OGH 3Ob96/89

OGH3Ob96/8925.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut S***, Gemeindebediensteter, Stumpergasse 1/18, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Manfred Melzer und Dr. Erich Kafka, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Oskar G***, und 2. Bruno G***, beide Angestellte und Hausmiteigentümer, Stumpergasse 1, 1060 Wien, und vertreten durch Dr. Hans Horst Schallaböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen der Wiederaufnahme des Rechtsstreits über die Einwendungen gegen die Räumungsexekutionsführung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 31. Mai 1989, GZ 41 R 249/89-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Jänner 1989, GZ 42 C 832/88w-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil und das im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Urteil des Erstgerichtes werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Gericht erster Instanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Die Ehegattin des Klägers Maria S*** war Hauptmieterin der Wohnung Nr. 8 in dem im Miteigentum der Beklagten stehenden Haus Stumpergasse 1, 1060 Wien. Mit der Behauptung, die Mieterin sei mit der Bezahlung des Zinses für die Monate Mai und Juni 1987 säumig, erklärten die Vermieter in der am 3. Juni 1987 bei Gericht überreichten Klage die Aufhebung des Bestandvertrages und begehrten die Räumung des Mietgegenstandes. Die Klageschrift konnte schließlich am 1. Juli 1987 an die Mieterin an ihrem Arbeitsplatz zugestellt werden. Auf Grund des am 17. Juli 1987 gefällten, am 22. Juli 1987 der ausgebliebenen Mieterin zugestellten Versäumungsurteiles bewilligte das Gericht am 5. November 1987 gegen Maria S*** die zwangsweise Räumung der Wohnung.

Der Exekutionsbewilligungsbeschluß mit der Anberaumung der Räumung für den 25. Jänner 1988 wurde der Verpflichteten am 16. November 1987 zugestellt, worauf sie am 21. Jänner 1988 wegen ihr durch die Räumung drohender Obdachlosigkeit um einen Räumungsaufschub ersuchte. Ihr Antrag wurde abgewiesen. Nach der Anberaumung des neuen Räumungstermins auf den 11. April 1988 erhob der Kläger am 30. März 1988 mittels Klage seinen Widerspruch gegen die Räumungsexekution. Die Vornahme der Räumung der Wohnung sei unzulässig, weil er im April 1987 von seiner Ehefrau, die die Wohnung damals verlassen habe, die Hauptmietrechte nach § 12 Abs 1 MRG abgetreten erhielt. Dies habe die bisherige Hauptmieterin dem Hausverwalter mitgeteilt. Dieser habe keinen Einwand erhoben und ab Jänner 1988 den Mietzins vom Kläger vorbehaltslos angenommen. Der Kläger habe mit April 1987 die Hauptmietrechte von seiner Ehefrau übernommen.

Die Räumungsexekution ist aufgeschoben.

Das Erstgericht wies mit Urteil vom 20. September 1988, GZ 42 C 239/88i-9, das Exszindierungsbegehren ab, ging davon aus, daß die bisherige Hauptmieterin die Mietwohnung im April 1987 unter Zurücklassung von Wäsche verlassen und die Benutzung ihrem Ehegatten - und dem gemeinsamen Kind - überlassen, sich die Mietrechte aber vorbehalten hatte und daß der Ehegatte eine Rückkehr seiner Ehefrau für möglich hielt. Erst im Jahr 1988 kam sie auf den Gedanken, die Mietrechte dem Kläger abzutreten, um die drohende zwangsweise Räumung zu verhindern. Die Zinsvorschreibung erfolgte an die bisherige Mieterin. Weder sie noch der Kläger unterrichteten die Vermieter von der Abtretung des Mietrechts. Auf dieser Sachverhaltsgrundlage verneinte das Erstgericht ein der Exektuionsführung gegen seine Ehefrau entgegenstehendes eigenes Hauptmietrecht des Klägers, weil es an einer zumindest schlüssig zustande gekommenen Einigung zwischen der Verpflichteten und dem Kläger über die Abtretung der Hauptmietrechte vor der Aufhebung des Mietvertrages mit der Verpflichteten durch die Erklärung nach § 1118 ABGB magle. Nach der Auflösung des Hauptmietverhältnisses habe die Verpflichtete keine Hauptmietrechte mehr besessen und sie daher auch nicht mehr an den Kläger übertragen können. Wegen der am 15. November 1988 eingebrachten auf Wiederaufnahme des durch das erwähnte Urteil abgeschlossenen Verfahrens abzielenden Klage verfügte das Erstgericht die Unterbrechung des über die Berufung des Klägers anhängigen Rechtsmittelverfahrens. Die Wiederaufnahmsklage stützt der Kläger darauf, daß er erst am 2. November 1988 erfahren habe, daß seine Ehegattin schon im Mai 1987 durch eine gemeinsame Bekannte eine Mitteilung an den Hausverwalter schreiben und absenden ließ, in der die Abtretung der Hauptmietrechte an den Kläger angezeigt wurde. Den Durchschlag dieses Schreibens habe die Bekannte erst am 2. November 1988 dem Kläger übergeben und ihm erzählt, daß sie diesen Brief von der Ehegattin des Klägers unterschreiben ließ und selbst abgesandt hatte. Diese neuen Tatsachen und Beweismittel hätten im früheren Verfahren die dem Kläger günstigere Entscheidung herbeigeführt, weil dadurch bewiesen werden könne, daß die Abtretung und Übernahme der Mietrechte schon im April 1987 noch vor der Erklärung der Vermieter an die bisherige Hauptmieterin, den Vertrag aufzuheben, stattfand. Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Der Hausverwalter habe ein Schreiben mit der Anzeige der Abtretung der Hauptmietrechte nie erhalten.

Das Erstgericht ordnete nach Verkündung der dem Wiederaufnahmebegehren stattgebenden Entscheidung nach § 542 Abs 1 ZPO die Verhandlung in der Hauptsache vor Ausfertigung dieses Urteiles an und erkannte nach Bewilligung der Wiederaufnahme und Beseitigung des früheren Urteiles vom 20. September 1988 erneut auf Abweisung des Exszindierungsklagebegehrens.

Das Erstgericht stellte fest:

Der Kläger erhielt erst am 2. November 1988 Kenntnis von dem nicht unterfertigten Durchschlag eines an den Hausverwalter gerichteten und mit dem 12. Mai 1987 datierten Schreibens, wonach seine Ehegattin der Ordnung halber mitteile, daß sie die Ehewohnung in 1060 Wien, Stumpergasse 1/8, deren Hauptmieterin sie sei, verlassen habe und ersuche, ihren Ehemann, der mit dem gemeinsamen Kind in der Wohnung bleibe, zum nächstmöglichen Termin als Hauptmieter für diese Wohnung einzusetzen.

Das von der gemeinsamen Bekannten auf der Schreibmaschine geschriebene mit 12. Mai 1987 datierte Schreiben wurde an den Hausverwalter nicht abgefertigt. Es ist ihm daher nicht zugekommen. Er erhielt keine Mitteilung, da der Kläger die Hauptmietrechte seiner Ehegattin an der zu räumenden Wohnung übernommen hat. Das Erstgericht vertrat nun im wiederaufgenommenen Verfahren die Rechtsansicht, der Übergang des Mietrechtes trete erst nach der im § 12 Abs 2 MRG geforderten gemeinsamen Anzeige der Abtretung und Übernahme der Mietrechte durch den bisherigen Hauptmieter und den Übernehmer an den Vermieter ein. Die Anzeige sei konstitutiv. Es bedürfe daher nicht der Feststellung, ob und wann es zu einer Willenseinigung zwischen dem Kläger und seiner Ehegattin über die Abtretung der Hauptmietrechte gekommen sei.

Nur der Kläger erhob Berufung gegen das Urteil.

Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteige und daß die Revision wegen der erheblichen Rechtsfrage der Rechtsfolgen der Unterlassung der Anzeige nach § 12 Abs 2 MRG zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen über den Inhalt des Schreibens vom 12. Mai 1987 und die Tatsache, daß dieses Schreiben dem Hausverwalter nicht zugekommen ist und diesem auch niemals mitgeteilt wurde, daß der Kläger die Mietrechte seiner Ehefrau an der Wohnung übernimmt, und wiederholte seine schon früher in einer anderen Sache ausgesprochene Rechtsansicht, daß der nach § 12 Abs 2 MRG vom bisherigen Hauptmieter und dem Übernehmer der Hauptmietrechte dem Vermieter zu erstattenden Anzeige der Abtretung und Übernahme der Hauptmietrechte konstitutive Wirkung zukomme. Eine Überlassung der Mietrechte werde ohne kumulative Anzeige durch den bisherigen Hauptmieter und den Übernehmer der Hauptmietrechte dem Vermieter gegenüber nicht wirksam. Es sei daher bedeutungslos, wann das Abtretungsgeschäft im Innenverhältnis zustande gekommen sei. Daraus, daß der Gesetzgeber des MRG die Anzeigepflicht nun auch dem Übernehmer der Mietrechte auferlege, und aus der Regelung des § 12 Abs 3 MRG folge, daß das Erfordernis der Anzeige nach § 12 Abs 2 MRG mehr als eine bloße Ordnungsvorschrift sei. Nur bei konstitutiver Wirkung dieser Anzeige harmonisiere der letzte Halbsatz des § 12 Abs 2 MRG auch mit § 46 Abs 2 MRG. Eine Anzeige der Abtretung und Übernahme der Hauptmietrechte durch den Kläger und seine Ehegattin sei nicht erfolgt. Die Mietrechte seien daher jedenfalls vor der Auflösung des Mietverhältnisses mit der bisherigen Hauptmieterin nicht auf den Kläger übergegangen und diesem stünden an der Wohnung keine Rechte zu, die der Räumungsexekution entgegenstünden. Sein Widerspruch nach § 37 EO sei unberechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und auch berechtigt. Soweit überblickbar wurde die Rechtsfrage nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Abtretung des Mietrechts nach § 12 Abs 1 MRG vom Obersten Gerichthof bisher nicht beantwortet, obgleich dazu gegensätzliche Ansichten bestehen:

Seit der Neuordnung des Mietrechts durch das MRG ist die bis zum 31. Dezember 1981 im § 19 Abs 4 MG geregelte Überlassung der Wohnung durch den diese verlassenden Hauptmieter an bestimmte nahe Angehörige als § 12 Abs 1 und Abs 2 MRG aus dem Bereich der Kündigungsvorschriften des § 19 MG herausgehoben: Der Hauptmieter einer Wohnung, der diese verläßt, darf seine Hauptmietrechte an der Wohnung seinem Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie oder Geschwistern abtreten, falls diese die letzten zwei Jahre - die Geschwister die letzten fünf Jahre - mit dem Hauptmieter im gemeinsamen Haushalt in der Wohnung gewohnt haben, oder mit ihm die Wohnung bezogen oder der Ehegatte seit der Verehelichung, Kinder seit ihrer Geburt dort lebten. Der bisherige Hauptmieter und der Übernehmer der Hauptmietrechte haben die Abtretung und Übernahme der Hauptmietrechte dem Vermieter anzuzeigen; ab dem auf die Anzeige folgenden Zinstermin ist der Übernehmer als Hauptmieter anzusehen und für den Mietzins zahlungspflichtig.

Während Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechts, 115 f meint, daß trotz Schweigens der Materialien die neue Regelung in Abkehr von dem früheren Verständnis der Vorgängerbestimmung, die Vertragsübernahme trete auch bei Unterlassung der als bloße Ordnungsvorschrift gewerteten Anzeige kraft Gesetzes ein, dahin ausgelegt werden könne, daß nun die zwischen den nahen Angehörigen vereinbarte Vertragsübernahme Dritten gegenüber so lange wirkungslos bleibe, bis beide ihre Vereinbarung dem Vermieter angezeigt haben, und als Argument dafür anführt, daß der Vermieter erst durch die Anzeige erfahre, wer sein Vertragspartner sei und mehreren in der Wohnung zurückbleibenden Angehörigen freigestellt bleiben müsse, durch Anzeige ihre Absicht zur Übernahme der Mietrechte zur Kenntnis zu bringen, hält Fenyves in Korinek-Krejci HBzMRG 304 ff in ausführlicher Auseinandersetzung mit allen Argumenten eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung für unnötig.

Iro hat sich in RZ 1983, 213 ff ebenfalls sehr ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt und zum Überdenken der verfestigten Auslegung des § 19 Abs 4 MG aufgerufen. Er läßt für die Annahme konstitutiver Wirkung der Anzeige entscheiden, daß sonst der Vermieter willkürlichen Verschiebungen der Hauptmieterposition ausgeliefert werde. Probleme, die sich aus widersprechenden Erklärungen des bisherigen Hauptmieters und eines angeblichen Übernehmers der Hauptmietrechte ergeben, seien nur zu beherrschen, wenn die Vertragsübernahme erst nach übereinstimmender Anzeige durch beide Teile an den Vermieter eintrete.

Derbolav hält am Charakter der Anzeigepflicht als bloßer Ordnungsvorschrift fest (MRG Anm 3 zu § 12), Würth-Zingher wiesen auf die bisherige Rechtsprechung hin, die die Anzeigepflicht als bloße Ordnungsvorschrift behandelte, deren Verletzung für Wirksamkeit und Zeitpunkt der Abtretung bedeutungslos war, meldeten aber Zweifel an, ob dies auch für die Neuordnung nach § 12 Abs 2 MRG gelte und verwiesen auf die Übergangsregelung nach § 46 Abs 2 MRG, wonach der Vermieter bei einem Übergang der Hauptmietrechte auf andere Angehörige als den Ehegatten oder Minderjährige ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses auf den Betrag begehren kann, der sich unter Zugrundelegung des § 16 Abs 2 bis 4 MRG errechnet (Würth-Zingher, MRG1 Anm 2 zu § 12 MRG).

Würth weist auch in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 12 MRG auf die unterschiedlichen Auffassungen hin und fordert, daß entweder von der bisherigen Auffassung der Anzeigepflicht als bloßer Ordnungsvorschrift abgerückt oder in Kauf genommen wird, daß der bisherige Mieter über (auch rückwirkendes) Begehren des Vermieters wegen des schon mit der Willenseinigung zwischen ihm und dem Übernehmer der Hauptmietrechte wirksam gewordenen Mietrechtsüberganges den angehobenen Mietzins zu entrichten habe. Auch in Würth-Zingher MRG2 wird betont, der letzte Halbsatz des § 12 Abs 2 MRG sei mit § 46 Abs 2 MRG kaum zu harmonisieren, weil der Vermieter ab dem auf den Eintritt - und nicht die Anzeige - folgenden Zinstermin den nach § 16 Abs 2 MRG zulässigen Mietzins fordern kann, der Übernehmer der Mietrechte aber erst ab dem auf die Anzeige folgenden Zinstermin zahlungspflichtig werde. Im Falle konstitutiver Wirkung der Anzeige entstehe das Problem nicht, weil Anzeige und Vertragsübernahme zusammenfallen (Anm 3 zu § 12 MRG).

Die letzte Stellungnahme in Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, 105, verweist wieder auf die einhellige Rechtsprechung zu § 19 Abs 4 MG (= § 19 Abs 2 Z 10 MRG idF vor dem MRÄG 1967), die gegen den Wortlaut der Bestimmung der Anzeige allein die Bedeutung beimaß, daß bis dahin der frühere Hauptmieter (mit-)zahlungspflichtig war, wiederholt die Bedenken gegen diese Ansicht und meint, eine Änderung der Rechtsprechung sei nicht zu erwarten, zumal mit dem deklarativen Charakter der Anzeige die nunmehr dem bisherigen Hauptmieter und dem die Hauptmietrechte Übernehmenden nahen Angehörigen auferlegte Pflicht zur Anzeige eher vereinbar sei. Die Verletzung der Anzeigepflicht verschaffe dem Vermieter dann aber Schadenersatzansprüche.

Bei Abwägung all dieser Ansichten kommt der zur Entscheidung berufene Senat zu dem Ergebnis, daß an der bisherigen zuletzt einheitlichen Rechtsprechung auch im Bereich des MRG festzuhalten ist:

In der Stammfassung hatte das Bundesgesetz vom 7. Dezember 1922 über die Miete von Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten, BGBl 1922/872, keine vergleichbare Vorschrift enthalten. § 19 Abs 2 Z 10 MG betraf nur die Weitervermietung eines gemieteten Geschäftsraumes, nicht aber einer Wohnung (Sternberg, Die Neuen Wohngesetze, 10). Erst idF BGBl 1929/210 wurde der Kündigungsgrund nach § 19 Abs 2 Z 10 MG auf Wohnungen ausgedehnt, weil nach dem Außerkrafttreten des Wohnungsanforderungsgesetzes keine Handhabe gegen die gänzliche Weitervermietung einer Wohnung zur Verfügung stand, die Mieterschutzbestimmungen aber die Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Mieter sichern, ihnen aber nicht die Verwertung fremden Vermögens zu eigenem Gewinn ermöglichen sollten. Nicht als Weitervermietung der Wohnung sollte aber gelten, wenn der Mieter sie verläßt und sie bestimmten nahen Angehörigen überläßt. Damit fand das Vorbild des § 12 Abs 1 MRG erstmals Eingang in das Gesetz. Schon damals wurde darauf hingewiesen, daß eine Sanktion für die Verletzung der zugleich normierten Pflicht des Mieters, die Überlassung der Wohnung dem Vermieter anzuzeigen, nicht vorgesehen sei, und diese Anzeige nur den praktischen Zweck habe, eine gewisse Klarheit zu schaffen. Werde die Anzeige unterlassen, so sei doch die Überlassung rechtsgültig. Weiter ist in den Materialien erkennbar, daß der bisherige Hauptmieter erst aus der Zahlungspflicht ausscheide, wenn ihn der Vermieter daraus entläßt (Sternberg, Die Wohngesetze3, 326 ff).

Der Oberste Gerichtshof kam denn auch nach anfänglich uneinheitlicher Rechtsprechung (ZBl 1938/71; SZ 22/187; MietSlg 4664; MietSlg 12.726; MietSlg 12.727 ua) zu der seither beibehaltenen Ansicht, daß die Unterlassung der Anzeige der Überlassung der Hauptmietrechte nach § 19 Abs 2 Z 10 MG als bloßer Ordnungsvorschrift dem zurückbleibenden nahen Angehörigen nicht zum Nachteil gereiche und ungeachtet der damit für den Vermieter verbundenen Erschwernis der Feststellung, wer nun sein Mieter sei, bis zu einer rätlichen Änderung des Gesetzes daran festzuhalten sei, daß der Übergang der Hauptmietrechte "kraft Gesetzes" eintrete, gleich ob eine Anzeige erstattet werde und ob der Vermieter dies zur Kenntnis nehme oder nicht. Die von der gesetzichen Fiktion ausgelösten Schwierigkeiten, auf die schon Swoboda im Kommentar zum Mietengesetz2, 226 ff, hingewiesen habe, müßten im Interesse der zu schützenden nahen Angehörigen, die beim Verlassen der Wohnung durch den Hauptmieter dort zurückbleiben, in Kauf genommen werden, zumal der ihnen die Wohnung überlassende (damals allein anzeigepflichtige) Mieter häufig kein Interesse daran habe, daß den Angehörigen das Recht zur Benützung der Wohnung gewahrt bleibe (SZ 33/30; MietSlg 37.606/9; 2 Ob 672/86 uva).

In der Entscheidung vom 24. Mai 1989, 1 Ob 557/89, ließ der Oberste Gerichthof die Frage offen, ob im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung und Lehre die Anzeige vom Mietrechtsübergang konstitutiv sei, weil es darauf dort nicht ankam. Schon damals ist aber ausgesprochen worden, daß sich trotz geänderter Formulierung an den Voraussetzungen des Mietrechtsübergangs gegenüber der früheren Rechtslage nichts geändert hat.

Bei abschließender Überlegung aller für und gegen diese Annahme sprechenden Argumente ist entscheidend, daß dem Gesetzgeber weder die bis 1981 zuletzt einheitliche Rechtsprechung verborgen sein konnte noch deren Ruf nach eindeutiger gesetzlicher Regelung. Dennoch hat das MRG mit der nicht ganz zutreffenden Begründung, § 12 Abs 1 und 2 MRG entsprächen dem § 19 Abs 4 MG

(RV 425 BlgNR 25. GP, 38 zu § 9 des Entwurfes) keine entscheidende andere Anordnung getroffen. Wohl wurde die Anzeigepflicht auf den Übernehmer der Hauptmietrechte ausgedehnt und seine Zahlungspflicht für den Mietzins ab dem auf die Anzeige folgenden Zinstermin (in § 19 Abs 4 idF MRÄG 1967 noch "ab der Anzeige") festgelegt, keineswegs aber in Ablehnung der früheren Rechtsprechung klargestellt, daß erst mit dem Einlangen der Anzeige (oder erst mit dem Einlangen der Anzeige beider beteiligter Mieter) die Vertragsübernahme wirksam werde.

Der Oberste Gerichtshof folgt den überzeugenden eingehenden Ausführungen von Fenyves in Korinek-Krejci, HBzMRG, 299 ff, denen auch Würth-Zingher nur gewisse Bedenken entgegensetzen (Miet- und Wohnrecht, Anm 10 zu § 12 MRG) und bleibt dabei, daß die Abtretung des Mietrechts schon mit der Willenseinigung zwischen dem die Wohnung verlassenden und die Hauptmietrechte dem Angehörigen abtretenden Angehörigen und diesem über die Übernahme der Hauptmietrechte erfolgt und die Verletzung der beiden Teilen auferlegten Pflicht nur Schadenersatzansprüche des Vermieters begründet, wenn diesem aus der Unterlassung der Anzeige vermögensrechtliche Nachteile entstehen, wobei hier die Übergangsregelung des § 46 Abs 1 MRG eine Anhebung des Hauptmietzinses ohnedies nicht gestattet hätte.

Die Herauslösung der Regelung der nicht der Zustimmung des Vermieters bedürftigen Mietvertragsübernahme durch Angehörige aus dem Kündigungsrecht und die damit verbundene Hervorstreichung, die Erweiterung der Pflicht zu ihrer Anzeige an den Vermieter auf den neuen Hauptmieter und die Verschiebung des Beginns der Mietzahlungspflicht des neuen Hauptmieters auf den darauffolgenden Zinstermin geben nämlich keinen ausreichenden Anlaß zum Abgehen vom bisherigen Verständnis der Vorschrift, denn auch das MG ordnete an, daß der bisherige Hauptmieter die Überlassung dem Vermieter anzuzeigen hat und "von da an" die zurückbleibenden Angehörigen als Mieter anzusehen und für den Mietzins zahlungspflichtig sind. Es kommt daher sehr wohl darauf an, ob dem Kläger seine Ehegattin, die die Wohnung verlassen hat, ihre Hauptmietrechte an der Wohnung abgetreten hat, als sie noch die Hauptmietrechte besaß, also bevor die Aufhebung des mit ihr bestandenen Mietvertrages nach § 1118 Fall 2 ABGB erfolgt war und ob sonst die im § 12 Abs 1 MRG geforderten Voraussetzungen für den Mietrechtsübergang vorlagen, die Ehegatten also mindestens die letzten zwei Jahre oder seit dem gemeinsamen Bezug oder seit der Eheschließung in der Wohnung im gemeinsamen Haushalt gewohnt haben. Nicht entscheidend ist, daß bis zur Aufhebung des Hauptmietverhältnisses mit der Ehegattin des Klägers dem Vermieter (Hausverwalter) keine Anzeige der Abtretung und Übernahme der Hauptmietrechte zugekommen ist.

Die Vorinstanzen haben wegen ihrer anderen vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht die für die abschließende rechtliche Beurteilung im wiederaufgenommenen Exszindierungsprozeß erheblichen Feststellungen über ein Zustandekommen der vertraglichen Mietrechtsabtretung vor der Beendigung des Hauptmietverhältnisses mit der zur Räumung verpflichteten Ehegattin des Klägers, dem nur im Falle rechtzeitiger Übernahme der Hauptmietrechte der verfolgte Anspruch nach § 37 EO zustünde, unterlassen und sich nur darauf gestützt, daß keine zeitgerechte Anzeige an den Vermieter ergangen war. Es bedarf daher nach der rechtskräftigen Wiederaufnahme des Verfahrens einer Ergänzung der Verhandlung in erster Instanz unter Einbeziehung der neuen Beweisergebnisse und der Feststellung, ob und in welchem Zeitpunkt die Abtretung der Hauptmietrechte durch die Hauptmieterin an den Kläger ausdrücklich oder schlüssig zustande gekommmen war. Sollte dies geschehen sein, als die Ehegattin noch Hauptmieterin war und damit der Kläger anstelle der bisherigen Hauptmieterin die Hauptmietrechte erworben habe, so stünde dies der zwangsweisen Räumung entgegen, weil dann seine Hauptmietrechte die Exekution unzulässig machten.

Unberührt bliebe dann die Schadenersatzpflicht beider zur Anzeige an den Vermieter verpflichteter Hauptmieter für alle diesem aus der Unterlassung der Mitteilung entstandenen Nachteile, also etwa auch Prozeßkosten, die dadurch veranlaßt wurden, daß der Vermieter von der Vertragsübernahme nicht unverzüglich verständigt wurde. Dagegen spielt hier ein Mietzinsausfall keine Rolle, weil der Vermieter von dem in das Hauptmietverhältnis nach § 12 Abs 1 und 2 MRG eintretenden Ehegatten ohnehin weiterhin nur den Mietzins begehren darf, den er ohne den Eintritt begehren dürfte (§ 46 Abs 1 MRG), wenn diese Übergangsbestimmung Anwendung finden sollte, der ursprüngliche Hauptmietvertrag mit der Ehegattin des Klägers also vor dem 1. Jänner 1982 zustande gekommen war.

Es kommt daher zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen - die Entscheidung über das Wiederaufnahmebegehren ist in Rechtskraft erwachsen und bleibt davon unberührt - und zu dem Auftrag, nach Fortsetzung des wiederaufgenommenen Verfahrens neu über den Exszindierungsanspruch des Klägers zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

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