OGH 5Ob526/90

OGH5Ob526/9020.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Kindes Norbert K***, geboren am 11. Jänner 1973, Fleischhauerlehrling, Vorau, Riegersbach 147, hier vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Hartberg als besonderer Sachwalter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche, infolge Revisionsrekurses des Minderjährigen, vertreten durch die Mutter Johanna K***, Arbeiterin, Vorau, Riegersbach 147, diese vertreten durch Dr. Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 8. Jänner 1990, GZ 1 R 517/89-135, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hartberg vom 17. November 1989, GZ 4 P 128/84-130, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf Antrag der Mutter bestellte das Erstgericht am 20. August 1984 die Bezirkshauptmannschaft Hartberg zum besonderen Sachwalter zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den Vater (§ 22 JWG BGBl 1954/99).

Am 29. Juli 1986 bewilligte das Erstgericht Unterhaltsvorschüsse ab dem 1. August 1986 für das Kind und trug der Bezirksverwaltungsbehörde als gesetzlichem Vertreter des Kindes auf, die bevorschußten Unterhaltsbeträge einzutreiben und, soweit hereingebracht, dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes zu überweisen (§ 13 Abs 1 Z 5 UVG).

Die Ehe der Eltern des Kindes wurde mit dem 9. März 1988 geschieden. Am 22. Feber 1989 entschied das Erstgericht, daß künftig alle aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten (nunmehr Obsorge iSd § 144 ABGB idF nach Art. I Z 3 KindRÄG) allein der Mutter zustehen.

Schon am 5. Oktober 1988 war der Antrag der Mutter, die Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom Amt des Sachwalters des Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche zu entheben, abgewiesen worden.

Als nun der Vater seine Enthebung von der Unterhaltsverpflichtung ab dem 1. August 1989 beantragt und die Bezirkshauptmannschaft auf Grund der Erhebungsergebnisse, daß der Vater nur über ein durchschnittliches Pensionseinkommen von rund S 10.000 verfügt aber noch S 2.000 Unterhalt an die geschiedene Frau leisten muß, während das Kind durchschnittlich rund S 5.800 Lehrlingsentschädigung erhält, der Enthebung zugestimmt hatte, beantragte der Minderjährige, die Bezirkshauptmannschaft Hartberg als besonderen Sachwalter zur Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche zu entheben, weil seine Mutter die Geltendmachung des Unterhalts selbst in die Hand nehmen wolle. Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil an bevorschußten Unterhaltsbeträgen vom Vater noch ein Rückstand von S 8.201 einzutreiben und an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes abzuführen und daher die Enthebung von der gesetzlichen Sachwalterschaft nach § 9 Abs 2 UVG nicht möglich sei. Das Rekursgericht bestätigte und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Minderjährigen ist nach § 14 Abs 1 AußStrG idF WGN 1989 zulässig aber unberechtigt.

Die Vertretungsmacht des Jugendwohlfahrtsträgers in allen Angelegenheiten der Geltendmachung, Durchsetzung und Regelung der dem Kind zustehenden gesetzlichen Unterhaltsansprüche beruht nämlich nicht allein auf § 215 Abs 1 ABGB. Nach dieser Vorschrift sind zufolge der Übergangsbestimmung des Art. VI § 4 Abs 2 KindRÄG die gesetzlichen Amtssachwalterschaften nach dem JWG BGBl 1954/99 nach der Neuordnung ab dem 1. Juli 1989 fortzuführen. Diese Vertretungsbefugnis endete nach § 212 Abs 5 ABGB idF nach Art. I Z 30 KindRÄG mit dem schriftlichen Widerruf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Kindes. Davon unberührt blieb aber die zum Ausschluß der Mutter, der sonst die Obsorge zukommt, von der Vertretung des Kindes in seinen Unterhaltsangelegenheiten führende gesetzliche Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers nach dem § 9 Abs 2 UVG idF nach Art. III Z 2 KindRÄG. Die Einstellung der Unterhaltsbevorschussung, hier das Auslaufen der Vorschußgewährung mit dem 31. Juli 1989, ist kein Grund für die Beendigung dieser Sachwalterschaft. Der Jugendwohlfahrtsträger hat alle Unterhaltsinteressen des Kindes wahrzunehmen. Der bisherige gesetzliche Vertreter verliert im Umfang der Sachwalterschaftsstellung seine Verwaltungs- und Vertretungsbefugnis zur Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung in Ansehung aller dem Kind zustehenden Unterhaltsansprüche. Nur so kann eine unerwünschte Aufspaltung der Vertreterstellung vermieden und gesichert werden, daß rückständige titulierte Beträge, auf die schon dem Kind Vorschüsse gewährt wurden, vom Unterhaltspflichtigen eingetrieben und auftragsgemäß an den Bund abgeführt werden. Dies haben die Vorinstanzen richtig erkannt. Solange daher die Eintreibung rückständigen bevorschußten Unterhalts aussteht, ist eine Beendigung der gesetzlichen alle Unterhaltsinteressen erfassenden Sachwalterschaft nach § 9 Abs 2 UVG nicht gerechtfertigt.

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