Spruch:
Landesvertragslehrer, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einem der antragsgegnerischen Bundesländer stehen und auf deren Dienstverhältnis eines der im § 39 Abs 1 Z 3 Heeresgebührengesetz 1985 (idF BGBl 1986/328) angeführten Bundesgesetze Anwendung findet, haben für die Zeit der Ableistung eines im § 36 Abs 1 Z 1 bis 6 HGG genannten Präsenzdienstes gegenüber ihrem Dienstgeber gemäß § 39 HGG Anspruch auf Fortzahlung (auch) ihrer Mehrdienstleistungsvergütung im Sinne des § 61 GehG in Verbindung mit § 45 VBG 1948.
Text
Begründung
Der Antragsteller führt zur Begründung seines aus dem Spruch ersichtlichen Feststellungsantrages aus, er vertrete eine Vielzahl von Landesvertragslehrern, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einem der antragsgegnerischen Bundesländer stehenden und auf deren Dienstverhältnisse die im § 39 Abs 1 Z 3 HGG 1985 BGBl Nr 87 (idF BGBl 1986/328, Art II Z 10) angeführten Bundesgesetze anzuwenden seien. Diese Vertragslehrer seien zu Mehrdienstleistungen im Sinn des § 61 GehG in Verbindung mit § 45 VBG verpflichtet und zum Präsenzdienst im Sinn des Wehrgesetzes herangezogen worden. Sie hätten während der Ableistung eines der im § 36 Abs 1 Z 1 bis 6 HGG angeführten Präsenzdienstes Anspruch auf Fortzahlung ihrer Mehrdienstleistungsvergütung im Sinn des § 61 GehG in Verbindung mit § 45 VBG 1948; dieser Anspruch werde von den Antragsgegnern in Frage gestellt.
Die 2., 7. und 8.-Antragsgegner erstatteten keine Stellungnahme; die 1., 3., 4., 5. und 9.-Antragsgegner traten dem Antrag nicht entgegen. Der 4.-Antragsgegner vertrat jedoch die Auffassung, daß Mehrdienstleistungen dann im Rahmen der Fortzahlung nicht zu vergüten seien, wenn während der Zeit der Kaderübung ein vorher nicht absehbarer Supplierfall einträte, zu dem der betreffende Lehrer im Rahmen einer bestehenden Supplierbereitschaft herangezogen worden wäre.
Der 6.-Antragsgegner beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrages. Gemäß § 1 Abs 2 Z 3 ArbVG seien Arbeitsverhältnisse unter anderem zu den Ländern, für die aufgrund eines Gesetzes Vorschriften Anwendung fänden, die den wesentlichen Inhalt des Arbeitsvertrages zwingend festlegen, von den Bestimmungen des 1. bis 4. Hauptstückes des ArbVG ausgenommen. Sowohl aufgrund des § 2 Landesvertragslehrergesetz 1966 BGBl 172 als auch aufgrund des § 1 Land- und Forstwirtschaftliches Landesvertragslehrergesetz BGBl 1969/244 fänden auf die in Rede stehenden Landesvertragslehrer die Bestimmungen des VBG 1948 BGBl Nr 86 Anwendung, welches den wesentlichen Inhalt der Dienstverhältnisse zwingend festlege. Daher seien die Bestimmungen des 1. bis 4. Hauptstückes des ArbVG auf das Arbeitsverhältnis der gegenständlichen Landesvertragslehrer zum Land S*** nicht anwendbar und dieses daher auch nach § 7 ArbVG nicht kollektivvertragsfähig. Aus diesem Grund fehlten die Voraussetzungen des § 54 Abs 2 ASGG für den Feststellungsantrag, sodaß dieser zurückzuweisen sei. Darüber hinaus werde die inhaltliche Berechtigung des Antrages bestritten. Die sowohl auf öffentlich-rechtliche Bedienstete als auch auf Vertragsbedienstete bzw Vertragslehrer anzuwendende Bestimmung des § 39 Abs 1 HGG normiere einen Anspruch auf Fortzahlung der gebührenden Monatsbezüge zuzüglich allfälliger Nebengebühren (Dienstbezüge). Unter "Fortzahlung" könne nur eine Weiterzahlung von Ansprüchen verstanden werden, die dem öffentlichen Bediensteten laufend gebühren. Darunter könnten allenfalls die Vergütungen für dauernde Mehrdienstleistungen nach § 61 GehG subsumiert werden, nicht aber die gemäß Abs 5 leg cit für vertretungsweise Unterrichtserteilung gebührenden, im nachhinein zu verrechnenden Mehrdienstleistungsvergütungen.
Rechtliche Beurteilung
Der Feststellungsantrag ist zulässig und berechtigt. Die formalen Voraussetzungen für das im § 54 Abs 2 geregelte Verfahren liegen vor. Die Auffassung der 6.-Antragsgegenerin könnte aus den zitierten Bestimmungen nur dann abgeleitet werden, wenn der Begriff der Kollektivvertragsfähigkeit des § 54 Abs 2 ASGG so eng zu verstehen wäre, daß die Legitimation als Antragsteller oder Antragsgegner davon abhängig wäre, daß im konkreten Fall tatsächlich die Möglichkeit besteht, für die vom Verfahren betroffenen Personengruppen und deren Arbeitsverhältnisse einen Kollektivvertrag abzuschließen. Eine so enge Sicht ist jedoch mit der Teleologie dieser Norm nicht vereinbar. Durch § 54 Abs 2 ASGG sollte die Möglichkeit eröffnet werden, abstrakte arbeitsrechtliche Fragen aus privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen, die für einen größeren Personenkreis von Bedeutung sind, in einem außerstreitigen, zwischen den betreffenden Interessenvertretungen geführten Verfahren auf Grund eines behaupteten Sachverhaltes einer Klärung zuzuführen. Um die Parteienlegitimation (Prozeßstandschaft) von Einzelpersonen und Belegschaftsorganen abzugrenzen, wurde sie auf die kollektivvertragsfähigen Körperschaften beschränkt, weil auf diese Weise eine repräsentative Vertretung der beteiligten Personen oder Personengruppen sichergestellt ist. Daß es dabei nicht auf den tatsächlichen Abschluß von Kollektivverträgen ankommen kann, ergibt sich bereits daraus, daß der Problemkreis, der im Rahmen dieser Verfahren an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden kann, nicht auf die Auslegung von Kollektivverträgen beschränkt ist, sondern arbeitsrechtliche Fragen jeder Art auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG umfassen kann, mögen sie aus einem Kollektivvertrag, einer Betriebsvereinbarung, aus einem Arbeitsvertrag oder unmittelbar aus dem Gesetz abgeleitet werden. Mit dem Erfordernis der Kollektivvertragsfähigkeit sollte daher nur eine Interessenwahrung durch die hiezu im arbeitsrechtlichen Bereich typischerweise berufenen Verbände statuiert werden, wobei allerdings der Vorrang der freiwilligen Berufsvereinigungen nach § 6 ArbVG zu beachten ist (9 Ob A 502/89). Durch den Verweis auf §§ 4 bis 7 ArbVG im § 54 Abs 2 ASGG wird der Kreis der legitimierten Personen verdeutlicht und klargestellt, daß die in diesen Bestimmungen genannten Körperschaften zur Beteiligung an dem Verfahren berufen sind. Der Umstand, daß aufgrund anderer, im § 54 Abs 2 nicht genannter Bestimmungen für einzelne Fälle ein Ausschluß der Möglichkeit, Kollektivverträge abzuschließen, besteht, steht der Legitimation im Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG nicht entgegen. Auch aus der in dieser Bestimmung genannten Wendung "für ihren Wirkungsbereich" kann das von der 6.-Antragsgegnerin gewünschte Ergebnis nicht abgeleitet werden. Auch damit wird nicht auf die Berechtigung zum Abschluß von Kollektivverträgen im Einzelfall abgestellt, sondern nur zum Ausdruck gebracht, daß eine kollektivvertragsfähige Körperschaft nur dann als Antragsteller oder Antragsgegner aufzutreten befugt ist, wenn ein entsprechendes Naheverhältnis zu dem vom Antrag betroffenen Personenkreis besteht, die Körperschaft also nach ihrem sachlichen und persönlichen Wirkungsbereich auch als zur Beteiligung bei Klärung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Frage berufen angesehen werden kann (siehe dazu Kuderna § 54 ASGG Anm. 9). Die Auffassung der 6.-Antragsgegnerin hätte zur Folge, daß alle im Rahmen eines Vertragsbedienstetenverhältnisses beschäftigten Personen bzw die sie vertretenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften von einer Antragstellung nach § 54 Abs 2 ASGG ausgeschlossen wären. Dies wäre aber mit der Zielsetzung dieser Bestimmung, die eine generelle Regelung für alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse verfolgt und eine ausschließlich prozeßrechtliche Bedeutung hat, nicht vereinbar. Die Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs 2 ArbVG erstreckt sich nur auf die dort näher bezeichneten Arbeitsverhältnisse und nicht auf die in den §§ 4 bis 7 ArbVG geregelte Kollektivvertragsfähigkeit. Für die Verfahrenslegitimation nach § 54 Abs 2 ASGG kommt es aber, wie auch dem Klammerzitat entnommen werden kann, nur auf diese Kollektivvertragsfähigkeit an.
Die Antragsgegner sind als öffentlich-rechtliche Körperschaften gemäß § 7 KV grundsätzlich kollektivvertragsfähig. Daß die über Antrag der kollektivvertragsfähigen Dienstnehmerorganisation zu klärenden Fragen ihrem Wirkungsbereich als Dienstgeber zuzuzählen sind, kann nicht in Frage gestellt werden. Es ist daher sowohl die Legitimation der antragstellenden Partei wie auch der Antragsgegner für die Beteiligung am vorliegenden Verfahren gegeben. Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 9 Ob A 164/89 ausgesprochen hat, entspricht es schon allgemein den Grundsätzen des Entgeltfortzahlungsrechtes, daß der Arbeitnehmer durch die Arbeitsverhinderung keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden soll. Der Bemessung der Fortzahlung ist daher nach diesen Regeln (vgl. § 8 Abs 1 AngG, § 3 Abs 2 und 3 EFZG, § 22 Abs 2 und 3 LandArbG, § 8 GAngG ua) jenes regelmäßige Entgelt zugrunde zu legen, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre. Dieses sogenannte Ausfallprinzip erfordert es auch, allfällige Überstundenvergütungen dem laufenden Entgelt zuzurechnen. Der Arbeitnehmer ist so zu behandeln, als hätte er gearbeitet (vgl Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 213 f; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 336 ff). Es liegt daher nahe, dem Begriff der "Fortzahlung" im Sinn des § 39 Abs 1 HGG schon insoweit keine andere rechtliche Bedeutung zu unterstellen und ihn insbesondere nicht einer isolierten sprachgebräuchlichen Bedeutung zu unterwerfen; überdies kommt das erwähnte Ausfallprinzip auch im Heeresgebührengesetz selbst zum Ausdruck.
Gemäß § 37 Abs 1 HGG besteht die Entschädigung für unselbständig erwerbstätige Wehrpflichtige, die an einer Kaderübung teilnehmen (§ 36 Abs 1 Z 2 HGG), aus einem Grundbetrag und Zuschlägen. Die Höhe des Grundbetrages ist nach dem durchschnittlichen Einkommen der letzten 3 Monate (13 Wochen, 90 Tage) vor Eintritt des Präsenzdienstes zu bemessen. § 37 Abs 3 HGG iVm § 26 Abs 3 Z 1 HGG stellt dazu klar, daß als Einkommen im Sinne des § 37 Abs 1 HGG sämtliche steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge aus nicht selbständiger Arbeit (sohin auch Überstundenentgelte) anzusehen sind. Andererseits soll durch die Verlegung des Bemessungszeitraumes vor dem Antritt der Kaderübung gewährleistet werden, daß die Entschädigung dem tatsächlichen Verdienstentgang besser entspricht (1003 BlgNR 15.GP 18).
Gemäß § 39 Abs Z 1 HGG haben Wehrpflichtige, die in einem Dienstverhältnis zum Bund stehen, für die Dauer der Kaderübung zwar keinen Entschädigungsanspruch, aber einen Anspruch auf Fortzahlung ihrer nach den Dienstrechtsvorschriften gebührenden Monatsbezüge, zuzüglich allfälliger Nebengebühren (Dienstbezüge). Nach § 39 Abs 2 HGG gelten als Monatsbezüge im Sinne des Abs 1 bei Vertragsbediensteten das Monatsentgelt und allfällige Zulagen (§ 8 a Abs 1 VBG). Da diese Gesetzesstelle ausdrücklich nur den Begriff der "Monatsbezüge" abgrenzt, ist es auch ohne Bedeutung, ob § 8 a VBG die dem Vertragsbediensteten gebührenden Zulagen taxativ aufzählt oder nicht, zumal es sich bei der Vergütung für Mehrdienstleistung nach § 61 GehG nicht um eine Zulage, sondern um eine Nebengebühr handelt (vgl § 22 Abs 1 VBG; § 61 Abs 1 iVm § 15 Abs 1, § 16 GehG; § 2 Abs 1 Z 9 Nebengebührenzulagengesetz; VwGH Slg A 11.205). Abgesehen davon bestätigt auch die vorgesehene Fortzahlung der in den Monatsbezügen enthaltenen Zulagen (§ 8 a Abs 1 VBG) im Sinn des § 39 Abs 2 HGG den Sinn und Zweck des Gesetzes, den Wehrpflichtigen so zu stellen, als hätte er gearbeitet, da etwa Erzieherzulagen, Omnibuslenkerzulagen, Pflegedienstzulagen, Pflegedienst-Chargenzulagen udgl keineswegs auf eine tatsächliche zulagenspezifische Arbeitsleistung des Vertragsbediensteten während der Kaderübung abstellen. Daß in diesem Sinn auch die tatsächliche Erteilung des Unterrichtes keine zwingende Voraussetzung der Mehrleistungsvergütung ist, zeigt bereits § 61 Abs 7 GehG, wonach die Vergütung nicht einzustellen ist, wenn die Verhinderung am Unterricht in einer Teilnahme an Schulveranstaltungen oder in der genehmigten Teilnahme an Fortbildungs- oder Schulungsveranstaltungen begründet ist.
Der allgemeine arbeitsrechtliche Begriff der "Entgeltfortzahlung" entspricht sohin sinngemäß dem Begriff der "Fortzahlung" der Monatsbezüge zuzüglich allfälliger Nebengebühren im Sinne des § 39 Abs 1 HGG. Daher kommt es aber entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Slg A 11.205) nicht darauf an, ob die Ansprüche "laufend" gebühren oder pauschalierungsfähig sind, sondern nur darauf, ob dem Kläger die Vergütung für Mehrdienstleistung gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung durch die Einberufung zur Kaderübung eingetreten wäre. Diese bereits in der zitierten Entscheidung ausgesprochenen Grundsätze haben in gleicher Weise auf die Fallgruppen Anwendung zu finden, auf die sich der gegenständliche Antrag bezieht. Aus dem Begriff der Fortzahlung ergibt sich aber auch, daß bereits vor dem Zeitpunkt des Eintrittes des Fortzahlungsfalles ein Sachverhalt gegeben sein muß, auf dessen Grundlage der Umfang des fortzuzahlenden Entgeltes beurteilt werden kann. Es muß also bereits in diesem Zeitpunkt feststehen, in welchem Umfang der betroffene Lehrer während der Dauer der Präsenzdienstleistung zu zusätzlichen Diensten herangezogen worden wäre, hätte er tatsächlich Dienst verrichtet. Der Umstand, daß erst zu einem späteren Zeitpunkt zutage tritt, daß sich bei Dienstleistung während dieser Zeit die Möglichkeit zu einer einen Anspruch auf entsprechende Vergütung begründeten Mehrdienstleistung ergeben hätte, vermag einen Anspruch auf Fortzahlung nach dem HGG nicht zu begründen. Ein damit im Widerspruch stehendes Ergebnis läßt sich auch aus dem Spruch des Feststellungsantrages nicht ableiten.
Dem Antrag war daher stattzugeben.
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