobei es aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zugelassen werde. Das Rekursgericht billigte vorerst die Ansicht des Erstgerichtes über das Fehlen eines gesetzlichen Grundes zur Errichtung eines Inventars, weshalb die Einvernahme der nach dem Vorbringen schlechtgläubigen Erwerberin der Nachlaßstücke nur als eine Art gerichtliche Hilfeleistung bei der Errichtung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses in Betracht käme. Ob eine solche Hilfestellung allerdings so weit gehen könne, daß im Weg einer Art Erkundungsbeweises der potentielle Prozeßgegner gerichtlich über den Wert von Nachlaßsachen, deren Erwerb und Besitz er abstreite, und die er herausgeben solle, befragt werde, erscheine sehr zweifelhaft, diese Frage könne aber offen gelassen werden. Die in Frage stehenden (angeblichen) Nachlaßbestandteile seien durchwegs in der Bundesrepublik Deutschland befindliche Fahrnisse, rechtlich also ausländischer beweglicher Nachlaß. Die Erblasserin sei weder Österreicherin, weshalb die weite inländische Abhandlungsgerichtsbarkeit nach § 21 AußStrG nicht gegeben sei, noch Ausländerin im Sinne der §§ 23, 24 AußStrG (eine Person mit einer unzweifelhaften bestimmten ausländischen Staatsangehörigkeit, weshalb die inländische Verlassenschaftsgerichtsbarkeit betreffend einen ausländischen Nachlaß nicht gegeben sei - vgl. Köhler, IPR2, S. 123, 125 mwN; Schwimann, Internationales Zivilverfahrensrecht, S. 20; in letzterer Zeit vgl. auch Loewe, Internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen in FS Wagner 1987, S. 259 ff), sie habe vielmehr nach den Angaben der Todfallsaufnahme in Österreich politisches Asyl genossen und sei "ohne Staatsangehörigkeit" gewesen: Es finde daher § 25 AußStrG Anwendung, eine Bestimmung, die sich gleichermaßen auf Staatenlose wie auf Konventionsflüchtlinge beziehe (Köhler IPR3 S. 127; derselbe, VAst4 Anm. 2 zu § 25). Eine ausdrückliche Aussage, ob unter dem "beweglichen Nachlaß" nach dieser Bestimmung nur der inländische (wie nach § 23 AußStrG) oder der gesamte, also auch der ausländische bewegliche Nachlaß (wie nach § 21 AußStrG) zu verstehen sei, treffe das Gesetz nicht. Judikatur sei dazu kaum vorhanden. Wohl seien unter dem Leitsatz "die Abhandlung ergreift nur das im Inland befindliche bewegliche Nachlaßvermögen" in der MGA AußStrG2 – E 2 zu § 25, die Entscheidungen GlUNF 1405, SZ 23/42; NZ 1964, 62; NZ 1978, 204 = ZfRV 1979, 53 und ZfRV 1982, 302, angeführt, bei denen es aber, soweit ersichtlich, um die Gerichtsbarkeit bezüglich eines inländischen Nachlasses (sowie auch um andere Fragen) und nicht um die Jurisdiktion bezüglich eines ausländischen Nachlasses gegangen sei. Hingegen habe die Entscheidung vom 7. November 1933, NZ 1934, S. 189 ausdrücklich ausgesprochen, daß die Abhandlung auch das im Ausland befindliche bewegliche Nachlaßvermögen ergreife, es sei denn, daß der ausländische Staat dieses nicht ausfolge. Dieser Entscheidung sei allerdings ein eher ungewöhnlicher Sachverhalt zugrunde gelegen, und letztlich offen geblieben, ob er über den ausländischen beweglichen Nachlaß abgehandelt wurde.
In der Lehre habe Köhler (IPR3, S. 128) den Standpunkt vertreten, daß das im Ausland befindliche unbewegliche und bewegliche Nachlaßvermögen von Staatenlosen, Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit und Flüchtlingen (Konventionsflüchtlingen), wie bei Ausländern, nicht der österreichischen Gerichtsbarkeit unterliege. Schwimann (aaO, S. 21) führe aus, daß bei staatenlosen Erblassern sowie bei solchen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit die österreichische Abhandlungsjurisdiktion für den gesamten inländischen Nachlaß gegeben sei, sie hingegen bei diesen Erblassern für das ausländische Nachlaßvermögen fehle. Flüchtlinge würden in diesem Zusammenhang (Nachlaßabhandlung) nicht genannt (im darauffolgenden Punkt verweise Schwimann jedoch auf Art. 16 der Flüchtlingskonvention, wonach diese hinsichtlich der Jurisdiktion wie Staatsangehörigkeit des Staates behandelt werden, in dem sie gewöhnlichen Aufenthalt haben). Loewe behandle in seinem Beitrag "Internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen" in der FS-Wagner eine geplante gesetzliche Neuregelung dieser Materie und verweise auch darauf (S. 262), daß die Gleichstellung der Staatenlosen mit den Inländern nachvollzogen werden müsse; um klarzustellen, daß nicht der außerhalb des Heimatstaats befindliche Nachlaß von Flüchtlingen den Abhandlungsbehörden dieser Heimatstaaten überlassen werden dürfe, werde sich sicher ein Hinweis auf die bestehenden Übereinkommen (Flüchtlingskonvention BGBl. 1955/55 samt Protokoll BGBl. 1974/78) deswegen nicht ersparen lassen, weil in deren materiellrechtlichen und prozessualen Bestimmungen dem Wortlaut nach Konsequenzen nur aus der Flüchtlingseigenschaft desjenigen gezogen werden, um dessen Rechte es gehe, und zwar im Sinn einer Gleichstellung mit den Angehörigen des Wohnsitzstaates bzw. des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts. Im internationalen Verlassenschaftsverfahren gehe es aber um die Eigenschaften einer nicht daran beteiligten, nicht mehr vorhandenen Person.
Das Rekursgericht habe auch erwogen, daß ein Regelungsbedarf, wie er von der Entscheidung NZ 1934, 189 angenommen worden sei, hier nicht gegeben erscheine: Der Nachlaß, um den es hier im wesentlichen geht, befinde sich in der Bundesrepublik Deutschland, mit der keine vertraglichen Beziehungen betreffend Nachlaßsachen bestünden. Der Vollstreckungsvertrag BGBl. 1960/105 decke seinem Wortlaut nach (Einschränkung auf Entscheidungen "über Ansprüche der Parteien" – Artikel 1 Abs 1) nicht die Anerkennung von Entscheidungen in Verlassenschaftssachen (Loewe, aaO, 266; derselbe in Schriftenreihe des BM für Justiz Nr. 42; Das neue Außerstreitverfahren, Vorträge gehalten in der Richterwoche 1987, 171; Geimer-Schütze, Internationale Urteilsanerkennung II, 63 bis 73, insbesondere 72). Werden aber österreichische Entscheidungen in Nachlaßsachen von den Behörden der BRD mangels vertraglicher Regelung nicht anerkannt, wäre es eine "zwecklose Förmlichkeit" (NZ 1934, 189) über den dort gelegenen Nachlaß abzuhandeln. In diesem Zusammenhang solle nicht unerwähnt bleiben, daß dem Inventar, dessen Errichtung die Einschreiterin trotz Abgabe einer unbedingten Erbserklärung anstrebe, keine Bedeutung über dieses Verlassenschaftsverfahren hinaus zukomme (EvBl. 1990/109 mwN). Das Inventar stelle keinen Titel zum Eigentumserwerb dar. Sei der Erblasser nicht Eigentümer eines Gegenstandes gewesen, so werde auch der Erbe nicht dessen Eigentümer, selbst wenn der Gegenstand im Inventar aufscheint (SZ 38/97; NZ 1973, 15); gleiches gelte auch für das eidesstättige Vermögensbekenntnis. Weigere sich der Besitzer einer angeblichen Nachlaßsache, diese herauszugeben, müsse der eingeantwortete Erbe seine Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg geltend machen (und beweisen). Umgekehrt erscheine eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bezüglich des angeblich dort gelegenen Nachlasses gegeben; zumindest könne sie nicht mit Sicherheit verneint werden. Eine allgemeine gesetzliche Regelung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für den Bereich der Nachlaßsachen kenne das deutsche internationale Verfahrensrecht nicht (hiezu und zum folgenden Keidel (Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit12, 1180 f). Hierbei sei allgemein die Auffassung vertreten worden, daß die deutschen Nachlaßgerichte nur dann international zuständig seien, wenn für die Erbfolge das inländische Recht mindestens teilweise maßgebend sei (Grundsatz des Gleichlaufs zwischen materiellen und Verfahrensrecht). Ein Teil des Schrifttums und auch der Gerichte sprächen sich aber ("mit Recht", wie die Kommentatoren sagten) für eine Ausdehnung der internationalen Zuständigkeit des deutschen Nachlaßgerichts aus. Hiernach sei diese auch gegeben, wenn die Tätigkeit des Nachlaßgerichtes der Verwirklichung des maßgeblichen ausländischen Rechts dienen solle, das ausländische Recht eine derartige Mitwirkung billige und die Tätigkeit des Gerichtes diesem nicht wesensfremd sei; allerdings müsse der Erblasser beim Tod in Deutschland einen gewöhnlichen oder schlichten Aufenthalt gehabt haben (Aufenthaltszuständigkeit) oder Deutscher gewesen sein (Staatsangehörigkeitszuständigkeit) oder Nachlaßgegenstände müßten sich in Deutschland befinden (Gelegenheitszuständigkeit; diese käme hier in Frage).
Zusammenfassend verneinte das Rekursgericht, gestützt auf die (ausdrückliche) Lehrmeinung Köhlers, die inländische Gerichtsbarkeit zur Abhandlung des ausländischen Nachlasses der Erblasserin (zumal auch die aufwendige Schöpfung von Entscheidungen, die nicht mehr seien als ein wertloses Stück Papier, nicht zum Aufgabenbereich der inländischen Gerichtsbarkeit gehöre - vgl. den Leitsatz vom JBl. 1988, 323). Mangels inländischer Gerichtsbarkeit sei daher das bisherige Verfahren, soweit es sich mit jenem behaupteten ausländischen Nachlaß befaßt habe, als nichtig aufzuheben; die dieses Vermögen betreffenden Anträge seien nicht ab-, sondern zurückzuweisen, was mit einer Maßgabebestätigung zum Ausdruck gebracht worden sei (Da das Inventar auch den inländischen Nachlaß umfassen würde, bezüglich dessen die inländische Gerichtsbarkeit fraglos gegeben sei, bleibe es diesbezüglich bei der Abweisung.).
Rechtliche Beurteilung
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß der Frage, ob der ausländische Nachlaß von Staatenlosen, allenfalls Flüchtlingen (Konventionsflüchtlingen) mit Wohnsitz in Österreich der inländischen Abhandlungsgerichtsbarkeit unterliege (allenfalls auch im Zusammenhang mit der Frage, ob es dabei auch darauf ankomme, ob die österreichische Entscheidung im ausländischen Staat, in dem sich das Nachlaßvermögen befinde, anerkannt werde) grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zukomme, zumal es hiezu auch kaum Judikatur gäbe (und diese Fragen auch in der Lehre keine eingehende Behandlung gefunden hätten).
Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz, insoweit er das (behauptete) ausländische Vermögen betrifft, richtet sich der Revisionsrekurs der erblasserischen Tochter mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Rahmen der Anfechtung im Sinne der Bewilligung der Inventarisierung des Nachlasses sowie des Antrages auf Durchführung der Befragung über den Verbleib der Nachlaßstücke durch das Amtsgericht Flensburg abzuändern und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.
Der Revisionsrekurs ist im Sinne der Ausführungen des Rekursgerichtes zulässig, und im Sinne des in dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Wenngleich der Revisionsrekurs verspätet erhoben wurde, - er langte erst am 21. November 1990, also nach Ablauf der durch die am 2. November 1990 erfolgte Zustellung des angefochtenen Beschlusses ausgelösten 14tägigen Rechtsmittelfrist beim Erstgericht ein; auf den Zeitpunkt der Postaufgabe kommt es hier nicht an, weil das Rechtsmittel nicht an das Erstgericht gerichtet war, sondern an das Rekursgericht und dort auch unmittelbar eingebracht wurde (vgl. MGA AußStrG2 § 11 AußStrG E 4.) - so konnte auf das Rechtsmittel doch Rücksicht genommen werden, weil die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen ohne Nachteil eines Dritten möglich war (§ 11 Abs 2 AußStrG), zumal die Ablehnung der Aufnahme von Gegenständen, die sich bei einem Dritten befinden sollen, in das Inventar weder die materiellrechtliche Stellung dieses Dritten noch dessen verfahrensrechtliche Position beeinträchtigt und sonstige dritte Personen am Verlassenschaftsverfahren nicht beteiligt waren.
Im Rahmen der den Obersten Gerichtshof im Hinblick auf die ordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrüge treffenden Verpflichtung zur allseitigen Überprüfung der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen ist vorerst davon auszugehen, daß die erblasserische Tochter unter Anführung eines konkreten Aktes der Bundespolizeidirektion Wien die Behauptung aufgestellt hat, der Erblasserin sei im Jahr 1979 das Asylrecht in Österreich zuerkannt worden (AS 17). Auf dieses Vorbringen sind die Vorinstanzen überhaupt nicht eingegangen; es fehlen damit auch Feststellungen darüber, ob die Erblasserin als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (BGBl. 1955/55) und des Flüchtlingsprotokolles (BGBl. 1974/78) anerkannt wurde oder zumindest Feststellungen, die die Lösung der Vorfrage zuließen, ob sie als ein solcher Flüchtling anzusehen ist (vgl. Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 9 IPRG; Duchek‑Schwind, IPR, VI Anm. 3) zu § 12 der Flüchtlingskonvention). Die Wiedergabe des unüberprüft gebliebenen Inhaltes der Todfallsaufnahme stellt keine taugliche Entscheidungsgrundlage dar. Dieser Frage kommt aber entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Denn falls der Erblasserin Flüchtlingseigenschaft in diesem Sinn zukäme, wäre sie nach Art. 16 Z 2 der Konvention in Österreich in bezug auf die Zulassung zu den Gerichten wie eine österreichische Staatsbürgerin zu behandeln (vgl. Schwimann, Internationales Zivilverfahrensrecht, 21) und müßte sie auch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, wo sie nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, bei den in Z 2 dieses Konventionsartikels angeführten Angelegenheiten die gleiche Behandlung wie ein österreichischer Staatsangehöriger genießen (Art. 16 Z 3 der genannten Konvention). Da für den Bereich des Personen-, (Familien-) und Erbrechts nach österreichischem internationalen Privatrecht (ebenso wie nach deutschem IPR - vgl. Heldrich in Palandt, BGB50, Anh. zu EGBGB 5 (IPR) Anm. 27-) das Personalstatut maßgeblich ist, und dieses für Konventionsflüchtlinge, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 9 Abs 3 IPRG), ist für die Erblasserin - ihre Konventionsflüchtlingseigenschaft vorausgesetzt - somit österreichisches Sachrecht maßgebend. Hätte die Erblasserin daher in bezug auf die Zulassung zu den Gerichten die gleiche Behandlung genießen müssen, wie ein Österreicher, so müßte dieser Schutzanspruch auch in Ansehung ihrer nicht untergegangenen Rechte, dh. für ihren (ruhenden) Nachlaß gelten, der ja nach dem hier maßgeblichen österreichischen Sachrecht im Sinne der herrschenden Meinung ein parteifähiges Rechtssubjekt ist (Koziol-Welser 8 II 381; Welser in Rummel, ABGB2, Rz 2 und 6 zu § 547; Eccher in Schwimann, ABGB III, Rz 1 zu § 547 und Rz 4 zu § 798). Der erkennende Senat vermag sich daher der vom Rekursgericht unter Berufung auf Köhler vertretenen Ansicht, wonach auf das Nachlaßverfahren nach Konventionsflüchtlingen § 25 AußStrG Anwendung finde, nicht anzuschließen. Wäre die Erblasserin Konventionsflüchtling gewesen, so wäre im Hinblick darauf, daß - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - bezüglich der Behandlung des in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen beweglichen Nachlasses eines Österreichers keine staatsvertragliche Regelung besteht, gemäß Art. 16 der Flüchtlingskonvention in Verbindung mit § 21 AußStrG die Einbeziehung eines allfälligen beweglichen Nachlasses der Erblasserin in der Bundesrepublik Deutschland in das inländische Abhandlungsverfahren zwingend, und zwar selbst dann, wenn in der Bundesrepublik Deutschland darüber abgehandelt würde (vgl. die zu § 21 AußStrG ergangenen Entscheidungen EvBl 1974/188; SZ 49/62 = ZfRV 1977, 294 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung). Wenngleich die Einantwortung des Nachlasses der Erblasserin an die Antragstellerin im inländischen Abhandlungsverfahren diese nicht der Notwendigkeit entheben könnte, die Herausgabe von Gegenständen, die ihrer Ansicht nach ihrer Mutter gehört hatten, gegen den Willen der derzeitigen Inhaber im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, so wäre in der im inländischen Verfahren erlassenen Einantwortungsurkunde, selbst wenn diese in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt werden sollte, keineswegs ein bloß "wertloses Stück Papier" - wie das Rekursgericht meinte - oder in der Aufnahme des in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen beweglichen Nachlasses in das Inventar nur eine "zwecklose Förmlichkeit" (vgl. NZ 1934, 189) zu erblicken, weil der erblasserischen Tochter mit einer solchen Einantwortungsurkunde der Nachweis ihrer auch im Sinne des deutschen internationalen Privatrechtes nach österreichischem Sachrecht zu beurteilenden Rechtsnachfolge von Todes wegen (vgl. Art. 5 EGBGB) sicherlich erleichtert würde. Ausgehend von der Flüchtlingseigenschaft der Erblasserin nach der genannten Konvention erweist sich die Annahme des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit in Ansehung eines allfälligen beweglichen Nachlasses in der Bundesrepublik Deutschland durch das Rekursgericht somit als rechtsirrig. Sollte sich hingegen im fortgesetzten Verfahren herausstellen, daß die Erblasserin nicht Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention war, so wäre die inländische Gerichtsbarkeit in Anwendung des § 25 AußStrG in Ansehung des behaupteten beweglichen Nachlasses der Erblasserin nicht gegeben und die Verlassenschaftssache im Sinne der von der erblasserischen Tochter hier bekämpften Entscheidung des Rekursgerichtes spruchreif. Der Oberste Gerichtshof schließt sich nämlich bei der Beurteilung der im Revisionsrekurs ausdrücklich relevierten Frage, ob der im Ausland gelegene bewegliche Nachlaß eines Ausländers, dessen Staatsangehörigkeit nicht ausgemittelt werden kann oder eines Staatenlosen im Sinne des § 25 AußStrG der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt, der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht an. Es trifft nicht zu, daß § 25 AußStrG eine sprachlich und logisch vollkommen klare Bestimmung darstellt, gibt der Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung doch nicht ausdrücklich wieder, ob damit der gesamte, wo auch immer befindliche bewegliche Nachlaß oder bloß der in Österreich gelegene Nachlaß erfaßt wird. Diese Unklarheit (Lücke) des Gesetzes ist im Sinne der Intensität des inländischen Justizbedürfnisses als gesetzesimmanente Wertung (vgl. Schwimann, Internationales Zivilverfahrensrecht, 22) zu schließen. Auf den vorliegenden Fall bezogen hängt somit die Frage, ob die im § 25 AußStrG genannten Personen in Ansehung ihres beweglichen Vermögens wie Ausländer oder wie Inländer zu behandeln sind, von der Art und Intensität der Inlandsbeziehung ab (vgl. Schwimann, aaO, 22). Als Kriterien für die Beurteilung dieser Frage steht hier dem Umstand, daß die Erblasserin ihren letzten Wohnsitz bzw. ständigen Aufenthalt in Österreich hatte, die Tatsache gegenüber, daß die Erblasserin in Österreich überhaupt kein der Verlassenschaft zu unterziehendes Vermögen hinterlassen hat, ihr gesamter Nachlaß sich vielmehr nach den Behauptungen der erblasserischen Tochter ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland befindet.
Bei Abwägung des Gewichtes dieser Kriterien für die Beurteilung des inländischen Justizbedürfnisses ist der Beziehung zum Belegenheitstaat die ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Denn wollte man das Schwergewicht auf die persönliche Beziehung der Erblasserin zu Österreich legen, so hieße dies die Rechtsstellung der Staatenlosen praktisch jener der diesen gegenüber gesetzlich privilegierten Konventionsflüchtlinge anzugleichen, was aber ohne zusätzliche sachliche Gründe nicht gerechtfertigt erscheint. Bedenkt man hingegen, daß nach deutschem Recht - von der Annahme der Staatenlosigkeit der Erblasserin und dem Mangel ihrer Konventionsflüchtlingseigenschaft ausgehend - für den vorliegenden Erbfall, auf den im Hinblick darauf, daß die Erblasserin in Deutschland weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt noch zum Zeitpunkt ihres Todes ihren Aufenthalt hatte, nicht deutsches materielles Erbrecht anzuwenden wäre (vgl. Edenhofer in Palandt, BGB50 Anm. 6 zu § 2369 BGB, sowie Heldrich, aaO, EGBGB 5 (IPR) Anm. 6), durch § 2369 BGB eine internationale Zuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte zur Erteilung eines auf das in Deutschland gelegene Vermögen beschränkten, sogenannten Fremdrechtserbscheines nach ausländischem Erbrecht eröffnet ist, so erscheint die Durchsetzung der Erbfolge nach der Erblasserin in Deutschland wohl gewährleistet, sodaß auch für den Fall der Ablehnung der inländischen Gerichtsbarkeit in Ansehung eines allfälligen deutschen beweglichen Nachlasses keineswegs von einer Rechtsverweigerung die Rede sein könnte.
Insoweit die Revisionsrekurswerberin sich zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes auf die Ausführungen Loewes beruft, übersieht sie, daß es sich dabei nicht um eine Äußerung zur geltenden Rechtslage handelt, sondern um Ausführungen de lege ferenda.
Die Auslegung der Bestimmung des § 25 AußStrG durch das Rekursgericht ist daher unbedenklich.
Solange nicht feststeht, ob die inländische Gerichtsbarkeit überhaupt gegeben ist, hat es bei der Erörterung des Vorliegens dieser Prozeßvoraussetzung zu verbleiben, weshalb auf die von den Vorinstanzen noch erörterten weiteren Fragen, wie etwa die Zulässigkeit der Inventarisierung eines allfälligen in Deutschland gelegenen Nachlasses und deren Durchführung nicht einzugehen ist.
Die Verlassenschaftssache mußte daher nach Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Umfang der Anfechtung an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen werden.
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