OGH 2Ob616/90

OGH2Ob616/905.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred V***, Holzkaufmann, Mahlerstraße 3, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Karl Dieter Zessin, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E*** D***-D***, Hintere Zollamtstraße 1, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Grossmann, Dr. Eduard Klingsbigl und Dr. Robert Lirsch, Rechtsanwälte in Wien, wegen 6,652.133,70 S sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. Juni 1990, GZ 1 R 97/90-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 14. Februar 1990, GZ 18 Cg 26/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit der am 29. April 1988 erhobenen Klage begehrte der Kläger von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Bezahlung des Betrages von 6,652.133,70 S sA. Die Beklagte sei der von ihr übernommenen Verpflichtung, 1.811 Tonnen Schnittholz zu Fluß, zu See und zu Land vom Donauversandhafen Krems über den türkischen Mittelmeerhafen Iskenderun bis Bagdad an den irakischen Kunden des Klägers, das staatliche Außenhandelsunternehmen GECIST, zu befördern, schuldhaft teils nur mit Verspätung und teils (Landtransport nach Bagdad) überhaupt nicht nachgekommen. Dem Kläger sei eine vergleichsweise Bereinigung der Angelegenheit (Ersatz von Lagerkosten an den irakischen Kunden des Klägers, Verweigerung der Auszahlung eines Haftrücklasses, Inanspruchnahme einer Garantie, Boykott österreichischer Holzimporte seitens des Irak durch längere Zeit) ua nur durch Zahlung eines Vergleichsbetrages gelungen. Dem Kläger seien dabei Kosten und Spesen von 4,652.133,70 S sowie ein Verdienstentgang von 2,000.000 S erwachsen. Im Verlauf der jahrelangen Vergleichsgespräche mit der Beklagten habe diese durch Erklärung des kommerziellen Direktors Leopold M*** am 7. 1. 1982 auf die Einwendung der Verjährung gegen die Ansprüche des Klägers verzichtet. Selbst wenn Leopold M*** zur Abgabe einer solchen Erklärung nicht befugt gewesen sein sollte, habe die Beklagte in vielfältiger Korrespondenz dessen Erklärung stillschweigend anerkannt.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, wendete den Mangel der aktiven sowie der passiven Klagelegitimation ein und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Nach den hier anzuwendenden "Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den gemeinsamen Donau-See-Verkehr" hafte der Verfrachter weder für Verzögerungen noch für Zins- oder Konjunkturverluste, Exportzuschüsse, Exportprämien, Preisdifferenzen aus Notverkäufen, Währungsabwertungen und andere ähnliche Folgen, die dem Wareneigentümer erwachsen. Außerdem sei die Geltendmachung des Verzögerungsschadens als mittelbarer Schaden gemäß Art. 23 Abs 4 der Beförderungsbedingungen ausgeschlossen. Schließlich wendete die Beklagte unter Hinweis auf Art. 29 Abs 1 der Beförderungsbedingungen Verjährung des Klageanspruches ein. Ein Verjährungsverzicht sei durch die Beklagte niemals abgegeben worden. Leopold M*** wäre zu einer solchen Erklärung auch gar nicht legitimiert gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf Feststellungen über den Inhalt der den gegenständlichen Beförderungsverträgen zugrunde gelegten Bestimmung des Art. 29 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den gemeinsamen Donau-See-Verkehr sowie über den wie folgt zusammengefaßten Inhalt der vom Kläger mit dem damaligen kaufmännischen Direktor der Beklagten Leopold M*** bereits im Jahr 1981 geführten Verhandlungen über die von ihm erhobenen Ansprüche wegen der ihm nach seiner Behauptung durch die Verzögerung bzw. nicht vollständige Durchführung der klagsgegenständlichen Holztransporte entstandenen und entstehenden Schäden und den Inhalt der zwischen den Parteien geführten Korrespondenz:

Im Zuge der genannten Verhandlungen erklärte M*** bereits 1981 namens der Beklagten "einen Verzicht auf die Einwendung der Verjährung". Am 17. 12. 1981 richtete der Kläger an die Beklagte aus Anlaß der Absage eines Verhandlungstermines das Fernschreiben Beilage D, in dem er auf "eine Erklärung Ihrer Direktion bezüglich Nichteinrede der Verjährung" hinwies. Am 7. 1. 1982 fand in den Räumen der Beklagten eine Besprechung über die vom Kläger erhobenen Ansprüche statt, an der der Kläger, für die Beklagte deren kaufmännischer Direktor Leopold M*** und als Vertreter der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft deren Rechtskonsulent Dr. Ernst D*** teilnahmen und bei der die gesamten Probleme durchbesprochen wurden und eine gütliche Regelung in Aussicht genommen wurde. Am Ende der Besprechung warf Dr. D*** die Frage der Verjährung auf, worauf M*** erklärte, daß die Beklagte auf die Einwendung der Verjährung verzichte; das wäre ganz selbstverständlich, damit man die Gespräche ohne irgendwelche Aktionen bei Gericht weiterführen könne. M*** befristete den Verjährungsverzicht nicht und wies auch nicht darauf hin, daß er darüber nicht allein entscheiden könne. In seinem Fernschreiben vom 8. 1. 1982 (Beilage E) wies der Kläger neuerlich auf den Verjährungsverzicht hin. Die Fernschreiben des Klägers Beilage D und E wurden von der Beklagten nicht beantwortet. Zur Zeit der gegenständlichen Besprechungen war Leopold M*** Gesamtprokurist der Beklagten und nur gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied oder einem anderen Prokuristen vertretungs- und zeichnungsberechtigt. Nach weiteren Verhandlungen in den folgenden Jahren richtete die Beklagte am 11. 4. 1985 ein Schreiben an den Kläger (Beilage 15), in dem sie auf ihre Zugeständnisse zur kostenmäßigen Begünstigung der österreichischen Holzexportwirtschaft bei künftigen Holzexporten in den Irak hinwies und sodann erklärte, für die sowjetische D***-D*** und auch für sie sei mit diesem freiwilligen Frachtopfer die Angelegenheit der Irak-Transporte ex 1979/1980 bzw. allfälliger Kostenbeteiligungen daran abgeschlossen. In Beantwortung eines Fernschreibens des Klägers vom 11. 12. 1985, in dem dieser einen neuen Besprechungstermin verlangte und für den Fall der Nichteinigung eine gerichtliche Austragung der Streitigkeit angekündigt hatte, richtete die Beklagte an den Kläger das Fernschreiben vom 13. 12. 1985 (Beilage 18) mit folgendem Inhalt:

"Sehr geehrter Herr V***. Unser Rechtsstandpunkt muß Ihnen bekannt sein. Sie haben keine Ansprüche gegen die D***. Das Beschreiten des Rechtsweges steht Ihnen trotzdem frei. Wir betrachten diese Diskussion als beendet". Da der Kläger in der Folge neuerlich versucht hatte, seine behaupteten Ansprüche außergerichtlich durchzusetzen, kam es am 23. 3. 1987 über Vermittlung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft zu einer abermaligen Besprechung, an der seitens der Bundeskammer deren Generalsekretär-Stellvertreter Dr. R*** sowie Dr. D***, seitens der Beklagten deren damaliger Generaldirektor Dr. W*** und Dr. B*** sowie der Kläger und dessen Sohn teilnahmen. Der Kläger wiederholte dabei seinen Standpunkt, worauf die Vertreter der Beklagten erklärten, von ihrem Standpunkt nicht abgehen zu können. Dr. R*** ersuchte zwar abschließend beide Teile, zu überdenken, ob neue Positionen denkmöglich wären, der Kläger betrachtete jedoch die Vergleichsverhandlungen endgültig als abgebrochen. Daß bei dieser Besprechung ein neuerlicher Verjährungsverzicht der Beklagten erklärt oder auf deren früheren Verjährungsverzicht hingewiesen worden sei, konnte nicht festgestellt werden.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß Leopold M*** namens der Beklagten sowohl vor dem 17. 12. 1981 als auch am 7. 1. 1982 einen Verzicht auf die Einwendung der Verjährung erklärt habe. Diese Erklärungen habe die Beklagte, indem sie den beiden Fernschreiben des Klägers nicht widersprochen habe, stillschweigend genehmigt. Es liege in der Natur eines solchen Verjährungsverzichtes, daß er nicht unbefristet wirksam sein könne, sondern als im Zuge von Vergleichsverhandlungen abgegeben nur für die Dauer derselben Geltung habe. Im Falle des Scheiterns der Vergleichsverhandlungen sei ohne nötigen Aufschub die Klage einzubringen, um den Eintritt der Verjährung abzuwenden. In Anbetracht des Fernschreibens vom 13. 12. 1985 habe der Kläger nicht darauf vertrauen können, daß die Verzichtserklärung der Beklagten nach diesem Verhandlungsabbruch weiterhin bestehen bleibe. Auch die Aufnahme neuerlicher Vergleichsgespräche könne daran nichts ändern, da nach deren Abbruch am 23. 3. 1987 die Klage erst am 29. 4. 1988 eingebracht worden sei. Die auf Grund der "Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den gemeinsamen Donau-See-Verkehr" zwischen den Parteien gültige Verjährungsfrist sei daher verstrichen, weshalb die Klage abzuweisen gewesen sei. Das Gericht zweiter Instanz gab der vom Kläger gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, einschließlich jener, wonach nicht festgestellt werden konnte, daß bei der Besprechung vom 23. 3. 1987 ein neuerlicher Verjährungsverzicht abgegeben worden wäre. In Erledigung der Rechtsrüge führte es im wesentlichen folgendes aus:

Entgegen der Rechtsansicht des Berufungswerbers mache es für die Widerruflichkeit des Verzichtes auf die Einrede der Verjährung keinen Unterschied, ob diese Erklärung vor oder nach Ablauf der Verjährungsfrist abgegeben worden sei. Es sei daher unbeachtlich, daß aus dem angefochtenen Urteil nicht klar ersichtlich sei, ob und wann zwischen den Parteien die Vergleichsgespräche begonnen hätten, welche auch unter Beachtung des Punktes 29. 4 der "Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den gemeinsamen Donau-See-Verkehr" geeignet gewesen wären, den Lauf der Verjährungsfrist zu hemmen. Während ein vor Ablauf der Verjährungsfrist erklärter Verzicht zwar gemäß § 1502 ABGB nicht wirksam wäre, der Verjährungseinrede jedoch die Replik der Arglist und des Handelns wider Treu und Glauben entgegengesetzt werden könne (SZ 47/17, SZ 47/104), sei nach Fristablauf der Verzicht auch unter dem Gesichtspunkt der genannten Gesetzesstelle uneingeschränkt möglich, da zu diesem Zeitpunkt dem Beklagten die schon eingetretene Verjährung in ihrem vollen Wert erkennbar sei (SZ 48/79; SZ 50/110). Dieser Umstand ändere jedoch nichts daran, daß auch der nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärte Verzicht, ebenso wie der vor diesem Zeitpunkt abgegebene (vgl. hiezu SZ 47/17; SZ 47/104; Mader "Verjährung und außergerichtliche Auseinandersetzung" JBl 1986, 1; hier: 7), mit der Wirkung widerrufen werden könne, daß der Gläubiger nicht mehr weiter das Verhalten des Schuldners dahin auszulegen berechtigt sei, dieser werde sich im Falle einer späteren Prozeßführung auf sachliche Einwendungen beschränken und die Verjährungseinrede nicht erheben. Es habe nämlich auch für die nach Ablauf der Verjährungsfrist abgegebene Verzichtserklärung die Bestimmung des § 914 ABGB Wirkung, wonach die Erklärung so zu verstehen sei, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspräche. Ausgehend von der vom Kläger nicht bekämpften Feststellung, daß Leopold M*** erklärt habe, der Verzicht auf die Einwendung der Verjährung sei ganz selbstverständlich, damit man die Gespräche ohne irgendwelche Aktionen bei Gericht weiterführen könne, ergäbe sich, daß nach Treu und Glauben jeder Erklärungsempfänger nur davon habe ausgehen dürfen, die Beklagte wolle auch eine allenfalls bereits eingetretene Verjährung für die Dauer der Vergleichsgespräche nicht geltend machen. Daß die Beklagte durch eine derartige Erklärung eine schlechthin unverjährbare Forderung habe schaffen wollen, könne nicht unterstellt werden. Dies umso weniger, als das Verhandeln über eine nach dem Vorbringen des Berufungswerbers ohnedies schon verjährte Forderung ein wesentlich größeres Entgegenkommen darstelle, als die Abgabe einer derartigen Erklärung während noch offener Frist unter dem Eindruck einer drohenden Klagsführung. Da somit der Erklärungswille für jeden redlichen Adressaten unzweifelhaft klar gewesen sein müsse, verwies das Berufungsgericht nur noch "der Vollständigkeit halber" auf die Bestimmung des § 915 ABGB, wonach bei einseitig verbindlichen Verträgen im Zweifel anzunehmen sei, daß sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last habe auflegen wollen. Das Fernschreiben der Beklagten vom 13. 12. 1985 an den Kläger, wonach dieser gegen die Beklagte keine Ansprüche mehr habe, ihm das Beschreiten des Rechtsweges freistehe und die Beklagte die Diskussion für beendet betrachte, stelle eine Stellungnahme der Beklagten dar, welche mit aller Deutlichkeit das Ende der Vergleichsgespräche bekanntgebe. Die durch rechtzeitige Anspruchsbekanntgabe gehemmte Verjährungsfrist würde unbeschadet eines vor ihrem Ablauf abgegebenen Verjährungsverzichtes gemäß Art. 29.4 der "Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den gemeinsamen Donau-See-Verkehr" ab diesem Datum weiterlaufen; ein erst nach Ablauf der Verjährungsfrist abgegebener Verzicht könnte in Anbetracht seines dargelegten Inhalts nicht weiterbestehen. Folge man somit dem Standpunkt des Berufungswerbers, müsse ihm mit Zukommen dieses Fernschreibens klar gewesen sein, daß die für die Dauer der Vergleichsgespräche abgegebene Verzichtserklärung nun nicht mehr weiter aufrecht erhalten werde. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Versuch des Klägers, nach Erhalt dieses Fernschreibens neue Vergleichsgespräche in Gang zu bringen, an dieser Betrachtungsweise etwas zu ändern vermöchte (auf dem Boden des Art. 29.4 der "Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den gemeinsamen Donau-See-Verkehr" sei dies in Anbetracht seines letzten Satzes jedenfalls auszuschließen), da nicht einmal vom Berufungswerber bestritten werde, daß die Besprechung am 23. 3. 1987 ein endgültiges Ende aller Vergleichsverhandlungen gebracht habe. Es könne auch unerörtert bleiben, innerhalb welcher angemessenen Frist der Kläger nunmehr seine Klage einzubringen gehabt hätte (vgl. hiezu ua WBl 1987, 94; 3 Monate), da diese Frist jedenfalls nicht länger als die gesamte zustehende Verjährungszeit dauern könne. Diese betrage unbestrittenermaßen gemäß Art. 29.1 der "Allgemeinen Beförderungsbedingungen" ein Jahr. Da auch diese Zeitspanne bei Klagseinbringung am 29. 4. 1988 bereits verstrichen gewesen sei, sei der Anspruch unter jeder möglichen rechtlichen Betrachtungsweise jedenfalls verjährt. Dies auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers über die Notwendigkeit der aufwendigen Stoffsammlung für das Verfahren, da dadurch eine Verlängerung gesetzlicher oder vertraglicher Verjährungsfristen nicht bewirkt werden könne. Der Berufung sei daher ein Erfolg zu versagen gewesen. Da sich der Oberste Gerichtshof - soweit überschaubar - bisher mit der Frage der Wirkung des Verjährungsverzichtes nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht befaßt habe, liege eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor, weshalb die ordentliche Revision gemäß § 502 Z 3 ZPO zulässig sei. Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Gemäß § 508 a Abs 1 ZPO ist das Revisionsgericht bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes hier nicht vor.

In Lehre und Rechtsprechung ist es unbestritten, daß der (ausdrückliche oder stillschweigende) Verzicht auf die Verjährungseinrede nach Eintritt der Verjährung zulässig ist (Klang in Klang2 VI, 670; Ehrenzweig2, AT 297; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1502; Mader in Schwimann, ABGB V, Rz 1 zu § 1502; SZ 47/104; SZ 48/79; SZ 50/110; ZVR 1985/173 ua). Es entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß ein solcher Verzicht zur Zulassung einer Replik der Arglist führt (Ehrenzweig2, aaO, 338; Klang, aaO, 604; Mader, aaO, Rz 1 zu § 1502 und Rz 15 zu § 1451; SZ 47/17; SZ 48/67; RZ 1984/59; ZVR 1985/173 ua). Über die Wirkung eines Verjährungsverzichtes kann jedoch keine allgemeingültige Aussage gemacht werden; sie hängt nämlich vom Inhalt der Verzichtserklärung ab. Geht es aber um die Auslegung einer solchen Willenserklärung, also darum, wie die Erklärung unter den besonderen Umständen des Einzelfalles zu verstehen ist, so liegt keine Frage iS des § 502 Abs 1 ZPO vor (vgl. Petrasch, ÖJZ 1985, 297). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn der Kläger versucht in seiner Revision lediglich die Unrichtigkeit der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung der von Leopold M*** abgegebenen Verzichtserklärung aufzuzeigen und darzulegen, er, Kläger, hätte den hier nach Ablauf der Verjährungsfrist erklärten Verzicht billigerweise ausschließlich im Sinne seiner Endgültigkeit verstehen können. Inwiefern die Lösung dieser Frage an Bedeutung über den Einzelfall hinausgehen sollte, ist nicht erkennbar und wird in der Revision nicht dargetan. Da die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung - von der für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Feststellungsgrundlage ausgehend - den Grundsätzen des Gesetzes und der Logik nicht widerspricht, kann auch nicht gesagt werden, die Zulassung der Revision erschiene zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erforderlich.

Die Revision erweist sich damit als unzulässig, weshalb sie ungeachtet deren Zulassung durch das Berufungsgericht zurückgewiesen werden mußte.

Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, steht ihr für ihre Beteiligung am Revisionsverfahren kein Kostenersatzanspruch zu.

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