OGH 8Ob724/89

OGH8Ob724/8918.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Graf und Dr.Jelinek als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G***, vertreten durch Dr.Harold Schmid, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien

1.) A***-GmbH & Co KG, Montanstraße 41, 8793 Trofaiach und 2.) A***-GmbH, Montanstraße 41, 8793 Trofaiach, beide vertreten durch Dr.Franz Wiesner und Dr.Gertrud Wiesner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterfertigung eines Erfolglassungsantrages (Streitwert S 6,457,800.--) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 31.Oktober 1989, GZ 5 R 133/89-25, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 11.April 1989, GZ 5 Cg 490/88-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind je zur Hälfte schuldig, der klagenden Partei die mit S 33.730,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 5.621,67 USt.) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die erstbeklagte Kommanditgesellschaft und die zweitbeklagte Gesellschaft mbH als ihre Komplementärin, beide mit dem Sitz in Trofaiach, haben für den Betrieb von Spielautomaten der klagenden Stadtgemeinde auf Grund der im erstgerichtlichen Urteil zusammengefaßt dargestellten Rückstandsausweise die Lustbarkeitsabgabe in jeweils vorgeschriebener Höhe zu entrichten. Die erstbeklagte Partei beantragte zu 18 Nc 305/87 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz die Bewilligung des Erlages von letztlich S 6,457.800,-- in Form der im erstgerichtlichen Urteil detailliert bezeichneten nicht gesperrten Sparbücher. Sie begründete ihren Antrag damit, daß die ihr vorgeschriebenen Lustbarkeitsabgaben dem Höchstsatz von monatlich S 4.000,-- je begonnenem Kalendermonat nicht entsprächen. Der Erlag erfolgte unter der Bedingung, daß die klagende Partei als Erlagsgegnerin über die Erlagssumme ohne Zinsen nach Entscheidung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Verfassungsgerichtshofes über die bereits anhängigen Beschwerden bei diesen Höchstgerichten nach Maßgabe des Ausganges dieser Verfahren zu verfügen berechtigt sei. Falls durch ein Höchstgericht die Meinung der Antragstellerin geteilt werde, daß unter allen Umständen das einzelne Spiel unter Berücksichtigung des Standortes zu prüfen ist, um einen angemessenen Betrag vorschreiben zu können, so sei vor der Ausfolgung des Erlagsbetrages ohne Zinsen an die Erlagsgegnerin die Rechtskraft der von der zuständigen Behörde zu erlassenden Bescheide abzuwarten. Das Bezirksgericht für ZRS Graz bewilligte den Erlag und erteilte der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz den Auftrag zu Verwahrung.

Die Klägerin begehrte von den bekalgten Parteien die Zustimmung zur Ausfolgung der entsprechenden Sparbücher mit der Gesamteinlage von S 6,457.800,--. Die Voraussetzungen für die Erfolglassung seien erfüllt, weil mit den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 25.2.1987 und 25.9.1987 sowie des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.5.1987 die Beschwerden der beklagten Parteien endgültig erledigt worden seien und die Einbringung einer zusätzlichen Feststellungsklage beim Verfassungsgerichtshof nicht zielführend sei. Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Über die Beschwerden sei nicht meritorisch entschieden worden. Außerdem sei noch eine Feststellungsklage beim Verfassungsgerichtshof anhängig, wonach die Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe durch die klagende Partei nach individueller Beurteilung des Standortes bezogen auf das einzelne Spiel zu erfolgen habe. Darüber sei noch nicht entschieden. Die Voraussetzungen für die Ausfolgung der hinterlegten Beträge lägen daher nicht vor.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf noch folgende Feststellungen:

Die von der Abgabenschuldnerin am 23.3.1987 verfaßten Beschwerden gegen die Bescheide des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 5.2.1987, A 8-K 543/1986-2, und anderer Gemeinden, die alle die Lustbarkeitsabgabe samt Zuschlägen betrafen, wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem Beschluß vom 15.5.1987 zu Zl. 87/17/0141 und 0144, AW 87/17/0007, AW 87/17/6009-0011, als unzulässig zurück. Er verwies darauf, daß die Überprüfung des in der Beschwerde erhobenen Vorwurfes, in den Lustbarkeitsabgabenordnungen der einzelnen Gemeinden hätte der landesgesetzliche Höchstbetrag von S 4.000,-- je Apparat und begonnenem Kalendermonat nicht ausgeschöpft werden dürfen und in den einzelnen Lustbarkeitsabgabenordnungen sei nicht auf die Kriegsopferabgabe Bedacht genommen worden, welche den jeweiligen Verordnungsgeber und die belangte Behörde betreffe, nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungs-, sondern in die des Verfassungsgerichtshofes falle. Die von der erstbeklagten Partei am 24.3.1987 an den Verfassungsgerichtshof gegen die gleichen Bescheide gerichtete Beschwerde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wies der Verfassungsgerichtshof mit dem Beschluß vom 25.9.1987, B 271-274/87-12, soweit sie sich gegen die Bescheide der anderen Gemeinden richtete, zufolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges zurück. Soweit sich die Beschwerde gegen den Bescheid des Gemeinderates der klagenden Partei vom 5.2.1987, Zl. A 8-K-545/1986-2, richtete, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ab. Er führte in der Begründung aus, daß die Sache von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen sei. Mit den Beschlüssen vom 25.2.1988, B 1442-1445/87-4 und B 56-58/88-4, wies der Verfassungsgerichtshof den Antrag, den Beschluß vom 25.9.1987 aufzuheben und eine Sachentscheidung zu treffen, wegen offenbarer Nichtzuständigkeit zurück. Am 29.9.1988 und am 22.11.1988 verfaßte die erstbeklagte Partei eine Klage an den Verfassungsgerichtshof auf Feststellung, daß die Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabebeträge für Geldspielautomaten durch die klagende Partei nach individueller Beurteilung des Standortes, bezogen auf das einzelne Spiel, zu erfolgen habe, wobei der Höchstbetrag von S 4.000,-- zuzüglich weiterer Abgaben, wie des Kriegsopferzuschlages, in keinem Fall überschritten werden dürfe. Hierüber liegt noch keine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vor.

Die Steiermärkische Landesregierung hatte die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Lustbarkeitsabgabengesetznovelle 1968 bzw zur Novelle des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, Spielapparate-Novelle 1986 auf die mit 1.5.1986 eingetretene Änderung, je Apparat und begonnenem Kalendermonat die Lustbarkeitsabgabe mit höchstens S 4.000,-- festzusetzen, aufmerksam gemacht. Sie hatte ihnen empfohlen, auf § 21 FAG 1985, BGBl. 1984/544, wonach der Anspruch auf Finanzzuweisungen ua davon abhängig gemacht wird, daß eine Gemeinde alle Abgaben im höchstmöglichen Ausmaß erhebt, bei der Beschlußfassung über die Höhe der Lustbarkeitsabgabe je Spielapparat entsprechend Bedacht zu nehmen.

Die erstbeklagte Partei lehnte mit dem Hinweis, daß die von ihr beim Erlag gesetzten Bedingungen noch nicht erfüllt seien und über die von ihr erhobene Feststellungsklage noch keine Entscheidung vorliege, ihre Zustimmung zum Erfolglassungsantrag der hinterlegten Sparbücher an die klagende Partei ab.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Bedingung für die Erfolglassung der erlegten Beträge zufolge der Entscheidungen der Höchstgerichte eingetreten sei. Die neu erhobenen Klagen an den Verfassungsgerichtshof seien nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu erbringen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Es verwies darauf, daß nach dem Antrag der erstbeklagten Partei die klagende Partei zur Verfügung über die "Klagssumme" berechtigt sei, sobald über die beim Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof bereits anhängigen Beschwerden zum Nachteil der Antragstellerin entschieden wurde. Dies sei entgegen der Ansicht der beklagten Parteien bereits geschehen. Die Beschwerde der erstbeklagten Partei vom 23.3.1987 sei vom Verwaltungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen worden, weil die Überprüfung des in der Beschwerde erhobenen Vorwurfes in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fällt. Dieser habe mit dem Beschluß vom 25.9.1987 auch meritorisch entschieden, indem er die Behandlung der Beschwerde wegen Aussichtslosigkeit ablehnte. Es könne dahingestellt bleiben, ob die beklagten Parteien durch die Einbringung weiterer Klagen beim Verfassungsgerichtshof neue Bedingungen für die erlegten Beträge einführen können. Eine Feststellungsklage nach Art. 137 B-VG könne für die beklagten Parteien keine günstigere Situation bringen, weil dessen subsidiäre Zuständigkeit nur dann gegeben sei, wenn über den umstrittenen vermögensrechtlichen Anspruch weder ein Gericht noch eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat. Mit einer solchen Klage könne nicht eine neuerliche Entscheidung über die Beschwerden der erstbeklagten Partei erreicht werden.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der beklagten Parteien aus den Anfechtungsgründen des § 503 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und das Klagebegehren abzuweisen. Weiters wird beantragt, das Verfahren bis zur Erledigung der Feststellungsklagen durch den Verfassungsgerichtshof zu unterbrechen.

Die klagende Partei beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die unter den Revisionsgründen des § 503 Z 2 und 3 ZPO behaupteten Verstöße des Berufungsgerichtes liegen nicht vor (§ 5k0 Abs 3 ZPO).

Bevor auf die in der Rechtsrüge vorgebrachten Argumente der beklagten Parteien eingegangen wird, ist klarzustellen, daß die beklagten Parteien ihre Erlagsbedingungen - zu denen sie weiterhin stehen und die als maßgeblich zu berücksichtigen sind (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 18 und 29 zu § 1425; 1 Ob 711/87 ua) - selbst formulierten. Sie bezogen sich ausdrücklich auf die damals bereits beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof "anhängigen Beschwerden" vom 5.2.1987 (Verwaltungsgerichtshof) und 24.3.1987 (Verfassungsgerichtshof). Es kann den beklagten Parteien nicht gefolgt werden, daß als Erlagsbedingung nur die meritorische Entscheidung über die Beschwerden zu verstehen sei und diese beiden Beschwerden infolge der erhobenen Feststellungsklagen noch nicht erledigt seien. Vielmehr bewirkten auch die Zurückweisung der Beschwerden durch den Verwaltungsgerichtshof und der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes, daß er die Behandlung der Beschwerde mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg ablehne, den Eintritt der von der erstbeklagten Partei selbst gesetzten Bedingung für die Erfolglassung der hinterlegten Beträge, denn es ist über die beiden Beschwerden im Sinne der Erlagsbedingung endgültig entschieden, ohne daß den beklagten Parteien die Möglichkeit offensteht, die Zweckmäßigkeit, Vereinbarkeit oder Richtigkeit dieser Erkenntnisse im nachhinein in Frage zu stellen.

Durch das Nachreichen von Feststellungsklagen nach Art. 137 B-VG kann der schon bewirkte Eintritt der Bedingung für die Erfolglassung des erlegten Betrages auch nicht rückgängig gemacht werden. Davon abgesehen ist eine Klage nach Art. 137 B-VG nur möglich, wenn nicht bereits ein rechtskräftiger Abspruch über den vermögensrechtlichen Anspruch vorliegt (VfSlg. 2001). Ein solcher ist aber für die in der Sache identen Begehren der Beschwerden und der Feststellungsklagen bereits erfolgt. Eine Änderung der Erlagsbedingungen etwa dahin, daß die klagende Partei erst nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die neu erhobenen Feststellungsklagen über die Erlagssumme verfügungsberechtigt sein sollte, wurde von den beklagten Parteien auch nicht vorgenommen.

Eine Unterbrechung des Revisionsverfahrens kommt daher schon aus den dargelegten Gründen nicht in Betracht.

Die dargelegten Grundsätze haben daher zur Folge, daß der Revision der beklagten Parteien der Erfolg zu versagen war. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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