OGH 1Ob711/87

OGH1Ob711/8720.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin A*** B*** mbH & Co, Kommanditgesellschaft, Trofaiach, Montanstraße 41, vertreten durch Dr. Franz Wiesner und Dr. Gertrud Wiesner, Rechtanwälte in Graz, wider die Antragsgegnerin S*** K***, vertreten durch Mag. Wilfried Wagner, wegen § 1425 ABGB, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 13. Oktober 1987, GZ 3 R 256/87-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 11. August 1987, GZ 14 Nc 308/87-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin erlegte zugunsten der Antragsgegnerin beim Erstgericht den Betrag von S 139.200,-- und brachte im Erlagsansuchen vom 4. Juni 1987 vor, sie betreibe im Gebiet der Stadtgemeinde Kapfenberg Geldspielautomaten. In § 14 a des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes, LGBl. 1950/37 idF der Lustbarkeitsabgabegesetz-Novelle 1986, LGBl. 1986/34, werde festgestellt, daß für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5 a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. 1969/192 in der geltenden Fassung, die Lustbarkeitsabgabe höchstens S 4.000,-- je Apparat und begonnenem Kalendermonat betragen dürfe. Im Motivenbericht zu dieser Bestimmung werde ausgeführt, daß damit grundsätzlich die Voraussetzung insbesondere für eine exakte Feststellung und Entrichtung der Lustbarkeitsabgabe, bezogen auf das einzelne Spiel, und für eine sichere Steigerung der Einnahmen der Gemeinde geschaffen werde. Der Betrag von S 4.000,-- sei demnach ein Höchstbetrag. Die Erlagsgegnerin schreibe für jeden im Gebiet der Stadtgemeinde Kapfenberg aufgestellten Geldspielautomaten den Höchstbetrag vor, ohne zu prüfen, ob dieser Betrag unter Bedachtnahme auf den Standort des Automaten angemessen sei. Die Antragstellerin habe gegen die Vorschreibungen von Lustbarkeitsabgabe Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof erhoben. Das Anbot, die noch aushaftenden Beträge auf ein nicht gesperrtes Sparbuch zu erlegen, sei von der Antragsgegnerin abgelehnt worden. Um eine weitere Exekutionsführung der Antragsgegnerin, insbesondere auch gegen die Gastwirte, hintanzuhalten, werde ein Betrag von S 139.200,-- gerichtlich erlegt; die Ausfolgung des Betrages werde jedoch von folgender Bedingung abhängig gemacht: "Die Erlagsgegner sind berechtigt, über diese Erlagssumme ohne Zinsen nach Entscheidung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Verfassungsgerichtshofes über die Beschwerden an diese Höchstgerichte, und zwar nach Maßgabe des Ausganges dieser Verfahren zu verfügen. Falls durch ein Höchstgericht unsere (der Antragstellerin) Meinung geteilt wird, wonach nämlich unter allen Umständen das einzelne Spiel unter Berücksichtigung des Standortes zu prüfen ist, um einen angemessenen Betrag vorschreiben zu können, so ist vor Ausfolgung des Erlagsbetrages ohne Zinsen an die Erlagsgegnerin die Rechtskraft der von der zuständigen Behörde nach Vornahme der vorgeschriebenen Bewertungsmaßnahmen zu erlassenden Bescheide abzuwarten". Das Erstgericht nahm mit Beschluß vom 23. Juni 1987 (ON 2) den Erlag an.

Die Antragsgegnerin begehrte die Ausfolgung des Betrages von S 139.200,--. Die Erfüllung der im Erlagsantrag gesetzten Bedingung wies sie nicht nach.

Das Erstgericht wies den Ausfolgungsantrag ab, weil die Erfüllung der vom Erleger gesetzten Bedingung nicht nachgewiesen worden sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge. Gemäß § 1425 ABGB könne der hinterlegende Schuldner Bedingungen für die Ausfolgung des Erlages im Außerstreitverfahren setzen, die vom Erlagsgericht zu beachten seien, sofern sie nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen. Der vom Erstgericht ohne Einschränkung genehmigte Erlag schließe die von der Antragstellerin gesetzte Bedingung ein. Eine Ausfolgung des Erlages sei nur zulässig, wenn die vom Erleger gesetzten Bedingungen erfüllt sind oder der Erleger selbst der vorbehaltslosen Ausfolgung zustimme.

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zurückzuweisen.

Da das Rekursgericht die Entscheidung des Erstrichters bestätigte, ist der Revisionsrekurs nur unter den Einschränkungen des § 16 AußStrG zulässig, somit wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit oder offenbarer Gesetzwidrigkeit. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg. 47.208, 44.642 u.v.a.).

Rechtliche Beurteilung

Nach Rechtsprechung und Lehre ist der Hinterleger befugt, Bedingungen für die Ausfolgung im Verfahren außer Streitsachen zu setzen, die das Hinterlegungsgericht zu berücksichtigen hat (SZ 40/8; SZ 39/123; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 1425). Der Begünstigte muß, um den Ausfolgungsbeschluß zu erwirken, die Ausfolgung des Erlages zu jenen Bedingungen begehren, unter denen hinterlegt wurde (JBl. 1959, 186; Ehrenzweig-Mayrhofer, System3 II/1, 586). Ausfolgungsbedingungen, die nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen, sind zu berücksichtigen (Reischauer a.a.O. Rz 29 zu § 1425 ABGB). Im Außerstreitverfahren ist auch die Rechtmäßigkeit des Erlages nicht zu prüfen. Dürfte die beigefügte Bedingung vom Erleger nicht gesetzt werden, ist der Erlag nicht schuldbefreiend.

Es ist demnach nicht offenbar gesetzwidrig, wenn das Rekursgericht die Ausfolgung des Erlages ablehnte, weil die Antragsgegnerin den Nachweis der Erledigung der von der Antragstellerin beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerden nicht erbrachte, sondern die vorbehaltslose Ausfolgung des Erlages begehrte. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

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