European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1991:002 OB00504.91.0130.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Akt wird dem Landesgericht St. Pölten als Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, den fehlenden Ausspruch nach §§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 ZPO, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes in der Hauptsache S 50.000 übersteigt oder nicht, ob der Revisionsrekurs nach § 528 Abs. 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist und, falls dies nicht zutrifft, ob der ordentliche Revisionsrekurs nach § 528 Abs. 1 ZPO zulässig ist oder nicht, nachzutragen.
Begründung:
Die Kläger begehren mit der beim Landesgericht St. Pölten eingebrachten und von diesem mit Beschluß vom 23. 10. 1989 an das Bezirksgericht Amstetten überwiesenen Klage von ihrem Sohn, dem Beklagten, die Übertragung von Grundstücken sowie die Entfernung von Bäumen, einer Holzhütte und eines Holzzaunes.
Die nach der Geschäftsverteilung des Bezirksgerichtes Amstetten zuständige Richterin Dr. H* legte den Akt dem Vorsteher des Bezirksgerichtes Amstetten mit der Anzeige vor, daß der Beklagtenvertreter Dr. P* ihr Vater sei, sie sei deshalb ausgeschlossen. Mit Beschluß vom 6. 4. 1990 erklärte der Vorsteher des Bezirksgerichtes Amstetten die Befangenheit für gerechtfertigt und teilte die Rechtssache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung dem Richter Dr. Karl A* zu. Nach der für das Jahr 1990 geltenden Geschäftsverteilung des Bezirksgerichtes Amstetten war dessen Vorsteher Dr. Hans Georg W* Stellvertreter hinsichtlich der in den Geschäftsbereich der Richterin Dr. H* fallenden Agenden. Nachdem sich auch der Richter Dr. A* für befangen erklärt hatte, wurde mit Beschluß des Vorstehers des Bezirksgerichtes Amstetten vom 2. 5. 1990 ausgesprochen, daß die Befangenheit dieses Richters nicht vorliege.
Mit Schriftsatz vom 20. 6. 1990 (ON 14) haben die klagenden Parteien den Richter Dr. A* als befangen abgelehnt. Mit Beschluß des Vorstehers des Bezirksgerichtes Amstetten vom 23. 7. 1990 (ON 18) wurde der Ablehnungsantrag der klagenden Parteien abgewiesen. Dagegen erhoben die klagenden Parteien Rekurs und lehnten mit einem weiteren Schriftsatz auch den Vorsteher des Bezirksgerichtes Amstetten als befangen ab. In seiner Stellungnahme zum Ablehnungsantrag teilte der Vorsteher des Bezirksgerichtes Amstetten mit, sich befangen zu fühlen.
Mit Beschluß vom 19. 9. 1990 erklärte das Landesgericht St. Pölten den gegen den Vorsteher des Bezirksgerichtes Amstetten gerichteten Ablehnungsantrag der klagenden Parteien für nicht gerechtfertigt; der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Amstetten, mit dem der Antrag der klagenden Parteien auf Ablehnung des Richters Dr. A* abgewiesen worden war, wurde zurückgewiesen. Diesbezüglich wurde ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S nicht übersteige und ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof jedenfalls unzulässig sei.
Hinsichtlich des den Rekurs der klagenden Parteien zurückweisenden Teiles seiner Entscheidung vertrat das Rekursgericht die Ansicht, daß nach der Geschäftsverteilung des Bezirksgerichtes Amstetten dessen Vorsteher als Vertreter der Richterin Dr. H* einzuschreiten habe. Da dieser nicht befangen sei, komme ein Tätigwerden des Richters Dr. A* nicht in Frage, weshalb die klagenden Parteien durch den den Ablehnungsantrag hinsichtlich des Richters Dr. A* abweisenden Beschluß des Bezirksgerichtes Amstetten nicht beschwert seien. Da die Frage der Befangenheit eines Richters nicht ident sei mit dem Wert des Streitgegenstandes, sei diesbezüglich eine Bewertung des Entscheidungsgegenstandes vorzunehmen; der Entscheidungsgegenstand könne nicht mit einem S 50.000 übersteigenden Betrag angesetzt werden, weshalb ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 528 Abs. 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen erhoben die klagenden Parteien Rekurs an den Obersten Gerichtshof, in dem sie die Ansicht vertraten, die in der Klage vorgenommene Bewertung des Streitgegenstandes mit S 100.000 sei auch für die Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit maßgeblich.
Diese Ansicht ist unzutreffend. Das Rekursgericht ist bei seinem Ausspruch nach §§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 Z 1 ZPO an die in der Klage vorgenommene Bewertung nicht gebunden (EFSlg. 41.724; ÖBl 1985, 166 ua). Es kann aber auch die Meinung des Rekursgerichtes, die Frage der Befangenheit eines Richters sei nicht mit dem Wert des Entscheidungsgegenstandes in der Hauptsache ident, nicht geteilt werden. Die Bestimmungen der JN über die Ablehnung von Richtern (§§ 19 bis 25) enthalten keine Regelung über die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes im Ablehnungsverfahren, sodaß insoweit die ZPO heranzuziehen ist. Gemäß § 528 Abs. 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert S 50.000 nicht übersteigt. Maßgeblich ist der Wert des Gegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat. Es gelten hier dieselben Regeln wie für den Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat. Das Rekursgericht hat bei einem nicht ausschließlich in einer Geldforderung bestehenden Gegenstand seiner Rekursentscheidung auszusprechen, ob der Wert des Gegenstandes, über den es entschieden hat, S 50.000 übersteigt oder nicht (Fasching, Lehr- und Handbuch2, Rz 2017/2). Auch im Falle einer Entscheidung über die Ablehnung eines Richters ist Entscheidungsgegenstand die in der Klage geltend gemachte Forderung. Es wird ja nicht etwa nur über einen Teil des geltend gemachten Anspruches entschieden, sondern über die Frage, welcher Richter über die gesamte in der Klage geltend gemachte Forderung zu entscheiden hat (vgl. ZfRV 1986, 42). Da das Rekursgericht den gemäß §§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 ZPO erforderlichen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes im Sinne obiger Ausführungen und die sich daraus zum Teil ergebende Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des ordentlichen oder außerordentlichen Revisionsrekurses unterlassen hat, ist ihm der Ausspruch durch Berichtigung (Ergänzung) des Urteilsspruches aufzutragen (1 Ob 559/85, 2 Ob 9/87 ua).
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