OGH 13Os143/80

OGH13Os143/8018.9.1980

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Walenta, Dr. Horak und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Norbert A u.a. wegen des Verbrechens des Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dragutin B gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 12.Mai 1980, GZ. 2 a Vr 1643/79-89, den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufung angeordnet werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (u.a.) der am 28.Oktober 1964 geborene Schüler Dragutin B, (zu A I) des Verbrechens des schweren Raubs nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB., (zu C I 2 a ) des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 2 StGB. und (zu F I) des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB. schuldig erkannt. Er hat in Wien (zu A I) von ca. Mitte August bis 21.September 1979 in Gesellschaft des Norbert A und des Manfred C mit dem damals strafunmündigen Pasquale D mit Gewalt gegen eine Person und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben ca. fünf Unbekannten Bargeld in unbekannter Höhe mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, ferner (zu C I 2 a ) Mitte Oktober 1979 gemeinsam mit Norbert A und Pasquale D Verfügungsberechtigten der Firma E ca. 300 S Bargeld durch Aufbrechen eines Behältnisses mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern und schließlich (zu F I) am 29.Oktober 1979 in Gesellschaft des Pasquale D fremde bewegliche Sachen vorsätzlich zerstört, beschädigt oder unbrauchbar gemacht, indem sie die Lichtanlage des Invalidenfahrzeugs des N. F herunterrissen (III, S. 32 bis 38).

Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte B mit einer die Gründe der Z. 5 und 9 lit. a StPO. anrufenden Nichtigkeitsbeschwerde an. Dragutin B, der schon mit Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 5. Oktober 1979 (AZ. 3 a Vr 688/79) wegen Verbrechens des schweren Raubs nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB. und Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB. verurteilt worden war, weil er in Wien von Ende 1978 bis 4.Mai 1979 in Gesellschaft anderer Beteiligter und teilweise unter Verwendung von Messern als Waffen an zahlreichen Unbekannten zu wiederholten Malen Raubanschläge verübt und am 9.Mai 1979 unter anderem unter Beteiligung des nunmehr mitangeklagten Pasquale D den Jugendlichen Karl G verletzt hatte (ON. 85), zieht mit seiner Mängelrüge die vom Erstgericht zum Raub festgestellte Tatzeit in Zweifel und vermeint, wegen dieser fünf Raubanschläge bereits in jenem früheren Strafverfahren rechtskräftig verurteilt worden zu sein.

Auf diese Verantwortung ging der Schöffensenat ausführlich ein. Er erwog, daß das nunmehrige Verfahren keine Straftaten zum Gegenstand hat, die (u.a.) von B nach Erhebung der Anklage in jenem Verfahren (am 4.Mai 1979) verübt worden waren. Auf Grund der Aussage des Norbert A stehe ferner fest, daß in den gegenständlichen etwa fünf Fällen der Angeklagte B, der damals im Prater bei einem Ringelspiel arbeitete, die auserkorenen Raubopfer (den anderen Tätern) bezeichnete.

Da B selbst in der Hauptverhandlung deponiert habe, nur im August 1979, nicht aber zuvor beim Ringelspiel 'Hurrican' (im Prater) beschäftigt gewesen zu sein, ergebe sich, daß diese Taten nicht vor August 1979 begangen worden sein konnten (III, S. 56, 57). Zwar trifft es zu, daß der Mitangeklagte D bei seiner (in der Hauptverhandlung ausdrücklich aufrecht erhaltenen: III, S. 19) Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter angegeben hatte, der Angeklagte B hätte (bei den Raubanschlägen) 'nur ein einziges Mal ... sein Fixiermesser hergezeigt, um ... (den) Forderungen Nachdruck zu verleihen (I, S. 150 a); des weiteren, daß B 'beim Faktum 27' möglicherweise nicht dabei war und daß er bei seiner Vernehmung zu den 'Fakten 64 bis 66' von der Polizei unter Druck gesetzt wurde (I, S. 150 e).

Nun betreffen aber die 'Fakten 64 bis 66' gar keine Straftaten, an welchen B beteiligt war (siehe II, S. 9); eine fehlende Erörterung der diesbezüglichen Angaben des Mitangeklagten D vor dem Untersuchungsrichter vermag daher eine den Rechtsmittelwerber benachteiligende Unvollständigkeit der Urteilsbegründung im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht zu bewirken. Gleiches gilt aber auch vom 'Faktum 27' (II, S. 5; Anklage- und Urteilsfaktum B I 2:

II, S. 313; bzw. III, S. 34).

Da ferner dem Angeklagten B kein Raub 'unter Verwendung eines Fixiermessers' zur Last liegt, brauchte der Schöffensenat auf die ihn diesbezüglich belastenden Angaben des Mitangeklagten D nicht einzugehen. Er konnte vielmehr auf Grund der Beweisergebnisse (III, S. 4, 5, 20), nicht zuletzt aber nach der Verantwortung des Angeklagten (III, S. 19) die Tatzeit der gegenständlichen Raubüberfälle mit 'ca. August bis 21.September 1979' feststellen und aus den angeführten Überlegungen (III, S. 56, 57) zur Überzeugung gelangen, daß diese Taten noch nicht Gegenstand des Verfahrens AZ. 3 A Vr 688/79 des Jugendgerichtshofs Wien gewesen sein konnten. Das Begehren des Beschwerdeführers nach einem Freispruch 'im Zweifel' macht deutlich, daß seine Mängelrüge zu diesem Faktum letztlich auf eine unzulässige Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung hinausläuft.

Beim Diebstahl zum Nachteil der Firma E, dessen sich der Angeklagte B übrigens anfänglich ausdrücklich schuldig bekannte (III, S. 3), vermeint er, auch hier hätte die Tatzeit nicht mit ca. Mitte Oktober 1979, sondern 'im Zweifel' zu seinen Gunsten mit einem vor der Verurteilung vom 5.Oktober 1979 liegenden Zeitpunkt angenommen werden müssen. Da die Diebstat jedoch durch Täter, Opfer, Tatgegenstand und auch den annähernden Tatzeitpunkt hinreichend individualisiert ist (§ 260 Abs. 1 Z. 1 StPO.), war eine (nach der Aktenlage auch gar nicht mögliche) genauere Präzisierung des Tatzeitpunkts entbehrlich, sodaß die Mängelrüge, auf die Korrektur eines nicht entscheidungswesentlichen Umstands abzielend, fehl geht. Das sachliche Anliegen dieser Rüge verliert sich indes in einem unzulässigen Anriff auf die Beweiswürdigung.

Der Einwand, die Konstatierung einer Tatzeit nach dem 5.Oktober 1979 sei deshalb von rechtlicher Relevanz, weil er im Fall der Begehung der Tat während der ihm in der Vorverurteilung bestimmten Probezeit mit einem Widerruf der bedingten Strafnachsicht rechnen müsse (§ 53 Abs. 1 StGB.), ist - das sei vollständigheitshalber hinzugefügt - nicht stichhältig; denn auch bei einer Tatbegehung vor dem früheren Urteil wäre ein Widerruf der bedingten Strafnachsicht rechtlich, wenn auch ebensowenig zwingend, möglich (§ 55 Abs. 1 StGB.).

Rechtliche Beurteilung

Mit der Behauptung, das Erstgericht habe lediglich festgestellt, daß sich der Beschwerdeführer in das Invalidenfahrzeug gesetzt, die Lenkstange hin- und herbewegt und nicht im Bewußtsein gehandelt habe, eine Sache zu beschädigen, geht er in Ausführung seiner die Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. anrufenden Rechtsrüge nicht von den Urteilsfeststellungen aus. Darnach riß B nämlich die von ihm zunächst gelockerte Lichtanlage, an der sodann D so lang manipulierte, bis sie nur mehr an einem Kabel hing, 'dann zur Gänze herunter' und warf sie in der Nähe in ein Gebüsch (III, S. 54); dabei handelte er 'eindeutig zumindest mit bedingt bösem Vorsatz' (Urteilsfeststellung III S. 61).

'Beschädigung' ist die körperliche Veränderung einer Sache derart, daß entweder ihre Gebrauchsfähigkeit oder ihr Wert (nicht bloß unerheblich) gemindert wird (13 Os 77/80). Daß infolge des Herausreißens der Kabel der Lichtanlage die Gebrauchsfähigkeit des Invalidenfahrzeugs jedenfalls beeinträchtigt war, ist notorisch (d.h. eine allbekannte Tatsache, an der vernünftigerweise niemand zweifeln kann: 12 Os 121/73) und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Ist also von der festgestellten Gebrauchsbeeinträchtigung der Sache, folglich von einer Beschädigung in der Form der oben wiedergegebenen ersten Definitionsvariante der Rechtsprechung auszugehen, so erübrigte sich die Konstatierung irgendeiner Wertminderung (Schadenshöhe).

Indem der Rechtsmittelwerber eine solche Feststellung vermißt, legt er eine andere als die erwiesene - notorisch gebrauchshindernde - Beschädigung seinen Ausführungen zugrunde, die damit, vom Urteilssachverhalt abweichend, nicht geeignet sind, einen Rechtsirrtum gesetzmäßig darzustellen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO., teils als nicht prozeßordnungsmäßig ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit dem § 285 a Z. 2 StPO.

bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Gemäß dem § 296 Abs. 3 StPO. wird über die des weiteren gegen den Strafausspruch ergriffene Berufung des Angeklagten B bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

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