OGH 13Os152/88

OGH13Os152/8824.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.November 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Manquet als Schriftführers in der Strafsache gegen Nirmal S*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 7.Juli 1988, GZ. 6 e Vr 5065/88-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO. werden die Akten zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Der am 21.Februar 1956 geborene indische Staatsangehörige Nirmal S*** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. schuldig erkannt. Darnach hat er zwischen Ende September und Anfang Dezember 1987 in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider durch den Verkauf von ca. 50 Gramm Heroin an den abgesondert verfolgten indischen Staatsangehörigen T*** ein Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs. 1 Z. 4 und 5 StPO.

In der Hauptverhandlung am 7.Juli 1988 wiederholte der Verteidiger den am 23.Juni 1988 schriftlich eingebrachten Antrag auf Beischaffung der Akten 4 c E Vr 466/86, 4 c E Vr 8091/86, 12 a Vr 14033/84 und 12 a Vr 5891/85 je des Landesgerichts für Strafsachen Wien zum Beweis dafür, daß in Wien mehrere Personen des Namens Nirmal S*** aufhältig seien, sowie des Akts 6 d E Vr 10532/87 des Landesgerichts für Strafsachen Wien zum Beweis dafür, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1987 zu Unrecht wegen Verdachts des Suchtgifthandels festgenommen worden war und er im Anschluß daran an der Aufklärung des Suchtgiftdelikts mitgewirkt habe; weiters beantragte der Verteidiger die Vernehmung des Zeugen Insp. H*** und die Beischaffung des Reisepasses des Zeugen T*** zum Beweis dafür, daß in dessen Reisepaß sehr viele Auslandsaufenthalte eingetragen seien und daß "der hier mit einem Aufenthaltsverbot belegte einschlägig vorbestrafte Bimal D*** angeblich der Lieferant des T*** ist und auch T*** angewiesen haben soll, für den Fall der Verhaftung die namentlich genannten Personen zu bezeichnen, daß er von diesen das Heroin bekommen haben soll" (S. 128).

Das Schöffengericht wies diesen Beweisantrag "wegen Unerheblichkeit" ab (S. 129). In den Entscheidungsgründen wird dies dahin ergänzt, daß die Beischaffung und Verlesung der in ON. 26 erwähnten Akten für das gegenständliche Strafverfahren von keiner Bedeutung sei; es sei belanglos, ob sich in Österreich eine oder mehrere Personen mit dem Namen Nirmal S*** aufhalten, weil eine Verwechslung der Personen auszuschließen sei; auch die Beischaffung der Akten 6 d E Vr 10532/87 des Landesgerichts für Strafsachen Wien sei entbehrlich, weil es auf diese Strafsache keinen Einfluß habe, ob der Angeklagte einmal den Sicherheitsbehörden in einer Suchtgiftsache behilflich gewesen sei oder nicht; die Einvernahme des Zeugen Insp. H*** sei nicht zielführend, weil zu diesem Beweisantrag kein Beweisthema angegeben worden ist; die Tatsache, daß viele Auslandsaufenthalte im Reisepaß des T*** eingetragen seien, sei für das gegenständliche Strafverfahren ohne Belang; letztlich ergebe sich kein Hinweis, daß ein gewisser Bimal D*** der tatsächliche Suchtgiftlieferant gewesen wäre (S. 140 f.). Der Nichtigkeitswerber bringt in der Verfahrensrüge (Z. 4) vor, durch die Aufnahme der angebotenen Beweise hätte geklärt werden können, daß er nicht mit dem vom Zeugen T*** genannten Heroinlieferanten ident sei und daß allenfalls ein unbekannter Dritter, möglicherweise Bimal D*** gedeckt werden sollte. Dem ist zu erwidern, daß aus den Tatsachen, daß in Wien mehrere Personen mit dem Namen Nirmal S*** aufhältig sind und daß der Rechtsmittelwerber im Jahr 1987 zu Unrecht wegen Verdachts des Suchtgifthandels festgenommen worden war und er im Anschluß daran an der Aufklärung des Suchtgiftdelikts mitgewirkt habe, nichts für seine behauptete Schuldlosigkeit gewonnen werden kann. Warum aber aus der Aussage des Zeugen H*** sowie dem Reisepaß des Zeugen T*** abzuleiten wäre, daß der Angeklagte nicht mit dem vom Zeugen T*** mit dem Namen Nirmal S*** bezeichneten Heroinlieferanten ident sei respektive mit der Nennung seines Namens ein unbekannt gebliebener Dritter, allenfalls der im Akt kurz erwähnte Bimal D*** gedeckt werden sollte, vermag die Beschwerde in keiner Weise darzutun. Durch die Ablehnung der beantragten Beweise wurden sonach Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Die Mängelrüge (Z. 5) releviert der Sache nach eine unzureichende Begründung der Annahme, der Beschwerdeführer habe eine große Menge von Suchtgift in Verkehr gesetzt, weil im Urteil nicht dargetan werde, wieviel reines Heroin in der verfahrensgegenständlichen Menge von ca. 50 Gramm enthalten gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. statt vieler RZ 1987/48) ist bei Heroin die Menge von 1,5 Gramm Reinsubstanz verbrechensqualifzierend im Sinn des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. Geht man von der Annahme aus, in einer Menge von 50 Gramm "gestreckten" Heroins befänden sich 1,5 Gramm Heroin in Reinsubstanz und sonach 48,5 Gramm Milchzucker (das übliche "Streckungsmaterial"), ergäbe sich ein reiner Heroinanteil von 3 % und ein Anteil von 97 % an anderer Substanz. Es entspricht der Gerichtserfahrung und bedarf daher als notorisch keines Beweises und auch keiner Begründung (EvBl. 1948/242, 1982/30; 12 Os 121/73, 13 Os 143/80), daß Heroin in einem derart verdünnten Verhältnis - das aber immer noch zur Annahme der Verbrechensqualifikation nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. ausreicht - in Suchtgiftkreisen nicht gehandelt wird. Das Gericht hat festgestellt, daß der Nichtigkeitswerber ca. 50 Gramm Heroin in Verkehr gesetzt hat. Unter Bedachtnahme auf das vorhin Gesagte bedurfte es bei der Annahme des Inverkehrsetzens einer derart großen Menge von Rauschgift keiner gesonderten Konstatierung, wieviel Gramm reinen Heroins sich in dieser Menge befunden haben, weil es - bei sonstiger Verkehrsunfähigkeit des verdünnten Quantums - jedenfalls mehr als 1,5 Gramm gewesen sein müssen.

Hinweise des Rechtsmittelwerbers darauf, daß in seiner Wohnung keine - jeden Suchtgifthändler belastenden - Gegenstände, die zum Aufbereiten, Strecken und Wiegen von Suchtgift benötigt werden, sichergestellt wurden sowie, daß er von seiner Lebensgefährtin entlastet worden sei, woraus sich erhebliche Zweifel an seiner Täterschaft ergäben, erweisen sich in Wahrheit als unzulässiger Angriff auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung und nicht als gesetzmäßige Ausführung des relevierten Begründungsmangels. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. und gemäß Z. 1 derselben Gesetzesstelle i. V.m. § 285 a Z. 2 StPO. zurückzuweisen.

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