OGH 8Ob505/90

OGH8Ob505/9012.2.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger, Dr. Schwarz, Dr. Floßmann und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Hansjörg S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Fa. Ferdinand R***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** wider die beklagte Partei Fa. E*****-Gesellschaft bmH, ***** vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 3,062.500,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 17. Mai 1989, GZ 1 R 17/89-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. September 1988, GZ 14 Cg 17/88-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 24.236,54 (darin enthalten S 4.039,42 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 26. Mai 1987 kaufte die Beklagte vom Kläger die Innsbrucker Betriebsliegenschaft der Gemeinschuldnerin um S 6,125.000,--. Die erste Hälfte des Kaufpreises wurde bei Vertragsabschluß bezahlt; die zweite Hälfte sollte vereinbarungsgemäß mit Rechtskraft der grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes der Beklagten zur Zahlung fällig sein. Außerdem sagte die Beklagte zu, die Begleichung aller mit dem Kaufvertrag zusammenhängenden Kosten, Gebühren und Abgaben (insbesondere auch der Grunderwerbsteuer) zu übernehmen.

Zur Verbücherung des Kaufvertrags ist es bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz nicht gekommen, weil die Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes fehlte. Erst im Zuge des Berufungsverfahrens wurde der Eigentümerwechsel rechtskräftig vollzogen (AS 206). Nach Vorschreibung der Grunderwerbsteuer von S 490.000,--, die laut Bescheid bis 27. Juli 1987 zu zahlen gewesen wäre, suchte nämlich die Beklagte am 15. Juli 1987 um Stundung an und erhielt auch Ratenzahlungen bis 30. November 1987 bewilligt. Diese Ratenzahlungen konnte die Beklagte wegen ihrer schlechten finanziellen Situation nicht einhalten. Sie überwies am 18. November 1987 S 30.000,-- an das Finanzamt und ersuchte am 20. November 1987 hinsichtlich des Restbetrages von S 460.000,-- um weitere Zahlungserleichterungen. Sie wurden ihr in der Form gewährt, daß der Ratenzahlungszeitraum bis 20. Oktober 1988 erstreckt wurde.

Die jeweiligen Stundungsansuchen wurden dem Kläger im voraus nicht mitgeteilt. Als er am 31. Juli 1987 beim Beklagtenvertreter anfragte, wann mit den erforderlichen Genehmigungen (UB, Zustimmung der Grundverkehrsbehörde) gerechnet werden könne, ersuchte dieser "um etwas Geduld", ohne seine Stundungsbemühungen bei der Finanzbehörde zu erwähnen. Am 18. September 1987, nach schriftlicher Einmahnung der zweiten Kaufpreishälfte, teilte der Beklagtenvertreter dem Kläger mit, daß mit der Unbedenklichkeitsbescheinigung erst Anfang Dezember (1987) zu rechnen sei und auch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung auf sich warten lasse, weil der Stadtmagistrat Innsbruck zwischenzeitig ein Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagtenvertreter allerdings schon im Besitz jener Negativbestätigung der Grundverkehrsbehörde vom 1. September 1987, die den Kaufvertrag für nicht genehmigungspflichtig erklärte.

Der Kläger, der nach dieser Mitteilung eine Verbücherung des Kaufvertrags im Dezember 1987 erwartete, erfuhr erstmals am 16. Dezember 1987 durch ein Schreiben des Beklagtenvertreters vom zweiten Stundungsansuchen bei der Finanzbehörde und forderte daraufhin noch am selben Tag die Beklagte schriftlich auf, die zweite Kaufpreishälfte bis längstens 15. Jänner 1988 zu begleichen.

Nunmehr hat der Kläger den Restkaufpreis samt 8,5 % Zinsen seit 27. Mai 1988 eingeklagt (das Zinsenmehrbegehren für die Zeit vom 15. Jänner 1988 bis 26. Mai 1988 wurde rechtskräftig abgewiesen). Er begründet dieses Begehren damit, daß er und die Beklagte wohl mit Verzögerungen der Eigentumseintragung (vor allem im Hinblick auf das grundverkehrsbehördliche Genehmigungsverfahren) gerechnet hätten, die Stundung der zweiten Kaufpreishälfte jedoch längstens bis Herbst 1987 dauern sollte. Das eigenmächtige Hinausschieben der Verbücherung des Kaufvertrages durch wiederholte Ansuchen der Beklagten um Stundung der Grunderwerbsteuer verstoße gegen Treu und Glauben, sodaß von der Fälligkeit der restlichen Kaufpreisforderung auszugehen sei.

Für ihren gegenteiligen Standpunkt führt die Beklagte in Treffen, daß der Kläger über ihre finanziellen Schwierigkeiten stets Bescheid gewußt habe. Zur Einigung auf den hohen (über dem Schätzwert liegenden) Kaufpreis sei es überhaupt nur gekommen, weil die auf der Liegenschaft lastende Höchstbetragshypothek höher als ursprünglich angenommen ausgenützt gewesen sei. Der Kläger habe auch damit rechnen müssen, daß die Beklagte um Stundung der Grunderwerbsteuer ansuchen werde. Er habe um ihr Bemühen gewußt, den Kaufvertragsabschluß wegen der bevorstehenden Ermäßigung der Grunderwerbsteuer hinauszuschieben, und sei auch in Kenntnis der Notwendigkeit gewesen, den Kaufpreis im Kreditweg (beim Gläubiger der Höchstbetragshypothek) aufzubringen. Bei den Ansuchen um Stundung der Grunderwerbsteuer fehle jegliche Schädigungsabsicht; sie seien allein durch die schlechte finanzielle Situation der Beklagten bedingt. Die Beklagte beantragte daher die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit der bereits erwähnten Einschränkung statt, wobei es im wesentlichen noch von folgenden Feststellungen ausging:

Die Beklagte hatte die streitgegenständliche Liegenschaft schon 1986 in Bestand genommen und im nachfolgenden Konkurs der jetzigen Gemeinschuldnerin Lagerware, Büromaterial und Einrichtungsgegenstände um insgesamt S 3,898.338,03 gekauft. Schon die Begleichung dieser Schuld stellte sie vor finanzielle Schwierigkeiten; sie einigte sich mit dem Kläger auf Ratenzahlungen, die bisher - allerdings mit Verzögerungen - auch eingehalten wurden.

Am 22. Juli 1986 verpflichtete sich die Beklagte in einem gerichtlichen Vergleich zur Räumung der Liegenschaft bis 31. Dezember 1986, obwohl sie schon damals ihr Kaufinteresse bekundet und eine Preisvorstellung von etwa S 4 Mio bis S 6 Mio (nach Möglichkeit bei ca. S 4 Mio) genannt hatte. Noch im Sommer 1986 wurde daraufhin das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt, der den Wert der Liegenschaft mit

S 5,847.000,-- bezifferte. Auf ein diesbezügliches Verkaufsangebot des Klägers ging die Beklagte zunächst nicht ein, weil sie auf der Suche nach einem kleineren, billigeren Betriebsgebäude war. Als ihr daraufhin der Kläger den Vollzug des Räumungsvergleichs und die gerichtliche Eintreibung des Restkaufpreises (für die erworbenen Fahrnisse) androhte, erklärte sich die Beklagte am 3. Februar 1987 zum Ankauf der Liegenschaft zum Schätzwert bereit. Der Kaufvertrag sah bereits die jetzt strittigen Zahlungsbedingungen vor.

In der Folge stellte sich - auch zur Überraschung des Klägers, der diesbezüglich keine Erkundigungen eingeholt hatte - heraus, daß die auf der Liegenschaft lastende Höchstbetragshypothek den Kaufpreis überstieg. Der Kläger verlangte daher die Aufhebung des Kaufvertrags wegen Irrtums, worauf sich die Beklagte auf neue Vertragsverhandlungen einließ, um einem langen Streit mit ungewissem Ausgang zu entgehen. Unter Beiziehung des Hypothekargläubigers einigte man sich schließlich auf den jetzt aktuellen Kaufpreis. Bei Bezahlung dieses Kaufpreises war der Hypothekargläubiger bereit, sein Pfandrecht löschen zu lassen. Die Aufforderung zur Unterfertigung der Kaufvertragsurkunde am 28. April 1987 nahm der Kläger zum Anlaß, bei der Beklagten überfällige Raten aus dem Lagerverkauf zu urgieren. Am 4. Mai 1987 äußerte der Vertreter der Beklagten geringfügige Änderungswünsche und führte noch weiter aus:

"Die Finanzierung des Kaufpreises ist jedenfalls gesichert. Darüberhinaus möchte ich noch darauf hinweisen, daß ab 1. Dezember 1987 die Grunderwerbsteuer mit 4 % festgesetzt wird, und ich erlaube mir, höflich anzufragen, ob vielleicht eine Regelung dergestalt getroffen werden kann, daß meine Mandantschaft in den Genuß der doch beträchtlich niedrigeren Grunderwerbsteuer gelangen kann. Ich denke hier insbesondere an die Möglichkeit des Abschlusses eines Vorvertrages oder eines Optionsvertrages ....." (Damals war bekannt, daß der Grunderwerbsteuersatz ermäßigt werden sollte, allerdings nicht, wann und in welchem Umfang.)

Der Kläger wollte jedoch den Abschluß des Kaufvertrages nicht weiter hinauszögern und hat dieses Ansinnen abgelehnt. Der Beklagtenvertreter erklärte auch am 14. Mai 1987, daß sich das Problem der Grunderwerbsteuer inzwischen erledigt habe. Am 26. Mai 1987 wurde schließlich der Kaufvertrag abgeschlossen.

Das zur Bezahlung des Kaufpreises erforderliche Geld hat sich die Beklagte mit Wissen des Klägers im Kreditweg vom Gläubiger der Höchstbetragshypothek beschafft. Die erste Kaufpreisrate ist auch dem Kreditgeber in Anrechnung auf seine Hypothekarforderung zugekommen. Der jetzt strittige Restbetrag wurde treuhändig dem Beklagtenvertreter zur Verfügung gestellt, der dem Kläger gegenüber die persönliche Haftung für die Bezahlung übernommen hat. Mit dem Kreditgeber wurde vereinbart, daß dessen Höchstbetragshypothek nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises gelöscht wird und ihm die Beklagte nach Einverleibung ihres Eigentums eine neue Höchstbetragshypothek bestellt.

Eine bestimmte Verzinsung des Restkaufpreises bis zu dessen Fälligkeit und für den Fall des Zahlungsverzuges der Beklagten wurde nicht vereinbart. Die Beklagte hat dem Kläger vor oder beim Vertragsabschluß auch nie erklärt, daß sie nicht in der Lage sein werde, die Grunderwerbsteuer fristgerecht zu bezahlen. Sie sagte auch nicht, daß sie um Stundung oder Ratenzahlung ansuchen werde. Beim Vertragsabschluß haben aber die Streitteile erörtert, daß es bis zur rechtskräftigen Einverleibung des Eigentumsrechts der Beklagten einige Zeit dauern werde, wobei beide mit einer Dauer von höchstens einem Jahr rechneten. In diesem Zusammenhang hat der Kläger erklärt, daß Ursache einer solchen Verzögerung das allenfalls erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigungsverfahren sein könnte. Weitere Ursachen einer möglichen Verzögerung wurden nicht erwähnt.

Auf der Liegenschaft lastet weiter die erwähnte Höchstbetragshypothek. Die gesicherte Forderung haftet seit der Konkurseröffnung zumindest in der Höhe der Klagsforderung unberichtigt aus. Die seit 15. Jänner 1988 anreifenden Kreditzinsen betragen 8,5 % jährlich und finden im Höchstbetragspfandrecht Deckung.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, daß die Fälligkeit der Klagsforderung durch die Rechtskraft der Einverleibungsbewilligung aufschiebend bedingt gewesen sei. Konkret hätten die Vertragsparteien höchstens ein Jahr für den Eintritt dieser Bedingung veranschlagt. Die Vereinbarung laufe daher auf eine ebensolange Stundung des Restkaufpreises hinaus. Ein aufschiebend bedingtes Recht werde erst mit Eintritt der Bedingung wirksam, doch sei das Rechtsgeschäft während des Schwebezustandes nicht wirkungslos. Der bedingt Verpflichtete habe alles vorzukehren, um bei Eintritt der Bedingung erfüllen zu können. Eine Bedingung gelte als eingetreten, wenn ihr Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert werde. Im gegenständlichen Fall habe dies die Beklagte zumindest durch das zweite Ansuchen um Stundung der Grunderwerbsteuer getan. Es treffe zwar zu, daß dem Kläger bei Abschluß des Kaufvertrages Zahlungsschwierigkeiten der Beklagten bekannt gewesen seien, doch habe der Kläger auf ihre Zusicherung vertrauen dürfen, die Zahlung des gesamten Kaufpreises - also auch der Nebengebühren - sei gesichert. Außerdem habe die Beklagte noch am 18. September 1987 angekündigt, mit der Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung sei Anfang Dezember 1987 zu rechnen. Zugleich habe sie bekundet, um die rasche Abwicklung der Sache bemüht zu sein, sodaß jeder Anlaß bestanden hätte, zumindest das zweite Stundungsansuchen mit dem Kläger abzusprechen und seine Zustimmung einzuholen. Schon wegen dieser Unterlassung müsse sich die Beklagte den Vorwurf gefallen lassen, dem Kläger gegenüber gegen Treu und Glauben gehandelt zu haben. Spätestens ein Jahr nach Abschluß des Kaufvertrages sei somit der Eintritt der Bedingung der Fälligkeit zu unterstellen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es verneinte die von der Beklagten gerügten Verfahrensmängel, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und teilte auch dessen rechtliche Beurteilung. Auszugehen sei nämlich davon, daß die Gültigkeit des Kaufvertrages gar nicht zur Diskussion stehe. Zu prüfen sei lediglich, ob die Beklagte berechtigt war, die Bedingung für die Fälligkeit der zweiten Kaufpreisrate dadurch hinauszuschieben, daß sie die Grunderwerbsteuer nicht sofort zahlte. Daß auch die Kläger die Grunderwerbsteuer hätte zahlen können, habe außer Betracht zu bleiben, weil die entsprechende Zahlungspflicht im Innenverhältnis allein die Beklagte getroffen habe.

Bis zu einem Jahr sei die Verzögerung unbenklich, weil beide Parteien damit gerechnet hätten. Darüber hinaus könne sich die Beklagte aber nicht auf Zahlungsschwierigkeiten berufen, weil sie selbst noch am 14. Mai 1987 darauf hingewiesen habe, daß das Problem der Grunderwerbsteuer erledigt sei. Der Umstand, daß die Beklagte wirklich in Zahlungsschwierigkeiten war und keineswegs mutwillig oder nur, um dem Kläger zu schaden, die Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung hinauszögerte, könne sie nicht entlasten. Sonst hätte es jeder Schuldner eines synallagmatischen Vertrages, bei dem die Entgeltzahlung von einer Bedingung abhängig ist, in der Hand, durch die Vereitelung oder das Hinausschieben des Bedingungseintritts die Fälligkeit hinauszuschieben, ohne daß dies sein Vertragspartner als Verstoß gegen Treu und Glauben bekämpfen könnte, denn der Zahlungsunwillige bräuchte sich nur auf Geldmangel berufen, um einem solchen Einwand den Boden zu unterziehen.

Selbst ein unter aufschiebender Bedingung geschlossener Vertrag binde die Vertragsparteien insoweit, als der bedingt Verpflichtete alles tun und vorkehren müsse, was notwendig ist, um bei Eintritt der Bedingung erfüllen zu können, und alles zu unterlassen habe, was die Erfüllung hindern würde (SZ 51/155 und SZ 52/1 mwN). Das gelte umso mehr, wenn nicht der Vertrag als solcher aufschiebend bedingt sei, sondern nur die Zahlungspflicht eines Teils (vgl. JBl. 1973, 470). Auch in einem solchen Fall sei in Anwendung des Spruches SpR 234 davon auszugehen, daß die Bedingung als eingetreten gilt, wenn der Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird. Auf den gegenständlichen Fall treffe dies aus den bereits dargestellten Erwägungen insoweit zu, als die Begleichung der Grunderwerbsteuer - selbst wenn sich die Beklagte auf die finanzielle Unmöglichkeit der Zahlung beruft - nicht um mehr als ein Jahr hätte hinausgeschoben werden dürfen.

Die Berechtigung des Zinsenmehrbegehrens ergebe sich aus der Fälligkeit der Klagsforderung spätestens ein Jahr nach Abschluß des Kaufvertrages und (im Hinblick auf HS 10.656) aus der Kaufmannseigenschaft der Beklagten.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte fristgerecht Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben. Ihre auf 24 Seiten ausgebreiteten Argumente lassen sich dahin zusammenfassen, daß angesichts ihrer - auch dem Kläger bekannten - finanziellen Probleme von einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Vereitelung des Eintritts der Bedingung für die Fälligkeit der zweiten Kaufpreishälfte keine Rede sein könne. Es fehle vor allem am Tatbestandselement der subjektiven Vorwerfbarkeit, bloß fahrlässiges Hinausschieben des Bedingungseintritts genüge nicht. Die Ansuchen um Stundung der Grunderwerbsteuer seien Ausdruck ihrer besonderen Vertragstreue und gereichten auch dem Kläger zum Vorteil, weil andernfalls die Erfüllung des Vertrags an der Unmöglichkeit scheitern würde, die Grunderwerbsteuer sofort aufzubringen. Verzögernd hätten sich auch nicht die Stundungsansuchen der Beklagten, sondern allenfalls die Stundungsgenehmigungen durch die Finanzbehörde ausgewirkt. Auch bei Unterlassung oder Ablehnung der Stundungsansuchen wäre die für die Verbücherung des Kaufvertrages notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht früher ausgestellt worden, weil die Grunderwerbsteuer nicht auf einmal hätte aufgebracht werden können. Die Ausstellung der Unbedenklichkeitsbescheinigung als eine der Voraussetzungen für das Fälligwerden der zweiten Kaufpreishälfte sei im übrigen - gleich der behördlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäfts - als Rechtsbedingung anzusehen, deren Eintritt gar nicht vom Willen der Parteien abhänge. Allenfalls hätte der Kläger mit der Grunderwerbsteuer selbst in Vorlage treten müssen, wäre er doch ebenso wie die Beklagte zahlungspflichtig gewesen. In Wahrheit gehe es dem Kläger allein darum, eine nicht vereinbarte Verzugszinsenregelung nachträglich in den Kaufvertrag einzubauen. Schließlich sei es völlig willkürlich, die Fiktion des Bedingungseintritts an das zweite Stundungsansuchen der Beklagten zu knüpfen, sei doch dieses ebenso notwendig und gerechtfertigt gewesen wie das erste. Es fehle ganz einfach an einem Verschulden der Beklagten, folglich an der Fälligkeit der Klagsforderung, zumindest aber an einem Rechtsgrund für den Zuspruch von mehr als den gesetzlichen Zinsen. Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Vom Kläger liegt eine fristgerecht erstattete Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Bestätigung des Berufungsurteils vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes und das Datum des Berufungsurteils zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß die Beklagte wichtige Feststellungen unbeachtet läßt, wenn sie argumentiert, daß ihrem Verhalten jegliches Element der Vorwerfbarkeit fehlt. Es sei daran erinnert, daß sie selbst bei den Vertragsverhandlungen das Problem der Grunderwerbsteuerbelastung ansprach, um dann wenige Tage vor der Vertragsunterzeichnung zu erklären, es habe sich inzwischen erledigt (S. 13 des Ersturteils ON 11). Von Vorhaben, bei der Finanzbehörde um Stundung oder Ratenzahlung anzusuchen, erwähnte sie nichts (S. 15 des Ersturteils ON 11). Mögliche Verzögerungen bei der Verbücherung des Kaufvertrages wurden überhaupt nur im Zusammenhang mit dem grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsverfahren erörtert, nicht aber im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer (S. 15 des Ersturteils ON 11). Als dann der Kläger die zweite Kaufpreishälfte einmahnte, hat die Beklagte das wahre Ausmaß der Verzögerung zu verschleiern versucht und sich sogar zu der unrichtigen Behauptung verstiegen, die (gar nicht notwendige) grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages lasse auf sich warten (S. 17 des Ersturteils ON 11). Schließlich wußte die Beklagte anläßlich der Urgenz anderer Zahlungspflichten den Eindruck zu erwecken, daß die Finanzierung des Kaufpreises jedenfalls gesichert sei (S. 13 der Ersturteils ON 11). Es war also keineswegs so, daß der Kläger von Anfang an mit Verzögerungen bei der Aufbringung der Grunderwerbsteuer rechnen mußte und daß die Beklagte nicht mehr zu verantworten hätte als momentane Zahlungsschwierigkeiten. Ihr Verhalten rechtfertigt vielmehr den von den Vorinstanzen erhobenen Vorwurf, gegen Treu und Glauben verstoßen zu haben. Wenn sie selbst den Grundsatz der Vertragstreue bemüht, um - im Interesse der Vertragserhaltung - eine Bevorschussung der Grunderwerbsteuer durch den Kläger zu verlangen, dann wäre unter demselben Gesichtspunkt von ihr zu fordern gewesen, daß sie ihre schlechten finanziellen Verhältnisse rechtzeitig offenlegt und den Kläger nicht im Glauben läßt, die Begleichung des Kaufpreisrestes werde - nicht etwa wegen der Steuerprobleme, sondern wegen der grundverkehrsbehördlichen

Genehmigung - höchstens ein Jahr auf sich warten lassen. Die Fiktion des Bedingungseintritts ist also mit den Argumenten der Vorinstanzen sehr wohl zu begründen. Daß die Beschaffung der Unbedenklichkeitsbescheinigung als eine von den Parteien unbeeinflußbare Rechtsbedingung für den Liegenschaftserwerb aufzufassen wäre, ist belanglos, weil die Parteien hier die Fälligkeit der Restkaufpreisforderung von der rechtskräftigen Verbücherung des Eigentumsrechtes der Beklagten abhängig machten.

Unabhängig davon wäre zu prüfen, ob der Klagsausspruch durch die Beschaffung der Unbedenklichkeitsbescheinigung überhaupt bedingt war. Als rechtsgeschäftliche Bedingung wäre gemäß § 696 ABGB iVm § 897 ABGB ein zukünftiges, ungewisses Ereignis anzusehen, von dem die Parteien ein Recht abhängig gemacht haben. Im konkreten Fall unterstellt die Beklagte offensichtlich, der Leistungsanspruch des Klägers wäre ua. von der Aufbringung der Grunderwerbsteuer abhängig gewesen. Davon kann jedoch keine Rede sein. Schon das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Gültigkeit des streitgegenständlichen Kaufvertrags zumindest im Hinblick auf die fehlende Unbedenklichkeitsbescheinigung nie angezweifelt wurde, die Kaufpreisforderung des Klägers also insoweit nicht in Schwebe war. Offen geblieben ist lediglich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, also nicht die Frage, ob sie zu begleichen ist, sondern wann. Im gleichen Sinn hat die Judikatur in der Vereinbarung, daß der Kaufpreis für die Liegenschaft erst nach deren Lastenfreistellung bezahlt werden soll, keine Bedingung, sondern eine Befristung erkannt (GlU 15.281).

Im gegenständlichen Fall hat die von den Parteien vereinbarte Fristbestimmung vorgesehen, mit der Fälligstellung der zweiten Hälfte des Kaufpreises bis zur rechtskräftigen Einverleibung des Eigentums der Beklagten zu warten. Konkret geht es allerdings nur mehr um die Zeitspanne zur Beschaffung der Unbedenklichkeitsbescheinigung, da das Problem der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrags seit September 1987 ausgeräumt ist. Dieser Teil der Vereinbarung ist (selbst wenn man nicht der Auffassung folgt, daß auch die Frage der Erfüllungsfiktion vereitelter Bedingungen nach Auslegungskriterien zu entscheiden wäre; vgl. Rummel in Rummel I 2. Auflage, Rz 7 zu § 897 ABGB) jedenfalls der Auslegung fähig. Sie müßte im konkreten Fall berücksichtigen, daß ja die Parteien konkrete Vorstellungen damit verbunden haben, wie lange sich die Verbücherung des Kaufvertrags - aus welchen Gründen auch immer - hinausziehen könnte. Der dabei von beiden Seiten veranschlagte Zeitraum von höchstens einem Jahr (S. 15 des Ersturteils ON 11) entspricht ungefähr dem, was im redlichen Geschäftsverkehr als üblich angesehen werden kann. Sowohl die Auslegung nach der Absicht der Parteien als auch jene nach der Verkehrssitte würde also gemäß § 914 ABGB dazu führen, die Fälligkeit der Restkaufpreisforderung gleich den Vorinstanzen mit spätestens 27. Mai 1988 anzunehmen. Auch die ergänzende Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen oder der Übung des redlichen Verkehrs (letztlich nach Treu und Glauben; vgl. Rummel aaO, Rz 17 zu § 914 ABGB) würde zum selben Ergebnis führen.

Die strittige Vertragsbestimmung könnte schließlich noch so verstanden werden, daß sich die Beklagte vorbehalten hat, ihre Vertragspflichten nach Möglichkeit oder Tunlichkeit zu erfüllen (§ 904 Satz 3 ABGB). In diesem Sinn spricht sich etwa Reischauer (in Rummel I 2. Auflage, Rz 10 zu § 904 ABGB mit dem Hinweis auf GlU 2924 und 12.950) für eine gerichtliche Festsetzung der Erfüllungszeit nach Billigkeit aus, wenn die Leistung von einer Handlung des Schuldners abhängt, die nicht in seinem Ermessen liegen soll (vgl. auch 7 Ob 567/85). Ehrenzweig-Mayrhofer (Schuldrecht, Allgem. Teil, 80) beziehen die Geltung des § 904 Satz 3 ABGB unter Berufung auf GlUNF 4534 und 6540 sogar ausdrücklich auf den Fall, bei dem der Schuldner erst zu zahlen hat, wenn er seine bücherliche Eintragung erwirkt hat. Demnach wären jene Umstände, die schon im Rahmen der Vertragsauslegung dazu geführt haben, die Fälligkeit der Restkaufpreisforderung mit 27. Mai 1988 anzunehmen, im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen. Auch hier sind nämlich die (gemeinsamen) Vorstellungen der Parteien und die redliche Verkehrsanschauung maßgebliche Entscheidungskriterien. Keinesfalls wäre zu rechtfertigen, die gerichtliche Festsetzung des Fälligkeitszeitpunktes allein an den finanziellen Möglichkeiten der Beklagten auszurichten. Bei einer solchen Entscheidung sind nämlich die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen (EvBl. 1957/319; SZ 56/30 ua). Im gegenständlichen Fall können die Liquiditätsschwierigkeiten der Beklagten schon deshalb nicht ausschlaggebend sein, weil sie bei der Vereinbarung des Leistungsaufschubs - wie festgestellt - keine entscheidende Rolle gespielt haben.

Auch nach Prüfung der Revisionsargumente, die diesen entscheidenden Aspekt der Vertragsauslegung bzw. -ergänzung vernachlässigen, ist daher daran festzuhalten, daß die Klagsforderung seit spätestens 27. Mai 1988 fällig ist. Die Beklagte hat nichts vorgebracht, was ihren seither anhaltenden Verzug entschuldigen könnte. Nach den Feststellungen über das Verschweigen von Stundungsansuchen bis hin zur gezielten Fehlinformation des Klägers war ihr Verhalten sogar darauf angelegt, die Erfüllung ihrer Vertragspflichten zum eigenen Vorteil (gleichzeitig aber zum Nachteil des Klägers, der die mittlerweile aufgelaufenen Zinsen der Hypothekarforderung zu tragen hat; vgl. SZ 32/105) hinauszuschieben. Auch die Höhe der zugesprochenen Zinsen ist daher nicht zu beanstanden.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte