Spruch:
Die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11. März 1988, GZ 9 b E Vr 2441/88-4, und des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 22.August 1988, AZ 27 Bs 197/88, womit der Antrag der Privatankläger auf Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren abgewiesen wurde, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 37 Abs. 2 MedienG.
Text
Gründe:
Im Verfahren zum AZ 9 b E Vr 2441/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien legen die Privatankläger und Antragsteller (§ 6 MedienG) Leopold G***, Dr. Karl-Heinz D*** und Dr. Heinz D*** dem Beschuldigten Hans P*** zur Last, neben der Verbreitung einer Passage aus einer - einer Vielzahl von Empfängern zugesandten - Einladung zu einer am 18.Februar 1988 veranstalteten Pressekonferenz auch noch in der Ausgabe Nr. 50 vom 19.Februar 1988 auf der Seite 15 der Tageszeitung "K***" (durch Erteilung von Informationen an Organe dieser Zeitung) die Veröffentlichung einer unter der Überschrift "Lucona-Steuermann und Kapitän: 'Es war Mord'" ua aufscheinenden, im wesentlichen inhaltsgleichen Textstelle veranlaßt und hiedurch das Vergehen der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB begangen zu haben.
Der von den genannten Privatanklägern und Antragstellern zugleich mit ihrem Strafantrag gegen Hans P*** eingebrachte Antrag auf Veröffentlichung einer Mitteilung über das Verfahren nach § 37 Abs. 2 MedienG wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluß vom 11.März 1988, GZ 9 b E Vr 2441/88-4, abgewiesen. Dies mit der Begründung, daß die Bezugsstelle aus dem Kurierartikel eine korrekte und wertfreie Wiedergabe des verfahrensgegenständlichen Inhalts der Einladung zur Pressekonferenz vom 18.Februar 1988 darstelle, woran ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestünde; daher handle es sich bei dem inkriminierten Artikeltext um eine - im Sinne der sogenannten "Zitatenjudikatur" - zulässige Verbreitung der Erklärung eines Dritten, weshalb sowohl die Strafbarkeit der Medienmitarbeiter als auch eine - das Medienunternehmen finanziell treffende - Einziehung oder Urteilsveröffentlichung (sei es im selbständigen Verfahren gegen den Medieninhaber, sei es im Strafurteil gegen einen Dritten) ausgeschlossen wären.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobenen Beschwerde der Privatankläger und Antragsteller gab das Oberlandesgericht Wien, das sich im wesentlichen der Auffassung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien anschloß, mit Entscheidung vom 22.August 1988, AZ 27 Bs 197/88 (ON 8 der Vr-Akten), nicht Folge. Es führte aus, daß die Weiterverbreitung (Zitierung) von Äußerungen des Hans P*** in der Tageszeitung "K***" nach den Grundsätzen der "Zitatenjudikatur" gerechtfertigt sei, weswegen eine Veröffentlichung im Sinne des § 37 Abs. 2 MedienG, die den Verdacht des Vorliegens des (zumindest objektiven) Tatbestandes eines Medieninhaltsdeliktes voraussetze und von der (hier nicht gegebenen) Möglichkeit abhänge, auf Einziehung zu erkennen, nicht in Frage komme.
Die erwähnten Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichtes Wien verletzen nach Meinung der Generalprokuratur das Gesetz in der Bestimmung des § 37 Abs. 2 MedienG iVm §§ 33 Abs. 1 und 36 Abs. 1 dieses Gesetzes; dies aus folgenden Gründen:
"Beide Gerichte gehen mit ihrer Argumentation von der - im Schrifttum und in der Judikatur der Oberlandesgerichte vertretenen - sogenannten "Zitatenjudikatur" (vgl. dazu Kienapfel, BT I2, § 111, RN 11 ff samt dort zitierten weiteren Hinweisen; Hartmann-Rieder, Komm. zum MedienG, § 28, S 175 ff und § 6, S 65; im gleichen Sinn auch Bericht des Justizausschusses, 743 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XV. GP zu § 29 MedienG = § 33 RV) aus, nach der seit dem ersatzlosen Wegfall des § 493 Abs. 2 StG über die Weiterverbreitung strafbarer Äußerungen Dritter eine derartige Wiedergabe in den Medien dann als gerechtfertigt angesehen wird, wenn diese Wiedergabe wort- oder doch zumindest sinngetreu erfolgt, einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit genügt und überdies aufgrund ihrer distanzierten, jegliche Identifikation mit der Bezugsäußerung ausschließenden (damit aber auch eine ausdrückliche Distanzierung nicht erfordernden) Form erkennbar einen bloßen Bericht über eine fremde Äußerung darstellt. Jedoch haben beide das Vorliegen dieser Voraussetzungen bejahenden Gerichte verkannt, daß die bei der gegebenen Sachlage zwar unzweifelhafte Straflosigkeit der - demnach auch keiner Entschädigungspflicht nach dem § 6 MedienG unterliegenden - Medienorgane (vgl. Hartmann-Rieder, aaO, § 28, S 177 und § 6, S 65), welche die strafrechtliche Haftbarkeit des Informanten (P***) für die von diesem im Zusammenhang mit seiner Pressekonferenz angestrebte und damit in bezug auf seine Person allenfalls auch ein Medieninhaltsdelikt nach § 1 Z 12 MedienG begründende Weiterverbreitung unberührt läßt, dem Beleidigten den Schutz der Vorschriften der §§ 33, 36 und 37 MedienG gegenüber diesem Informanten nicht zu nehmen vermag.
Gemäß dem § 28 MedienG bestimmt sich die strafrechtliche Verantwortung für Medieninhaltsdelikte (vorbehaltlich der in bezug auf den Informanten hier nicht relevanten medienrechtlichen Sondervorschriften) nach den allgemeinen Strafgesetzen. Im vorliegenden Fall bezweckte Hans P*** mit seiner erwähnten Einladung (ebenso wie mit seiner nachfolgenden Pressekonferenz) ersichtlich gerade die Weiterverbreitung des strafbaren Inhaltes der Einladung in den Medien. Dieser inkriminierte Taterfolg ist nämlich nicht schon mit der Versendung der Einladung eingetreten, sondern die verstärkte Tatbildmäßigkeit im Sinn des § 111 Abs. 2 StGB wurde in dieser Hinsicht erst durch den (tätergewollten) Transport des beleidigenden Informationsmaterials über ein Medienwerk erreicht. Daher greift bei diesen Gegebenheiten die Regel des § 12 erster Fall StGB über die (Mit-)Täterschaft Platz, nach der jede der an der Tatausführung (wie hier schon durch die Vorbereitung der Pressekonferenz) zusammenwirkenden Personen Täter der strafbaren Handlung ist und grundsätzlich eigenes Unrecht unabhängig davon zu verantworten hat, ob auch andere Tatbeteiligte unrechtmäßig gehandelt haben (vgl. Leukauf-Steininger, StGB2, § 12, RN 4 und 10). Dazu kommt noch, daß nach den (zutreffenden) Grundsätzen der erwähnten Zitatenjudikatur - anders als im Fall des das Unrecht der Tat insgesamt und damit auch in Ansehung jeglicher Beteiligungsform ausschließenden Rechtfertigungsgrundes des § 114 Abs. 1 StGB, auf den sich die früher vorherrschende Rechtsauffassung zur Frage der Weiterverbreitung im Gegensatz zur neueren Lehre und Rechtsprechung (unzutreffend) berufen hat (vgl. 25 Bs 8/80 des Oberlandesgerichtes Wien = Medien und Recht 1983/4, E 8 Arch. 10; Kienapfel, aaO, § 114, Rz 18, 19 und 23 mit weiteren Hinweisen; im gleichen Sinne insbesondere auch 27 Bs 444/88 und 27 Bs 138/89 des Oberlandesgerichtes Wien) - bloß das Tatverhalten der Medienorgane gerechtfertigt und nicht auch das Unrecht anderer Täter ausgeschlossen ist. Hans P*** wird daher die Mitwirkung an einem Medieninhaltsdelikt (= Äußerungsdelikt: vgl. dazu insbesondere Hartmann-Rieder, aaO, § 1 Z 12, S 37 und § 28, S 173) zum Vorwurf gemacht, dem es bloß hinsichtlich des Medieninhabers und der Medienmitarbeiter - wegen des Vorranges des öffentlichen Informationsinteresses gegenüber dem Rechtsschutzinteresse des Tatopfers - an der Rechtswidrigkeit gebricht.
Schließlich irren das Landesgericht für Strafsachen und das Oberlandesgericht Wien im vorliegenden Fall aber auch über die Rechtsnatur der Einziehung nach § 33 MedienG. Anders als bei der Entschädigung nach § 6 MedienG, die durch einen dem Medieninhaber zugute kommenden Rechtfertigungsgrund ausgeschlossen sein kann (abermals Hartmann-Rieder, aaO, § 6, S 65), überwiegt bei der Einziehung, die unabhängig von der Strafbarkeit einer bestimmten Person zum Tragen kommt und nur die (hier vorliegende) objektive Verwirklichung eines Medieninhaltsdeliktes in einem Medienwerk voraussetzt, der Charakter einer (wenn auch Elemente einer Nebenstrafe enthaltenden) sichernden Maßnahme. Die Einziehung nach dem Medienrecht will somit - insoweit über die Einziehung nach dem StGB hinausgehend, die nur darauf abstellt, künftigem strafbaren Verhalten entgegenzuwirken - eine Fortwirkung der bereits gesetzten Straftat verhindern und ist daher als Rechtsinstitut eigener Art einzustufen, das nach seiner Zweckbestimmung uU auch bereits verjährte Medieninhaltsdelikte zum Gegenstand haben kann (siehe Hartmann-Rieder, aaO, § 33, S 196 und 200). Demnach steht ihr sichernder Charakter derart im Vordergrund, daß dem Interesse des Beleidigten an der Verhinderung einer (in anderer Weise nicht wirksam zu begegnenden) Weiterverbreitung der strafbaren Äußerung eines Dritten gegenüber dem für den Medieninhaber mit der Einziehung verbundenen Nachteil der Vorzug gegeben werden muß (vgl. dazu auch den Bericht des Justizausschusses, 743 der stenographischen Beilagen XV. GP zu § 33 MedienG, wonach die Entkriminalisierung des Medienwesens nicht zu einer Verringerung des Rechtsschutzes der Betroffenen führen darf).
Hieraus folgt, daß der Gesetzgeber die Anwendung des § 33 MedienG unabhängig davon zulassen wollte, ob die Weiterverbreitung einer fremden Äußerung auch dem Medieninhaber als Unrecht zurechenbar ist. Andernfalls bliebe nämlich der Beleidigte auf die Strafverfolgung des Dritten beschränkt und wäre damit ohne rechtlichen Schutz gegenüber der qualifizierten Publizität, die die Äußerung des Dritten durch die Weiterverbreitung in einem Medium erlangt hat.
Gleiches gilt damit in Ansehung der Beschlagnahme von Medienwerken nach dem § 36 MedienG und der Veröffentlichung einer Mitteilung über das Verfahren gemäß dem § 37 dieses Gesetzes, deren Anwendbarkeit (unter anderem) zwar von der Möglichkeit, auf eine Einziehung nach § 33 MedienG zu erkennen, nicht aber auch von einer sonstigen Haftung der Medienorgane abhängt; dafür darf eine Beschlagnahme nur nach der im § 36 MedienG vorgesehenen Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen und gegen ungerechtfertigte Maßnahmen nach den §§ 36 und 37 MedienG bietet § 39 MedienG hinreichenden Schutz."
Der Oberste Gerichtshof schließt sich der Meinung der Generalprokuratur, daß bei der gegebenen Fallgestaltung ein Anspruch der Privatankläger und Antragsteller auf Veröffentlichung einer Mitteilung über das Verfahren gemäß § 37 Abs. 2 MedienG bestand, aus folgenden Erwägungen an:
Der Nationalrat hat seinem Gesetzesbeschluß vom 12.Juni 1981, BGBl. Nr. 314/1981, eine Präambel nachfolgenden Inhalts vorangestellt:
Dieses Bundesgesetz soll zur Sicherung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und Information die volle Freiheit der Medien gewährleisten. Beschränkungen der Medienfreiheit, deren Ausübung Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, sind nur unter den im Art. 10 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, bezeichneten Bedingungen zulässig. Art. 10 Abs. 2 MRK hat folgenden - für die hier aktuelle Fallgestaltung relevanten - Inhalt:
Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wenn sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse ........ des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten (zur Bedeutung des Originaltextes siehe VfSlg. 6288/1970).
Demgemäß räumt das Mediengesetz einem durch ein Medieninhaltsdelikt Verletzten ua das Antragsrecht ein, daß (auch) auf Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke im Strafurteil (§ 33 Abs. 1 MedienG) oder aber, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt worden ist und die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar oder ihre Verurteilung wegen des Vorhandenseins von Gründen, die eine Bestrafung ausschließen, nicht möglich ist, auf Einziehung in einem selbständigen Verfahren (§ 33 Abs. 2 MedienG) erkannt werde.
Liegen die Voraussetzungen der Einziehung vor, kann das Gericht über Antrag des Anklägers frühestens gleichzeitig mit der Einleitung eines Strafverfahrens oder eines selbständigen Verfahrens die Beschlagnahme der zur Verbreitung bestimmten Stücke des Medienwerkes anordnen, muß aber eine Interessenabwägung vornehmen und hat von der Beschlagnahme jedenfalls dann abzusehen, wenn dem Rechtsschutzinteresse des Anklägers (Antragstellers) auch durch die Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete strafgerichtliche Verfahren Genüge getan werden kann (§ 36 Abs. 1 und 2 MedienG). Eine entsprechende Antragstellung vorausgesetzt, ist die Veröffentlichung einer derartigen Mitteilung in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Urteilsveröffentlichung (§ 34 MedienG) anzuordnen (§ 37 MedienG). Daraus erhellt, daß es sich bei der Veröffentlichung einer Mitteilung über das Verfahren nach § 37 MedienG um ein Beschlagnahmesurrogat handelt, das, wie die Beschlagnahme selbst, als vorläufige Sicherungsmaßnahme anzusehen ist (so auch Hartmann-Rieder, Kommentar zum MedienG Anm. I zu § 37), deren Anordnung aber nur dann zulässig ist, wenn anzunehmen ist, daß nach der vorläufigen Verfahrenslage, die naturgemäß oft nicht auf Beweisen, sondern nur auf Verdachtsmomenten beruhen kann (Hartmann-Rieder aaO § 36 MedienG, S 210), voraussichtlich auf Einziehung (§ 33 MedienG) erkannt werden wird. Endet das eingeleitete Verfahren später ohne Einziehungserkenntnis, hat der Medieninhaber (Verleger) Entschädigungsansprüche (§ 39 MedienG). Unabhängig davon, ob bei der vorliegenden Fallgestaltung - wie die Generalprokuratur darlegte - eine strafrechtliche Haftung des Medieninhabers (§ 1 Abs. 1 Z 8 MedienG) oder eines Medienmitarbeiters (§ 1 Abs. 1 Z 11 MedienG) in Frage kommt, ist die Zulässigkeit eines Antrages nach § 37 MedienG an Hand des Vorbringens in der Anklage (im Antrag) auf die Wahrscheinlichkeit zu prüfen, ob zumindest ein angeklagter (Mit-)Täter wegen des Medieninhaltsdeliktes verurteilt werden wird (§ 33 Abs. 1 MedienG) und/oder ob die Voraussetzungen einer Einziehung im selbständigen Verfahren (§ 33 Abs. 2 MedienG) vorliegen. In beiden Fällen hängt diese Entscheidung letztlich von der Beantwortung der Vorfrage ab, ob es genügt, daß im inkriminierten Medienbericht der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt wird oder ob es auch auf die individuelle subjektive straf- oder medienrechtliche Verantwortlichkeit der an der Veröffentlichung des Medienberichtes beteiligten Personen ankommt.
Dieser Entscheidung ist die dogmatische Frage vorgelagert, ob es sich bei der Einziehung nach § 33 MedienG (wie etwa bei der schuldunabhängigen sachbezogenen Unrechtsfolge der Einziehung nach § 26 StGB; Leukauf-Steininger2 § 26 StGB RN 1), um eine Maßnahme oder aber allenfalls doch um eine Nebenstrafe handelt. Bei dieser Prüfung kann es aber nicht auf die mit einer Einziehung üblicherweise stets einhergehenden (und damit als Differenzierungskriterium versagenden) wirtschaftlichen Auswirkungen ankommen, die gegebenenfalls nicht nur den Betroffenen, sondern auch den straf- und medienrechtlich nicht haftbaren Eigentümer, Medieninhaber oder Medienunternehmer treffen können; entscheidend ist vielmehr der vom Gesetz verfolgte Zweck. Prüft man die dargelegten Regelungen des Mediengesetzes daraufhin, dann zeigt sich, daß die Einziehung nach § 33 MedienG - etwas abweichend von ähnlichen Regelungen zB des § 26 StGB oder des § 62 WeinG - das Ziel verfolgt, der Fortwirkung des bereits gesetzten Medieninhaltsdelikts entgegenzutreten und damit die Gefahren, die mit einer strafgesetzwidrigen Veröffentlichung verbunden sein können, einzugrenzen. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher, gleichsam in Fortsetzung seiner schon zur früheren Rechtslage (§§ 37, 38, 42 PresseG) ergangenen Judikatur (vgl. etwa EvBl. 1969/230 und 246, 1973/72, SSt. 41/61 uva), der Auffassung der Generalprokuratur an, daß es sich bei der Einziehung nach § 33 MedienG nach ihrem Schutzzweck um eine sichernde Maßnahme handelt, deren Zulässigkeit demnach nur daran zu messen ist, ob der inkriminierte Inhalt des Mediums nach allgemeiner Verkehrsauffassung und Lebenserfahrung sinngemäß den objektiven Tatbestand einer strafbaren Handlung herstellt, ohne daß es vorerst auf das Wissen und Wollen des Verfassers der inkriminierten Texte oder des Medieninhabers oder der hinter ihnen stehenden Initiatoren der Veröffentlichung ankäme. Im vorliegenden Fall war daher nur zu prüfen, ob der in der Tageszeitung "K***" wiedergegebene Vorwurf des Beschuldigten gegen die Privatankläger, sie hätten ihr Amt mißbraucht und des Mordes und des Versicherungsbetruges verdächtige Personen begünstigt, allenfalls sogar an deren Straftaten mitgewirkt, objektiv dem Tatbestand des § 11 Abs. 1 und 2 StGB entspricht, zu dessen Verwirklichung der Beschuldigte die Medienmitarbeiter (tatplangemäß) veranlaßt hat (§ 12 StGB). Daß diese Voraussetzungen hier vorliegen, bedarf als evident keiner weiteren Erörterung.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien und das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht hätten daher (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) die beantragte Veröffentlichung im Sinn des § 37 Abs. 2 MedienG jedenfalls nicht unter Hinweis auf die Zitatejudikatur ablehnen dürfen, die hier nicht zur Anwendung gelangen kann. Denn die auf die mediale Verbreitung einer im Rahmen einer gezielt einberufenen Pressekonferenz gegebenen Information abstellende Tat des Beschuldigten erfuhr erst durch den gewollten Transport in die (breite) Öffentlichkeit mittels eines Medienwerkes ihre qualifizierte Tatbildmäßigkeit als Medieninhaltsdelikt im Sinn des zweiten Absatzes des § 111 StGB. Der diese Publizitätsform umfassende Vorsatz des Informanten zielte solcherart insoweit auf die Begehung eines Medieninhaltsdelikts ab, das daher unabhängig davon vorliegt, ob der Verbreitung in bezug auf den Medieninhaber oder -mitarbeiter aus einem dem Rechtsschutzinteresse des Tatopfers widerstreitenden öffentlichen Interesse der Charakter der Rechtswidrigkeit fehlt (so zutreffend 27 Bs 444/88 des Oberlandesgerichtes Wien).
Bei der gegebenen, einem Provisorialverfahren gleichenden Fallkonstellation kommt es demnach ungeachtet individueller Verantwortlichkeiten (siehe oben) nur auf das Vorliegen eines nach der Aktenlage gegründeten Verdachtes des auch die besondere Publizitätsform des § 111 Abs. 2 StGB umfassenden objektiven Tatbestandes einer strafbaren Handlung an, zumal zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens - wie dargelegt - gar nicht abzusehen ist, ob dem Beschuldigten oder - wenn dieser aus welchem Grunde immer straflos sein sollte - dem Medieninhaber (Verleger; §§ 41 Abs. 5, 33 Abs. 2 letzter SatzMedienG) der Wahrheitsbeweis mißlingen wird. Zu diesem Ergebnis kommt man aber auch bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen der §§ 33, 36, 37 MedienG, weil diese (auch) dem Persönlichkeitsschutz dienenden gesetzlichen Normen ihres verfassungsrechtlich garantierten Schutzzweckes (Art. 13 StGG, Art. 10 MRK) völlig entkleidet würden (vgl. hiezu auch EvBl. 1987/126), könnte man ehrenrührigen Medienberichten - wenn schon die Interessenabwägung in der Regel gegen die Beschlagnahme spricht - nicht auch umgehend (also ohne zeitraubende Erhebungen) zumindest durch die kurze Mitteilung über das eingeleitete strafgerichtliche Verfahren (§§ 36 Abs. 1 letzter Satz 37 MedienG) in derselben Publizitätsform entgegentreten, in der die inkriminierten Vorwürfe erhoben wurden.
Der von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben. Es besteht aber mangels eines Nachteils für den Beschuldigten kein Anlaß, der Beschwerde konkrete Wirkung zuzuerkennen (§ 292 letzter Satz StPO).
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