OGH 1Ob547/90

OGH1Ob547/902.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton Hans S***, Karosseriebauer, Stuttgart, Burgenlandstraße 97, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr.Gottfried Hammerschlag, Dr.Wilhelm Dieter Eckhart, Dr.Gerhard Gratzer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Wilhelmine K***, Pensionistin, Maria Rain, Sipperstraße 4, vertreten durch Dr.Hans Paternioner, Dr.Franz Niederleitner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 2,387.972 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 28.November 1989, GZ 1 R 195/89-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 16.Juni 1989, GZ 22 Cg 22/89-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.415,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.735,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Johann M***, der uneheliche Vater des Klägers, verstarb nach Errichtung einer eigenhändigen letzten Willeserklärung vom 20.3.1985 am 3.4.1985. Der vorletzte Absatz hat folgenden Wortlaut: "Der a. e.Sohn Anton Hans S***, geboren 22.12.1949 in Klagenfurt, wird enterbt. Begründung: Seit 30 Jahren kein Lebenszeichen außer einmal aus Spanien, wo er unter folgender Adresse sich meldete.....Nach Einholung einer Auskunft keine Antwort erhalten." Johann M*** hinterließ zwei Geschwister, Anton und Hildegard M***. In dem letzten Willen vom 20.3.1985 waren die Beklagten (seine Lebensgefährtin) und sein Bruder Anton M*** bedacht worden. Die Kundmachung dieses letzten Willens erfolgte am 25.4.1985. An der ersten Verlassenschaftstagsatzung vom 8.8.1985 nahmen die Streitteile und die beiden Geschwister des Verstorbenen teil. Der Gerichtskommissär, öffentlicher Notar Dr.Wolfgang P*** "stellte fest", daß eine vollständige Enterbung des unehelichen Sohnes mit der Wirkung des Entzuges des Pflichtteiles offenbar nicht vorliege und diese Enterbungsverfügung den unehelichen Sohn auf den gesetzlichen Pflichtteil setze. Der erblasserische Sohn Anton Hans S*** nahm diese Feststellung als auch seiner Auffassung entsprechend zur Kenntnis und machte seinen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch zum Nachlaß mit dem gleichzeitig gestellten Antrag geltend, gemäß den gesetzlichen Bestimmungen ein Inventar zu errichten. Die Beklagte und die beiden Geschwister behielten sich die Abgabe einer Erbserklärung vor. Die Geschwister führten ua aus, ihrer Ansicht nach sei in der kundgemachten letztwilligen Anordnung keine Erbeinsetzung enthalten sei; da der uneheliche Sohn Anton Hans S*** rechtswirksam auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch verwiesen sei, seien sie beide nach der gesetzlichen Erbfolge je zur Hälfte als Erben berufen. Nach Errichtung eines Teilinventars gaben die Beklagte auf Grund des schriftlichen Testamentes vom 20.3.1985 und die erblasserische Schwester Hildegard M*** auf Grund des Gesetzes in der Verlassenschaftstagsatzung vom 31.1.1986 bedingte Erbserklärungen zum gesamten Nachlaß ab. Die Beklagte beantragte, ihr gemäß §§ 810 ABGB und 145 AußStrG die Besorgung und Verwaltung des Nachlaßvermögens zu überlassen. In dieser Tagsatzung erklärte sich der Kläger dem erblasserischen Bruder Anton M*** gegenüber mit seinem Pflichtteilsanspruch durch eine einmalige bare Abfindungszahlung von S 350.000 innerhalb von 14 Tagen für abgefunden. Auf den Pflichtteilsanspruch des Klägers sich beziehende Erklärungen wurden von der Beklagten nach dem Inhalt des Protokolls nicht abgegeben. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 4.3.1986, 1 A 323/85-35, wurden beide Erbserklärungen vom Gericht angenommen, der erblasserischen Schwester Hildegard M*** aber die Klägerrolle zugewiesen. Der Antrag der Beklagten auf Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlaßvermögens wurde abgewiesen. Das von Hildegard M*** gegen die Beklagte gerichtete Klagebegehren, es werde festgestellt, daß die mit Testament überschriebene letztwillige Verfügung des Johann M*** vom 20.3.1985 nur ein Kodizill darstelle, wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 16.10.1987, 22 Cg 178/86-13, bestätigt mit Urteilen des Oberlandesgerichtes Graz vom 9.2.1988, 1 R 17/88-18, und des Obersten Gerichtshofes vom 19.5.1988, 7 Ob 579/88-22, rechtskräftig abgewiesen. In der nunmehr fortgesetzten Verlassenschaftstagsatzung vom 2.1.1989 errechnete der Gerichtskommissär den gegen die Beklagte bestehenden Pflichtteilsanspruch des Klägers mit S 2,387.972,11. Die Beklagte bestritt diesen Pflichtteilsanspruch unter Hinweis auf die im schriftlichen Testament vom 20.3.1985 erfolgte Enterbung. Der Kläger gab zu Protokoll, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Enterbung nicht vorlägen, er hielt die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches aufrecht. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 5.4.1989, 1 A 323/85-63, wurde der Kläger mit der Geltendmachung seines Pflichtteiles auf den Zivilrechtsweg verwiesen, mit Einantwortungsurkunde vom selben Tag, ON 64, wurde der gesamte Nachlaß der Beklagten eingeantwortet. Ein Verlassenschaftskurator war nur zur Vertretung in einem hier nicht interessierenden Zivilverfahren bestellt worden.

Mit der am 24.1.1989 gegen die Beklagte eingebrachten Klage begehrt der Kläger aus dem Titel der "Pflichtteilsergänzung" den Zuspruch des Betrages von S 2,387.972 samt Anhang. Ein Enterbungsgrund liege nicht vor, er habe seinen Pflichtteilsanspruch am 8.8.1985 im Verlassenschaftsverfahren angemeldet und dadurch fälliggestellt. Der Pflichtteilsanspruch wäre erst ein Jahr nach dem Tod des Erblassers fällig gewesen, vor Fälligkeit habe die Verjährung nicht zu laufen beginnen können. Im übrigen habe die Beklagte den Pflichtteilsanspruch des Klägers erstmals am 2.1.1989 bestritten. Die nunmehr von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben, weil der Kläger durch das bisherige Verhalten der Beklagten keinerlei Anlaß gehabt habe anzunehmen, die Beklagte würde ihm seine gerechtfertigten Pflichtteilsansprüche vorenthalten. Der Kläger habe sich keinesfalls zu einer Pflichtteilsklage genötigt gesehen, eine solche Klage hätte nur unnötige Kosten zu Lasten des Nachlasses verursacht.

Die Beklagte wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, Verjährung des geltend gemachten Anspruches ein. Der ruhende Nachlaß sei niemals von ihr vertreten worden. Sie habe sich im Verlassenschaftsverfahren bis zur Tagsatzung vom 2.1.1989 dem Kläger gegenüber passiv verhalten und zu den vom Kläger angemeldeten Pflichtteilsansprüchen weder eine positive noch eine ablehende Haltung eingenommen. Sie habe kein Verhalten gesetzt, aus dem der Kläger hätte schließen können, daß sie im Falle der Einantwortung einen verjährigen Pflichtteilsanspruch befriedigen würde.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers dem Grunde nach zu Recht bestehe. Ein Enterbungsgrund liege nicht vor. Nach § 775 ABGB könne ein Noterbe, der ohne die in den §§ 768 bis 773 ABGB vorgeschriebenen Bedingungen enterbt worden sei, den ihm gebührenden vollen Pflichtteil und wenn er in dem reinen Betrag des Pflichtteiles verkürzt worden sei, die Ergänzung desselben fordern. Bei unrechtmäßiger Enterbung, also Enterbung ohne Vorliegen eines Enterbungsgrundes, erhalte der Noterbe den Pflichtteil, aber keinen Erbteil. Es sei also zu subsumieren, daß der Noterbe im Testament ausdrücklich auf den Pflichtteil beschränkt worden sei. Wenn nun der Kläger seinen Pflichtteilsanspruch aus der letztwilligen Verfügung ableite und dieser Anspruch nicht gegen diese letztwillige Verfügung gerichtet sei, es also nur um die Erfüllung der Forderung gehe, komme der gesetzgeberische Grund für die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB nicht zum Tragen. Es greife die dreißigjährige Verjährungszeit des § 1478 ABGB Platz. Der gesetzgeberische Grund des § 1487 ABGB liege darin, dem Testamentserben möglichst rasch Gewißheit darüber zu verschaffen, ob und wie weit der letzte Wille des Erblassers einer Anfechtung durch dritte Personen unterliege. Nach Ansicht des Gerichtes sei schon aus diesem Grunde der Verjährungseinwand der Beklagten nicht gerechtfertigt. Aber selbst wenn die Verjährungszeit nur drei Jahre betrüge, wäre für die Beklagte nichts gewonnen. Die präsumtiven Erben hätten im Verlassenschaftsverfahren den Pflichtteilsanspruch des Klägers auch nicht andeutungsweise bestritten. Dann könne aber der Beginn der Verjährungsfrist nicht mit dem Zeitpunkt der Kundmachung des Testamentes angenommen werden, sondern frühestens mit dem Zeitpunkt, in dem der Pflichtteilsanspruch bestritten worden sei. Es käme sonst zu der grotesken Situation, daß der Pflichtteilsberechtigte eine Klage gegen die Verlassenschaft zu führen habe, obwohl weder feststehe, ob eine letztwillige Verfügung ein Testament oder ein Kodizill sei, noch wer Erbe des Nachlasses werde. Im übrigen liege Unterbrechung der Verjährung durch stillschweigendes Anerkenntnis vor. Die präsumtiven Erben wären verpflichtet gewesen, zu erklären, daß sie den Pflichtteilsanspruch des Klägers bestreiten. Wenn nun während des gesamten Verlassenschaftsverfahrens eine solche Bestreitung nicht erfolgt sei, so könne man wohl ein stillschweigendes Anerkenntnis dem Grunde nach annehmen. Es müsse den guten Sitten widerstreitend angesehen werden, wenn in einer solchen Situation erstmals nach mehr als drei Jahren das Zurechtbestehen des Pflichtteilsanspruches bestritten und einer darauf notwendig gewordenen Pflichtteilsklage die Verjährungseinrede entgegengesetzt werden.

Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Beklagten das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Der Pflichtteilsanspruch werde mit der Kundmachung des Testamentes fällig. Damit stehe die Verletzung des Pflichtteilsrechtes fest, sodaß für den übergangenen Noterben kein Anlaß bestehe, mit der Geltendmachung seines Rechtes zuzuwarten. Die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB gelte nur für den Anspruch des in einem Testament auf den Pflichtteil gesetzten Noterben auf Ausfolgung seines Pflichtteiles. Der Kläger sei aber in der letztwilligen Verfügung seines Vaters nicht auf den Pflichtteil gesetzt, sondern enterbt worden. Es könne keine Rede davon sein, daß die Beklagte den Pflichtteilsanspruch des Klägers anerkannt hätte und daß dadurch die Verjährung unterbrochen worden sei. Die Beklagte sei keineswegs verpflichtet gewesen, sich ohne Aufforderung durch den Kläger zum Pflichtteilsanspruch oder zum Antrag auf Inventarserrichtung zu äußern, dies umso weniger, als im Zeitpunkt ihrer Erbserklärung am 31.1.1986 noch gar nicht festgestanden sei, ob die letztwillige Verfügung vom 20.3.1985 als Testament oder als Kodizill anzusehen und ob sie überhaupt Testamentserbin sei. Sie habe erst nach Abschluß des Erbrechtsstreites zum Pflichtteilsanspruch des Klägers Stellung nehmen können; dies sei in der Verlassenschaftstagsatzung vom 2.1.1989 auch geschehen. Es könne von einem stillschweigenden Anerkenntnis des Pflichteilsanspruches des Klägers durch die Beklagte ebensowenig die Rede sein wie von einem Verhalten der Beklagten, das den guten Sitten widersprochen habe. Die Beklagte habe kein Verhalten an den Tag gelegt, das den Kläger zur Annahme hätte veranlassen können, sie werde seinen Anspruch im künftigen Prozeß nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen. Sie habe den Kläger auch nicht davon abgehalten, der Verjährung durch Klagserhebung vorzubeugen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu verlangen, verjährt, wenn sich dieser Anspruch unmittelbar auf das Gesetz stützt, in drei Jahren (SZ 57/170 mwN; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 5 zu § 1487; Eccher in Schwimann, ABGB, Rz 7 zu § 764; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1487; Welser in Rummel2 Rz 9 zu §§ 762 bis 764; Klang2 VI 628). Einen solchen gesetzlichen Anspruch macht der Kläger geltend, wurde er doch im Testament ausdrücklich enterbt. Nach einhelliger Rechtsprechung und ganz überwiegender Lehre beginnt die Verjährungsfrist für den auf das Gesetz gestützten Pflichtteilsanspruch mit der Kundmachung des Testamentes (RZ 1986/67; SZ 49/118; SZ 45/130; SZ 36/14 ua; Schubert aaO; Welser aaO; Mader aaO Rz 6; Eccher aaO Rz 7; Gschnitzer-Faistenberger, Erbrecht2 104). Einzig Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht3 315 folgern aus der Vorschrift des § 685 ABGB, daß auch der Geldpflichtteil erst ein Jahr nach dem Tod des Erblassers fällig wird, sodaß die Verjährungsfrist nicht mit der im Regelfall früher gelegenen Testamentskundmachung beginnen würde. Dabei wird aber übersehen, daß der Enterbte gerade keinen auf den letzten Willen des Erblassers gegründeten Vermächtnisanspruch, sondern einen sich aus dem Gesetz ergebenden, gerichtlich zu verfolgenden (§ 729 ABGB) Anspruch geltend macht. Das Gesetz enthält keine Vorschrift darüber, wann der Pflichtteilsanspruch fällig wird. Die Fälligkeit bestimmt sich daher nach den Regeln der §§ 904, 1417 f ABGB, die für sämtliche Schuldverhältnisse gelten (Reischauer in Rummel2 Rz 1 zu § 904). Daraus zogen Lehre und Rechtsprechung den Schluß, daß auch der Pflichtteilsanspruch ohne unnötigen Aufschub gefordert werden kann (SZ 15/246; Ehrenzweig2 II/2, 579). Auch der Kläger geht in seiner Klagserzählung davon aus, sein Pflichtteilsanspruch sei (jedenfalls) mit der Anmeldung (= Einmahnung im Sinne des § 1417 ABGB) in der Verlassenschaftstagsatzung vom 8.8.1985 fällig geworden. Selbst von diesem Zeitpunkt an wäre die dreijährige Verjährungsfrist bei Klagseinbringung bereits verstrichen gewesen. Der erkennende Senat folgt auch nicht der in der Entscheidung SZ 15/246 geäußerten Ansicht, daß sich der Noterbe im allgemeinen mit der Geltendmachung der Pflichtteilsforderung zu gedulden habe, bis die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses aufgenommen worden sei, woraus der Schluß zu ziehen wäre, daß der Pflichtteilsanspruch erst nach Errichtung des (Haupt-)Inventars fällig, eine vorher eingebrachte Pflichtteilsklage daher abzuweisen wäre. Die Wirkungen der Inventarserrichtung gehen nicht über das Verlassenschaftsverfahren hinaus (SZ 59/9; EFSlg 47.323, 35.122; SZ 47/12 uva, zuletzt 1 Ob 690/89, Weiß in Klang2 III 984; Eccher aaO Rz 19 zu § 802; Welser in Rummel2 Rz 11 zu § 692). Die Inventarserrichtung kommt ihrem Wesen nach einem besonderen außerstreitigen Beweissicherungsverfahren gleich (1 Ob 690/89; Kralik in JBl 1986, 518). Die Durchführung eines (außerstreitigen) Beweissicherungsverfahrens kann dann aber nicht dazu führen, daß auf Grund gesetzlicher Vorschrift bereits eingetretene Fälligkeit behaupteter Ansprüche hinauszuschieben. Das Recht der Noterben, den Pflichtteilsanspruch ungeachtet einer von wem immer beantragten Errichtung eines Inventars zu begehren, bleibt durch die Vorgänge im Verlassenschaftsverfahren daher völlig unberührt (RZ 1986/67; SZ 47/12 ua; Welser aaO Rz 16 zu §§ 762 bis 764). Die Inventarisierung und Schätzung ist demnach nicht Voraussetzung für die Erhebung der Pflichtteilsklage (EFSlg 17.880; RZ 1963, 137; Eccher aaO Rz 1 zu § 804, Rz 9 zu § 764). Der Anmeldung des Pflichtteilsanspruches im Verlassenschaftsverfahren kam auch keine Unterbrechungswirkung im Sinn des § 1497 ABGB zu. Schritte, die die Geltendmachung eines Rechtes bloß vorbereiten, unterbrechen die Verjährung nicht (EFSlg 22.674; Mader aaO Rz 14 zu § 1497; Schubert aaO Rz 9 zu § 1497;

Klang2 VI 655). Eine solche Wirkung wäre nur der Erhebung einer vorerst gegen den Nachlaß, nach Einantwortung gegen die Erben (SZ 48/19; SZ 40/38; SZ 35/51 ua, Welser aaO, Rz 15 zu §§ 762 bis 764;

Koziol-Welser8 II 379) zu erhebenden Pflichtteilsklage zugekommen. Auch die Replik des Klägers, die Einwendung der Verjährung verstoße wider Treu und Glauben, versagt. Eine solche Einwendung wäre dann berechtigt, wenn die Fristversäunis des Berechtigten auf ein Verhalten des Gegners zurückzuführen ist (SZ 59/126; SZ 47/107; SZ 47/17 ua, Schubert aaO, Rz 2 zu § 1501). Dazu zählt sicherlich ein aktives Vorgehen des Schuldners so, wenn er den Gläubiger geradezu abhält, der Verjährung durch Einklagung vorzubeugen (Ehrenzweig2 I/1 338), oder er die Untätigkeit des Berechtigten durch List oder Drohung geradezu veranlaßt hat (Klang2 VI 604). Gegen die guten Sitten verstößt aber auch ein Verhalten des Schuldners, auf Grund dessen der Gläubiger nach objektiven Maßstäben der Auffassung sein konnte, sein Anspruch werde entweder ohne Rechtsstreit befriedigt oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft, sodaß er aus diesen Gründen eine rechtzeitige Klagsführung unterlassen hat (ZVR 1979/44; SZ 48/67 mwN; Mader aaO Rz 15 zu § 1451; Schubert aaO, vgl NJW 1988, 2245, 2247; Soergel-Walter 12 Rz 8 zu § 22 BGB; von Feldmann in Münchener Kommentar2 Rz 11 zu § 194 BGB). Ein bloßes Schweigen anläßlich Behauptung von Ansprüchen, ein Unterlassen jeder Einwendung, kann aber nicht ein derartiges Unwerturteil nach sich ziehen, die nach Ablauf der Verjährungsfrist nunmehr erhobene Verjährungseinrede verstoße wider Treu und Glauben (NJW 1988, 2245, 2247; NJW 1988, 265, 266; von Feldmann aaO; Heinrichs in Palandt49 179). Der Kläger, der sehr wohl seine Ansprüche dem erblasserischen Bruder gegenüber zu wahren wußte, konzediert in seiner Revision selbst, daß die Beklagte bis zum 2.1.1989 zu den von ihm angemeldeten Pflichtteilsanspruch (weder im Namen der Verlassenschaft noch im eigenen Namen) eine Erklärung abgegeben hat. Die Beklagte hat schlicht zu den behaupteten Ansprüchen des Klägers geschwiegen. Aus diesem Verhalten der Beklagten konnte objektiv überhaupt kein Schluß gezogen werden, ob und welche Einwendungen sie gegen Pflichtteilsansprüche des Klägers erheben werde. Ob der Kläger subjektiv die Ansicht vertreten haben mag, er könne mit einer Klagsführung zumindest aber mit der Klärung, ob die Beklagte Einwendungen erheben werde, zuwarten, kommt es dann aber nicht an (vgl NJW 1988, 265, 266). Sache des Klägers wäre es gewesen, bei Weigerung der Beklagten eine Erklärung zu dem von ihm behaupteten Pflichtteilsanspruch abzugeben, für eine Unterbrechung der Verjährung durch Klagsführung zu sorgen.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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