OGH 7Ob530/90

OGH7Ob530/9017.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert H***, Druckereibesitzer, Wien 16, Seeböckgasse 15, vertreten durch Dr. Romeo Nowak und Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Hermann B***, Inhaber der prot. Firma B*** Hermann B***, Wien 8, Lederergasse 23,

vertreten durch Dr. Kurt Schneider und Dr. Rudolf Riedl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 50.722,10 s.A. und Feststellung (Streitwert S 360.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. November 1989, GZ 18 R 221/89-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. Juli 1989, GZ 6 Cg 139/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.841,- (darin S 2.473,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte trat im Herbst 1987 an den Kläger mit dem Vorschlag heran, mit ihm eine Gesellschaft zu gründen. Der Beklagte hatte in seinem Buchbinderunternehmen finanzielle Schwierigkeiten und Probleme mit der Durchsetzung von Maßnahmen gegenüber seinem Personal. Ab Mitte November 1987 fanden zwischen den Streitteilen zahlreiche Besprechungen über die ins Auge gefaßte Betriebssanierung statt. Man kam vorerst überein, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Fortführung des Unternehmens des Beklagten bei einer Beteiligung von 50 : 50 zu gründen, wobei der Beklagte sein Unternehmen als Sacheinlage in die Gesellschaft einbringen sollte. Auch erarbeiteten die Streitteile einen umfangreichen Maßnahmenkatalog, dessen Durchführung eine effizientere Unternehmensführung ermöglichen sollte. Teilweise wurden im Zusammenwirken vom Kläger und Beklagten die ersten Sanierungsschritte gesetzt, so wurden z.B. in einer Besprechung bei der F***-BANK für das Unternehmen des Beklagten günstigere Konditionen erreicht, ein Angestellter wurde gekündigt. Die als Kreditgeberin für die neue Gesellschaft vorgesehene E*** Ö*** S***-C*** war aber zu einer Darlehensgewährung nur bei einer 51 %igen Beteiligung des Klägers bereit. Dies wurde dem Beklagten spätestens am 8. Jänner 1988 mitgeteilt. Der Beklagte erhob in der Folge dagegen keine Einwände. Erst im Anschluß an eine Besprechung mit dem Kläger am 19. Jänner 1988 richtete er an diesen ein Fernschreiben, daß er die geplante Gesellschaft nicht gründen wolle. Er ersuchte den Kläger gleichzeitig um die Bekanntgabe seiner Kosten für die von ihm geleistete Tätigkeit, lehnte aber in der Folge die Forderung des Klägers von S 600.000,- für die zwei- bis dreihundert Arbeitsstunden, die dieser für das Unternehmen des Beklagten aufgewendet hat als überhöht ab und bot letztlich S 180.000,-. Nach einigen Gesprächen kam es anläßlich eines Heurigenbesuches am 24. Februar 1988 zwischen den Streitteilen zu folgender (schriftlich festgehaltener) Vereinbarung:

"Betr.: Vereinbarung für die Abgeltung von aufgewendeten Leistungen des Herrn Robert H*** in Sachen der Errichtung der Hermann B*** Buchbinderei GesmbH"

1.) Die in Rechnung gestellten Leistungen des Rechtsanwaltes Dr. Christian B*** und des Wirtschaftstreuhänders Mag. Stefan G*** in Sachen Hermann B*** Ges.m.b.H. wie Unternehmensberatung, Beratung bezüglich Gesellschaftsform und erster Entwurf des Gesellschaftsvertrages trägt Hermann B***.

2.) Die Leistungen des Herrn Robert H*** werden mit

S 300.000,- (dreihunderttausend) zuzüglich 20 % MWSt. abgegolten (durch Herrn Hermann B***).

3.) Die Verrechnung von Punkt 2.) erfolgt in Buchbinderleistungen innerhalb von 2 (zwei) Jahren ab 1. März 1988. Als Preisbasis gelten die im Jahre 1987 verrechneten Preise und Offerte. Preisänderungen gelten nur in der Höhe in der von der paritätischen Preiskommission festgelegten Höhe.

Hermann B***.

Herr Robert H*** verpflichtet sich, alle die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen, bis spätestens 1. März 1990 an Herrn Hermann B*** zurückzustellen. Sämtliche ihm bekannten Daten nicht in deren Nachteil zu verwenden. Dies gilt bei Erfüllung der Vereinbarung vom 24. Feber 1988 durch Hermann B***. Robert H***

Der Beklagte lehnte ein bis zwei Wochen nach Vertragsabschluß die Durchführung von Buchbinderarbeiten für den Kläger mit der Begründung ab, daß der Kläger mit der zitierten Vereinbarung sittenwidrigen Druck auf ihn ausgeübt habe.

Für im Zusammenhang mit der geplanten Gesellschaftsgründung geleisteten Tätigkeit wurden dem Kläger vom Steuerberater Mag. Stefan G*** S 22.880,- und vom Klagevertreter Rechtsanwalt Dr. Christian B*** S 27.842,10 in Rechnung gestellt. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung von S 50.722,10 sowie die Feststellung, daß die oben wiedergegebene Vereinbarung vom 24. Februar 1988 rechtswirksam sei. Er begründete sein rechtliches Interesse an der Feststellung damit, daß er derzeit die Buchbinderarbeiten anderweitig vergeben müsse.

Der Beklagte beantragt Klagsabweisung. Die zitierte Vereinbarung sei ungültig, weil sie nur unter dem Druck der Drohung des Klägers, daß er den Beklagten mit den in seinen Händen befindlichen Unterlagen bei Weigerung der Vereinbarung zuzustimmen, ruinieren werde, zustandegekommen sei. Hilfsweise begehrte der Beklagte die Aufhebung des Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes. Die vom Kläger erbrachten Leistungen seien höchstens S 40.000,- wert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Es folgerte rechtlich, daß der Beklagte nicht bewiesen habe, bei Vertragsabschluß vom Kläger bedroht oder genötigt worden zu sein. Da von den Streitteilen eine Firmenumstrukturierung geplant gewesen sei, liege auf beiden Seiten ein Handelsgeschäft vor und könne aus diesem Grund der Einwand der Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes (§ 934 ABGB) nicht rechtswirksam erhoben werden.

Das Berufungsgericht gab mit der angefochtenen Entscheidung der Berufung des Beklagten keine Folge (und änderte die Kostenentscheidung des Erstgerichtes teilweise ab). Da ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliege, könne der Einwand der Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes nicht erhoben werden. Der Einwand der Sittenwidrigkeit sei nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt worden. Das Berufungsgericht bewertete den Streitgegenstand unter Einschluß des Feststellungsinteresses als mit S 300.000,- übersteigend.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung.

Die klagende Partei beantragt der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Wie den folgenden Ausführungen zu entnehmen ist, kommt den behaupteten Verfahrensmängeln keine Relevanz zu. Es war daher nicht auf die Argumente des Revisionswerbers im einzelnen einzugehen (§ 510 Abs.3 ZPO).

Erfolgt vor der Eintragung einer GesmbH ins Handelsregister durch die in Aussicht genommenen Gesellschafter die tatsächliche Aufnahme einer Geschäftstätigkeit, kann eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts entstehen (GesRZ 1981, 178 = SZ 54/69). Bei dieser Gesellschaftsform besteht für die Leistungen, die für einen gemeinsamen Zweck gewidmet werden kein Anspruch auf Abgeltung von Arbeitsleistungen, sondern nur auf eine Beteiligung am Gewinn (vgl. EFSlg. 33.724). In der hier festgestellten vereinzelten gemeinsamen Durchführung von Sanierungsmaßnahmen kann aber keine tatsächliche Aufnahme der Geschäftstätigkeit erblickt werden. Durch die Vereinbarung, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen, kommt mangels gemeinsamer wirtschaftlicher Tätigkeit vor Gründung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zustande. Es handelt sich dabei um einen "Vorgründungsvertrag", der zu seiner Rechtswirksamkeit, eines Notariatsaktes bedürfte (RdW 1984, 41). Durch die Weigerung des Beklagten in den Gesellschaftsvertrag einzuwilligen, fiel für den Kläger der Geschäftszweck bzw. fielen jene Umstände weg, die die Grundlage für seine Leistungen bildeten, sodaß dieser mit seinem Anspruch auf Abgeltung seiner Arbeitsleistungen eine Kondiktionsforderung, die nach § 1435 ABGB zu beurteilen wäre, erhoben hat. Der Forderung des Klägers auf Abgeltung seiner bisher erbrachten Arbeitsleistungen mit einem Betrag von S 600.000,- hielt der Beklagte ein Anbot von S 180.000,- entgegen. Nach beiderseitigem Nachgeben erfolgte einvernehmlich eine neue Festlegung dieser Rechtsbeziehung mit der strittigen Vereinbarung, die als außergerichtlicher Vergleich zu qualifizieren ist (vgl. JBl. 1968, 428). Voraussetzung für das Zustandekommen eines Vergleiches ist die abschließende Regelung eines strittigen oder zweifelhaften Rechtes. Ein Recht ist dann strittig, wenn die Parteien sich darüber nicht einigen können, ob oder in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Ein Recht ist zweifelhaft, wenn sich die Parteien über Bestand, Inhalt und Umfang oder auch über das Erlöschen nicht im Klaren sind (vgl Ertl in Rummel zu § 1380 ABGB Rz 3). Durch einen Vergleich werden die Strittigkeit bzw. Zweifelhaftigkeit des Rechtes dadurch beseitigt, daß die Parteien einvernehmlich feststellen, in welchem Umfang das Recht als bestehend angesehen werden soll (vgl. EvBl. 1955/23; 1955/379 = JBl. 1955, 500). Die bisherige Unsicherheit soll damit endgültig beseitigt werden. Der Vergleich schafft einen eigenen Rechtsgrund und wirkt, soweit die Feststellung von der bisherigen wahren Rechtslage abweicht, "konstitutiv". Gemäß § 1386 ABGB kann ein redlich errichteter Vergleich aus dem Grunde einer Verletzung über die Hälfte nicht angefochten werden. Mit seinen Revisionsausführungen über den weit niedrigeren Wert der klägerischen Leistung sowie den Ausführungen über die Ausübung eines Druckes durch den Kläger bekämpft der Beklagte unzulässig die von den Unterinstanzen endgültig gelöste Tatfrage. Da nicht feststeht, welcher Art die Geschäftsgeheimnisse waren, die von der vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht erfaßt worden sind, kann auch keine Beurteilung darüber erfolgen, ob sie zulässigerweise nach dem Scheitern der Gründungsverhandlungen vom Kläger auch weitergegeben werden durften. Jedenfalls unterlag der Kläger nach dem Scheitern der Gründungsverhandlungen vor dem Abschluß der Vereinbarung keiner vertraglich übernommenen Verschwiegenheitspflicht, die nunmehr mit der Vereinbarung normiert wurde. Richtig ist, daß Vergleiche, in denen sich der eine Teil übermäßig hohe Leistungen versprechen läßt, wegen Verstoßes gegen § 879 ABGB nichtig sein können (vgl. SZ 42/2 = JBl. 1970, 256). Den Revisionsausführungen über ein angebliches krasses Mißverhältnis zwischen den Leistungen des Klägers und der ihm dafür zugestandenen Summe ist entgegenzuhalten, daß dieses behauptete Mißverhältnis vom dafür beweispflichtigen Beklagten nicht bewiesen werden konnte. Die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Arbeitskunde (vgl. AS 43) wurde vom Berufungswerber in der Berufungsschrift nicht ausdrücklich als Verfahrensmangel gerügt. Es wurden vielmehr nur ganz allgemein die beantragten Beweisaufnahmen zur Ermittlung des Wertes der vom Kläger vorgenommenen Tätigkeiten vermißt. Derartige Ausführungen entsprechen aber nicht den gesetzlichen Anforderungen einer Mängelrüge (vgl. SZ 46/34). Im übrigen können angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht bereits verneint hat, im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (zuletzt EvBl. 1989/165 uva). Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.

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