OGH 10ObS345/88

OGH10ObS345/8829.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Dr. Josef Fellner (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Aloisia G***, Gewerbetreibende, 8010 Graz, Am Ring 4, vertreten durch Dr. Harold Schmid und Dr. Kurt Klein, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S*** DER

G*** W*** (L*** S***), 1051 Wien,

Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ruhens einer Witwenpension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Juni 1988, GZ 7 Rs 39/88-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 7.Oktober 1987, GZ 31 Cgs 1209/87-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt nach Art. 89 Abs. 2 und Abs. 3 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den

A n t r a g ,

1. gemäß Art. 140 Abs. 4 B-VG zu entscheiden, daß § 60 GSVG in den mit Ablauf des 31.12.1989 außer Kraft getretenen Fassungen der

9. GSVGNov BGBl 1984/485 und 10. GSVGNov BGBl 1986/112 verfassungswidrig war;

2. gemäß Art 140 Abs 3 B-VG § 61 GSVG als verfassungswidrig aufzuheben.

Text

Begründung

Sachverhalt:

Der am 6.6.1930 geborene, bei der beklagten Partei versicherte Erich G*** war bis zu seinem Tod am 17.10.1986 mit der am 12.9.1949 geborenen Klägerin verheiratet.

Am 15.12.1986 beantragte die Klägerin bei der beklagten Partei die Witwenpension. Dabei erklärte sie, daß sie noch eine aufrechte Gewerbeberechtigung für das Friseurgewerbe habe und eine selbständige Erwerbstätigkeit als Gewerbetreibende (eigenes Friseurgeschäft) ausübe.

Mit Bescheid vom 7.5.1987 stellte die beklagte Partei fest,

1. daß die Witwenpension (§ 136 Abs. 1 GSVG) vom 17.10. bis 31.12.1986 mit monatlich 6.774,80 S, ab 1.1.1987 mit monatlich 7.032,20 S gebührt, 2. daß der Leistungsanspruch ab 17.10.1986 zur Gänze ruhe (§ 61 GSVG). Letzteres begründete sie mit der Ausübung einer die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit. Dabei wies sie darauf hin, daß unter dem Ruhen kein Erlöschen des Leistungsanspruches, sondern nur eine Unterbrechung in der Auszahlung zu verstehen sei, die nach Wegfall des Ruhens ohne Antrag wiederaufgenommen würde.

In der nur gegen den 2. Bescheidpunkt gerichteten rechtzeitigen Klage behauptete die Klägerin im wesentlichen, sie sei seit Juni 1977 selbständig als Friseurmeisterin tätig. In ihrem Betrieb in Graz, Brockmanngasse 5, seien seit damals zwei gelernte Friseurinnen und ein Lehrmädchen beschäftigt. Der Betrieb werfe seit Jahren höchstens minimale Gewinne ab und werde ausschließlich wegen der beabsichtigten Übernahme durch die damals im 3. Lehrjahr stehende Tochter der Klägerin aufrechterhalten. Die Klägerin habe ihren Lebensunterhalt ausschließlich von ihrem verstorbenen Ehegatten bezogen, in dessen Betrieb sie in den Jahren 1980 bis 1984 als angestellte Geschäftsführerin erwerbstätig gewesen sei. Sie habe bis zum Tod ihres Mannes ausreichend Wirtschaftsgeld erhalten. Seither habe sie nur die geringfügigen Einkünfte aus dem eigenen Gewerbebetrieb. Die Klägerin vertrat die Auffassung, daß § 61 GSVG gleichheitswidrig und daher verfassungswidrig sei. Sie begehrte daher, die beklagte Partei zur Zahlung der Witwenpension in der jeweils gesetzlichen Höhe seit dem 17.10.1986 zu verurteilen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage, weil die geltende Rechtslage nicht verfassungswidrig sei.

Die Parteien stellten außer Streit, daß die Klägerin seit 1977 eine die Kammermitgliedschaft und damit die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG begründende selbständige Erwerbstätigkeit im Friseurgewerbe ausübt und daneben im Schlossereigewerbebetrieb ihres Ehegatten als Geschäftsführerin angestellt war. Die Überschüsse der Einnahmen gegenüber den Ausgaben (einschließlich der Personalkosten) ihres Friseurbetriebes betrugen in den Jahren 1983 bis 1985 8.949,18 S, 12.156,91 S und 36.683,53 S. Das Erstgericht wies die Klage unter Hinweis auf § 61 Abs. 1 GSVG ab.

In der Berufung wiederholte die Klägerin die schon in der Klage geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 61 GSVG und beantragte, das Berufungsgericht möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des § 61 Abs. "1" (gemeint 2) 2. Halbsatz GSVG stellen, das Verfahren bis zur Klärung dieser Frage durch den Verfassungsgerichtshof unterbrechen und sodann das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abändern.

Das Berufungsgericht wies den die die Gesetzesprüfung betreffenden Antrag der Berufungswerberin zurück und gab der Berufung nicht Folge, weil es gegen die Anwendung des § 61 BSVG keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des § 61 Abs. 2 2. Halbsatz GSVG zu beantragen, das Verfahren bis zur Klärung dieser Frage zu unterbrechen und (sodann) das Berufungsurteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision auf Grund der verfassungsrechtlich unbedenklichen Gesetzeslage nicht stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Antragsvoraussetzungen:

Hat der Oberste Gerichtshof gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit Bedenken, so hat er nach Art. 89 Abs. 2 B-VG den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Ist die anzuwendende Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten, so hat der Antrag an den Verfassungsgerichtshof nach Abs. 3 leg.cit. die Entscheidung zu begehren, daß die Rechtsvorschrift verfassungswidrig war. Diese Anträge sind von dem zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufenen Senat einzubringen.

Der Oberste Gerichtshof hat gegen die von ihm anzuwendenden, für die Entscheidung über diese Revision präjudiziellen Gesetzesstellen des § 60 GSVG in den Fassungen der 9. und 10. BSVGNov und gegen § 61 leg.cit. verfassungsrechtliche Bedenken.

Schon das GSPVG unterschied zwischen dem im § 42 geregelten Zusammentreffen eines Pensionsanspruches mit Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz nicht begründenden Erwerbstätigkeit und dem im § 43 geregelten Zusammentreffen eines Pensionsanspruches mit einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit.

Auch das GSVG enthielt schon in der Stammfassung unterschiedliche Regelungen für das Zusammentreffen eines Pensionsanspruches mit Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz nicht begründenden (§ 60) und begründenden Erwerbstätigkeit (§ 61).

Das teilweise Ruhen der Pensionen nach dem GSPVG und dem GSVG beim Zusammentreffen solcher Pensionsansprüche mit Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung nach diesen Bundesgesetzen nicht begründenden Erwerbstätigkeit war im § 42 GSPVG und ist im § 60 GSVG im wesentlichen so geregelt wie im § 94 ASVG, der sich auf das Zusammentreffen eines Pensionsanspruches aus der Pensionsversicherung (nach dem ASVG) mit Erwerbseinkommen aus einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit bezieht.

Der erkennende Senat hat in seinem Beschluß vom 7.3.1989, 10 Ob S 167/88, beim Verfassungsgerichtshof beantragt zu entscheiden, daß § 94 ASVG in den vom 1.6.1981 bis 31.12.1985 geltenden Fassungen der 36., 39. und 40. ASVGNov. verfassungswidrig war und diese Gesetzesstelle in der seit 1.1.1986 (nach der diesem Beschluß nachfolgenden 48. ASVGNov bis 31.12.1989) geltenden Fassung der 40.ASVGNov als verfassungswidrig aufzuheben.

In diesem Anfechtungsantrag führte der erkennende Senat nach Darstellung der Entwicklung dieser Ruhensbestimmung bis zur

40. ASVGNov zur damals letzten Fassung aus:

"Die einschneidendste Verschärfung erfolgte durch die

40. ASVG-Nov BGBl 1984/484. Das bisherige Pensionsberechnungssystem:

Grundbetrag, Grundbetragszuschlag und progressive Steigerungsbeträge wurden durch ein neues System ersetzt, das in der Kombination von linearen Steigerungsbeträgen sowie von Zurechnungszuschlägen und von Kinderzuschlägen für weibliche Versicherte besteht. Wird neben einem Pensionsanspruch aus der Pensionsversicherung mit Ausnahme der Ansprüche auf Knappschaftspension und Knappschaftssold sowie Waisenpension noch Erwerbseinkommen erzielt, so ruhen grundsätzlich 40 % der Pension mit dem Betrag, um den das im Monat gebührende Erwerbseinkommen S 3.200 (1988 S 3.694) übersteigt, höchstens jedoch mit dem Betrag, um den die Summe aus Pension zuzüglich Hilflosenzuschuß und Erwerbseinkommen im Monat den Betrag von S 7.000 (1988 S 8.079) übersteigt. Die günstigere Regelung für Witwen-(Witwer-) und Invaliditätspensionen wurde beibehalten und noch dadurch ergänzt, daß die Voraussetzung des Vorliegens von 36 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung entfällt, sofern der Versicherte Beitragsmonate der Pflichtversicherung erwirbt und ihm in dieser Zeit ein Freibetrag aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 65 v.H. nach § 106 des Einkommensteuergesetzes 1972 BGBl Nr.440 gebührt. Die Neuregelung, die bei Ermittlung des Ruhensbetrages von der Bruttopension ausgeht, die anstelle des früheren Grundbetrages trat, brachte für einen Großteil der Pensionsbezieher mit gleichzeitigem Erwerbseinkommen eine empfindliche Verschärfung. Durch die 41.ASVG-Nov BGBl 1986/111 wurden auch die in § 23 Abs 1 des Bezügegesetzes angeführten Bezüge in die Ruhensbestimmungen einbezogen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen VfSlg 3836/1960 und 5241/1966 ausgesprochen, daß der Gesetzgeber durchaus im Rahmen des Kompetenztatbestandes gemäß Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG "Sozialversicherungswesen" bleibe, wenn er gewisse Rentenbeträge, auf die ansonsten ein Anspruch besteht, wegen anderweitiger Einkünfte des Versicherten zum Ruhen bringt. Der Gesetzgeber könne also grundsätzlich Ruhensbestimmungen normieren, die grundsätzliche Differenzierung zwischen Rentenberechtigten, die über ein gewisses Einkommen verfügen und anderen, die ein solches anderweitiges Einkommen nicht haben, sei nicht als gleichheitswidrig anzusehen. Es komme aber auf die konkrete Verwirklichung an. Andererseits könne aber auch das Fehlen von Ruhensbestimmungen nicht als mit dem Wesen der Sozialversicherung unvereinbar bezeichnet werden.

Der erkennende Senat ist der Ansicht, daß eine neuerliche Überprüfung der Verfassungsgemäßheit der Ruhensbestimmungen im ASVG deshalb erforderlich ist, weil sich seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17.März 1966, VfSlg 5241/1966, in welchem § 94 ASVG in der damaligen Fassung nicht als gleichheitswidrig erkannt wurde, einerseits die Ruhensbestimmungen des § 94 ASVG (und jene der anderen Sozialversicherungsgesetze), wie sich aus der eingangs dargelegten Entwicklung ergibt, bedingt durch die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und budgetären Erfordernisse grundlegend geändert haben und andererseits diese Bestimmungen einer Überprüfung im Lichte des Erkenntnisses vom 16. März 1988, G 184-194, 200/87, über die Verfassungsmäßigkeit des § 40 a Pensionsgesetz bedürfen.

Das Erkenntnis vom 17.3.1966 baut entscheidend darauf auf, daß die Sozialversicherung von dem Grundgedanken getragen sei, daß die Angehörigen der einzelnen Sozialversicherungsgemeinschaften eine Riskengemeinschaft bilden, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund stehe, weshalb Sozialversicherungspensionen überwiegend als Versorgungsrenten zu charakterisieren seien. Geschlossen wird dies daraus, daß in allen Sozialversicherungsgesetzen die Aufgabe der versicherten Tätigkeit Voraussetzung für die Alterspension ist, sozialpolitische Erwägungen der Behandlung der Ersatzzeiten als Versicherungszeiten zugrundelagen und auch die Aufwertungsfaktoren und die Pensionsdynamik sowie der erhebliche Bundeszuschuß dafür sprächen, daß die Pensionen Versorgungscharakter hätten. Hier ist zunächst darauf zu verweisen, daß der Gesetzgeber, was die Aufgabe der versicherten Tätigkeit anlangt, nicht konsequent ist. Das Nichtbestehen einer Pflichtversicherung am Stichtag ist zwar Voraussetzung für die Gewährung einer Alterspension. Eine schon am nächsten Tag aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung führt aber im Regelfall nur zum teilweisen Ruhen der Pension. Auch werden nunmehr gerade jene Pensionen im Rahmen der Ruhensbestimmungen günstiger behandelt, bei denen der Versorgungsgedanke besonders stark ausgeprägt ist, wie etwa Witwen- und Witwerpensionen, aber auch Invaliditätspensionen, bei denen die Beitragsleistung der Versicherten naturgemäß weit geringer ist als jene der Alterspensionisten. Soweit letztere 540 Versicherungsmonate erreicht haben, führt eine weitere aktive Tätigkeit zwar zu keiner Steigerung ihrer Pension, streben sie jedoch eine solche an, dann gelten für sie die schärferen Ruhensbestimmungen des § 94 Abs 1 ASVG, wenn sie nach dem Stichtag wieder eine Erwerbstätigkeit ausüben. Es ist auch bemerkenswert, daß durch die dargelegte Entwicklung des Pensionsrechtes zweifellos in den letzten Jahren eine Verschiebung in der Richtung eines weitaus stärkeren Hervortretens von versicherungsrechtlichen Elementen eingetreten ist. Besonders der Wegfall des Grundbetrages und des Grundbetragszuschlages und die neue Pensionsberechnung in Form von linearen Steigerungsbeträgen wirken in dieser Richtung. Auf derselben Linie liegt die wesentliche Einschränkung der Anrechnung von Studienzeiten für die Bemessung der Leistung. Auch wird der Kreis der Personen, die in den Genuß der Ersatzzeitenregelung gelangen, mit fortschreitender Zeit immer kleiner; es seien hier etwa die Ersatzzeiten für Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft oder Zeiten der Beschäftigung als Arbeiter vor dem 1.1.1939 beispielsweise genannt.

Unter diesen Voraussetzungen bestehen aber erhebliche Bedenken gegen die sachliche Rechtfertigung der Ruhensbestimmungen in ihrer bestehenden Form. Wenn der Gesetzgeber bestimmten ASVG-Pensionisten, nämlich solchen, die ein Erwerbseinkommen beziehen, einen Teil ihrer Pension ruhend stellt, sie also gegenüber Pensionisten ohne gleichzeitiges Erwerbseinkommen schlechter stellt, so muß dieser Eingriff in die bestehende Rechtsposition sachlich zu rechtfertigen sein. Die Ruhensbestimmungen erfuhren im wesentlichen durch die 39. und 40.ASVG-Nov ihre heutige Ausprägung. Der Gesetzgeber hat - wie dargestellt - diese Regelung damit begründet, daß sie einerseits der Sicherung der Arbeitsplätze dienen und andererseits eine Entlastung des Bundeshaushaltes bewirken sollte (80 BlgNR 16.GP). Es kann bezweifelt werden, daß diese Ziele durch die bestehenden Ruhensbestimmungen auch nur annähernd erreicht werden. Nach der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zuletzt für das Jahr 1986 verlautbarten Statistik betrug die Zahl der gemäß § 94 ASVG ruhenden Pensionen

21.807. Hievon waren nur 4.021 Alterspensionen, dagegen 15.797 Witwen- und Witwerpensionen und 1989 Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (Statistisches Handbuch für die Republik Österreich 1988, 171). Es zeigt sich also, daß bei der weit überwiegenden Zahl jener Pensionen das Ruhen wegen Erwerbstätigkeit besonders häufig vorkommt, bei denen die Aufgabe der Erwerbstätigkeit schon begrifflich keine Voraussetzung des Eintrittes des Versicherungsfalles ist. Da es sich bei den aus diesem Grunde ruhenden Witwen(Witwer)Pensionen naturgemäß in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle um solche handelt, wo die Empfänger der Leistung schon bisher (neben ihrem verstorbenen Ehegatten) berufstätig waren, können durch die Ruhensbestimmungen kaum Arbeitsplätze freigemacht werden. Bei diesen bleibt es daher bei der Budgetentlastung, die der Gesetzgeber aber durch die für solche Pensionen weit günstigere Regelung des § 94 Abs 2 ASVG selbst wieder teilweise zunichte gemacht hat. Die Zahl der ruhenden Alterspensionen ist dagegen in Anbetracht der Zahl von 352.484 Arbeiter-, 243.052 Angestellten- und 9.306 Bergarbeiterpensionisten aus dem Versicherungsfall des Alters (im Jahr 1986, die Zahlen für 1987 sind noch höher) eine geradezu verschwindend geringe (Statistisches Handbuch 1988, 171). Unter diesen Umständen kann das Ruhen der Alterspensionen weder eine nennenswerte Entlastung des Bundeshaushaltes noch die Sicherung von Arbeitsplätzen bewirken. Es muß hier - wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 16.3.1988 zu § 40 a Pensionsgesetz dargetan hat - berücksichtigt werden, daß den geringen Budgeteinsparungen in Form des aliquot auf diese Pensionen entfallenden Bundeszuschusses erhebliche Mehrausgaben für den Vollzug der Ruhensbestimmungen und Mindereinnahmen zufolge des Kaufkraftverlustes dieser versicherten Gruppe sowie der Entfall der Sozialversicherungsbeiträge gegenüber stehen. Auch die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind sicher nicht so erheblich, um damit die Ruhensbestimmungen rechtfertigen zu können. Hier muß berücksichtigt werden, daß Pensionisten häufig Beschäftigungen ausüben, die von anderen Arbeitskräften nicht ohne weiters übernommen werden können, wie etwa besonders qualifizierte Angestellte, die im Ruhestand als Konsulenten weiter tätig sind. Soweit Pensionisten eine selbständige Tätigkeit ausüben, nehmen sie überhaupt niemandem einen Arbeitsplatz weg, sondern schaffen vielmehr häufig durch ihre Tätigkeit sogar zusätzliche Arbeitsplätze. Auch darf nicht übersehen werden, daß die Ruhensbestimmungen häufig dazu führen, daß der Pensionist in nicht gemeldete Erwerbstätigkeiten ausweicht, was nicht nur schwer kontrollierbar ist, sondern auch zu einem weiteren Entfall von Einnahmen des Staates führt. Es ist daher insgesamt äußerst zweifelhaft, ob die derzeitigen Ruhensbestimmungen geeignet sind, die vom Gesetzgeber erwarteten Ziele zu erreichen. Wäre dies jedoch nicht der Fall, dann könnten sie sowohl gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 2 StGG als auch möglicherweise wegen ihrer die freie Erwerbstätigkeit einschränkenden Wirkung gegen Art 6, allenfalls auch gegen Art 5 StGG verstoßen.

Dazu kommt noch, daß die Ruhensbestimmungen in ihrer vollen Härte gerade die Alterspensionisten treffen, bei denen der Versicherungsgedanke weit stärker ausgeprägt ist als bei den durch § 94 Abs 2 ASVG begünstigten Gruppen. Auch diese Regelung ist daher unter dem Gesichtspunkt der Gleichheit verfassungsrechtlich bedenklich. Aber auch die Unterscheidung innerhalb des § 94 Abs 2 lit b ASVG in Pensionisten, die neben der Pension Erwerbseinkommen aus einer Erwerbstätigkeit beziehen, zu deren Ausübung sie durch Maßnahmen der Rehabilitation befähigt wurden und solche, bei denen dies nicht der Fall war, ist bedenklich. Es ist nicht ohne weiters einzusehen, warum invalide Pensionisten, die aus eigener Kraft die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß schaffen, schlechter gestellt werden als solche, denen dies mit Hilfe der den Sozialversicherungsträger kostenmäßig belastenden Rehabilitation gelungen ist. Schließlich muß in diesem Zusammenhang aber auch auf die Übergangsbestimmung des Art IV Abs 3 der 40.ASVG-Nov verwiesen werden, wonach die durch diese Novelle eingetretene entscheidende Verschärfung der Ruhensbestimmungen für jene Pensionisten, deren Pension im Dezember 1984 geruht hat, solange nicht gilt, solange das zum Ruhen führende Erwerbseinkommen aufgrund ein und derselben Erwerbstätigkeit weiterhin erzielt wird. Damit werden einerseits jene Pensionisten schlechter behandelt, die - wie dies etwa bei Witwen und Witwern häufig der Fall ist - nach der neuen Regelung zum Ruhen führende Tätigkeiten schon vor dem Anfall der Pension ausgeübt haben, andererseits jene Pensionisten, die ihren bisherigen Arbeitsplatz ohne eigenes Verschulden verloren haben und sich daher einen neuen Arbeitsplatz suchen mußten.

Schließlich erscheinen die Ruhensbestimmungen des § 94 ASVG aber auch im Hinblick auf die inzwischen erfolgte Aufhebung des § 40 a Pensionsgesetz verfassungsmäßig bedenklich.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16.März 1988, G 184-194, 200/87, die Verfassungsmäßigkeit des § 40 a Pensionsgesetz unter anderem im Hinblick auf den nicht erreichten Regelungszweck, wonach sich Pensionisten einer Berufstätigkeit enthalten sollen, damit vorhandene Arbeitsplätze für Arbeitsuchende frei werden, die Entlastung des Bundeshaushaltes und daß auch Bundespensionisten einen Akt der Solidarität zur Arbeitsproblematik "ungeachtet allfälliger Unterschiede im Tatsächlichen zwischen Beamtenpensionen und Pensionen nach dem ASVG" leisten sollen, verneint, und daher eine gleichheitsrechtliche Beurteilung durch Vergleich der Lage von ASVG-Pensionisten und Bundespensionisten nicht vorgenommen. Tomandl hat in seiner Kritik dieses Erkenntnisses (ZAS 1988, 181) dargetan, daß zwischen der Alterssicherung der Beamten und jener der privaten Arbeitnehmer, sieht man von der unterschiedlichen Konstruktion ab, im Tatsächlichen eine weitgehende Übereinstimmung besteht. Beide Pensionsarten sollen eine dem zuletzt erworbenen Lebensstandard nahekommende Versorgung sichern, weisen also im Tatsächlichen insoweit keine wesentlichen Unterschiede auf. Es sei nicht verkannt, daß Beamte einem Sonderrecht unterstehen, in ein besonderes Gewaltverhältnis zum Dienstgeber treten, der die Pensionsleistung zu erbringen hat und Verpflichtungen übernehmen, die über die Pflichten eines privaten Dienstnehmers hinausgehen und die zum Teil auch für die Zeit der Pensionierung gelten. Die Ansicht, der Ruhegenuß des öffentlich Bediensteten sei seinem Wesen nach kein Versicherungsanspruch, der auf solidarischen Leistungen einer entsprechend großen Riskengemeinschaft beruht, es handle sich dabei vielmehr um ausschließliche Dienstgeberleistungen, die der Staat als Dienstgeber dem Beamten erbringe, damit sei der Widmungszweck der Zuwendungen des Bundes an die Pensionsversicherung und an die Ruhegenüsse der pensionierten Beamten ein völlig verschiedener (VfSlg 3389/1958; Korinek in ÖJZ 1965, 113), kann nach den Veränderungen und der Entwicklung in den letzten 20 Jahren in dieser Form nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten werden. Der Eigenbeitrag der Beamten zur Alterssicherung wurde vom Gesetzgeber, der damit eine immer stärkere Angleichung an den Arbeitnehmerbeitrag in der Pensionsversicherung anstrebte, sukzessive soweit angehoben, daß er nun nur mehr geringfügig unter jenem der Arbeitnehmer im privaten Bereich liegt. Auch der Beamte trägt also in nahezu gleicher Weise selbst zu seiner Alterssicherung bei. Andererseits ist der Staat gezwungen, auch zu den Pensionsversicherungen einen jährlich größer werdenden Beitrag zu leisten, um die Pensionen sicherzustellen, so daß auch hier nicht mehr von einer reinen Riskengemeinschaft der Angehörigen der einzelnen Sozialversicherungsgemeinschaften zur Erfüllung der Ansprüche der Einzelnen gesprochen werden kann. Eine Abgrenzung, in welchem Umfang der Staat Leistungen als Dienstgeber erbringt und in welchem darüber hinausgehenden Ausmaß - ebenso wie bei der Pensionsversicherung - Zuschüsse zur Erfüllung der Versorgungsaufgaben erforderlich sind, ist mangels getrennter Ausweisung nicht möglich. Wie eng die Pensionssysteme tatsächlich verknüpft sind, ergibt sich aus den Bestimmungen des Abschnittes VII des Vierten Teiles des ASVG über die Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis und das Ausscheiden aus einem solchen (§§ 308 f). Es bleibt dem Dienstnehmer überlassen, die Zeiten zu bestimmen, die ihm der Dienstgeber als Ruhegenußvordienstzeiten anrechnet (Gehrmann-Rudolf-Teschner-Fürböck ASVG 35.ErgLfg 1488). Der Versicherungsträger hat für bestimmte angerechnete Dienstzeiten bei Eintritt in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis einen Überweisungsbetrag zu leisten. Hinsichtlich solcher "übernommener Beitragszeiten" aus einem anderen Versicherungssystem kann wohl nicht davon gesprochen werden, daß der dadurch erworbene Teil des Ruhegenußanspruches Entgelt für dem Dienstgeber Staat geleistete Dienste sei.

Nach § 11 des Pensionsgesetzes erlischt der Anspruch auf Ruhegenuß durch Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, Verzicht, Austritt, Ablösung, Verhängung der Disziplinarstrafe des Verlustes aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche und durch Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe. Auch der Ruhestandsbeamte unterliegt nach den Bestimmungen der §§ 153 und 154 der Dienstpragmatik der Disziplinarbehandlung. Daß ähnliches mit dem Zweck der Sozialversicherung unvereinbar wäre, hat der Verfassungsgerichtshof als einen der hauptsächlichsten Unterschiede im Tatsächlichen zwischen Sozialversicherungspensionen und Beamtenruhegenüssen bezeichnet. Tomandl (aaO 188) hat darauf verwiesen, daß aufgrund disziplinärer oder strafgerichtlicher Verurteilung der Anspruch auf die Beamtenpension verlorengehen kann, sich die Pension dann aber in den niedereren Unterhaltsbetrag gemäß § 50 Pensionsgesetz umwandelt, so daß die wirtschaftliche Existenz jedenfalls gesichert ist. Vielmehr noch zeigt sich die vom Gesetzgeber gewollte Gleichbehandlung aller Versicherungszeiten unter Abbau von Unterschieden im Tatsachenbereich in der Bestimmung des § 311 ASVG. Ist ein Dienstnehmer aus einem nach dem ASVG pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis ausgeschieden oder scheidet er aus einem solchen Dienstverhältnis aus, ohne daß aus diesem ein Anspruch auf einen laufenden Ruhe(Versorgungs)Genuß erwachsen ist, so hat der Dienstgeber dem Pensionsversicherungsträger, der aus dem Dienstverhältnis zuletzt zuständig gewesen wäre, einen Überweisungsbetrag zu leisten. Für die Leistung des Überweisungsbetrages ist es gleichgültig, aus welchem Grund beim Ausscheiden aus dem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis kein Anspruch auf einen laufenden Ruhe(Versorgungs)Genuß angefallen ist. Der Überweisungsbetrag ist daher auch zu leisten, wenn aus disziplinären Gründen kein Ruhe(Versorgungs)Genuß anfiel. Ebenso sind im Überweisungsbetrag auch Zeiten zu berücksichtigen, die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aus disziplinären Gründen für den Ruhe(Versorgungs)Genußanspruch nicht angerechnet wurden (Gehrmann-Rudolf-Teschner-Fürböck, ASVG, 35.ErgLfg, 1505). All dies könnte dafür sprechen, daß die Unterschiede zwischen Beamtenpensionen und Sozialversicherungspensionen in höherem Maße nur in der rechtlichen Konstruktion liegen, nicht aber so wesentlich im Tatsächlichen, daß die nunmehrige Regelung, wonach bei Zusammentreffen einer Pension mit Erwerbseinkommen Sozialversicherungspensionen Ruhensvorschriften unterworfen werden, während Beamtenpensionen keinerlei Schmälerung erfahren, dem Gleichheitsgebot der Verfassung nicht gerecht wird."

Diese gegen die Verfassungsgemäßheit des § 94 ASVG idF vor der

48. ASVGNov. ausgeführten Bedenken bestehen auch gegen die im wesentlichen gleiche Regelung des § 60 BSVG in den im vorliegenden Fall anzuwendenden, auch in den Jahren 1986 bis 1988 geltenden Fassungen der 9.BSVGNov BGBl. 1984/485 und der 10. BSVGNov BGBl. 1986/112.

Dazu wäre noch darauf zu verweisen, daß in den Materialien (343 BlgNR 8. GP 56) die Regelung des § 42 GSPVG nur damit begründet wurde, daß damit die gleiche Regelung wie im § 94 ASVG vorgesehen sei. Auch in den Materialien zu den GSVGNov, so auch zu der die wesentlichen Verschärfungen der Ruhensbestimmungen des § 60 einführenden 9. GSVGNov (einschließlich der Übergangsbestimmung des Art II Abs 3) wird ausschließlich auf die Ausführungen zum gleichzeitig vorgelegten Entwurf der 40. ASVGNov verwiesen (328 BlgNR 16. GP). Die Begründung der Ruhensbestimmungen im GSPVG und im GSVG stimmt daher mit der Begründung der Regelung des § 94 ASVG völlig überein, weshalb die gegen § 94 ASVG geltend gemachten Bedenken auch für § 60 GSVG gelten.

Aus dem Statistischen Handbuch für die Republik Österreich 1989 ergibt sich, daß sich die in der wiedergegebenen Begründung des an den Verfassungsgerichtshof gerichteten hg Antrages vom 7.3.1989, 10 Ob S 167/88, angeführten statistischen Daten hinsichtlich der im Dezember 1986 nach § 94 ASVG ruhenden Pensionen im folgenden Jahr nicht wesentlich geändert hat. Im Dezember 1987 ruhten nämlich nach der zit. Gesetzesstelle insgesamt 21.682 Pensionen, davon aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit 2.103, des Alters

3.798 und des Todes 15.781 (S. 138).

Von den insgesamt 1,335.506 Pensionen in der Pensionsversicherung der Unselbständigen (Stand Dezember 1987), davon 277.971 aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, 625.036 dem des Alters und 432.499 dem des Todes (S. 137, 138) ruhten daher im genannten Monat nach § 94 ASVG insgesamt nur 1,62 %, also nach wie vor ein ganz geringer Teil. Nach einer dem Obersten Gerichtshof bekanntgegebenen statistischen Auswertung der S*** DER

G*** W*** ruhten zum 1.7.1988 nach § 60 GSVG 2.119

Pensionen mit einem Ruhensbetrag von 4,008.315,60 S und nach § 61 GSVG 711 Pensionen mit einem Ruhensbetrag von 3,292.669,70 S. Von den nach § 60 GSVG ruhenden Pensionen waren

47 Erwerbsunfähigkeitspensionen, 283 Alterspensionen und 1.789 Witwen- und Witwerpensionen.

Nach dem erwähnten Statistischen Handbuch betrug der Gesamtstand der Pensionen in der S*** DER G*** W***

im Dezember 1987 142.375, davon 17.796 aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, 73.754 Alterspensionen und 46.202 Witwen- und Witwerpensionen (S. 138).

Der Anteil der nach den §§ 60 und 61 GSVG ruhenden Pensionen betrug daher nicht einmal 2 % aller Pensionen und ist daher - auch wegen der absolut gesehen geringen Ruhensfälle - so gering, daß von diesem Ruhen weder eine nennenswerte Entlastung des Bundeshaushalts noch eine solche des Arbeitsmarktes bewirkt werden kann. Da § 60 GSVG wegen seiner Zitierung im Abs. 2 des in diesem Fall unmittelbar anzuwendenden § 61 GSVG mittelbar anzuwenden ist und im vorliegenden Fall darüber hinaus jedenfalls dann anzuwenden wäre, wenn § 61 GSVG als verfassungswidrig aufgehoben würde, hält es der erkennende Senat für geboten, dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu geben, auch diese Bestimmung in den angeführten Fassungen auf ihre Verfassungsgemäßheit zu überprüfen. Der Oberste Gerichtshof hat aber auch Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des primär anzuwendenden § 61 BSVG. Wie schon erwähnt, unterschied schon das GSPVG zwischen dem im § 42 geregelten Zusammentreffen eines Pensionsanspruches mit Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz nicht begründenden Erwerbstätigkeit und dem im § 43 geregelten Zusammentreffen eines Pensionsanspruches mit einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit.

Nach der RV zum GSPVG 343 BlgNR 8. GP 56 sollte diese gegenüber dem ASVG neue Regelung des § 43 ein vollständiges Ruhen des Rentenanspruches für die Dauer einer selbständigen Erwerbstätigkeit, welche die Pflichtversicherung nach dem GSPVG oder in der Pensionsversicherung nach einem anderen Bundesgesetz oder nach dem LZVG begründe, herbeiführen. Diese Regelung stehe in einem gewissen Zusammenhang mit der im § 72 Abs. 2 vorgesehenen Voraussetzung für den Rentenanspruch, wonach die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes am Stichtag erloschen sein müsse. Es solle hintangehalten werden, daß der Versicherte nach Anfall der Rente in einem späteren Zeitpunkt wieder eine die Pflichtversicherung begründende selbständige Erwerbstätigkeit aufnehme, ohne daß dies einen Einfluß auf seinen Rentenanspruch haben würde, der Versicherte also die Möglichkeit hätte, die Wirkung der Anspruchsvoraussetzung des § 72 Abs 2 später wieder zunichte zu machen.

§ 43 GSPVG lautete in der Stammfassung:

"Übt der Rentenberechtigte eine die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz oder in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung begründende selbständige Erwerbstätigkeit aus, so ruht der Rentenanspruch für die Dauer dieser Erwerbstätigkeit."

Durch Art I Z 9a und b der 1. GSPVGNov erhielt § 43 die Bezeichnung Abs 1, die Worte "oder in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung" in diesem Absatz hatten zu entfallen und es wurde als Abs 2 angefügt:

"Der Rentenanspruch ruht für die Dauer einer selbständigen Erwerbstätigkeit, welche die Pflichtversicherung in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung begründet,

a) zur Gänze, sofern der für die gesamte bewirtschaftete Fläche für Zwecke der Grundsteuer ermittelte Meßbetrag den Betrag von 56 S erreicht oder übersteigt, sofern aber dieser Meßbetrag den Betrag von 56 S nicht erreicht, nur wenn die persönliche Arbeitsleistung des Rentenberechtigten zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft nicht notwendig ist;

b) mit 30 vH der Rente, wenn der für die gesamte bewirtschaftete Fläche ermittelte Meßbetrag den Betrag von 56 S nicht erreicht und die persönliche Arbeitsleistung des Rentenberechtigten zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft notwendig ist."

Die RV 622 BlgNR 8. GP 9 führte zu dieser (in ihrem Art I Z 8) vorgeschlagenen Änderung aus, für Personen, die neben dem Gewerbebetrieb auch einen land-(forst-)wirtschaftlichen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr führten, ergebe sich, daß sie bei Ausscheiden aus der Pflichtversicherung nach dem GSPVG auf Grund der Ruhensbestimmung des § 43 nicht in den tatsächlichen Rentengenuß kommen können, weil sie nunmehr der Pflichtversicherung in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung unterliegen. Die vorgesehene eingeschränkte Ruhensregelung habe die Ruhensregelung des § 41 Abs 1 LZVG zum Vorbild, wonach Rentenansprüche aus der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung für die Dauer einer selbständigen Erwerbstätigkeit, welche die landwirtschaftliche Zuschußrente begründe, nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Gänze bzw. zum Teil zum Ruhen gebracht werden. Diese Einschränkung der Ruhensbestimmung erfasse nur das Zusammentreffen eines Rentenanspruches aus der Pensionsversicherung nach dem GSPVG mit einer selbständigen Erwerbstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft, nicht auch das Zusammentreffen mit einer die Pensionsversicherung nach dem GSPVG begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit; in letzterem Fall bleibe es bei der Regelung des § 43, wonach der Rentenanspruch für die Dauer einer solchen Erwerbstätigkeit zur Gänze zu ruhen habe.

Durch Art I Z 5 der 4. GSPVGNov BGBl 1960/295 wurde § 43 Abs 1 folgender Satz angefügt:

"Das Ruhen erfaßt auch die Zuschüsse und Zuschläge, jedoch nicht die besonderen Steigerungsbeträge für Höherversicherung (§ 81)."

Durch Art I Z 5 der 16. GSPVGNov BGBl 1967/68 erhielt § 43 folgende Fassung:

"Übt der Pensionsberechtigte eine die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz begründende selbständige Erwerbstätigkeit aus, so ruht der Pensionsanspruch für die Dauer dieser Erwerbstätigkeit. Das Ruhen erfaßt auch die Zuschüsse und Zuschläge, jedoch nicht die besonderen Steigerungsbeträge für Höherversicherung (§ 81)".

Durch Art I Z 11 der 18. GSPVGNov BGBl 1969/447 wurde im ersten Satz des § 43 nach Pensionsanspruch "mit Ausnahme eines Anspruches auf Waisenpension" eingefügt.

Der Wortlaut des § 61 GSVG entsprach mit Ausnahme des durch § 141 ersetzten Klammerzitates dem Wortlaut des § 43 GSPVG idF der 18. Nov. Seit der 3. GSPVGNov BGBl 1980/586 entfiel der letzte Satz. Durch Art I Z 14 der 10. GSVGNov BGBl 1986/112 erhielt der bisherige Inhalt des § 61 die Bezeichnung Abs 1; als Abs 2 wurde angefügt:

"Abs 1 ist auf Witwen(Witwer)pensionen nicht anzuwenden, wenn die die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründende Erwerbstätigkeit ausschließlich in der Führung eines Betriebes besteht, den der verstorbene Betriebsinhaber im Zeitpunkt seines Todes geführt hatte oder dessen Führung er schon vorher seinem Ehegatten ganz oder teilweise übertragen hat und wenn er in der Folge einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitspension nach § 132 gehabt hat. Eine solche Erwerbstätigkeit ist jedoch einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 60 gleichzuhalten."

Die RV 775 BlgNR 16. GP führte zu dieser Novellierung aus:

"Im Rahmen der 6. BSVGNov wurde mit Wirksamkeit vom 1.1.1983 die Inanspruchnahme der Witwen(Witwer)pension im Falle der Fortführung des Betriebs des verstorbenen Ehegatten eröffnet und bestimmt, daß in diesen Fällen vom gänzlichen Ruhen der Pension Abstand genommen werde. Wird der land(forst)wirtschaftliche Betrieb des Verstorbenen vom überlebenden Ehegatten fortgeführt, so tritt nach der geänderten Rechtslage ein Ruhen der Hinterbliebenenpension nur nach Maßgabe der erzielten Erwerbseinkünfte ein. Eine Hinzurechnung von Versicherungszeiten des verstorbenen Ehegatten bei Inanspruchnahme der Witwen(Witwer)pension ist weiterhin ausgeschlossen. Mit dem vorliegenden Änderungsvorschlag wird dem Anliegen der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die die Auswirkungen der strengen Ruhensregelungen des § 61 GSVG beklagt, dadurch Rechnung getragen, daß die eingangs erwähnte Rechtslage des BSVG bezüglich des Anspruches auf Witwen(Witwer)pension und der Ausnahme vom gänzlichen Ruhen übernommen wird. Darüberhinaus werden die erwähnten Rechtsfolgen einer Betriebsfortführung nach dem Tode des Ehegatten auch für jene Fälle zu gelten haben, in denen eine Person schon zu Lebzeiten dem Ehegatten den Betrieb oder einen Teil desselben offensichtlich aus Gründen eines beeinträchtigten Gesundheitszustandes übergeben hat, was durch den Bezug einer Erwerbsunfähigkeitspension zum Ausdruck kommt. Mit einer solchen Änderung wird eine weitere Milderung von Härten in bezug auf die Inanspruchnahme der Witwen(Witwer)pension und auf die Ausnahme vom gänzlichen Ruhen erreicht ..."

Nach der Rechtsprechung des OLG Wien, das bis 31.12.1986 letzte Instanz in Leistungsstreitsachen war, unterschieden sich die §§ 42 und 43 GSPVG nur dadurch, daß nach § 42 das auf Grund unselbständiger Erwerbstätigkeit gebührende Entgelt nur in einem beschränkten Ausmaß zum Ruhen des Pensionsanspruches führte, während die auf Grund selbständiger Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte nach § 43 das Ruhen des Pensionsanspruches zur Gänze zur Folge gehabt hätten. Diese unterschiedliche Regelung finde ausschließlich in praktischen Erwägungen ihre Begründung. Während bei unselbständiger Erwerbstätigkeit das erzielte Arbeitsentgelt feststellbar und überprüfbar sei, sei das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit schwer zu fassen. Ausschließlich diese Erwägungen wären maßgebend, daß bei selbständiger Erwerbstätigkeit der Pensionsanspruch zur Gänze ruhe (2.5.1963 SVSlg. 15.324). Die Regelung des § 43 GSPVG stehe in einem gewissen Zusammenhang mit der im § 72 Abs 2 leg.cit. vorgesehenen Voraussetzung für den Pensionsanspruch, wonach die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes und bei Gesellschaftsverhältnissen auch dieses am Stichtag erloschen sein müsse. Dadurch solle hintangehalten werden, daß der Versicherte nach Anfall der Pension in einem späteren Zeitpunkt wieder eine die Pflichtversicherung begründende selbständige Erwerbstätigkeit aufnehme, ohne daß dies einen Einfluß auf seinen Pensionsanspruch haben würde, der Versicherte also die Möglichkeit hätte, die Wirkung der Anspruchsvoraussetzung des § 72 Abs 2 GSPVG wieder zunichte zu machen. Daraus und aus § 42 leg.cit. sei daher der Grundgedanke abzuleiten, daß der Pensionsanspruch nur dann gebühren solle, wenn eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausgeübt werde (20.11.1978 SVSlg. 26.636). Die Meinung, daß die Ruhensbestimmung des § 43 GSPVG nur aus § 72 Abs 2 lit. a leg.cit. heraus zu verstehen sei, könne nicht geteilt werden. So wie auch andere Ruhensbestimmungen im Sozialversicherungsrecht sei die genannte Bestimmung sowohl unter dem Gesichtspunkt der Versicherung als auch der Versorgung zu betrachten. So wie grundsätzlich die Alterspension ein Ersatz für das verlorengegangene Arbeitseinkommen sein solle, hafteten der Witwenpension Elemente des Unterhaltsrechtes an. Wenn nun eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt werde, bestehe nach Meinung des Gesetzgebers keine Notwendigkeit für die Versorgung der Witwe. Der Grund der unterschiedlichen Regelungen der §§ 42 und 43 GSPVG sei nur in praktischen Erwägungen zu suchen (20.3.1979 SVSlg. 26.637). Die Differenzierung der Ruhensbestimmungen in den §§ 60 und 61 GSVG je nach dem, ob eine Pension aus der gewerblichen Pensionsversicherung mit Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit oder mit Erwerbseinkommen aus einer anderen Tätigkeit zusammentreffe, sei eine logische Konsequenz aus der differenzierten Regelung, die der Gesetzgeber hinsichtlich des Rechtes zur Weiterführung einer die Pflichtversicherung begründenden Tätigkeit bei Erwerb des Pensionsanspruches nach dem ASVG einerseits und dem GSVG andererseits treffe und die der VfGH in seinem E 17.3.1966 G 25 bis 27/1965 als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen habe. Die andere Ausgangssituation in den Anspruchsvoraussetzungen rechtfertige die unterschiedlichen Ruhensbestimmungen (11.11.1981 SVSlg. 28.375).

Während das Nichtvorliegen eines Pflichtpensionsversicherungsverhältnisses bzw. einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit am Stichtag in den Pensionsversicherungen der Arbeiter und der Angestellten nur besondere Voraussetzung für die Alterspension (§ 253 Abs 1 und § 270 ASVG) und die vorzeitigen Alterspensionen (§ 253a Abs 1 und § 253b Abs 1 lit d und § 270 leg.cit), nicht aber auch für die Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension (§ 254 bzw § 271 ASVG) ist, muß für einen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitspension nach § 132 Abs 1 GSVG die für den Versicherten in Betracht kommende weitere Voraussetzung des § 130 Abs 2 leg.cit. zutreffen, zB bei den gemäß § 2 Abs 1 Z 1 Pflichtversicherten also am Stichtag die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes erloschen sein oder die Ausnahme von der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 3 Z 3 vorliegen. Für einen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitspension nach § 123 Abs 1 BSVG muß die für den Versicherten in Betracht kommende weitere Voraussetzung des § 121 Abs 2 leg.cit. zutreffen, daß er am Stichtag keine die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz begründende Erwerbstätigkeit ausübt. Die Ansprüche auf Hinterbliebenenpensionen sind allerdings auch nach dem GSVG und dem BSVG nicht an eine der genannten weiteren besonderen Voraussetzungen geknüpft. Deshalb war im vorliegenden Fall, in dem es um das Ruhen einer Witwenpension geht, auf die verfassungsrechtliche Problematik der dargestellten unterschiedlichen Regelung der besonderen Anspruchsvoraussetzungen für die Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit nach dem ASVG einerseits und dem GSVG und BSVG anderseits nicht näher einzugehen. In diesem Zusammenhang sei aber bemerkt, daß der erkennende Senat in seinem Beschluß vom 19.12.1989, 10 Ob S 194/88, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt hat, im § 253 Abs 1 ASVG die Wortfolge ".... und der (die) Versicherte am Stichtag (§ 223 Abs 2) weder in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz noch nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz noch nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert ..." als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Oberste Gerichtshof hat jedoch gegen die von ihm im vorliegenden Fall anzuwendende Ruhensbestimmung des § 61 GSVG in den hier anzuwendenden, auch in den hier maßgeblichen Jahren 1986 bis 1988 geltenden Fassungen der 9. GSVGNov BGBl 1984/485 und

10. GSVGNov BGBl 1986/112 neben den schon zu § 94 ASVG bzw. § 60 GSVG dargelegten noch folgende verfassungsrechtliche Bedenken:

Auch wenn man - wie zB der Verfassungsgerichtshof in seinen E 5.12.1960 G 10/60 VfSlg 3836 und 17.3.1966 G 25 bis 27/65 VfSlg 5241 - davon ausgeht, daß der einfache Gesetzgeber grundsätzlich Ruhensbestimmungen vorsehen kann, muß er dabei selbstverständlich die Verfassungsvorschriften, insbesondere auch das Gleichheitsgebot, beachten, das ihm Differenzierungen verbietet, die nicht aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind (so die beiden zit E). Dem Gesetzgeber kommt zwar trotz des Gleichheitsgrundsatzes eine - freilich nicht unbegrenzte - rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zu, die - außer bei einem Exzeß - nicht der verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt und insoweit auch nicht mit den aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbaren Maßstäben zu messen ist. Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtskontrolle nicht zur Beurteilung der Rechtspolitik berufen (VfSlg 9583 mwN). Der Gleichheitsgrundsatz verbietet dem Gesetzgeber ferner nur die Schaffung sachlich nicht begründbarer Differenzierungen (VfSlg 6884 mwN), so daß eine unterschiedliche Regelung, die aus entsprechenden Unterschieden im Tatsachenbereich gerechtfertigt sein kann, nicht gleichheitswidrig ist (VfSlg 7400 mwN, 7947, 8600).

Bei Berücksichtigung dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bestehen auch gegen die unterschiedliche Regelung des Ruhens beim Zusammentreffen eines Pensionsanspruches mit Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung nach dem GSVG nicht begründenden (§ 60 leg.cit.) und begründenden (§ 61 leg.cit.) Erwerbstätigkeit erhebliche Bedenken.

Bei den das Zusammentreffen eines Pensionsanspruches mit Erwerbseinkommen regelnden Ruhensbestimmungen geht der Gesetzgeber davon aus, daß die Pension grundsätzlich Ersatz für entfallenes Erwerbseinkommen oder bei Witwenpensionen für den entfallenden Unterhaltsanspruch darstellt. Erwirbt daher ein Pensionist weiter Einkommen, wird (in der Regel nur) ein Teil der Pension - außer bei Knappschafts- und Waisenpensionen sowie beim Knappschaftssold - für die Dauer dieses Einkommensbezuges ruhendgestellt. Nur nach dem GSVG und BSVG sind die Ruhensfolgen dann wesentlich strenger, wenn eine die Versicherungspflicht nach diesen Gesetzen begründende selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird: Dann ruht die Pension nämlich grundsätzlich - mit Ausnahme eines Witwen- oder Witwerfortbetriebes zur Gänze (Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 217 B; Teschner in Tomandl, SV-System 4. ErgLfg 419 f).

Teschner weist aaO zutreffend darauf hin, daß die wesentlich strengeren Ruhensfolgen des § 61 (Abs 1) GSVG und des § 57 (Abs 1) BSVG gleichheitswidrig und damit verfassungswidrig sind, weil die eine Pflichtversicherung begründende selbständige Erwerbstätigkeit nach diesen Gesetzesstellen zu einem vollständigen Ruhen der Pension (mit Ausnahme einer Waisenpension) führt, während jede sonstige Erwerbstätigkeit nur ein teilweises Ruhen zur Folge hat. Dazu kommt noch, daß für eine besondere Gruppe der Selbständigen, nämlich die (im Inland) freiberuflich selbständig Erwerbstätigen, die auf Grund des FSVG ua in der Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen pflichtversichert sind, auch die Ausübung einer die Pflichtversicherung begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit nur zum teilweisen Ruhen der Pension führt, weil ihr Pensionsanspruch nach § 10 FSVG nur nach Maßgabe des § 60 GSVG durch eine die Pflichtversicherung begründende selbständige Erwerbstätigkeit berührt wird.

Die in der RV zum GSPVG 343 Blg NR 8. GP 56 angeführte Begründung für das ausnahmsweise völlige Ruhen, nämlich der "gewisse Zusammenhang" mit der (nunmehr im § 130 Abs 2 GSVG geregelten) besonderen Anspruchsvoraussetzung, könnte einerseits überhaupt nur auf die Alterspension, die vorzeitigen Alterspensionen und die Erwerbsunfähigkeitspension, nicht aber auf die Witwen(Witwer)pension passen, für die diese besondere Anspruchsvoraussetzung nicht besteht. Anderseits würde die erklärte Absicht, zu verhindern, daß der Versicherte nach Anfall der Pension wieder eine die Pflichtversicherung begründende Erwerbstätigkeit aufnimmt, ohne daß dies einen Einfluß auf seinen Pensionsanspruch hätte, auch mit einem teilweisen Ruhen zu erreichen sein. Diese Absicht würde übrigens auch die Anordnung des vollständigen Ruhens der Alterspension und der vorzeitigen Alterspension nach dem ASVG nahelegen, die dort jedoch nicht vorgenommen wurde.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.3.1966 G 25 bis 27/1965 entgegen den Ausführungen in der Entscheidung SVSlg 28.375 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß Gegenstand des damaligen Antrages der Salzburger Landesregierung nicht das Ruhen der Pension gemäß § 43 GSPVG bei Ausübung einer selbständigen Tätigkeit war. Aus diesem Erkenntnis kann daher für die Verfassungsgemäßheit des § 61 GSVG nichts abgeleitet werden. Der Oberste Gerichtshof hält es daher für geboten, dem hiefür ausschließlich zuständigen Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu geben, die angefochtenen Bestimmungen auf ihre Verfassungsgemäßheit zu überprüfen und stellt daher nach Art 89 Abs 2 und Abs 3 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag.

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