OGH 9ObA335/89

OGH9ObA335/8928.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Oder und Peter Pulkrab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Leopold D***, Arzt, Graz, Tannhofweg 14, vertreten durch Dr. Georg Hoffmann und Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S*** K***

Gesellschaft mbH, Graz, Stiftingtalstraße 4-6, vertreten durch Dr. Kurt Klein und Dr. Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 20.309,81 brutto sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.August 1989, GZ 8 Ra 67/89-15, womit über Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. April 1989, GZ 36 Cga 71/89-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird zum Teil Folge gegeben.

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Abweisung eines Mehrbegehrens von S 2.901,40 samt 4 % Zinsen seit 1.2.1989 als Teilurteil bestätigt wird. Im übrigen Umfang des Aufhebungsbeschlusses wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und des Rekursverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1.August 1987 als Turnusarzt beschäftigt. Er hat einschließlich der Zulagen ein monatliches Bruttogehalt von S 19.827. Für seine Tätigkeit im Mai 1988 erhielt er zusätzlich S 5.206,50 an Nachtdienstzulage und S 1.737 an Aufwandsentschädigung für den Nachtdienst. Ein Kollektivvertrag besteht nicht.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger insgesamt S 20.309,81 sA an restlichem Entgelt. Er habe im Mai 1988 165 Normalarbeitsstunden, 11 Mehrarbeitsstunden und 76 Überstunden geleistet. Nach der Arbeitszeitregelung der Beklagten entfalle die wöchentliche betriebliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf Montag bis Freitag von 8,00 Uhr bis 15,00 Uhr und auf jeden zweiten Samstag von 8,00 Uhr bis 13,00 Uhr. Die Differenz auf die gesetzliche Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche sei als Mehrarbeitszeit zu verrechnen. Die Beklagte habe ihm lediglich die wöchentliche Normalarbeitszeit vergütet, nicht aber die Mehrarbeitsstunden, die Überstunden und ebensowenig den sich daraus ergebenden aliquoten Anteil an den Sonderzahlungen. Er habe daher noch Anspruch auf S 1.329,85 an Entgelt für die Mehrarbeit, auf S 16.078,56 an Überstundenentgelt und auf je S 1.450,70 an aliquotem Urlaubsgeld und aliquoter Weihnachtsremuneration.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe während seiner Nachtdienste im Mai 1988 keine ununterbrochene Arbeitsleistung erbracht. Er sei vielmehr nur in Ausnahmefällen herangezogen worden, soweit der diensthabende Facharzt einer Hilfe bedurft habe. Die Dienstleistung des Klägers habe sich ansonsten auf die Anwesenheitspflicht und Rufbereitschaft beschränkt. Diese Tätigkeiten seien geringer zu bewerten als die Arbeitsleistung selbst. Nach dem Dienstvertrag sei auf das Dienstverhältnis des Klägers die Betriebsvereinbarung vom 23. Dezember 1985 anzuwenden, die ihrerseits auf eine unverändert gebliebene Verrechnung der Zwischendienstzeiten, der Nachtdienste und der damit im Zusammenhang stehenden Sonderurlaube verweise. Diese ständig geübte Verrechnung beruhe auf einem Beschluß der Steiermärkischen Landesregierung vom 11.Juli 1977, der die Entschädigung der Ärzte für Mehrleistungen und Nachtdienste regle, und nach dem die Leistungen der Ärzte in den letzten zehn Jahren auch tatsächlich abgerechnet worden seien. Dementsprechend habe der Kläger für die von ihm im Mai 1988 verrichteten Nachtdienste ein Entgelt in Höhe von S 5.206,50 und S 1.737 erhalten, womit der minderen Qualität der Rufbereitschaft voll entsprochen worden sei. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 12.274,66 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von S 8.035,15 brutto sA ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Nach dem zwischen dem Kläger und der Beklagten am 14.September 1987 abgeschlossenen Dienstvertrag, der ua die Einstufung des Klägers und das Monatsentgelt samt Zulagen enthält, ist auf das Dienstverhältnis im übrigen die Vereinbarung zwischen der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH und dem Zentralbetriebsrat der Steiermärkischen Landeskrankenanstalten und- betriebe vom 23.Dezember 1985 (kurz: Vereinbarung) anzuwenden. Gemäß § 3 der als "freie Betriebsvereinbarung" bezeichneten (§ 25) Vereinbarung gilt für die Dienstverhältnisse der Angestellten das Angestelltengesetz. Die Entgeltregelung hat ua folgenden Wortlaut:

"§ 14 Entgelt

(1) Dem Dienstnehmer gebühren das Monatsentgelt entsprechend seiner Einstufung laut beiliegenden Tabellen 1 bzw 2 und allfällige Zulagen (Verwaltungsdienstzulage, Mehrleistungszulage, Ergänzungszulage, Pflegedienstzulage, Pflegedienst-Chargenzulage, Verwendungszulage, Haushaltszulage) und Nebengebühren gemäß § 22 der Vereinbarung....

§ 15 Sonderzahlung

Für jedes Kalendervierteljahr gebührt dem Dienstnehmer eine Sonderzahlung in der Höhe von 50 v.H. des Monatsentgeltes laut Tabelle 1 bzw 2 sowie der Verwaltungsdienstzulage und der Haushaltszulage....

§ 22 Nebengebühren

(1) Nebengebühren sind

1. die Überstundenvergütung

...".

Nach Abschnitt III Punkt 2 der Zusatzvereinbarung zur "freien Betriebsvereinbarung" vom 23.Dezember 1985 beträgt die Dienstzeit der Ärzte abweichend vom § 12 der Vereinbarung (Verweis auf das AZG) 37,5 Stunden; die Abgeltung der Nachtdienste, die Zwischendienstzeitenverrechnung und der damit im Zusammenhang stehende Sonderurlaub bleiben vorerst unverändert. Gemäß Punkt 5 der Zusatzvereinbarung wird sämtlichen Ärzten mit Ausnahme der Primarii, wenn sie Mehrleistungen erbringen, neben dem jährlichen Urlaubsausmaß ein Zusatzurlaub von sechs Werktagen gewährt. Zu Ostern und Weihnachten erhalten diese Ärzte in Graz je weitere zehn Werktage und die Ärzte außerhalb von Graz je weitere sechs Werktage als Zusatzurlaub. Diese Zusatzurlaube werden insoweit gewährt, als die Möglichkeit der Gegenverrechnung mit den erbrachten Mehrleistungen besteht.

Ein Nebengebührenkatalog legt ua die Nachtdienstzulage mit je S 1.157 und die Aufwandsentschädigung mit S 386 je Nachtdienst fest. Der Kläger hatte am 1.Mai 1988 dienstfrei und am 2. sowie am 3. Mai Urlaub. Am 4. und 5.Mai leistete er Normaldienst von 8,00 Uhr bis 15,00 Uhr. Am 6., 9., 12., 15., 18., 21., 24., 27. und 30.Mai hatte er von 8,00 Uhr bis 9,00 Uhr des nächsten Tages Nachtdienst. Dies ergibt für den 2., 3., 4. und 5.Mai je sieben Stunden und für die übrigen Tage 25 Stunden, wovon jedoch drei Stunden als bloße Rufbereitschaft abzuziehen sind, während der er sich frei beschäftigen bzw erholen konnte. Der Kläger hatte die Aufgabe, Gebärende neu aufzunehmen, bei Geburten zu assistieren, Medikamente zu verabreichen und die Kontrolle des Geburtsfortschrittes wahrzunehmen. Seine Tätigkeit umfaßte auch die einstündige "Betriebsübergabe" am darauffolgenden Morgen, um dem neuen Team die Vorkommnisse der letzten Nacht mitzuteilen.

Eine Regelung, wonach die Zwischendienstzeiten und ein Teil der Nachtdienstzeiten mit einem "Sonderurlaubspool" verrechnet werden, kann nicht festgestellt werden.

Das Erstgericht vertritt die Rechtsauffassung, daß der Kläger bis auf jeweils drei Stunden Ruhezeit tatsächlich voll gearbeitet habe. Die an ihn gezahlte Nachtdienstzulage habe lediglich seine Arbeitsbereitschaft abgelten sollen und sei nicht als Entgelt für tatsächlich verrichtete Arbeiten anzusehen. Im Vergleich der geminderten Arbeitszeit zur gesetzlichen Arbeitszeit habe der Kläger sohin 10,82 Stunden an Mehrleistung und darüber hinaus 59,80 Überstunden erbracht. Bewerte man die Überstunden mit 150 % und die Mehrleistungsstunden mit 100 %, ergebe dies zusammen einen Betrag von S 12.274,66. Hingegen stehe dem Kläger kein Anspruch auf Sonderzahlungsanteile für Überstunden und Mehrarbeitsstunden zu, da § 15 der Vereinbarung über die Bemessung der Sonderzahlungen diese Entgeltbestandteile nicht aufzähle.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf. Soweit der Kläger seine Ansprüche auf eine betriebliche Dienstzeit von 37,5 Wochenstunden stütze, beziehe er sich selbst auf Abschnitt III Punkt 2 der Zusatzvereinbarung zur "freien Betriebsvereinbarung" vom 23.Dezember 1985. Damit müsse er aber auch die im selben Punkt getroffene Vereinbarung - die Abgeltung der Nachtdienste, die Zwischendienstzeitenverrechnung und der damit im Zusammenhang stehende Sonderurlaub blieben unverändert - gegen sich gelten lassen. Er habe zur Kenntnis genommen, daß für diesen Bereich bereits bestehende Regelungen weiter anzuwenden seien. Abschnitt III Punkt 5 erläutere diese Regelung hinsichtlich der Sonderurlaube. Diese Vertragsbestimmung entspreche wiederum dem § 15 der DienstO 1968. Es bestünden daher keine Bedenken, auch die bisherigen, der Dienstordnung (idF des Beschlusses der Steiermärkischen Landesregierung vom 11.Juli 1977) entsprechende Verrechnung der Nachtdienste und Zwischendienstzeiten insoweit auf das Dienstverhältnis des Klägers anzuwenden, als dadurch nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen werde.

Bisher sei weder erörtert worden, wie diese Mehrleistungen in der Zeit vom 1.August 1987 bis 30.April 1988 verrechnet worden seien, noch sei geprüft worden, welche Art von Dienstleistungen in der fraglichen Zeit vom Kläger erbracht worden seien. Es werde zwischen der normalen Arbeitszeit, dem Bereitschaftsdienst, der Rufbereitschaft, der Zwischendienstzeit und den Überstunden zu unterscheiden sein. Für Zeiten bloßer Arbeitsbereitschaft dürfe ein geringeres Entgelt vereinbart werden als für die Arbeitsleistung selbst. Dazu fehle es an ausreichendem Vorbringen. Sei Zeitausgleich vereinbart worden, könne der Kläger nicht zusätzlich Barzahlung der ausgeglichenen Arbeitszeit fordern. Dabei sei aber zu beachten, daß die Abgeltung von Überstunden durch Zeitausgleich im Verhältnis von lediglich 1 : 1 unzulässig sei. Hinsichtlich der Abgeltung der Nachtdienste seien auch die bereits ausgezahlten Nachtdienstzulagen zu berücksichtigen. Überstunden seien gemäß § 22 der Vereinbarung Nebengebühren. Da diese Nebengebühren im § 15 der Vereinbarung nicht genannt seien, könnten sie auch nicht Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen sein.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Rekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Spruchreife aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die Beklagte beantragte in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, da die zu lösende Rechtsfrage sich auch auf die Dienstverhältnisse anderer Turnusärzte auswirkt und eine diesbezügliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofes noch nicht ergangen ist; der Rekurs ist aber auch zum Teil berechtigt. Die den Bundesländern mit der B-VG Novelle 1974, BGBl 444, übertragene und vom Land Steiermark mit der LVBG-Novelle 1984, LGBl 34, in Anspruch genommene Gesetzgebungskompetenz (9 Ob A 518/88) bezieht sich gemäß § 1 Abs 1 leg cit nur auf die Vertragsbediensteten des Landes Steiermark. Insoweit trifft es - unbestritten - zu, daß hinsichtlich des Dienstverhältnisses des Klägers zur Beklagten nicht die Bestimmungen des LVBG zur Anwendung kommen, sondern die arbeitsrechtlichen Vorschriften des Bundes (vgl Martinek-Schwarz, AngG6 § 3 Anm 1 ff). Wie der Oberste Gerichtshof in den die Kärntner Turnusärzte betreffenden besonderen Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 2 ASGG bereits ausführte, unterliegen die privatrechtlichen Dienstverhältnisse von Turnusärzten, also der gemäß § 2 Abs 3 ÄrzteG 1984 in Ausbildung zum praktischen Arzt oder zum Facharzt befindlichen Ärzte, die lediglich zur unselbständigen Ausübung ärztlicher Tätigkeit unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte berechtigt sind, dem Angestelltengesetz. Der gesetzliche Ausbildungszweck ändert nichts daran, daß das Rechtsverhältnis zwischen den anerkannten Ausbildungsstätten und den in Ausbildung zum praktischen Arzt oder Facharzt stehenden Ärzten typischerweise als Dienstverhältnis zu qualifizieren ist. Ärzte leisten auch dann höhere Dienste im Sinne des Angestelltengesetzes, wenn sie diese unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte erbringen (9 Ob A 521/88 ua). Gemäß § 6 Abs 1 AngG werden Art und Umfang der Dienstleistungen sowie das dafür gebührende Entgelt im Rahmen der gesetzlichen Schranken primär durch eine Vereinbarung bestimmt (vgl Martinek-Schwarz aaO § 6 Anm 1).

Der Dienstvertrag des Klägers mit der beklagten Kapitalgesellschaft bezieht unter Punkt 10 die freie Betriebsvereinbarung vom 23.Dezember 1985 ein, so daß diese - ungeachtet ihrer Unzulässigkeit als Betriebsvereinbarung (vgl § 97 ArbVG) - Grundlage für die einzelvertragliche Ergänzung geworden ist. Da die genannte Vereinbarung dadurch ausdrücklich zum Inhalt des Dienstvertrages geworden ist, muß der Kläger auch deren Regelungen als vereinbart gegen sich gelten lassen. Der Kläger sagte dazu selbst aus, daß ihm die Betriebsvereinbarung bekannt sei und es ihm klar sei, daß diese Vereinbarung seinem Dienstvertrag zugrundeliege. Soweit er nunmehr im Rekurs behauptet, diese Vereinbarung nicht zu kennen, setzt er sich ohne jegliche Begründung mit seiner eigenen Aussage in Widerspruch.

Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, daß auch Abschnitt III Punkt 2 der einen Bestandteil der "freien Betriebsvereinbarung" bildenden Zusatzvereinbarung über die unverändert bleibende Abrechnung Inhalt des Dienstvertrages wurde. Der Kläger nimmt nicht nur die in diesem Punkt abweichend geregelte betriebliche Dienstzeit für sich in Anspruch, sondern auch die der "bisherigen Abrechnung" entsprechenden Nachtdienstzulagen und Aufwandsentschädigungen entgegen. Bei der unverändert bleibenden Abgeltung der Nachtdienste und der Zwischendienstzeiten handelt es sich nicht etwa um eine einseitige Anordnung eines Dritten, wie der Kläger im Rekurs meint, sondern um einen den Bestimmtheitserfordernissen des § 869 ABGB entsprechenden Vertragsbestandteil, da die "Bestimmtheit" einer Erklärung nach Lehre und Rechtsprechung stets nur als (eindeutig) "bestimmbar" zu verstehen ist (Rummel in Rummel ABGB2 § 869 Rz 4 mwH). Dies ist hier der Fall; die unverändert bleibende Abgeltung der genannten Dienste ist sowohl dem Beschluß der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. Juli 1977 eindeutig zu entnehmen als auch, wie die Beklagte behauptet, einer über zehn Jahre hindurch tatsächlich in diesem Sinne erfolgten Abrechnung. Der Kläger sagte aus, daß Zwischendienstzeiten in einen sogenannten "Sonderurlaubspool" geflossen seien. Auch damit bezieht er sich wiederum selbst auf die im Abschnitt III Punkt 2 und 5 der Zusatzvereinbarung enthaltene Regelung über einen Zeitausgleich, die das Erstgericht unberücksichtigt gelassen hat. Soweit das Berufungsgericht daher die Auffassung vertritt, daß die (bisherige) Verrechnung der Mehrleistungen in wesentlichen Bereichen bisher nicht hinreichend erörtert wurde, kann dieser Ansicht ebensowenig entgegengetreten werden wie dem Auftrag, konkrete und widerspruchsfreie Feststellungen über die Art und Intensität der Arbeitsleistungen des Klägers zu treffen.

Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers entspricht es weder dem Wortsinn noch dem redlichen Verständnis des die Vereinbarung vom 23. Dezember 1985 mitenthaltenden Dienstvertrages, daß darin überhaupt keine Regelung über die Abgeltung von Mehrleistungen getroffen worden sei. Die Zusatzvereinbarung zur freien Betriebsvereinbarung enthält sowohl Regelungen für die Abgeltung von Nachtdiensten und Zwischenzeiten als auch über einen Zeitausgleich. Die Staffelung der Nachtdienstzulage und der Aufwandsentschädigung, die der Kläger im Rekurs bemängelt, ist im allgemeinen schon dadurch gerechtfertigt, daß bei der Dienstleistung der Turnusärzte nicht die Erbringung der Dienstleistung im Interesse des Dienstgebers, sondern die dem Turnusarzt zur selbständigen Ausübung des Berufes als praktischer Arzt oder als Facharzt berechtigende praktische Ausbildung im Vordergrund steht. Bei derartigen Dienstverhältnissen, bei denen dem Interesse des Dienstgebers an der Erbringung der Dienstleistung ein fast ebenso gewichtiges Interesse des Dienstnehmers gegenübersteht, ihm die zur Vollendung seiner Berufsausbildung erforderliche praktische Ausbildung zu ermöglichen, kann es dem Dienstgeber nicht verwehrt werden, das Entgelt nach anderem Gesichtspunkt festzusetzen als bei Dienstverhältnissen, bei denen die Dienstleistung in erster Linie im Interesse des Dienstgebers erbracht wird (9 Ob A 519/88; 9 Ob A 521/88). Auch aus der Bestimmung des § 105 Abs 1 ÄrzteG 1984, in der angeordnet ist, daß den in Berufsausbildung stehenden Ärzten für ihre Tätigkeit ein angemessenes Entgelt zu entrichten ist, ist für den Standpunkt des Rekurswerbers nichts zu gewinnen. Wie Schrammel (Rechtsproblem des Turnusarztverhältnisses, ZAS 1982, 207) zutreffend ausführt, ist diese Grundsatzbestimmung verfassungsrechtlich bedenklich, soweit der Rechtsgrund der Leistungspflicht der Krankenanstalt in einem zu ihr begründeten Dienstverhältnis steht, weil in diesem Fall die gesetzliche Regelung der Vergütung eine Angelegenheit ist, die dem für die Regelung des Dienstrechts zuständigen Gesetzgeber obliegt. Diese Bestimmung kann daher bei verfassungskonformer Auslegung nur einschränkend als Grundlage für einen nicht auf einem Dienstverhältnis beruhenden Entgeltanspruch verstanden werden (9 Ob A 517/88).

Nach dem Dienstvertrag im weiteren Sinn gebührt dem Kläger für die Abgeltung der Nachtdienste und Zwischendienstzeiten sohin eine Nachtdienstzulage samt Aufwandsentschädigung, ein Stundensatz für die Zwischendienstzeiten und ein Zeitausgleich für Mehrleistungen. Ob die von ihm außerhalb seiner normalen Arbeitszeit verrichteten Nachtdienste der Bestimmung des § 5 AZG über die Zulässigkeit der Verlängerung der Normalarbeitszeit widersprechen, ist für den vorliegenden Fall belanglos. Weder der Anspruch auf Überstundenvergütung noch auf Nachtdienstzulage ist nämlich von der Zulässigkeit der tatsächlich verrichteten Überstunden oder der Arbeitsbereitschaft abhängig. Zu prüfen bleibt die Frage der Gesetzwidrigkeit der Vereinbarungen.

Ein vereinbarter Freizeitausgleich darf nach der zwingenden Vorschrift des § 3 ArbVG nicht zu einer Verschlechterung der Position des Dienstnehmers gegenüber Kollektivvertrag und Gesetz führen. Hiebei kommt den Zielsetzungen des Arbeitszeitschutzes (Abgeltung der Mehrbelastung des Dienstnehmers - Erhöhung der Kosten der Arbeit) entscheidende Bedeutung zu. Eine Gleichsetzung von Normalarbeitsstunde und Überstunde widerspricht dem Zweck der Zuschlagsregelung, Überstunden durch Verteuerung möglichst hintanzuhalten. Mangels anderer im engeren Sachzusammenhang stehender Bezugspunkte ist das vom Gesetz oder Kollektivvertrag angeordnete Verhältnis der Entlohnung einer Normalarbeitsstunde zur Entlohnung einer Überstunde analog heranzuziehen (RdW 1988, 138; 9 Ob A 155/88 = RdW 1989, 17; 9 Ob A 283/88 = RdW 1989, 201 je mwH). Hinsichtlich der gewährten Nachtdienstzulage wäre dann eine Gesetzwidrigkeit gegeben, wenn die Höhe der Nachtdienstzulage mit der Bestimmung des § 10 AZG über die Überstundenvergütung im Widerspruch stünde. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn der Kläger während des Nachtdienstes nur den Gegenstand seines Dienstvertrages bildende Arbeiten verrichtet hätte und die nach dem Dienstvertrag zustehende Nachtdienstzulage geringer wäre als das für diese Arbeiten aus § 10 AZG sich ergebende Überstundenentgelt. Daß der Kläger während seiner Nachtdienste ständig Arbeitsleistungen in einem solchen Ausmaß erbracht hätte, daß ein Mißverhältnis zwischen Nachtdienstzulage und Überstundenentgelt entstanden wäre, steht, da das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen nicht übernommen hat, bisher nicht fest. In diesem Zusammenhang ist auch die Nachtdienstaufwandsentschädigung dahin zu prüfen, ob damit tatsächlich ein entstandener Aufwand abgegolten werden soll oder ob damit unter einer anderen Bezeichnung nur die Nachtdienstzulage erhöht wird. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß für die Zeit der bloßen Arbeitsbereitschaft ein geringeres Entgelt oder sogar Unentgeltlichkeit vereinbart werden darf (vgl Arb 10.059 mwH ua). In diesem Rahmen ist das erstgerichtliche Verfahren im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes noch ergänzungsbedürftig. Hingegen ist die Arbeitsrechtssache hinsichtlich der begehrten Berücksichtigung der Überstundenentgelte zu den Sonderzahlungen bereits spruchreif, da es hier nicht auf die Höhe allfälliger Überstundenvergütungen ankommt. Selbst wenn der Kläger nämlich Anspruch auf Überstundenentgelt hätte, wäre dieses Entgelt nicht als Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen heranzuziehen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist der Begriff des Entgelts im § 14 Abs 1 der Vereinbarung, die als Inhalt des Dienstvertrages anzusehen ist, definiert. Dabei wird ausdrücklich zwischen dem Entgelt und der als Nebengebühr bezeichneten Überstundenvergütung unterschieden. Eine Sonderzahlung gebührt gemäß § 15 der Vereinbarung für jedes Kalendervierteljahr aber nur in Höhe von 50 % des "Monatsentgelts" sowie der Verwaltungsdienstzulage und der Haushaltszulage. Mit seinem Einwand, daß regelmäßige Überstunden bei der Berechnung des "Urlaubsentgelts" mangels eines Generalkollektivvertrages zwingend zu berücksichtigen seien, verwechselt der Rekurswerber die Begriffe des Urlaubsentgelts und des Urlaubszuschusses. Der in diesem Verfahren begehrte Urlaubszuschuß ist ein rein vermögensrechtlicher Anspruch, der in den Entgeltbegriff fällt und nicht - wie das Urlaubsentgelt - begriffsnotwendig mit der Freistellung von der Arbeit verbunden ist. Er ist als 14.Monatsgehalt (das 13. Monatsgehalt bildet die Weihnachtsremuneration) nach den Kollektivverträgen der Privatwirtschaft sowie im öffentlichen Dienst allgemein verbreitet und systematisch den Sonderzahlungen zuzuordnen (Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 357). Insoweit konnte daher sofort in der Sache selbst mit Teilurteil entschieden werden (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1823).

Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.

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