OGH 2Ob606/90

OGH2Ob606/9026.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der am 8.Juni 1981 geborenen mj. Denisa I***, Schülerin, 1130 Wien, Hietzinger Kai 5/18, infolge Revisionsrekurses der Mutter Vera I***, Marianske Lazne, Manesova 568, C***, vertreten durch Dr.Anton Baier, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgericht vom 13.Juni 1990, GZ R 253/90-70, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Waidhofen/Ybbs vom 15.März 1990, GZ P 136/88-62, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die beiden Vorinstanzen sprachen übereinstimmend die Obsorge über die mj. Denisa I*** dem mit der Minderjährigen am 20.7.1988 aus der Tschechoslowakei nach Österreich geflüchteten Vater zu. Sie orientierten sich dabei ausschließlich am Kindeswohl. Das Rekursgericht ließ unter Hinweis darauf, daß die Judikatur des Obersten Gerichtshofes bei Beurteilung der Frage der Auswirkung einer eigenmächtigen Ansichnahme eines Kindes auf die Zuteilung desselben uneinheitlich sei, den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Die beiden als gegenteilig bezeichneten Entscheidungen (4 Ob 539/78 = JBl. 1979, 366 und 1 Ob 552/85 = ÖAV 1985, 142) kommen aber zumindest im Ergebnis zu dem gleichen vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. auch 7 Ob 619/87; 7 Ob 655, 656/88; 6 Ob 625/89; 7 Ob 568/90 ua) judizierten Schluß, daß die rechtswidrige Wegnahme eines Kindes vom erziehungsberechtigten Elternteil durch den anderen für die Zuweisung desselben nur dann von Belang sei, wenn daraus im Einzelfall auf eine mangelnde Eignung zur Erziehung des Kindes geschlossen werden muß. Zu dieser Lösung kommt nämlich letztlich auch die in den JBl. 1979, 366 abgedruckte Entscheidung, in welcher ausgeführt wird, daß der Vater selbst es war, der die Minderjährige damals aus seiner Umgebung gerissen und damit schon dadurch eine konkrete Gefahr für die ruhige und stetige Entwicklung dieses Kindes geschaffen hatte.

Rechtliche Beurteilung

Da bei der Entscheidung über die Zuweisung eines Kindes auch nach den in der C*** geltenden Grundsätzen auf das Kindeswohl abzustellen ist (vgl. § 26 Abs. 3 des in Bergmann/Ferid abgedruckten Familiengesetzes Sb. Nr. 94, geändert durch Gesetz Nr. 132/1982), die Vorinstanzen diese Frage eingehend untersuchten, durch mehrere SV-Gutachten abklärten und schließlich zum Schluß gelangten, daß die Minderjährige beim Vater bleiben solle, weil dies ihrem Wohl zuträglicher sei, liegt dem Ermessen der beiden Vorinstanzen keine erhebliche Rechtsfrage zugrunde, zu deren Beurteilung der Oberste Gerichtshof angerufen werden könnte.

Es war daher unter Anwendung des § 16 Abs. 3 AußStrG der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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