OGH 7Ob567/85

OGH7Ob567/8530.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B, reg.Gen.m.b.H., Straden, vertreten durch Dr. Wolfgang Reinisch, Rechtsanwalt in Bad Radkersburg, wider die beklagte Partei Alois C, Landwirt, Bad Gleichenberg, Merkendorf 45, vertreten durch Dr. Franz Gölles, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 425.068,78 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 21.Februar 1985, GZ 7 R 10/85-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 9. Oktober 1984, GZ 24 Cg 25/84-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 15.131,85

bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.288,35 an Umsatzsteuer und S 960,-- an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte die Zahlung von S 456.954,93 s.A. und brachte vor, sie habe dem Beklagten Kredit gewährt. Der Beklagte habe die vereinbarten Rückzahlungsraten nicht geleistet. Der Kredit, der mit dem Klagebetrag unberichtigt aushafte, sei deshalb fällig gestellt worden. Der Beklagte sei vergeblich zur Abdeckung des Kredites aufgefordert worden. Eine Stundungszusage an den Beklagten sei niemals erfolgt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, der Kredit sei zum Großteil zurückgezahlt worden. Ein noch aushaftender Betrag sei dem Beklagten gestundet worden, bis er seine Liegenschaften verkauft haben werde.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes.

Es ging von folgenden Feststellungen aus:

Die Klägerin gewährte dem Beklagten einen Kredit. Der zum Stichtag Ende März 1984 zu Gunsten der Klägerin aushaftende Saldo beträgt S 456.954,93 s.A.

Der Kredit wurde mit Schreiben der Klägerin vom 14.12.1983 fällig gestellt.

Der Beklagte wurde aufgefordert, den aushaftenden Betrag bis längstens 27.12.1983 zu überweisen. Eine schriftliche Stundungszusage der Klägerin ist nicht erfolgt. Der Direktor der Klägerin, Rupert D, erklärte sich lediglich vor etwa 4 bis 5 Jahren bereit, mit der Eintreibung der Forderung einige Zeit unter der Bedingung zuzuwarten, daß der Beklagte in absehbarer Zeit Liegenschaften verkaufe. Diese Erklärung war nicht so gemeint, daß der Beklagte unbefristet mit der Bezahlung des Debetsaldos zuwarten können sollte.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, die Klägerin habe dem Beklagten keine Stundungszusage dahin gegeben, daß es im Belieben des Beklagten stehe, wann er die Forderung der Klägerin bezahle. Die Erklärung des Vertreters der Klägerin, einige Zeit unter der Bedingung zuzuwarten, daß der Beklagte in absehbarer Zeit Grundstücke verkaufe, sei bereits vor 4 oder 5 Jahren erfolgt. Die damit eingeräumte Stundung sei längst abgelaufen. Der Beklagte habe weder behauptet, noch auch bewiesen, daß er die ihm gesetzte Bedingung erfüllt habe. Die Forderung der Klägerin sei daher fällig. Der Beklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt, sie dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde, allenfalls sie aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte macht geltend, es sei kein bestimmter Termin für die Rückzahlung des Darlehens vereinbart worden. Durch die Zusage, mit der Eintreibung der Forderung unter der Bedingung zuzuwarten, daß der Beklagte Grundstücke verkaufe, um mit dem Verkaufserlös das aushaftende Darlehen abzudecken, sei die Erfüllung der Verpflichtung des Beklagten von einer Schuldnerhandlung abhängig gemacht worden. Die Rückzahlung habe daher nur nach Möglichkeit und Tunlichkeit, wenn nämlich Grundstücke verkauft werden, zu erfolgen. Dadurch, daß noch nach dieser Zusage Kreditzahlungen an den Beklagten erfolgt seien, habe die Klägerin den Rückzahlungstermin hinausgeschoben. Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Ansicht nicht an. Ein Darlehen, für dessen Rückzahlung kein bestimmter Termin vereinbart wurde, kann 'sogleich' (§ 904 ABGB) zurückgefordert werden, jedoch nicht früher, als es der Zweck der Darlehensgewährung oder die Parteiabsicht ergeben (1 Ob 523/77 ua). Der Ausdruck 'ohne unnötigen Aufschub' (§ 904 ABGB) bedeutet einen Aufschub, der sich aus der Natur der Sache (§ 1418 ABGB) ergibt (Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 352).

Hat sich deshalb die Klägerin vor 4 oder 5 Jahren bereit erklärt, mit der Eintreibung der Forderung 'einige Zeit' unter der Bedingung zuzuwarten, daß der Beklagte 'in absehbarer Zeit' Liegenschaften verkaufe, ist das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum zum Ergebnis gekommen, daß die damit umschriebene Fälligsetzung nach dem Verstreichen von 4 oder 5 Jahren längst eingetreten ist. Daß sich aus dem Zweck der Darlehensgewährung und der Absicht der Parteien ein anderer Zeitpunkt für die Rückforderbarkeit des Kredites ergebe, der noch nicht eingetreten sei, kann den Verfahrensergebnissen nicht entnommen werden. Zahlung nach Tunlichkeit und Möglichkeit bedeutet ein sehr weitgehendes Zugeständnis des Gläubigers. Es darf nur bei klarem Nachweis- wobei die Beweislast den Schuldner trifft (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 11 zu § 904) - angenommen werden, und es ist eher zu vermuten, daß sofort nach Mahnung zu erfüllen ist, als nur nach Möglichkeit und Tunlichkeit (5 Ob 31, 32/64, 8 Ob 511/77 ua.). Meint der Beklagte - unter offensichtlicher Bezugnahme auf Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 10 zu § 904, sowie auf Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 355 - , die Vereinbarung der Rückzahlung 'wenn Grundstücke verkauft würden' bedeute Erfüllung nach Möglichkeit und Tunlichkeit, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Zwar ist nach Lehre und Rechtsprechung (vgl. Reischauer und Gschnitzer aaO) § 904, dritter Satz, ABGB (Erfüllung nach Tunlichkeit und Möglichkeit) auch anzuwenden, wenn die Leistung von einer Schuldnerhandlung abhängt, diese Handlung jedoch nicht im Schuldnerermessen liegen soll, wie z.B., wenn das Darlehen nach einem Grundstücksverkauf zurückgezahlt werden soll und der Schuldner den Verkauf möglichst fördern soll. Doch wurde nicht festgestellt, daß der Kredit vom Beklagten nach einem Grundstücksverkauf zurückgezahlt werden soll, sondern daß die Klägerin (mit der Eintreibung der Forderung) noch einige Zeit zuwartet, unter der Bedingung, daß der Beklagte in absehbarer Zeit Liegenschaften verkaufe. Die Fälligkeit sollte daher nicht eintreten, wenn der Beklagte ein Grundstück verkauft, sondern in 'einiger Zeit', vorausgesetzt, der Beklagte verkauft 'in absehbarer Zeit' Liegenschaften. Der Beklagte hat nicht einmal behauptet, daß diese Bedingung eingetreten wäre. Die Fälligstellung durch die Klägerin war daher gerechtfertigt.

Es wurde nicht festgestellt, daß die getroffene Fälligkeitsvereinbarung durch nachfolgende Kreditgewährungen abgeändert worden wäre, und vom Beklagten wurde dies im Verfahren vor dem Erstgericht auch gar nicht behauptet.

Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Die Revision erweist sich damit als unbegründet, sodaß ihr ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte