OGH 1Ob535/90

OGH1Ob535/904.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang J***, Kaufmann, Salzburg, Weißenbachstraße 1, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Peter Z***, Kaufmann, St. Lambrecht, Auerling 7, vertreten durch Dr. Hermann Pichler und Dr. Heinz Pichler, Rechtsanwälte in Judenburg, wegen Herstellung eines Außenverputzes, hilfsweise Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 12. September 1989, GZ. R 272/89-61, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Neumarkt/Steiermark vom 15. Dezember 1988, GZ. 2 C 78/86-54, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß es zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist bei Exekution schuldig, die am Haus der klagenden Partei in Salzburg, Weißenbachstraße 1, erbrachten Außenputzarbeiten binnen drei Monaten derart zu erneuern, daß diese Arbeiten umfänglich dem Auftrag vom 27. Juli 1983 entsprechen, jedoch mängelfrei ausgeführt sind, und ferner der klagenden Partei die mit S 38.940,23 bestimmten Prozeßkosten (darin S 1.680,93 und S 20.450 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen". Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.705,28 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 1.200,88 Umsatzsteuer und S 1.500,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Bauherr eines Mehrfamilienhauses in Salzburg, Weißenbachstraße 1. Die Außenwände des Erd- und des Obergeschoßes sind in Mantelbetonbauweise aus Isospansteinen mit Betonverguß bei horizontaler und vertikaler Armierung ausgeführt.

Die Planung für das baubehördliche Verfahren erfolgte durch einen örtlichen Baumeister, Detailplanung, Bauleitung und Bauaufsicht oblag einem Architekten. Die Baumeisterarbeiten wurden einem oberösterreichischen Bauunternehmer als Bestbieter übertragen; nach der Ausschreibung sollten diese Arbeiten auch die Herstellung des Außenverputzes umfassen. Da das Bauunternehmen in Terminschwierigkeiten geraten war, nahm der Kläger wegen der Außenputzarbeiten mit dem Beklagten Kontakt auf. Dieser legte ihm am 21. Juli 1983 ein Anbot, das den Außenputz in drei Lagen, und zwar den Außengrundputz, der aus dem "Vorspritzer" und dem Maschinengrundputz mit einer mittleren Stärke von 2 cm einschließlich des Glasseidengewebes bestand, und den mineralischen Edelputz mit einer Struktur von 3 mm (im Bereich der Leibungen 1 mm) vorsah.

Mit Schreiben vom 27. Juli 1983 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Herstellung des angebotenen Außenputzes und bedang sich die Fertigstellung der Arbeiten bis 31. August 1983 sowie eine Gewährleistungsfrist von drei Jahren ab Übernahme aus. Am 6. August 1983 nahm der Beklagte diesen Auftrag an, befand den Untergrund für geeignet und ließ in der Folge den Außenputz durch eine Arbeitspartie aufbringen. Die Fugen der Mantelbetonsteine wurden nicht "verschossen", obwohl diese Arbeit notwendig ist und üblicherweise von jenem Unternehmen, das den Außenputz aufbringt, vorgenommen wird. Am 5. September 1983 beendete der Beklagte seine Arbeiten.

Mit am 4. September 1986 eingebrachter Klage begehrte der Kläger die Feststellung, der Beklagte sei "für sämtliche auch in Hinkunft auftretenden Schäden, welche durch die mangelhafte Herstellung und Aufbringung des Putzes auf dem Haus Weißenbachstraße 1, 5026 Salzburg, kausal verursacht werden, der klagenden Partei gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet". Der Beklagte habe am 12. September 1983 über die Arbeiten Rechnung im Betrag von S 143.911,38 einschließlich Umsatzsteuer gelegt. Alsbald seien gravierende Mängel am Putz aufgetreten. Der Beklagte habe den Rechnungsbetrag zu 10 Cg 476/83 des Landesgerichtes Salzburg eingeklagt. Der diesem Rechtsstreit beigezogene Sachverständige habe als bereits vorhandene Mängel die Aufbringung des Putzes in einem Arbeitsgang, die Abweichung der Farbe vom Farbmuster, Farbflecken auf dem eingefärbten Putz, Risse und Unebenheiten des Putzes, Verbiegungen der Kantenschutzschienen und das schräge Putzen der Fensterleibungen bezeichnet sowie die Farbflecken auf eine verfehlte Mischung des Putzes im Werk, die Rißbildung auf die Verwendung von Glasseidengewebe anstatt eines Drahtgewebes und die "Wolkigkeit" auf ungleiches Zureiben zurückgeführt. Da in absehbarer Zeit Folgeschäden zu befürchten seien, zumal sich der Zustand des Außenputzes seit 1983 vor allem durch die Witterung verschlechtert habe, und Verjährung drohe, werde die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden begehrt.

Der Beklagte erhob die Einrede der entschiedenen Streitsache, weil der erwähnte Vorprozeß dieselbe Sache zum Gegenstand gehabt und er dort Schadenersatz in Höhe von S 26.000,-- geleistet habe, bestritt das Feststellungsinteresse, weil bereits auf Leistung geklagt werden könne, und wendete mangelnde Passivlegitimation ein, weil der Kläger auf Kosten des Beklagten einen Malermeister mit der Neufärbelung der Fassade beauftragt habe und daher dessen Haftung eingetreten sei; ferner wendete er Verjährung ein, weil die vereinbarten ÖNORMen eine Haftzeit von nur zwei Jahren vorsähen; schließlich wendete er noch den bisher nicht bezahlten Teil der Rechnungssumme von S 28.473,59 als Gegenforderung zur Aufrechnung ein.

Die klagende Partei replizierte, der Beklagte habe im Vorprozeß, nachdem der Kläger S 115.437,79 bezahlt habe, die Klage unter Anspruchsverzicht zurückgenommen, sich aber die einredeweise Geltendmachung der restlichen Ansprüche in einem Schadenersatzprozeß vorbehalten.

In der Verhandlungstagsatzung am 5. März 1987 änderte der Kläger sein Begehren dahin, daß er - als Hauptbegehren - die Verurteilung des Beklagten zur Verbesserung der an seinem Haus erbrachten Verputzarbeiten derart, daß diese mängelfrei und dem Auftrag vom 27. Juli 1983 entsprechend ausgeführt seien, begehrte und das bisherige Feststellungsbegehren als Hilfsbegehren aufrechterhielt. Diese Klagsänderung wurde zugelassen.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt, bemaß die Leistungsfrist jedoch mit drei Monaten.

Es stellte, soweit dies für die Erledigung der Revision bedeutsam ist, fest, der Beklagte habe das gesamte Material einschließlich des Edelputzes geliefert, doch habe der Kläger die Farbe des Edelputzes, einer fertigen Mischung, beim Hersteller selbst ausgewählt. Als Putzarmierung habe der Kläger zunächst ein Drahtgewebe ins Gespräch gebracht, doch hätten ihn der Beklagte und der Vertreter des Herstellers von der Eignung des Glasseidengewebes für diesen Zweck überzeugt, so daß dieses bereits im Anbot vorgesehen worden sei. Sofort nach Beendigung der Arbeiten habe der Kläger dem Beklagten gegenüber die "Fleckigkeit" des Putzes beanstandet. Noch im Oktober 1983 habe der Kläger das Haus, dessen Verputz damals noch keine Risse gezeigt habe, altrosa färbeln lassen. Am 12. September 1983 habe der Beklagte die Verputzarbeiten dem Kläger einschließlich der Umsatzsteuer mit S 143.911,38 in Rechnung gestellt und diesen Betrag in der Folge zu 10 Cg 476/83 des Landesgerichtes Salzburg eingeklagt. Der dort beigezogene Sachverständige habe am 5. September 1984 in Gegenwart der Streitteile den Außenputz besichtigt, dessen Gutachten sei dem Vertreter des Klägers am 28. September 1984 zugestellt worden. Schon vorher habe der Beklagte sein Begehren infolge Zahlung von S 114.437,79 auf S 28.473,59 s.A. eingeschränkt und die Klage schließlich unter Anspruchsverzicht zurückgezogen, sich aber die einredeweise Geltendmachung der restlichen Forderung vorbehalten. Der Außenputz habe 1988 Risse im Erd- und im Obergeschoß gezeigt, die bis in den Untergrund reichten. Verschiedene Teilflächen wiesen Unebenheiten und eine wolkige Struktur auf. Der vom Beklagten verwendete Putzaufbau werde zwar den anerkannten Regeln der Technik gerecht, doch sei das von ihm eingesetzte Glasseidengewebe zur Putzarmierung nicht geeignet; dessen Verwendung habe schon damals für diese Verputzart nicht den Regeln der Technik entsprochen. Nur bei Verwendung von verzinktem Maschendraht hätte die Rißbildung verhindert werden können. Um die Risse zu beheben, müßte der Putz in deren Bereich bis zum Mauerwerk aufgestemmt, die Risse müßten danach ausgefüllt, überspannt und neu verputzt werden. An nicht sanierten Flächen würden sich mit Sicherheit neue Risse bilden: Es sei daher zur gänzlichen Sanierung die Neuherstellung des Außenputzes nach Abstemmen des vorhandenen Verputzes erforderlich, was einschließlich der Gerüstung, jedoch ohne Färbelung einen Aufwand von S 600/m2 (zuzüglich Umsatzsteuer) erfordern würde. Rechtlich meinte das Erstgericht, die Klage sei noch innerhalb der vereinbarten dreijährigen Verjährungsfrist eingebracht worden. Dem Beklagten, der das Mauerwerk als zur Aufbringung des Putzes geeignet gefunden habe, wäre auch die Verletzung seiner Warnpflicht vorzuwerfen, sollte das Mauerwerk mangelhaft beschaffen gewesen sein. Er habe daher zu verantworten, daß die Fugen nicht "verschossen" worden seien und eine nicht geeignete Putzarmierung verwendet worden sei. Die Klage sei letztlich als Leistungsklage "definiert" worden; sie sei auch ausreichend bestimmt. Das Gericht zweiter Instanz wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Kläger habe noch innerhalb offener Gewährleistungsfrist, drei Jahre von der Abnahme der Verputzarbeiten an, die Feststellung begehrt, daß ihm der Beklagte für sämtliche in Hinkunft auftretende Schäden infolge der mangelhaften Herstellung und Aufbringung des Außenputzes einzustehen habe. Die noch offene Gewährleistungsfrist werde auch durch eine Feststellungsklage unterbrochen. Sei aber bereits der gesamte Leistungsanspruch fällig und könne daher mit einer Leistungsklage das streitige Rechtsverhältnis beendet werden, sei die Feststellungsklage unzulässig; dieser Mangel des Feststellungsinteresses sei in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten. Dem Kläger sei bei Einbringung seiner Klage bekannt gewesen, daß der Außenputz bereits deutliche Risse aufwies, er sei entschlossen gewesen, hiefür Ersatz zu fordern. Er habe das Feststellungsinteresse mit der Behauptung, daß in "absehbarer" Zeit Folgeschäden auftreten werden und die Verjährung der Ersatzansprüche drohe, zu rechtfertigen versucht, dabei aber übersehen, daß er mit dem späteren "Wiederherstellungsbegehren" schon bei Einbringung der Feststellungsklage im Rahmen einer Leistungsklage vollen Ersatz hätte verlangen können. Neben Gewährleistungsansprüchen könne nicht auch der Nachteil, der in der Mangelhaftigkeit der Sache selbst liege, sondern nur innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger der Ersatz von Mängelfolgeschäden begehrt werden. Um solche Folgeschäden sei es dem Kläger aber nicht gegangen, was sich nicht zuletzt daraus ergebe, daß er in erster Linie die Beseitigung der optischen Beeinträchtigung des Außenputzes durch die Risse anstrebe, wogegen er weitere Schäden etwa infolge des durch die Risse eindringenden Regenwassers nicht einmal behauptet habe. Seien alle Mängel bei Einbringung der Feststellungsklage absehbar und sei daher deren Behebung im Rahmen eines Leistungsbegehrens erzwingbar gewesen, hätte er von vornherein auf Leistung klagen müssen. Das Feststellungsbegehren sei somit schon bei Klagseinbringung mangels Feststellungs- und Rechtsschutzinteresses abzuweisen gewesen. Erst am 5. März 1987, also nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, habe der Kläger erstmals die Verbesserung des Außenputzes durch mängelfreie, dem Auftrag vom 27. Juli 1983 entsprechende Herstellung im Rahmen eines Leistungsbegehrens verlangt. Das Erstgericht habe diese Klagsänderung zwar zugelassen, doch müsse angesichts der unveränderten Einwendungen des Beklagten nun auch beim Leistungsbegehren als neues Hauptbegehren die Verfristung des Anspruchs geprüft werden. Die Fristen des § 933 ABGB seien nur gewahrt, wenn die Klage innerhalb der Frist bei Gericht eingelangt ist. Da die Streitanhängigkeit des geänderten Begehrens bei Klagsänderung erst mit deren Zulassung eintrete und nicht schon das unzulässige und im übrigen auf Schadenersatz gerichtete Feststellungsbegehren die Gewährleistungsfrist unterbrochen habe, sei das Leistungsbegehren infolge Verfristung abzuweisen. Im übrigen seien die Mängel des Werkes schon im Vorprozeß in Form eines entsprechenden Abzuges von der Werklohnforderung des Beklagten berücksichtigt worden. Beim Werkvertrag und bei einem wesentlichen, aber behebbaren Mangel, wovon hier auszugehen sei, stünden Wandlung, Verbesserung und Preisminderung als Rechtsbehelfe zur Verfügung. Infolge der im Vorprozeß eingewendeten Mängel sei es schon dort um die Risse im Außenputz, die der dort bestellte Sachverständige im Sommer 1984 festgestellt habe, gegangen. Der Kläger habe dort ausdrücklich Wertminderung im Sinne der Preisminderung, die der Sachverständige deshalb auch ausgemittelt habe und die durch einen entsprechenden Abschlag vom Werklohn berücksichtigt worden sei, geltend gemacht. Hiedurch habe der Kläger unter den Rechtsbehelfen der Gewährleistung eine ausdrückliche Wahl getroffen, ohne darzulegen, weshalb er nun auf Verbesserung dringe. Sein Vorbringen zeige, daß die schon im Sommer 1984 vorhandenen und durch die Preisminderung ohnedies bereits abgegoltenen Mängel nun auch noch auf Kosten des Beklagten saniert werden sollten, was aber zu einem "doppelten" Vorteil des Klägers führen würde. Außerdem sei nicht hervorgekommen, ob und inwieweit seit dem Gutachten im Vorprozeß neue Risse aufgetreten bzw. die Mängel im Sinne des Gewährleistungsrechtes anders zu beurteilen seien.

Überdies sei auch noch zu beachten, daß ein nicht auf Zahlung gerichtetes Leistungsbegehren genau zu umschreiben habe, wozu der Beklagte verurteilt werden soll, sei doch letztlich die zwangsweise Durchsetzung des Anspruches Ziel des Verfahrens. Vom Beklagten zu verlangen, die Putzarbeiten dem Auftrag vom 27. Juli 1983 entsprechend mängelfrei herzustellen, erweise sich bei Kenntnis der Umstände, die zu den Rissen im Außenputz geführt haben, auch als untaugliches Begehren. Bei Verwendung der im Auftrag genannten Putzarmierung (Glasseidengewebe) würden erneut solche Risse auftreten, so daß die auftragsgemäße Ausführung schon deshalb für die Mängelbehebung ungeeignet sei. Im Begehren komme auch nicht zum Ausdruck, daß bloß die vorhandenen Risse saniert oder der Verputz nach dem Abstemmen erneuert werden solle. Bei bloßer Ausbesserung der vorhandenen Risse könnte überdies auch die ursprünglich vereinbarte Farbe nicht mehr verwendet werden, weil das Haus inzwischen neu gefärbelt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger dagegen erhobene Revision ist im Ergebnis berechtigt.

Die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen allerdings, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Berechtigung kommt dagegen der Rechtsrüge zu, soweit der Kläger darin das Begehren aus Schadenersatzansprüchen ableitet. Dazu war er ohne Verletzung des Neuerungsverbotes schon deshalb berechtigt, weil bereits das in der Klageschrift erhobene Begehren auf Feststellung der Mängelfolgeschäden gerichtet war und der Kläger das bei der Verhandlungstagsatzung am 5. März 1987 (ON 12) geänderte, primär nun auf Leistung gerichtete Verbesserungsbegehren keineswegs an einen bestimmten Rechtsgrund knüpfte, so daß dessen Berechtigung auch unter schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten geprüft werden kann. Der erkennende Senat hat als verstärkter Senat mit Beschluß vom 7. März 1990, 1 Ob 536/90, bei durchaus vergleichbarem Sachverhalt (die klagende Partei hatte dort die Kosten der Behebung der Mängel von Installationsarbeiten gleichfalls - auch - auf den Titel des Schadenersatzes gestützt) ausgesprochen, daß - jedenfalls im Werkvertragsrecht - Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche in voller Konkurrenz nebeneinander bestehen. Deshalb kann der Besteller wegen Mängeln des Werks auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, jedoch innerhalb der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, vom Unternehmer das Erfüllungsinteresse fordern, sofern die Mängel auf dessen rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zurückzuführen sind. Da der Kläger der Sache nach die Verbesserung derart, daß die Außenputzarbeiten an seinem Haus dem Auftrag entsprechend, jedoch mängelfrei ausgeführt sind, fordert, macht er in Wahrheit (auch) den Ersatz des Nichterfüllungsschadens - also so gestellt zu werden, wie wenn der Beklagte einwandfrei erfüllt hätte - geltend. Der Kläger begehrt nun nicht den Ersatz des Verbesserungsaufwandes, d.s. die Kosten für die selbst bewerkstelligte Mängelbehebung, sondern Naturalherstellung, also die Vornahme der erforderlichen Arbeiten durch den Beklagten selbst. Gemäß § 1323 ABGB ist der Schaden in erster Linie durch Zurückversetzung in den vorigen Stand auszugleichen. Der Geschädigte ist demnach primär real so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestellt wäre. Versteht man ganz allgemein unter Naturalherstellung die Schaffung eines gleichartigen, wirtschaftlich gleichwertigen Zustandes ("Ersatzlage" - SZ 43/49 uva.; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 180 f.), so besteht die Naturalrestitution bei mangelhafter Erfüllung eines Werkvertrages durch den Unternehmer in der vertragsbedungenen mängelfreien Herstellung des Werks. Kann das mangelhaft verfertigte Werk - wie im vorliegenden Fall infolge der falsch gewählten Putzarmierung (Glasseidengewebe anstatt verzinkten Maschendrahtes) - selbst nicht verbessert werden, so hat der Unternehmer in Entsprechung seiner vertraglichen Schadenersatzpflicht das mangelhafte Werk zu beseitigen und in nun mangelfreier Weise zu erneuern; im konkreten Fall hat der Beklagte demnach den Putz abzustemmen und einen neuen Außenputz unter Verwendung einer technisch einwandfreien Armierung wieder aufzubringen. Soweit sich der Kläger in seinem Begehren auf den Auftrag vom 27. Juli 1983 bezieht, kann dies naturgemäß nur bedeuten, daß er damit eine bloß umfänglich diesem Auftrag entsprechende, diesmal aber mangelfreie Herstellung des Außenputzes begehrt. Allfällige Zweifel können durch eine klarere bzw. deutlichere Fassung des Urteilsspruches vermieden werden (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1448).

Gemäß § 1323 ABGB ist also Naturalersatz zu leisten, soweit er möglich bzw. tunlich ist. Die Untunlichkeit der Naturalrestitution hat der Beklagte nicht bestritten; im Verfahren sind auch sonst keine Umstände hervorgekommen, die aus diesen Gründen gegen die Naturalherstellung - die nur dann untunlich wäre, wenn das Interesse des Schädigers, Geldersatz zu leisten, jenes des Geschädigten, Naturalersatz zu erhalten, unverhältnismäßig überstiege (SZ 49/139 uva.; Koziol aaO 182) - ins Treffen geführt werden könnten, zumal der Beklagte in seiner Parteiaussage (ON 12, S. 8) selbst die Verwendung von Glasseidengewebe als die wesentlich teurere Variante bezeichnete.

Die Vorinstanzen haben festgestellt, daß die Putzarmierung mittels Glasseidengewebes gegen die anerkannten Regeln der Technik verstieße. Dem Beklagten fällt somit ein Kunstfehler und damit rechtswidriges Verhalten bei der Vertragserfüllung zur Last. Daß er hiefür mangels Verschuldens nicht einstehen müßte, hat er nicht einmal behauptet (§ 1298 ABGB).

Wenngleich die Art der Armierung des herzustellenden Außenputzes mittels Glasseidengewebes durch die Übernahme des Kostenvoranschlages des Beklagten auch in das Auftragsschreiben des Klägers vom 27. Juli 1983 Eingang gefunden hatte, so war doch Gegenstand des Werkvertrages nur die Herstellung eines einwandfreien Außenputzes auf dem Haus des Klägers und nicht auch die Herstellungsmethode, in deren Wahl der Unternehmer grundsätzlich frei ist. Die Leistungsbeschreibung diente letztlich bloß als Grundlage für die Kalkulation des bedungenen Werklohnes. Da der Kläger nicht sachkundig war, überließ er die Auswahl der Armierung so wie überhaupt die gesamte technische Ausführung dem Beklagten, der dies in seiner Parteiaussage auch ausdrücklich bestätigte (ON 12, S. 8). Der Beklagte schuldete dem Kläger somit nur die Herstellung eines technisch einwandfreien Außenputzes und nicht auch eine bestimmte Armierung. Der Schadenersatzanspruch des Klägers beruht demnach nicht auf der Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten, die den Geschädigten bloß zum Ersatz des negativen Vertragsinteresses berechtigen würde, sondern auf der Verletzung der vertraglichen Hauptleistungspflicht des Beklagten. Auf Verletzungen vertraglicher Aufklärungspflichten hat sich der Kläger in erster Instanz auch nicht berufen; auch der Beklagte hat lediglich die behaupteten Mängel des Werks in Abrede gestellt. Das Klagebegehren ist auch der Art und dem Umfang der geforderten Leistung nach ausreichend determiniert, so daß das ihm stattgebende Urteil gemäß den §§ 7 Abs. 1 und 353 EO vollstreckbar ist. Der Beklagte hat allerdings auch die Verjährungseinrede erhoben, wenngleich er damit in Wahrheit primär offenbar auf die Verfristung von - zunächst gar nicht geltend

gemachten - Gewährleistungsansprüchen (Ablauf der in den ÖNORMen vorgesehenen Haftzeit) abzielte. Schadenersatzansprüche verjähren in drei Jahren von der Zeit an, zu welcher der Schaden und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt wurden, gleichviel ob der Schaden durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht wurde. Diese Verjährung wird erst in Gang gesetzt, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens - und damit auch der Ursachenzusammenhang (JBl. 1987, 450; SZ 56/76 ua.) - sowie die Person des Schädigers soweit bekannt wurden, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden kann (JBl. 1988, 321 uva; Schubert in Rummel aaO § 1489 Rz 3). Nur wenn der Geschädigte diese für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendige Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen könnte, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie den Berechtigten bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (SZ 57/171; SZ 52/186; SZ 50/87 ua.; Schubert aaO Rz 4; Koziol aaO 320). Dabei ist auf die Umstände des konkreten Falles abzustellen (RZ 1979/27 ua.). Die Erkundigungspflicht des Geschädigten darf nicht überspannt werden (SZ 57/171 ua.).

Jener Mangel, der die Rißbildungen im Außenputz (sowie alle weiteren damit verbundenen Folgeschäden) auslöste und nur durch Erneuerung des Außenputzes in technisch einwandfreier Herstellungsart behoben werden kann, nämlich die gegen die Regeln der Technik mittels Glasseidengewebes hergestellte Putzarmierung, wurde dem Kläger frühestens beim Ortsaugenschein des vom Gericht des Vorprozesses bestellten Sachverständigen Ing. Herbert G*** am 5. September 1984 (dort ON 11, S. 6) bekannt. Der von ihm selbst vorher mit der Begutachtung betraute Architekt hatte gerade diesen Mangel dagegen nicht festgestellt. Damit begann die im § 1489 ABGB für Schadenersatzansprüche geltende Verjährungsfrist für den Kläger frühestens erst am 5. September 1984 zu laufen, so daß dessen Schadenersatzansprüche selbst bei Vornahme der Klagsänderung in der Verhandlungstagsatzung am 5. März 1987 noch nicht verjährt waren. Da sich das Hauptbegehren aus dem Titel des Schadenersatzes (§§ 1167 letzter Satzund 932 Abs. 1 zweiter SatzABGB) jedenfalls als berechtigt erweist, war das diesem Begehren stattgebende erstinstanzliche Urteil - zwecks gebotener Klarstellung - mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe wiederherzustellen. Zu den im Rechtsstreit aufgeworfenen weiteren Fragen, ob und inwieweit die Verjährungsfrist schon durch Einbringung der Feststellungsklage unterbrochen wurde, ob sich die Verjährungseinwendung auch gegen das geänderte Klagebegehren richtete und ob bzw. inwieweit die in Anspruchskonkurrenz bestehenden Gewährleistungsansprüche des Klägers im Zeitpunkt der Klagsänderung gemäß § 933 ABGB verfristet waren und auf diese Verfristung auch von Amts wegen Bedacht zu nehmen wäre, muß deshalb nicht mehr Stellung bezogen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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