Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin begehrt von ihrer Mutter als Antragsgegnerin unter Hinweis auf deren Vermögen (Eigentum bzw. Miteigentum an mehreren Liegenschaften, Gemischtwarengeschäft, Gasthaus usw) die Zahlung eines Heiratsgutes von S 500.000. Nach Einvernahme der Antragsgegnerin und ihres Steuerberaters Franz S*** als Auskunftsperson sowie Einsichtnahme in vorgelegte Jahresbilanzen und steuerliche Unterlagen verfügte das Erstgericht mit Beschluß ON 48, AS 374, die Bestellung eines Sachverständigen zur Ermittlung des Einkommens und des Vermögens der Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Eheschließung der Antragstellerin. Zur Deckung der Sachverständigengebühren trug es den Parteien den Erlag von Kostenvorschüssen auf (ON 51) und führte zur Begründung der Sachverständigenbestellung aus, die Aussage der Antragsgegnerin und des Zeugen Franz S*** wiesen Widersprüche auf und hätten nicht die wahren Vermögenswerte zutage gebracht, sondern den Vermögensstand der Antragsgegnerin nur in steuerlicher Sicht dargetan. Die von der Antragsgegnerin als Zeugen geführten Bausachverständigen könnten schon im Hinblick darauf, daß auch Wirtschaftsbetriebe zu bewerten seien, die Einholung des beschlossenen Sachverständigengutachtens nicht ersetzen.
Das Rekursgericht hielt den gegen den erstgerichtlichen Beschluß gerichteten Rekurs der Antragsgegnerin nicht für gerechtfertigt. Es sprach aus, daß gegen seine Entscheidung der Revisionsrekurs zulässig sei.
In der Frage der Anfechtbarkeit einer verfahrensleitenden Verfügung im Außerstreitverfahren vertrat das Rekursgericht die Ansicht, diese sei zwar formell zu bejahen, inhaltlich jedoch bei der die Einholung eines Sachverständigengutachtens betreffenden Anordnung nur in sehr engen Grenzen möglich, weil dem Erstrichter auf Grund der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung primär die Entscheidung obliege, ob er die übrigen Beweise für hinreichend halte oder nicht. Im vorliegenden Falle sei sein Standpunkt, daß die bisherigen Beweisergebnisse und die noch angebotenen Zeugenbeweise für eine verläßliche Beurteilung der Vermögensverhältnisse der Antragsgegnerin nicht hinreichten, auch unter dem in § 1221 ABGB normierten Gesichtspunkt einer nicht strengen diesbezüglichen Erforschung grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhebt die Antragsgegnerin Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der ersatzlosen Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses. Sie führt aus, eine genaue Ermittlung ihres Vermögens sei in § 1221 ABGB nicht vorgesehen, sodaß die Klarstellung ihrer Vermögensverhältnisse durch Einvernahme der von ihr in der Frage des Wertes ihrer Liegenschaften angebotenen Zeugen genüge. Die Gemischtwarenhandlung spiele bei dieser Klarstellung eine geringere Rolle, weil sie die Existenzgrundlage der Antragsgegnerin bilde. Im wesentlichen sei das Einkommen der Antragsgegnerin ohnehin aus den Bilanzen ersichtlich. Da der Antragstellerin nur eine "Starthilfe" zustehe, käme es nicht darauf an, ob das Vermögen etwas größer oder kleiner sei. Auch die Frage der Mißbilligung der Ehe der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin sei noch nicht entschieden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht gerechtfertigt. Die Anfechtbarkeit verfahrensleitender Verfügungen im Außerstreitverfahren wird im Interesse der auf der Grundlage der geltenden Offizialmaxime möglichst weitgehend zu erreichenden Garantie der Richtigkeit und Zweckmäßigkeit der Entscheidung grundsätzlich bejaht und mangels ausdrücklicher gegenteiliger Bestimmung nur dort abgelehnt, wo die Rechtsstellung des Beteiligten nicht gefährdet erscheint. Selbst wenn es sich um die Sammlung des Entscheidungsstoffes handelt, wozu auch die Anordnung der Einholung eines Sachverständigengutachtens zählt (§ 2 Abs 2 Z 5 AußStrG), ist daher gegen eine solche Anordnung jedenfalls dann ein Rechtsmittel zulässig, wenn hiedurch in die Rechtssphäre einer Partei eingegriffen wird (SZ 50/41; 1 Ob 528/89; SZ 28/262; SZ 57/124; 3 Ob 578/83 ua).
Bei Geltendmachung des Anspruches auf ein Heiratsgut hat das angerufene Gericht gemäß der ausdrücklichen Anordnung des § 1221 ABGB ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes die Umstände zu untersuchen und hienach ein angemessenes Heiratsgut zu bestimmen. Diese Gesetzesstelle wird von der ständigen Rechtsprechung dahin ausgelegt, daß die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Erforschung des Vermögensstandes des Dotationspflichtigen nur dann zulässig ist, wenn sich der Vermögensstand nicht durch andere Beweismittel hinreichend feststellen läßt (6 Ob 159/64; 6 Ob 321/68; SZ 53/87; 5 Ob 565/82; NZ 1986, 206 ua). In diesem Sinne wird der Dotationspflichtige somit gegen die Aufnahme eines nicht erforderlichen Sachverständigenbeweises geschützt und kann sich demgemäß gegen dessen dennoch erfolgte, in seine Rechtssphäre eingreifende Anordnung im Rechtsmittelweg zur Wehr setzen. Ist es offenkundig, daß die im Gesetz vorgesehene nicht strenge Erforschung des Vermögensstandes ohne Sachverständigengutachten möglich ist, kann hierauf die vom Erstrichter verfügte Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgehoben werden.
Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Es ist der Wert mehreren Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile zu schätzen und die Bewertung einer Gemischtwarenhandlung und eines Gasthauses vorzunehmen. Daß das Erstgericht diesbezüglich vorgelegte Bilanzen und Zeugenbeweise als für eine Vermögensfeststellung nicht hinreichend erachtete, kann nicht als eine offenkundige Fehlbeurteilung der Sachlage erkannt werden. Der Oberste Gerichtshof hat zB auch im Falle der die Bewertung eines Verkaufsgeschäftes und einer Reparaturwerkstätte betreffenden Entscheidung 6 Ob 159/64 sowie im Falle der Entscheidung NZ 1986, 206, in welcher zur Einkommensfeststellung nur Bilanzen vorgelegt worden waren, die Erforschung des Vermögensstandes des Dotationspflichtigen durch Einholung von Sachverständigengutachten für zulässig erachtet. In der letztgenannten Entscheidung wurde weiters auch bereits der Ansicht, das Heiratsgut sei als bloße "Starthilfe" anzusehen, entgegengehalten, daß es über eine bloße Starthilfe auch hinausgehen kann, wenn es die Vermögensverhältnisse des Leistungspflichtigen erlauben (ebenso in der Entscheidung EFSlg 43.496). Schließlich ist der Rechtsmittelwerberin entgegenzuhalten, daß im Rahmen der Anfechtung der erstgerichtlichen verfahrensleitenden Verfügung die Rechtsfrage der Mißbilligung der Ehe der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin in Ermangelung jeglicher diesbezüglicher Feststellungsgrundlage nicht erörtert werden kann.
Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin war demnach nicht Folge zu geben.
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