OGH 8Ob715/89

OGH8Ob715/8913.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede S***, Hausfrau, 5583 Hintermuhr 50, vertreten durch Dr. Rudolf Bruckenberger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Franz P***, Angestellter, 5583 Hintermuhr Nr. 37, vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wegen Einwilligung in die Einverleibung eines Eigentumsrechtes infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 19. Juni 1989, GZ 1 R 65/89-29, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. Dezember 1988, GZ 13 Cg 154/88-22, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Im Jahre 1951 wurde das im Miteigentum von Franz und Rosalia S*** stehende Gfrerergut durch einen Lawinenabgang zerstört. Da der Hof an anderer Stelle wieder aufgebaut werden sollte, trafen Franz und Rosalia S*** mit Friedrich P***, dem Großvater des Beklagten, Vereinbarungen über den Tausch von Grundstücken. Dabei sollte unter anderem aus der Friedrich P*** gehörigen Parzelle Nr. 92 die Parzelle Nr. 92/2 abgetrennt und Franz und Rosalia S*** übertragen werden; Friedrich P*** sollte dafür ein Teilstück der Parzelle Nr. 440 erhalten. Dieser Tausch wurde auch im Anmeldungsbogen Nr. 2 des Vermessungsamtes St. Johann im Pongau vom 26. Juli 1954 beurkundet und von Franz S*** und Friedrich P*** unterfertigt. Die Teilfläche aus der Parzelle Nr. 92 wurde vom Vermessungsamt im Jahre 1954 vermessen und anschließend ein Teilungsplan angefertigt, in dem das zu tauschende Teilstück aus der Parzelle Nr. 92 herausgetrennt und als Parzelle Nr. 92/2 bezeichnet wurde. In der Folge heirateten Alois P***, ein Sohn des Friedrich P***, und Marianne S***, eine Tochter von Franz und Rosalia S***. Alois und Marianne P*** errichteten auf dem südöstlichen Ende der Parzelle 92/2 ein Wohnhaus. Im Anmeldungsbogen des Vermessungsamtes Tamsweg vom 18. Juni 1957 ist unter anderem festgehalten, daß aus einem Teil der Parzelle Nr. 92/2 in den Jahren 1955 bis 1956 durch Alois P*** ein Neubau errichtet wurde. Zu einer grundbücherlichen Durchführung des Grundstückstausches kam es nicht. Am 20. Juni 1959 starb Alois P***. Im Verlassenschaftsverfahren beim Bezirksgericht St. Michael im Lungau, A 31/59, gab der Vater des Verstorbenen, Friedrich P***, am 22. Dezember 1959 folgende Erklärung ab: "Mein Sohn, der verstorbene Alois P***, hat zusammen mit seiner Frau, der Witwe Maria (richtig: Marianne) P*** auf der Grundparzelle Nr. 92/2 der EZ 69 der KG Hintermuhr, die zur Gänze derzeit in meinem Eigentum steht, ein Einfamilienhaus gebaut ..... Ich hatte schon immer die Absicht, meinem Sohn die Parzelle, die ich ihm faktisch zu seinen Lebzeiten bereits in Nutzung übergeben hatte, zu schenken. Ich übergebe hiemit schenkungsweise an die Verlassenschaft nach meinem Sohn Alois P*** die Grundparzelle 92/2 der EZ 69, KG Hintermuhr, ins unbeschränkte Eigentum." Die Schenkung wurde von Marianne P*** und der Vormünderin der damals minderjährigen Kinder angenommen. Auf Grund eines Erbteilungsübereinkommens wurde Marianne P*** die Liegenschaft zu einem Viertel und den vier minderjährigen Kindern zu je drei Sechzehntel eingeantwortet. Das Eigentumsrecht der Genannten wurde in dieser Form am 27. Juni 1960 im Grundbuch einverleibt. Im Jahre 1988 wurde das Alleineigentum für den nunmehrigen Beklagten, einem Sohn der Marianne P***, einverleibt.

Die Klägerin, die Witwe des Wilhelm S*** (Sohn des Franz und der Rosalia S***) begehrt vom Beklagten die Zustimmung zur Teilung des Grundstückes 92/2 in die Parzelle Nr. 92/2 und in das Grundstück 92/4 entsprechend der Vermessungsurkunde des Dipl.Ing.Helmut D*** vom 22. Mai 1962, Abschreibung des Grundstückes 92/2 vom Gutsbestand der Stammliegenschaft, Eröffnung einer neuen Einlagezahl und die Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes am Grundstück Nr. 92/2. Sie brachte vor, es liege eine Doppelveräußerung vor. Marianne P*** habe von den Tauschverträgen Kenntnis gehabt. Das Grundstück sei seit 1951 von Franz und Rosalia S*** bewirtschaftet worden. Die beklagte Partei habe beim Erwerb des Alleineigentums am Grundstück von den ungeklärten Eigentumsverhältnissen gewußt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, sämtliche Tauschvereinbarungen seien durch die Eheschließung zwischen Alois P*** und Marianne P*** überholt worden. Erklärter Wille der Parteien des Tauschvertrages sei es gewesen, das Grundstück Nr. 92/2 dem Kind bzw. Schwiegerkind zukommen zu lassen. Darüber hinaus habe er keinerlei Kenntnis von irgendwelchen Vereinbarungen zwischen den Genannten gehabt. Das Grundstück sei immer von ihnen bzw. von seinen Rechtsvorgängern bewirtschaftet worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende weitere Feststellungen:

Marianne P*** war am Todestag ihres Gatten erst 24 JaHre alt, hatte vier minderjährige Kinder zu versorgen und wußte von den Vereinbarungen zwischen ihren Eltern und dem Schwiegervater nichts. Sie und ihr Ehemann, der Bauhilfsarbeiter war, waren in Vertragssachen unerfahren. Die Bewirtschaftung der Parzelle 92/2 erfolgte durch ihren Schwiegervater Friedrich P***, der für seine Rinder frisches Futter benötigte. Marianne P*** mähte eine Wiese in der sogenannten Ölschützen, das ist die Parzelle 446/4. Im Vertrag betreffend die Übergabe von Franz und Rosalia S*** an ihren Sohn Wilhelm S*** aus dem Jahre 1971 ist das Grundstück 92/2 angeführt. In Pkt. 2.) wird darauf hingewiesen, daß die Übergeber daran "außerbücherlich Eigentum" erworben hätten. Im Übergabsvertrag zwischen Josef und Katharina P*** an Josef und Annemarie P*** aus dem Jahre 1973 scheint die Parzelle 92/2 nicht auf. Im Jahre 1979 pachtete der Beklagte von der Klägerin das gesamte Gfrerergut. In diesem Pachtvertrag ist die Parzelle Nr. 92/2 nicht angeführt.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, bei einer Doppelveräußerung setze die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches voraus, daß sich der spätere Erwerber bewußt über die obligatorischen Rechte des früheren Käufers hinweggesetzt habe. Hier sei von einer Gutgläubigkeit der Marianne P*** im Zeitpunkt der erfolgten Schenkung und auch im Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumsrechtes für sie und ihre mj. Kinder auszugehen. Selbst wenn eine verbindliche Vereinbarung über den Liegenschaftstausch zustande gekommen sei, könne dies der Klägerin somit im Hinblick auf den Eintragungsgrundsatz des § 431 ABGB nichts nützen. Für eine Ersitzung fehle es an den gesetzlichen Voraussetzungen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge. Es hob das erstgerichtliche Urteil auf, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 15.000, nicht aber von S 300.000 übersteigt und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Nach Beweiswiederholung traf das Berufungsgericht folgende abändernde und ergänzende Feststellungen:

Marianne P*** wußte zwar im Zeitpunkt der Schenkung des Grundstückes 92/2 am 22. Dezember 1959 und der diesbezüglichen Verbücherung am 27. Juni 1960 nichts über Einzelheiten der Tauschverträge zwischen ihren Eltern Franz und Rosalia S*** und ihrem Schwiegervater Friedrich P***; es war ihr aber bekannt, daß das Grundstück 92/2 zumindest zum Teil Gegenstand des Tausches war, weshalb sie sich auch nicht im klaren darüber war, ob sie mit den Kindern die ganze Parzelle 92/2 bekomme oder nicht. Das Grundstück 92/2 wurde als Wiese genutzt und in den 50iger-Jahren bis zum Jahre 1971 von ihrem Vater Franz S*** gemäht. Sie selbst nutzte nur den Teil rund um das von ihr und ihrer Familie bewohnte Haus Hintermuhr Nr. 37. Auf Grund des Erbteilungsübereinkommens wurde das Eigentum am Grundstück 92/2 für Marianne P*** zur Hälfte und für ihre vier Kinder, die ursprünglichen Zweit- bis Viertbeklagten, zu je 1/8 einverleibt. Der Beklagte wurde auf Grund des Schenkungsvertrages vom 31. Dezember 1987 Alleineigentümer der Liegenschaft. Im Zeitpunkt der Einverleibung des Eigentumsrechtes wußte er von der schriftlichen Aufforderung der Klägerin, auf Grund der seinerzeitigen Tauschverträge in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an diesem Grundstück einzuwilligen. In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Berufungsgericht auf die neuere Rechtsprechung, nach der bei Doppelveräußerungen von Liegenschaften dem Ersterwerber gegenüber dem Zweiterwerber auch schon dann ein auf Naturalrestitution im Sinne des § 1323 ABGB gerichteter Schadenersatzanspruch gewährt wird, wenn der Ersterwerber an der überlassenen Liegenschaft bereits Besitz erworben hatte und sein durch das Besitz verstärktes Forderungsrecht für den Zweiterwerber deutlich erkennbar war. Dabei komme es im einzelnen auf ein Zusammenspiel zwischen objektiven und subjektiven Gesichtspunkten an, nämlich von Forderung, Besitz und Grad der Vorwerfbarkeit. Unter diesen Gesichtspunkten sei das gegenständliche Schadenersatzbegehren, soweit es sich gegen den Erwerb des Miteigentums am Grundstück 92/2 durch Marianne P*** richte, gerechtfertigt. Sie habe von dem die Parzelle 92/2 betreffenden Liegenschaftstausch und auch davon gewußt, daß diese Parzelle mit Ausnahme der rund um das Haus gelegenen Teile von ihrem Vater bewirtschaftet worden sei. Demgemäß sei es ihr nicht klar gewesen, ob sie und die Kinder die gesamte Parzelle 92/2 bekommen sollten oder nur jenen Teil, auf dem sie mit ihrem sodann verstorbenen Ehemann das Haus errichtet hatte. Bei dieser Sachlage hätte sich Marianne P*** beim Geschenkgeber Klarheit über die wahren Eigentumsverhältnisse verschaffen müssen. Eine diesbezügliche Unterlassung stelle eine Fahrlässigkei dar, die sie zum Schadenersatz verpflichte. Der Beklagte habe von ihr als seiner Mutter den ihr zugeschriebenen Miteigentumsanteil geschenkt erhalten, sodaß sich der Schadenersatzanspruch gegen ihn richte. Dagegen hätten die vier mj. Kinder der Marianne P*** von der wahren Sachlage nichts gewußt, eine gegenteilige Behauptung sei von der Klägerin gar nicht aufgestellt worden. Es schade nicht, daß diese Kinder, so insbesondere auch der Beklagte, später Kenntnis vom Tauschvorgang usw. erlangt hätten. Ihnen gegenüber habe es daher bei der Regelung des § 440 ABGB zu bleiben, daß dann, wenn der Eigentümer dieselbe unbewegliche Sache zwei verschiedenen Personen überlassen habe, die Liegenschaft demjenigen zufalle, der früher um die Einverleibung angesucht habe. Die Klägerin habe daher nur Anspruch auf jenen Teil der Parzelle, den der Beklagte von seiner Mutter Marianne P*** geschenkt bekommen habe. Da die Sache teilbar und eine Teilung für die Geschädigte auch tunlich sei, erscheine eine Naturalteilung im Sinne eines zu stellenden Begehrens auf Herausgabe der in der Natur vermessenen Hälfte des Grundstückes 92/2 möglich. In dieser Beziehung sei die Rechtslage mit den Parteien bisher nicht erörtert worden. Im übrigen komme nur ein Begehren auf Schadenersatz in Geld in Betracht. Demgemäß sei das Verfahren vor dem Erstgericht zu ergänzen.

Gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erhebt der Beklagte Rekurs mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Rekurswerber bringt vor, die auf die Lehrmeinung von Schilcher-Holzer gestützte berufungsgerichtliche Annahme eines "außerbücherlichen Eigentumes" widerspreche dem Intabulationsprinzip des § 431 ABGB. Diese Bestimmung sei geltendes Recht, das Berufungsgericht habe sich demgegenüber auf die Ebene der "Rechtssetzung" begeben. Daß das Eintragungsprinzip für die Klägerin nicht sachgerecht und als Härte erscheine, sei weder behauptet worden, noch treffe dies zu. Dagegen führe die gegenteilige Annahme für den Beklagten zu einem "unerträglichen Härtefall", da diesfalls die väterliche Zuwendung zugunsten der Familie des Beklagten auf ein Minimum reduziert würde. Davon abgesehen könne hier das geforderte Zusammenspiel von Forderung, Besitz und Grad der Vorwerfbarkeit mangels kumulativen Vorliegens dieser Gesichtspunkte nicht stattfinden, da das seit den 50-iger-Jahren erfolgte bloße Mähen des Grundstückes durch Franz S***, den Vater der Marianne P***, keinesfalls den Schluß auf einen "offenkundigen Besitz" zu seinen Gunsten zulasse, vielmehr die gegebenen Umstände für eine stillschweigende Duldung insbesondere auch im Hinblick darauf sprächen, daß die Familien S*** und P*** ja verschwägert gewesen seien. Eine deutliche Besitzausübung liege jedenfalls nicht vor. Wenn Marianne P*** mit ihrer Familie nur den Grund rund um das Haus benützt habe, so müsse bedacht werden, daß das Haus erst ab Fertigstellung habe benützt werden können. Die Annahme eines Besitzes des Franz S*** habe sich im Hinblick auf die Verwandtschaft - Franz S*** sei ihr Vater, Friedrich P*** ihr Schwiegervater gewesen - keinesfalls aufgedrängt. Somit könne der Marianne P*** subjektiv ein fahrlässiges Verhalten nicht vorgeworfen werden. Im Zeitpunkt des Todes ihres Mannes sei es ihr mit ihren vier Kleinkindern um das "nackte Überleben" gegangen. In dieser Situation habe ihr Schwiegervater ihr und den Kindern die Parzelle 92/2 geschenkt. Wäre es ihr darum gegangen, diese Parzelle unter Verletzung von Forderungsrechten Dritter an sich zu bringen, so hätte sie das Erbübereinkommen dahin geschlossen, daß allein die vier Kinder Eigentümer würden. Ihr gegenteiliges Verhalten beweise ihren "guten Glauben".

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.

Entgegen den Rechtsmittelausführungen entspricht die berufungsgerichtliche Rechtsansicht nicht nur der Lehrmeinung von Schilcher-Holzer, sondern auch der neueren einhelligen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß bei Doppelveräußerungen eine schadenersatzrechtliche Herausgabepflicht des intabulierten Zweiterwerbers durch Naturalrestitution besonders im Falle eines durch den Besitz verstärkten Forderungsrechtes des Ersterwerbers besteht, wenn der Zweiterwerber die obligatorische Position des Ersterwerbers kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte (SZ 56/125; 2 Ob 538/83; 2 Ob 541/84; 2 Ob 586/85; 8 Ob 533, 534/87 = NZ 1988, 98; 7 Ob 602/89). Im Sinne der Ausführungen von Schilcher-Holzer in JBl 1974, 445 ff, 512 ff kann eine deutlich erkennbare Besitzausübung durch den nicht verbücherten Ersterwerber also einen auf Fahrlässigkeit gestützten und auf Übergabe des Eigentums gerichteten Schadenersatzanspruch gegen den Zweiterwerber, der bücherlicher Eigentümer wurde, begründen. In diesem Falle genügt bereits, daß der Zweiterwerber die obligatorische Position des Ersterwerbers kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte.

Diese Voraussetzungen liegen hier hinsichtlich des Eigentumserwerbes der Zweiterwerberin Marianne P*** vor. Auf der Grundlage der für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Berufungsgerichtes hatte sie im Zeitpunkt, als sie die Schenkung des Friedrich P*** für sich annahm, Kenntnis davon, daß das Grundstück 92/2 zumindest zum Teil Gegenstand des Tausches war und gerade aus diesem Grunde war sie sich nicht darüber im Klaren, ob sie mit den Kindern auf Grund des Schenkungsvertrages ihres Schwiegervaters die gesamte Parzelle 92/2 bekomme oder nicht. Sie hatte weiters Kenntnis davon, daß das Grundstück 92/2 seit den 50-iger Jahren von ihrem Vater als Wiese genutzt wurde, während sie selbst nur die rund um das von ihr mit den Kindern bewohnte Haus gelegenen Teile dieses Grundstückes nutzte. Hieraus folgt, daß sie die obligatorische Rechtsposition ihrer Eltern als Ersterwerber zumindest hinsichtlich eines Teiles der Parzelle 92/2 von vornherein kannte und dieses durch nach außen deutlich erkennbare tatsächliche Besitzausübungshandlungen des Forderungsberechtigten verstärkt in Erscheinung getretene Forderungsrecht auch ausdrücklich respektierte. Bei dieser Sachlage war sie im Sinne der berufungsgerichtlichen Rechtsansicht auf jeden Fall verpflichtet, sich unter Hinweis auf den ihr offenbar erscheinenden Erwerbstitel ihres Vaters beim Geschenkgeber nach den wahren Eigentumsverhältnissen zu erkundigen. In ihrer diesbezüglichen Unterlassung liegt ein fahrlässiges und somit schuldhaftes Verhalten, das sie und den Beklagten als ihren Rechtsnachfolger zum Schadenersatz verpflichtet.

Gegen das Verschulden kann grundsätzlich ein Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB eingewendet werden, sodaß hier auch auf diese mögliche Einwendung zweckmäßigerweise vorweg Bedacht zu nehmen ist. Ein Mitverschulden liegt, wie auch Schilcher-Holzer aaO 514, 518, 519, ausführen, zB grundsätzlich darin, daß es der Ersterwerber versabsäumt hat, sich rechtzeitig, also ohne Säumnis, intabulieren zu lassen. Diesen Vorwurf müßte hier die Klägerin tatsächlich gegen sich gelten lassen. Die Ehegatten S*** hatten es nach Abschluß des Tauschvertrages im Jahre 1954 unterlassen, ihr Eigentum am eingetauschten Grundstück 92/2 zu verbüchern, obschon auch sie mit Beschluß des Bezirksgerichtes St. Michael i.L. vom 23. April 1956 (TZl 19/56) unter Androhung einer Geldstrafe aufgefordert worden waren, binnen 3 Monaten den Grundbuchsstand zu berichtigen. Nur auf diese Weise konnte es geschehen, daß 6 Jahre später bei der Einverleibung des Eigentums der Zweiterwerberin Marianne P*** im Juni 1960 das seit dem Abschluß des Tauschvertrages mangelnde Eigentum des Geschenkgebers Friedrich P*** an dieser Parzelle nicht hervorkam.

Die Frage, ob dieses Mitverschulden der Ersterwerberin im Sinne der Ansicht von Schilcher-Holzer aaO 519, 520, dazu führen konnte, daß nicht, wie in der berufungsgerichtlichen Entscheidung ausgesprochen, eine Liegenschaftshälfte, sondern nur ein geringerer Teil hievon vom Beklagten an die Klägerin herauszugeben, wäre oder daß gar die gesamte Parzelle 92/2 beim intabulierten Beklagten bliebe und dieser nur zum Ersatz des anteiligen Vertrauensschadens verpflichtet wäre, kann hier dahingestellt bleiben. Unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 373 ABGB ist nämlich bei der Doppelveräußerung, worauf auch Schilcher-Holzer aaO 513, 519, verweisen, der unentgeltliche Erwerber weniger schutzwürdig als der entgeltliche. Da hier das Grundstück 92/2 von der Ersterwerberin S*** entgeltlich, nämlich gegen Tausch eines ihrer Grundstücke, die Grundstückshälfte hingegen von Marianne P*** als Schenknehmerin unentgeltlich erworben wurde, ist diese zweifellos weniger schutzwürdig. Ihr Rechtsnachfolger hat daher im Hinblick auf ihr schuldhaftes Verhalten grundsätzlich den Hälfteanteil an dem im vorgelegten Vermessungsplan dargestellten Teil der Parzelle 92/2 an die Klägerin, der Witwe des Übernehmers Wilhelm S***, herauszugeben.

Demgemäß war dem Rekurs des Beklagten ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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