Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe (auch) bei den von Punkt A/1 und 2 des Urteilssatzes erfaßten Tathandlungen mit Beziehung auf Suchtgift in einer großen Menge gehandelt, in der rechtlichen Unterstellung dieses Verhaltens unter § 12 Abs. 1 SGG und demgemäß auch im Strafausspruch (jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Michael T*** hat durch die ihm laut Punkt A/1 und 2 des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden - ebenso wie durch die von Punkt B/1 bis 8 erfaßten - Tathandlungen das Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG begangen. Er wird hiefür sowie für das ihm laut Punkt A/3 des Urteilssatzes außerdem zur Last liegende Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG gemäß § 28 StGB, § 12 Abs. 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten verurteilt.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die zu Punkt I getroffene Entscheidung verwiesen.
IV. Der Antrag des öffentlichen Anklägers auf Einziehung der sichergestellten Gegenstände, nämlich eines Glasfläschchens und einer Waage mit Gewichten, wird abgewiesen.
V. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens über seine Nichtigkeitsbeschwerde, soweit diese erfolglos geblieben ist, zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde der am 16.Juni 1964 geborene Michael T*** (A) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG sowie (B) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem wurde gemäß § 26 StGB - allerdings rechtlich verfehlt (vgl. insbesondere ÖJZ-LSK 1977/5; EvBl. 1980/9 = SSt. 50/36) - das beim Angeklagten "sichergestellte Glasfläschchen und die Waage mit Gewichten" eingezogen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er
(zu A) von Sommer 1988 bis Februar 1989 Suchtgifte in einer großen Menge ein- und ausgeführt und zum Teil in Verkehr gesetzt, und zwar
1. im Sommer 1988 300 Gramm Cannabisharz aus der Schweiz nach Österreich geschmuggelt und in Vorarlberg zum Teil verkauft;
2. im Herbst 1988 5 Gramm Heroin aus der Schweiz nach Österreich geschmuggelt und in Vorarlberg zum Teil verkauft;
3. im Februar 1989 ca. 15 Gramm Heroin aus der Schweiz nach Österreich geschmuggelt und weiterverkauft;
(zu B) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift eingeführt, ausgeführt, erworben und besessen bzw. anderen überlassen, und zwar
1. im Herbst 1987 in Feldkirch und Satteins mehrmals mit Peter P***, Gerhard F*** und Helmut L*** Cannabisharz konsumiert;
2. im Sommer 1988 in Feldkirch dem Gerhard F*** 10 Gramm Cannabisharz übergeben;
3. im August 1988 in Amsterdam Marihuana und einen LSD-Trip gekauft und konsumiert;
4. im September 1988 3 Gramm Kokain aus der Schweiz nach Österreich geschmuggelt, zum Teil konsumiert und zum Teil weiter verkauft;
5. im Herbst 1988 in Feldkirch von einem "Peter" eine geringe Menge Kokain erhalten und konsumiert;
6. Ende Sommer 1988 insgesamt 1,5 Gramm Heroin aus der Schweiz nach Österreich eingeschmuggelt und konsumiert;
7. im September 1988 in Feldkirch von Gerhard F*** 1 Gramm Heroin übernommen, zum Teil konsumiert und zum Teil weiter verkauft, sowie
8. im Sommer 1988 in Feldkirch und Satteins insgesamt 70 Gramm Cannabisharz gekauft, konsumiert und zum Teil anderen überlassen. Der vom Angeklagten nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG erhobenen, nominell auf die Gründe nach Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher er die Beurteilung sämtlicher Tathandlungen laut Punkt A des Urteilssatzes (bloß) als Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG anstrebt, kommt teilweise Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer wendet zunächst zutreffend ein, daß das Ersturteil keine tragfähigen Feststellungen enthalte, welche der rechtlichen Beurteilung der drei vom bezüglichen Schuldspruch (Punkt A) erfaßten Vorgänge (der jeweiligen Einfuhr und des Inverkehrsetzens von Suchtgift) als fortgesetzte und als Einheit zu betrachtende Tat eine sachverhaltsmäßige Deckung zu bieten vermögen.
Rechtliche Beurteilung
Derartige Konstatierungen hätte das Erstgericht mit mängelfreier Begründung auch gar nicht vornehmen können. Liegt doch in Wahrheit überhaupt kein aussagekräftiger Hinweis dafür vor, daß gerade diese drei - in zudem nicht unerheblichem zeitlichen Abstand gesetzten - Tathandlungen, bei denen an unterschiedlichen Orten von jeweils anderen Verkäufern einmal Cannabisharz und zweimal Heroin angekauft wurde, in subjektiver Hinsicht kraft eines einheitlichen Willensentschlusses verbunden gewesen seien und demgemäß eine sukzessive Tatverübung dargestellt haben sollen; dies um so weniger, als die Tatrichter weitere vom Angeklagten während des hier aktuellen Tatzeitraums gesetzte gleichartige Aktivitäten (vgl. insbesondere die Schuldspruchfakten B/4, 7 und 8) von vornherein dem Vergehenstatbestand nach § 16 Abs. 1 SGG unterstellt haben. Nach Lage des Falles läßt sich ausschließen, daß in einem neuerlichen Rechtsgang die für die Zusammenrechnung der Einzelmengen aus einer Serie von Tathandlungen erforderlichen Voraussetzungen des Fortsetzungszusammenhangs, insbesondere ein Handeln des Angeklagten mit von vornherein auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtetem Vorsatz, festgestellt werden könnten. Es war darum von rechtlich jeweils selbständigen Tathandlungen auszugehen und sogleich zu prüfen, ob der Angeklagte (auch) bei jedem einzelnen der in Rede stehenden (drei) Vorgänge in Beziehung auf eine große Menge Suchtgift gehandelt und somit das Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG verwirklicht hat.
Da das Erstgericht zum Schuldspuchfaktum A/1 keine Klärung des THC-Gehalts der 300 Gramm Cannabisharz herbeiführen konnte und sich demzufolge auf die Annahme beschränkte (vgl. US 7), daß das Suchtgift allein keine große Menge in der Bedeutung des § 12 Abs. 1 SGG darstellte, erfüllt diese Tathandlung rechtsrichtig den Vergehenstatbestand nach § 16 Abs. 1 SGG. Gleiches gilt für die Einfuhr und den teilweisen Verkauf von 5 Gramm Heroin laut Punkt A/2 des Urteilssatzes. Denn den bezüglichen Urteilsannahmen zufolge (vgl. abermals US 7) ist insoweit von einem 20 %igen Gehalt an Reinsubstanz, also von 1 Gramm reinen Heroins auszugehen, so daß auch hier die Grenzmenge für die Verwirklichung des Verbrechenstatbestandes nach § 12 Abs. 1 SGG (noch) nicht erreicht wurde.
Im bisher erörterten Umfang war daher in Stattgebung der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde der dem Ersturteil anhaftende Subsumtionsirrtum spruchgemäß zu korrigieren.
Die von Punkt A/3 des Schuldspruchs erfaßte Einfuhr und Verteilung einer Heroinmenge von ungefähr 15 Gramm durch den Angeklagten bezog sich hingegen dem Beschwerdevorbringen zuwider sehr wohl auf eine verbrechensqualifizierende große Menge dieses Suchtgifts; ergibt sich doch (abermals) ausgehend von dem im Urteil festgestellten und von der Beschwerde unbestritten gebliebenen (vgl. S 392) Wirkstoffgehalt von 20 % jedenfalls eine Menge von (etwa) 3 Gramm Reinsubstanz Heroin. Die Grenzmenge nach § 12 Abs. 1 SGG ist jedoch bei Heroin - abweichend von der Empfehlung des Suchtgiftbeirates - nach ständiger Rechtsprechung mit 1,5 Gramm
Reinsubstanz anzunehmen (vgl. ÖJZ-LSK 1987/89 = EvBl. 1988/3 =
RZ 1987/48, EvBl. 1988/131 = RZ 1989/22; 11 Os 24/88, 12 Os 56/88,
13 Os 152/88, 14 Os 78/88, 15 Os 147/88 ua). Zu einer Änderung dieser Rechtsprechung geben auch die vom Beschwerdeführer dagegen ins Treffen geführten Einwände keinen Anlaß. Bei dem außerordentlich gefährlichen und sogleich zur Sucht führenden Heroin läßt der allgemein auf das Leben und die Gesundheit von Menschen ausgerichtete Schutzzweck des § 12 Abs. 1 SGG keine Auslegung zu, die sich am Konsumverhalten bereits suchtgiftabhängiger Personen orientiert. Die Tatbeurteilung als Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG erfolgte daher insoweit frei von Rechtsirrtum.
Im zuletzt bezeichneten Umfang war sohin die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Bei der durch die Teilaufhebung erforderlich gewordenen Strafneubemessung konnte der Oberste Gerichtshof von den vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen ausgehen. Unter Bedachtnahme hierauf und auf die im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung wurde eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten als tatschuldgerecht erachtet.
Eine (teil-)bedingte Strafnachsicht kam angesichts der Deliktskonkurrenz, der Tatwiederholung und des Umstands, daß der Angeklagte das Verbrechen (§ 12 Abs. 1 SGG) nach vorübergehender Anhaltung in (Verwahrungs-)Haft (wegen des Verdachts der Begehung von Suchtgiftdelikten) verübt hat, aber auch wegen der - obzwar nicht einschlägigen - Vorstrafenbelastung nicht in Betracht. Das - wie bereits dargetan - verfehlte Einziehungserkenntnis hatte im Rahmen der Erneuerung des Strafausspruches, welcher gemäß § 443 Abs. 2 StPO auch die Entscheidung über die Einziehung umfaßt (RZ 1978/80), zu entfallen; demzufolge war der auf Einziehung gerichtete Antrag des öffentlichen Anklägers (S 237) abzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
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