Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.965,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.994,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 740.469,34 als Entgelt für gelieferte Waren. Sie stützte ihr Begehren ausdrücklich auch auf ein am 19. November 1987 in der Kanzlei des Klagevertreters erklärtes Anerkenntnis der beklagten Partei.
Die beklagte Partei wendete in der Sache Gegenforderungen zur Aufrechnung ein, konkretisierte diese jedoch nur in bezug auf Beträge von DM 1.754,27 und S 20.544,31 näher.
Von der Verhandlungstagsatzung am 9.Februar 1989 blieb die beklagte Partei aus. Die klagende Partei beantragte deshalb dort - allerdings erst unmittelbar vor Schluß der Verhandlung - die Fällung eines Urteils gemäß § 398 (richtig: § 399) ZPO. Das Erstgericht sprach aus, daß die eingeklagte Forderung mit S 740.469,34 zu Recht bestehe, die Gegenforderungen der beklagten Partei hingegen nicht zu Recht bestünden, und gab dem Klagebegehren daher statt. Es stellte - soweit dies für die Erledigung der Revision bedeutsam ist - fest:
Die klagende Partei belieferte die beklagte Partei in der Zeit von April 1986 bis Jänner 1987 bestellungsgemäß mit Waren, worüber sie dieser jeweils Rechnung legte. Am 19.November 1988 kam es zwischen dem Klagevertreter Dr.Gerhard H*** und dem Geschäftsführer der beklagten Partei, Berthold C***, zu einer Konferenz, in deren Verlauf letzterer die Höhe der Klagsforderung anerkannte. Rechtlich meinte das Erstgericht, durch das Anerkenntnis sei seitens des Geschäftsführers der beklagten Partei ein neuer selbständiger Verpflichtungsgrund geschaffen worden. Selbst wenn man dem Anerkenntnis bloß deklarative Bedeutung beimessen wollte und es deshalb nur als bloße Wissenserklärung ansähe, wäre im Rechtsstreit ein wichtiger Beweis für den Bestand der Klagsforderung erbracht. Die von der beklagten Partei behaupteten Gegenforderungen seien durch nichts belegt, sodaß es entbehrlich erscheine, darauf näher einzugehen, zumal das Vorbringen der beklagten Partei unsubstantiiert geblieben und nicht näher konkretisiert worden sei. Mangels "Präzisierung und Schlüssigkeit" sei der "Geltendmachung" der zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderung "ein Erfolg zu versagen".
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es führte aus, es könne dahingestellt bleiben, ob die erstinstanzliche Entscheidung als Urteil gemäß § 399 ZPO zu werten sei; das Erstgericht wäre jedenfalls zur Fällung eines solchen Urteiles berechtigt gewesen. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei dürfe ein darauf abzielender Antrag nicht bloß am Beginn der Verhandlungstagsatzung gestellt werden, sondern solange die Säumnis der Gegenseite andauere, also auch noch nach Durchführung etwaiger weiterer Beweisaufnahmen. Für die Erstreckung dieser Verhandlungstagsatzung habe keine Veranlassung bestanden, weil die klagende Partei dort kein neues Vorbringen erstattet habe und sämtliche von der beklagten Partei beantragten Beweise bereits vorher aufgenommen worden seien. Durch das Unterbleiben von der klagenden Partei beantragter Beweisaufnahmen sei die beklagte Partei in ihren prozessualen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt worden, sodaß sie diesen Umstand nicht als Verfahrensmangel geltend machen könne. Dem Erstgericht falle auch keine Verletzung der Manuduktionspflicht zur Last. Die beklagte Partei hätte ihre Einwendungen sowohl in der Klagebeantwortung als auch im weiteren Verfahren in überprüfbarer Weise konkretisieren können. Habe sie von dieser Möglichkeit bis zur Verhandlungstagsatzung am 9.Februar 1989 nicht Gebrauch gemacht und sei sie von dieser ausgeblieben, könne sie sich nicht darüber beschweren, daß das Gericht diese Tagsatzung nicht etwa deshalb erstreckt habe, um der beklagten Partei vielleicht noch weitere Einwendungen zu ermöglichen. Die Verhandlung sei nicht auf die Prüfung der Zuständigkeitsfrage eingeschränkt gewesen, sodaß sich die beklagte Partei ihre Säumnis selbst zuzuschreiben habe. Die Rechtsrüge sei, soweit sie vom festgestellten Sachverhalt abweicht, nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Gegenforderungen habe das Erstgericht teils als sachlich nicht berechtigt, teils mangels schlüssiger Sachverhaltsbehauptungen als nicht zu Recht bestehend erkannt. Der Hinweis in der Berufung, die Gegenforderungen wären, sofern nicht eine Verletzung der Anleitungspflicht als gegeben angenommen werde, wegen Unschlüssigkeit abzuweisen gewesen, sei daher unverständlich. Der Zuspruch von Zinsen und die "Abweisung" der Gegenforderungen von DM 1.754,27 und S 20.544,31 fänden im festgestellten, von der Berufung auch gar nicht bestrittenen Anerkenntnis der beklagten Partei ihre ausreichende rechtliche Grundlage. Im übrigen seien die behaupteten Gegenforderungen durch die einzige, von ihr hiezu beantragten Beweisaufnahme - die Vernehmung ihres Geschäftsführers - nicht bestätigt worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Mit der Mängelrüge wiederholt sie das darauf abzielende Vorbringen in ihrer Berufung - insbesondere die Behauptung von Verstößen gegen die Vorschrift des § 399 ZPO - und legt die Verneinung der ins Treffen geführten Verfahrensmängel nun dem Gericht zweiter Instanz als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens zur Last, läßt aber dabei die ständige Rechtsprechung (SZ 22/106; SZ 27/4 uva) außer acht, daß die in der Berufung gerügten Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Gericht zweiter Instanz nicht als solche anerkannt wurden, nun nicht auch noch als dem Berufungsgericht unterlaufene Verfahrensmängel gerügt werden können; das gilt auch für die Verletzung der materiellen Prozeßleitungspflicht gemäß den §§ 180 Abs 3 und 182 ZPO, weil die Unterlassung der Belehrungspflicht den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO begründet (SZ 49/34 ua). Soweit die beklagte Partei dem Berufungsgericht vorwirft, es habe zu Unrecht die Auffassung des Erstgerichtes, daß die Voraussetzungen für die Fällung eines (unechten Versäumungs-)Urteiles gemäß § 399 ZPO vorlägen, gebilligt, übersieht sie, daß das Erstgericht - wie seinen Entscheidungsgründen unschwer entnommen werden kann - kein Urteil nach der erwähnten Gesetzesstelle fällte, sondern die Verhandlung wegen Spruchreife schloß. Zutreffend bemerkt das Gericht zweiter Instanz überdies, daß das Prozeßgericht die Verhandlungstagsatzung nicht etwa deshalb erstrecken darf, weil es immerhin möglich erschiene, daß die dort ausgebliebene Partei im weiteren Verfahren ihr Vorbringen ergänzen könnte. Ein derartiger Erstreckungsgrund ist der Zivilprozeßordnung fremd; im übrigen hat die beklagte Partei ihre Säumnis selbst noch in der Revision nicht durch Anführung beachtlicher Gründe ihrer Säumnis gerechtfertigt. Ob das Erstgericht dem Antrag der klagenden Partei auf Fällung eines Urteils nach § 399 ZPO zu entsprechen gehabt hätte, kann bei dieser Sachlage aber - wie
ausgeführt - ohnedies ungeprüft bleiben.
Die in der Revision geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, auch sonst nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Soweit die beklagte Partei in ihrer Rechtsrüge die Feststellungen über das vom Geschäftsführer der beklagten Partei dem Klagevertreter gegenüber am 19.November 1987 erklärte Anerkenntnis bekämpft und daher nicht von den erstinstanzlichen Feststellungen ausgeht, ist das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt und deshalb nicht weiter zu prüfen. Zu Recht hat das Erstgericht - ausgehend von seinen Erwägungen, daß die substantiierten Gegenforderungen nicht erwiesen seien und die nicht konkretisierten Forderungen nicht geprüft werden
könnten ausgesprochen, daß die eingewendeten Gegenforderungen nicht
zu Recht bestünden.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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