Spruch:
Das Urteil des Jugendgerichtes Graz vom 15.Februar 1989, GZ 1 U 217/88-9, verletzt im Schuldspruch des Franz B*** wegen des Vergehens nach den §§ 12, 125 StGB das Gesetz in der Bestimmung des § 166 StGB und im Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 134 Abs. 1 StGB das Gesetz in der Bestimmung des § 57 StGB. Das Urteil wird aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Franz B*** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Wundschuh
1. am 18.September 1988 zur Ausführung der Straftat des gemäß dem § 166 Abs. 1 und 3 StGB privilegierten unmittelbaren Täters Walter W***, welcher den PKW seines Vaters mit Benzin übergossen, angezündet und auf diese Weise einen Schaden von ca. 21.000 S verursacht hatte, dadurch beigetragen, daß er Walter W*** mit seinem Motorfahrrad zum Tatort führte und ihm Benzin zum Übergießen des PKW zur Verfügung stellte;
2. am 20.August 1986 ein fremdes Gut, das er gefunden hatte, nämlich die für das Motorfahrrad der Josefine P*** ausgegebene amtliche Kennzeichentafel mit der Nummer St 103.321, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich unrechtmäßig zu bereichern, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Jugendgerichtes Graz vom 15.Februar 1989, GZ 1 U 217/88-9, wurde der am 9.Juli 1971 geborene Jugendliche Franz B*** des Vergehens der Sachbeschädigung als Beteiligter nach den §§ 12 (dritter Fall), 125 StGB und des Vergehens der Unterschlagung nach dem § 134 Abs. 1 StGB schuldig erkannt; der Ausspruch der Strafe wurde gemäß dem § 13 Abs. 1 JGG für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
Nach den dem Schuldspruch wegen der §§ 12, 125 StGB zugrundeliegenden Urteilsannahmen trug Franz B*** zur Ausführung der Straftat des gemäß dem § 166 Abs. 1 und Abs. 3 StGB privilegierten unmittelbaren Täters Walter W***, welcher am 18. September 1988 in Wundschuh den Personenkraftwagen seines Vaters mit Bezin übergossen, angezündet und auf diese Weise einen Schaden von ca. 21.000 S zugefügt hatte, dadurch bei, daß er Walter W*** mit seinem Motorfahrrad zum Tatort führte und ihm Benzin zum Übergießen des Personenkraftwagens zur Verfügung stellte. Als Unterschlagung legte ihm das Erstgericht zur Last, am 20.August 1986 in Wundschuh ein fremdes Gut, das er gefunden hatte, nämlich die für das Motorfahrrad der Josefine P*** ausgegebene Kennzeichentafel mit der Nummer St 103.321 sich mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Schuldsprüche stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang. Die bestimmte Straftaten im Familienkreis privilegierenden Vorschriften des § 166 Abs. 1 und Abs. 3 StGB finden nach der Sonderbestimmung des § 166 Abs. 2 StGB auch auf alle anderen Tatbeteiligten Anwendung, die an der Tat bloß zum Vorteil des privilegierten Familienangehörigen mitgewirkt haben. Unter Vorteil im Sinn dieser Gesetzesbestimmung muß, um eine weder dogmatisch noch kriminalpolitisch zu rechtfertigende Differenzierung der begünstigten Taten hintanzuhalten, nicht nur ein materieller Vermögenszuwachs, sondern auch eine bloß ideelle Interessensbefriedigung verstanden werden (vgl. Leukauf-Steininger2 Rn 14; Liebscher in WK Rz 25; Kienapfel BT II2 Rz 34, je zu § 166 StGB). Im vorliegenden Fall fand die vom Verurteilten Franz B*** unterstützte Sachbeschädigung allein im Interesse des als Sohn des Geschädigten privilegierten unmittelbaren Täters statt, weshalb Franz B*** mangels eines Verfolgungsantrages des Geschädigten (§ 166 Abs. 3 StGB iVm § 44 Abs. 1 JGG) rechtsrichtig von der gegen ihn erhobenen Anklage wegen des Vergehens nach den §§ 12, 125 StGB gemäß dem § 259 Z 3 StPO freizusprechen gewesen wäre (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 15 a zu § 259).
Rechtsrichtig hätte aber auch ein Freispruch von der Anklage wegen des Vergehens nach dem § 134 Abs. 1 StGB ergehen müssen. Franz B*** fand nach den Urteilsannahmen das von Josefine P*** am 20.August 1986 als verloren gemeldete Kennzeichen "vor mehreren Jahren in einer Schottergrube" und behielt es. Die Strafbarkeit dieser mit der Zueignung der Tafel spätestens am 20. August 1986 abgeschlossenen Tat war schon im Zeitpunkt des Einlangens der Gendarmerieanzeige bei der Staatsanwaltschaft Graz am 3. November 1988 durch Verjährung erloschen, weil die einjährige Verjährungsfrist (§ 57 Abs. 3, letzter Fall, StGB) nicht mehr lief und kein Fall einer Ablauf- oder Fortlaufhemmung dieser Frist im Sinn der Absätze 1 und 2 bzw. Abs. 3 des § 58 StGB vorlag (vgl. die beigeschaffte Strafregisterauskunft vom 25.August 1989 und den Akt AZ 1 U 85/88 des Jugendgerichtes Graz).
Der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und gemäß dem § 292 StPO wie im Spruch zu erkennen. Auf die Bestimmungen des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes wird hingewiesen.
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