OGH 13Os77/80

OGH13Os77/8028.8.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.August 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kral, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A u.a. wegen des Vergehens nach § 125 StGB. über die von den Angeklagten Peter A und Christoph B gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 27.März 1980, GZ. 3 Vr 1452/77-184, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Bernhauser und Dr. Janovsky sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, außerdem gemäß § 290 Abs. 1 StPO. bezüglich der Angeklagten Walter C und Horst D, in seinem Punkt 3 sowie in den die Angeklagten Peter A, Walter C und Horst D betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben sowie gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Peter A, Walter C und Horst D sind schuldig, am 14.September 1977 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken ihren Entschluß, mehrere Fahrtrichtungsanzeiger der Wiener Stadtbahn zu beschädigen, durch Hinauswerfen aus einem fahrenden Waggon betätigt zu haben. Es haben hiedurch Peter A und Walter C das Vergehen der versuchten Sachbeschädigung nach §§ 15, 125 StGB., Horst D im Zusammenhalt mit dem aufrecht gebliebenen Punkt 1 des Urteils das Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 5 und 15 StGB.

begangen und werden hiefür Peter A nach § 125 StGB. unter Anwendung des § 11 JGG.

zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Wochen, Walter C nach § 125 StGB. unter Anwendung des § 11 JGG.

sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf die Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien vom 14.Februar 1980, AZ. 9 U 59/80, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Tagen, Horst D nach § 126 Abs. 1 StGB. unter Anwendung des § 11 JGG. sowie unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf die Urteile des Jugendgerichtshofs Wien vom 17.Oktober 1978, AZ. 5 Vr 681/78, und vom 21.November 1979, AZ. 3 a Vr 1247/79, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 (sechs) Wochen verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB. werden die über Peter A, Horst D und Walter C verhängten Strafen unter Bestimmung einer Probezeit von je 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A wird im übrigen, diejenige des Angeklagten Christoph B wird zur Gänze verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Peter A auf die obige Entscheidung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Christoph B wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Peter A und Christoph B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden unter anderem der am 29. September 1960 geborene, zur Tatzeit noch jugendliche Hilfsarbeiter Peter A und der am 6.Mai 1958 geborene Staplerfahrer Christoph B (im zweiten Rechtsgang abermals) des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB. schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs liegt ihnen zur Last, am 14.September 1977 in Wien fremde Sachen dadurch zerstört, beschädigt oder unbrauchbar gemacht zu haben, und zwar Peter A, indem er im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den deswegen im selben Urteil (erneut) rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten Walter C und Horst D als Mittäter mehrere Fahrtrichtungsanzeiger der Stadtbahn aus dem Waggon warf (Pkt. 3 des Urteilssatzes), und Christoph B, indem er (in einem Waggon der Stadtbahn) zwei Glühbirnen der Deckenbeleuchtung entfernte (2).

Nach den wesentlichen, diesen Schuldsprüchen zugrundeliegenden Urteilsfeststellungen stiegen die Angeklagten A und B ebenso wie die Mitangeklagten C und D am Abend des 14.September 1977 nach dem Besuch eines Fußballspiels im Wiener Weststadion in der Stadtbahnstation Wien-Hütteldorf in den - vorwiegend mit jugendlichen Fußballfans besetzten - letzten Waggon eines Stadtbahnzugs. Nach der Abfahrt desselben aus der Station Hütteldorf kam es vor allem unter den im letzten Waggon befindlichen Passagieren zu tumultartigen Szenen. Im Zug dieses Tumults schraubte der Angeklagte B zwei Glühbirnen der (zu diesem Zeitpunkte nicht mehr intakten) Deckenbeleuchtung des Waggons aus der Fassung und reichte sie im Bewußtsein, daß diese Glühbirnen (ebenso wie die von anderen Tätern schon vorher herausgeschraubten) während der Fahrt aus dem geöffneten Waggonfenster geworfen werden sollten, einem unbekannt gebliebenen Mittäter, der sie hinauswarf. Im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den Mitangeklagten Walter C, Horst D und anderen unbekannt gebliebenen Stadtbahnpassagieren öffnete der Angeklagte A über Aufforderung und unter Mithilfe des C ein auf der Plattform des letzten Waggons befindliches Behältnis, in welchem Streckenbezeichnungstafeln (Fahrtrichtungsanzeiger) verwahrt waren. C und andere unbekannt gebliebene Täter entnahmen daraus etwa 4 oder 5

dieser Streckenbezeichnungstafeln und warfen sie während der Fahrt aus dem Waggon, wobei auch der Angeklagte D beim Hinauswerfen mitwirkte. Nach den weiteren Urteilsannahmen handelten sämtliche Beteiligten (demnach auch A) mit Beschädigungsvorsatz. Durch das Hinauswerfen wurden - wie im angefochtenen Urteil weiters festgestellt wird -

diese Tafeln auch tatsächlich beschädigt. Art und Umfang der dadurch herbeigeführten Beschädigungen blieben allerdings mangels näherer Feststellungen offen.

Die Angeklagten A und B bekämpfen den sie betreffenden Schuldspruch erneut mit gesondert ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A und zu der Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO.:

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde des Angeklagten Peter A, der die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit. a und lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. geltend macht, kommt teilweise Berechtigung zu.

Mit Recht rügt dieser Angeklagte in Ausführung der Z. 9 lit. a, im Ergebnis aber Z. 10 der vorzitierten Gesetzesstelle relevierend, sachlich einen dem angefochtenen Urteil anhaftenden Feststellungsmangel. Die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene, aber nicht näher konkretisierte Konstatierung einer Beschädigung der Streckenbezeichnungstafeln durch Hinauswerfen aus dem Waggon ist zur Beurteilung des für § 125 StGB. entscheidenden Kriteriums nicht ausreichend, ob nämlich dadurch eine körperliche Veränderung der Tafeln eingetreten ist.

'Beschädigung' ist die körperliche Veränderung einer Sache, verbunden entweder mit einer Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit oder mit einer nicht unerheblichen Wertminderung (soweit nicht Verunstaltung vorliegt). Der Eintritt eines derartigen Erfolgs wird im vorliegenden Urteil offen gelassen. Die darin enthaltene Bezugnahme auf die verschiedenen, vom Zeugen Ing. Walter E aufgezeigten Möglichkeiten einer Beschädigung einer solchen Streckenbezeichnungstafel, wenn sie während der Fahrt aus dem Waggon geworfen wird, vermag die fehlende Feststellung, welche körperlichen Veränderungen im einzelnen durch das Hinauswerfen der Tafeln eingetreten sind, nicht zu ersetzen. Eine solche Feststellung kann allerdings nach den Verfahrensergebnissen (vgl. hiezu Bd. II ON. 162 und die Aussage des Zeugen Ing. E, Bd. III S. 28) mangels Verfügbarkeit der betreffenden Tafeln nicht mehr nachgeholt werden, sodaß eine Zurückverweisung der Sache zur diesbezüglichen Verfahrenserneuerung nicht zielführend war, vielmehr eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst einzutreten hatte. Da A, nach den Urteilsannahmen, ebenso wie die Mitangeklagten auf eine Beschädigung der Tafeln abzielte (das Urteil spricht sogar von einem absichtlichen Handeln im Sinn des § 5 Abs. 2 StGB.:

Bd. III S. 40 und 43), sind alle für einen Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Sachbeschädigung nach den §§ 15, 125 StGB. erforderlichen Feststellungen vorhanden. Ein absolut untauglicher Versuch (§ 15 Abs. 3 StGB.) kommt in diesem Fall nicht in Frage, weil bei der hier gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise (LSK. 1976/139) nicht gesagt werden kann, daß durch die beschriebene Tathandlung eine Deliktsvollendung (nach dem § 125 StGB.) niemals möglich gewesen wäre; eine solche war - wie auch im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt wird (Bd. III S. 42) - nach den Tatumständen vielmehr durchaus naheliegend.

Da schon aus diesen Erwägungen in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A der ihn treffende Schuldspruch wegen Vergehens der vollendeten Sachbeschädigung aufzuheben und insoweit gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. ein Schuldspruch wegen Vergehens der versuchten Sachbeschädigung (§§ 15, 125 StGB.) zu fällen war, erübrigte es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen in der nämlichen Richtung einzugehen. Als verfehlt erweist sich die Mängelrüge des Angeklagten A, soweit er damit die subjektiven Urteilsfeststellungen, denenzufolge sogar ein absichtliches Handeln als erwiesen angenommen wurde, als unzureichend begründet schilt. Der Beschwerdeführer räumt nämlich selbst ein, damals zumindest mit bedingtem, auf Sachbeschädigung gerichteten Vorsatz gehandelt zu haben. Bedingter Vorsatz reicht aber zur Verwirklichung des Tatbestands der Sachbeschädigung aus (siehe § 5 Abs. 1 StGB.: 'genügt'). Selbst wenn daher - wie dies der Beschwerdeführer anstrebt - an die Stelle der im angefochtenen Urteil angenommenen Vorsatzstufe der Absicht ein vom Rechtsmittelwerber selbst zugegebenes Handeln mit bedingtem Vorsatz träte, könnte dies am Schuldspruch wegen versuchter Sachbeschädigung nichts ändern. Es schlägt aber auch die auf Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rüge des Angeklagten A nicht durch, mit der er den sachlichen Strafausschließungsgrund des § 42 StGB. reklamiert. Angesichts dessen, daß sich das Tatverhalten unter den gegebenen Umständen als ein besonders verwerflicher Akt eines hemmungslosen Zerstörungstriebs darstellt, kann, wenn auch keine oder nur unbedeutende Folgen eingetreten sind, seine Schuld (aber auch die der Mitangeklagten C und D) schon aus diesem Grund nicht als gering bewertet, das heißt also, von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbestandsmäßigen Verhaltens hinter dem in der Strafdrohung des § 125

StGB. typisierten Unrechts- und Schuldgehalt nicht gesprochen werden (LSK. 1976/379). In den beiden zuletzt erörterten Belangen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A sonach zu verwerfen. Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. war aus Anlaß der Beschwerde des Angeklagten A von Amts wegen wahrzunehmen, daß der von ihm in Ausführung des Nichtigkeitsgrunds der Z. 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. implicite geltend gemachte und - wie bereits dargelegt - zur Aufhebung seines Schuldspruchs führende Feststellungsmangel in gleicher Weise auch den Schuldsprüchen der Mitangeklagten Walter C und Horst D wegen Vergehens der vollendeten Sachbeschädigung nach § 125 StGB. (3) anhaftet. Es war darum betreffend C und D ebenso vorzugehen wie bezüglich A (Schuldspruch wegen versuchter Sachbeschädigung im Pkt. 3).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B:

In der auf den Grund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde vermeint dieser, einen Beschädigungsvorsatz leugnende Angeklagte, daß das Herausschrauben der Glühbirnen aus der Fassung und die Weitergabe derselben an einen unbekannten Passagier noch nicht die Feststellung eines auf Zerstörung dieser Glühbirnen durch Hinauswerfen gerichteten Vorhabens zulasse. Damit bekämpft er lediglich die Beweiswürdigung des Schöffengerichts; will doch der Beschwerdeführer nach Inhalt und Zielsetzung dieser Ausführungen aus dem im Ersturteil festgestellten und auch von ihm selbst keineswegs bestrittenen (vgl. Bd. III S. 23) objektiven Sachverhalt nur andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen gezogen wissen.

Mit seinem weiteren Vorbringen zur Rechtsrüge, daß ein bloßes Herausschrauben der Glühbirnen aus der Fassung in rechtlicher Beziehung zur Annahme einer Sachbeschädigung im Sinn des § 125 StGB. noch nicht ausreiche, übergeht der Beschwerdeführer die weitere Urteilsannahme, derzufolge er die Glühbirnen mit dem Vorsatz, daß sie aus dem Waggon geworfen werden sollten, einem anderen Passagier weiterreichte und daß sodann sein auf Zerstörung der Glühbirnen gerichtetes Vorhaben durch Hinauswerfen derselben aus dem Waggon auch tatsächlich verwirklicht wurde.

Seinem Beschwerdevorbringen zuwider erschöpfte sich somit sein Verhalten keineswegs in einem bloßen Herausschrauben der Glühbirnen, sodaß dem Erstgericht kein Rechtsirrtum unterlaufen ist, wenn es den festgestellten Sachverhalt als Vergehen nach § 125 StGB. beurteilte. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B war sohin zu verwerfen.

Zur Entscheidung über die Unrechtsfolgen:

Bei der erforderlichen Neubemessung der Strafen der Angeklagten A, C und D konnte von den Strafzumessungsgründen der ersten Instanz ausgegangen werden, denen als mildernd noch hinzutritt, daß die Taten der beiden Erstgenannten beim Versuch blieben, während von den Straftaten des D eine im Versuchsstadium stecken blieb. Darnach erschienen die eingangs ersichtlichen Strafen jugendtätergerecht. Die dem Angeklagten A gewährte Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht wurde übernommen (§ 290 Abs. 2 StPO.). Bei den Rechtsbrechern C und D mußte sie aus den Gründen der §§ 293 Abs. 3, 290 Abs. 2 StPO. angewendet werden.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte A auf die Strafneuverhängung zu verweisen.

Das Jugendschöffengericht verurteilte Christoph B gemäß § 125 StGB. zu vier Wochen Freiheitsstrafe und schob deren Vollzug für eine Probezeit von drei Jahren bedingt auf. Erschwerend war nichts, mildernd waren der Beitrag zur Wahrheitsfindung und die lange Zeit des Wohlverhaltens. Mit seiner Berufung strebt B eine Strafermäßigung an.

Die Berufung ist nicht begründet.

Bei kollektiven Ausschreitungen der vorliegenden Art kann - ganz abgesehen davon, daß der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt bereits im zwanzigsten Lebensjahr stand -

nicht mehr von einem Jugendstreich gesprochen werden. Trotz des relativ geringen Schadens erachtete daher der Oberste Gerichtshof die über den Angeklagten B verhängte, ohnedies bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe als dem Schuld- und Unrechtsgehalt seiner Verfehlung durchaus angemessen.

In die Kosten des Rechtsmittelverfahrens waren nur die Angeklagten A und B zu verfällen, nicht aber die Angeklagten C und D, zu deren Gunsten von Amts wegen vorgegangen wurde.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte