Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen der Angeklagten Manuela M*** und Peter M*** sowie der Beschwerde der Angeklagten Manuela M*** wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Peter M*** und Manuela M*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die am 19.November 1963 geborene Manuela M*** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG schuldig erkannt, weil sie im Dezember 1988 in Linz bei der Ausführung des von den gleichzeitig rechtskräftig schuldig gesprochenen Mitangeklagten Peter M*** und Ingrid J*** am 19.Dezember 1988 durch vorschriftswidrige Einfuhr einer großen Menge Suchtgifts von Amsterdam nach Linz, nämlich von Heroin mit einem Reinheitsgewicht von 2,59 Gramm, begangenen Verbrechens dadurch geholfen hat (§ 12, dritter Fall, StGB), daß sie Peter M*** eine Barschaft von 3.000 S zum Heroinankauf übergab.
Die Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5, 5 a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Mit dem Vorwurf einer "nur auf Vermutungen basierenden, nach logischen Denkgesetzen nicht nachvollziehbaren" unzureichenden Begründung (Z. 5) wendet sich die Beschwerdeführerin zunächst gegen die Annahme, daß ihr - zumindest bedingter - Vorsatz die Einfuhr einer im Sinn des § 12 Abs 1 SuchtgiftG großen Menge Heroin umfaßt hat; ihr Beitrag von 3.000 S hätte zur Anschaffung einer großen Menge Heroin nicht ausgereicht. Der Umstand, daß M*** aus einem Einbruchsdiebstahl 22.000 S Bargeld zur Verfügung stand, sei ihr "gänzlich unbekannt" gewesen, wie sie auch "nicht zwingend wissen mußte", daß die Mitangeklagte J*** 5.000 S zur Verfügung hatte.
Rechtliche Beurteilung
Diesem Vorbringen zuwider ist jedoch die bemängelte Feststellung formell einwandfrei begründet: Die von der Beschwerdeführerin eingestandene Tatsache, daß sie im fraglichen Zeitraum enge persönliche Beziehungen zu M*** unterhielt und auch an der der Fahrt nach Amsterdam vorangegangenen Besprechung teilnahm, läßt die vom Gericht daraus gewonnene Überzeugung durchaus folgerichtig erscheinen, daß die Rechtsmittelwerberin die geplante Tat in ihren wesentlichen Merkmalen erkannt und in ihren wenigstens bedingten Vorsatz die Unterstützung der Einfuhr einer großen Menge Heroin aufgenommen hat. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der "gänzlichen Außerachtlassung" des Zweifelsgrundsatzes verkennt, daß die Tatrichter durchaus berechtigt waren, ihre nicht mit Zweifeln belastete Überzeugung auch auf Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu stützen (Mayerhofer-Rieder2 ENr. 26 bis 30 zu § 258 StPO). Sind aber die Richter von einer Tatsache "überzeugt" (§ 258 Abs 2 StPO), so bleibt für die Anwendung des "Zweifelsgrundsatzes" logischerweise kein Raum.
Soweit die Beschwerdeführerin eine vorsätzliche Unterstützung der Einfuhr irgendeiner Menge Suchtgift überhaupt in Abrede stellt und auf ihre Verantwortung in der Hauptverhandlung zurückgreift, wonach sie den Geldbetrag dem Mitangeklagten M*** nur zum Ankauf von Bekleidung zukommen habe lassen, negiert sie die zur Ablehnung dieser Verantwortung führende Urteilsargumentation und ficht damit unzulässigerweise die Beweiswürdigung an. Dahingestellt bleiben kann schließlich, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich einen ihrem finanziellen Beitrag von 3.000 S entsprechenden Anteil an importiertem Rauschgift erhalten sollte; auch diese, für den ihr angelasteten Tatbestand unmaßgebliche Urteilsannahme findet jedoch entgegen dem Beschwerdevorbringen in den Beweisergebnissen hinreichende Deckung (siehe insbesondere die frühere, für glaubwürdig erachtete Verantwortung des Angeklagten M*** vor dem Untersuchungsrichter; dazu S. 379).
Die Tatsachenrüge (Z. 5 a) wendet sich im wesentlichen unter Wiederholung der schon in der Mängelrüge erhobenen Einwände gegen die Ablehnung der leugnenden Verantwortung. Inwiefern der Schöffensenat hiedurch gegen seine Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit in einer Weise verstoßen hätte, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Sachverhalts resultieren müßten (13 Os 48/89 u.v.a.), vermag die Beschwerdeführerin indes nicht aufzuzeigen.
Letztlich versagt auch die Subsumtionsrüge (Z. 10), mit der die Unterstellung des Sachverhalts unter § 16 Abs 1 SuchtgiftG mit der Begründung angestrebt wird, daß bei Heroin dem Tatbestandsmerkmal der "großen Menge" (§ 12 Abs 1 SuchtgiftG) nach dem Gutachten des Beirats zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Alkohol und anderen Suchtmitteln vom 10.Mai 1985 erst bei etwa 5 Gramm Reinsubstanz entsprochen werde. Das angeführte Gutachten stellt lediglich ein nicht verbindliches Hilfsmittel für die Lösung der dem Gericht allein vorbehaltenen Rechtsfrage dar, bei welchem Ausmaß eine Suchtgiftmenge als "groß" oder "übergroß" (§ 12 Abs 3 Z. 3 SuchtgiftG) anzusehen ist. Der Oberste Gerichtshof hat dazu in seiner ausführlich begründeten Entscheidung vom 24.März 1987, RZ 1987/48 = EvBl 1988/3, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen hingewiesen wird, die Auffassung vertreten, daß die in der Beschwerde zitierte Mengenermittlung des Beirats der Gefährlichkeit des Suchtgifts Heroin nicht gerecht wird und daß bei gebührender Berücksichtigung der auch im Gutachten dargelegten medizinischen Erfahrungswerte die verbrechensqualifizierende Grenzmenge (§ 12 Abs 1 SuchtgiftG) für Heroin nicht höher als mit 1,5 Gramm anzunehmen ist. Davon abzugehen besteht kein Grund (so auch EvBl 1988/131 und 11 Os 24/88). Dies bedeutet, daß die urteilsgegenständliche Menge von 2,59 Gramm Reinsubstanz Heroin die Grenzmenge von 1,5 Gramm bei weitem überstiegen hat, weshalb der Subsumtion der Tat unter § 12 Abs 1 SuchtgiftG kein Rechtsirrtum anhaftet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Ebenso erfolglos bleiben aber auch die Berufungen der Nichtigkeitswerberin und ihres Mitangeklagten M*** sowie die Beschwerde der Erstgenannten gegen den Widerrufsbeschluß. Das Erstgericht verurteilte nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG Manuela M*** zu fünf Monaten Freiheitsstrafe, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, und Peter M*** unter Anwendung des § 28 StGB, weil er außerdem noch das Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2 StGB (zwei Zugriffe mit einer Beute von insgesamt 26.450 S) zu verantworten hat, zu zwanzig Monaten Freiheitsstrafe. Bei Manuela M*** wurde die mit Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 25.November 1988, AZ. 18 U 664/88 wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SuchtgiftG über sie verhängte Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 60 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Tage) widerrufen.
Als erschwerend wertete der Schöffensenat bei Manuela M*** deren einschlägige Vorverurteilung sowie den überaus raschen Rückfall, bei M*** dessen zahlreichen einschlägigen und rückfallbegründenden (§ 39 StGB) Vorstrafen sowie die Deliktskonkurrenz; als mildernd fiel bei M*** dessen Geständnis, bei M*** deren relativ geringer Tatbeitrag ins Gewicht. Die Berufungen dieser beiden Angeklagten streben eine Strafreduktion, jene der Manuela M*** überdies die Verhängung einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe an. Die Letztgenannte wendet sich auch gegen den Widerruf, den das Erstgericht wegen des überaus raschen und einschlägigen Rückfalls aus spezialpräventiven Gründen als notwendig erachtete.
Entgegen der Ansicht des Peter M*** wurde seinem
Geständnis angesichts der verhängten Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten (bei einer bis zu siebeneinhalb Jahren möglichen: § 39 StGB) durchaus entsprechendes Gewicht zugemessen. Ein erhebliches Übersteigen der für das Tatbild ausreichenden Menge Suchtgifts wurde ebensowenig als erschwerend gewertet wie eine Verteilung des Suchtgifts an mehrere Personen, sodaß die diesbezüglichen Berufungseinwände ins Leere gehen.
Ungeachtet der Formulierung im Urteil, daß Manuela M*** am Anfang einer Suchtgiftkarriere steht, wurde ihr ohnehin bedingte Strafnachsicht gewährt. Die Berufung hat vom rechtskräftigen Schuldspruch und der rechtskräftigen Vorverurteilung auszugehen, weshalb ihr Einwand, es liege kein Rückfall vor, unbeachtlich bleiben muß. Der geringe Tatbeitrag wurde als mildernd berücksichtigt, ebenso wurde der Berufungswerberin bedingter Vorsatz zugebilligt; dessen Reduktion auf bewußte Fahrlässigkeit ist der Berufung verwehrt (siehe vorher). Ein Zwölftel der gesetzlich möglichen Strafe kann keinesfalls als hoch angesprochen werden. Der rasche Rückfall verbietet die abermalige Verhängung einer (wiederum bedingt nachgesehenen) Geldstrafe. Der rasche Rückfall in dieselbe schädliche Neigung ist es auch, der für den Widerruf der seinerzeitigen Geldstrafe spricht, weil deren Androhung, wie die alsbald nachfolgende Tat zeigt, völlig wirkungslos und ohne Eindruck geblieben ist.
Den Rechtsmitteln war somit insgesamt ein Erfolg zu versagen.
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