OGH 5Ob587/89

OGH5Ob587/8914.7.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisiongericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Theodor W*** sen., Pensionist, Längenfeld, Oberlängenfeld 110, 2.) Anna W***, Hausfrau, ebendort, beide vertreten durch Dr. Werner Beck, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Theodor W*** jun., Angestellter, Mainz, Weinbergstraße 3, vertreten durch Dr. Klaus Gstrein, Rechtsanwalt in Imst, wegen Aufhebung eines Übergabsvertrages (Streitwert S 500.000,--) infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 18. April 1989, GZ 1 R 35/89-22, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. November 1988, GZ 6 Cg 82/88-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.049,58 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.174,93 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger, die Eltern, des Beklagten, haben diesem mit Übergabsvertrag vom 17. Oktober 1985 samt Nachtrag vom 4. Juli 1986 die ihnen je zur Hälfte gehörende Liegenschaft EZ 203 II KG Längenfeld ins Eigentum übertragen.

Mit der am 11. März 1988 beim Erstgericht eingelangten Klage begehren die Kläger, die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beklagten als unwirksam zu erklären und zu löschen, hilfsweise, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Einverleibung der Löschung seines Eigentumsrechtes einzuwilligen.

Die Kläger begründeten dieses Begehren damit, daß sie die Übergabe der Liegenschaft an den Beklagten an Auflagen und Bedingungen geknüpft hätten, die nunmehr von ihm nicht eingehalten würden. Die Liegenschaft sei vor allem deshalb übergeben worden, damit der Beklagte das Haus, welches rund 400 Jahre alt sei, mit einem aufzunehmenden Wohnbauförderungsdarlehen renoviere. Weiter sei mit den Geschwistern des Beklagten und dem Beklagten selbst vereinbart worden, daß das Haus im Familienbesitz verbleibe, weshalb die übrigen Geschwister bereit gewesen seien, ihre Erbabfertigungsansprüche mit je S 30.000,-- festsetzen zu lassen. Jedenfalls sei bei der Übergabe ausdrücklich vereinbart worden, daß das Haus nie in fremde Hände kommen solle. Dies sei eine Bedingung des Übergabsvertrages gewesen. Deshalb sei auch für sämtliche Geschwister des Beklagten ein Vorkaufsrecht einverleibt worden. Nunmehr habe aber der Beklagte die Liegenschaft um S 1,5 Mill. an Manfred O*** verkauft. Der Beklagte habe mit dieser Vorgangsweise die Kläger arglistig hintergangen und in Irrtum geführt. Sie hätten ihm die Liegenschaft nie übergeben, wenn sie gewußt hätten, daß die Liegenschaft vom Beklagten entgegen den übernommenen Verpflichtungen und Zusagen an außenstehende Dritte verkauft wird. Die Kläger hätten daher Anspruch darauf, daß der Übergabsvertrag rückgängig gemacht wird. Als Gründe für die Aufhebung würden grober Undank, Arglist und Irrtum geltend gemacht. Die Übergabsliegenschaft habe einen Verkehrswert von rund S 2 Mill., der Übergabsvertrag sei daher überwiegend unentgeltlich abgeschlossen worden. Auch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage werde die vorliegende Klage gestützt. Es sei unrichtig, daß die Kläger die Aufnahme eines Veräußerungsverbotes in den Vertrag, wie dies vom Vertragsverfasser Notar Dr. K*** vorgeschlagen worden sei, abgelehnt hätten. Davon sei nie die Rede gewesen.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung. Er wendete ein, daß der Verkehrswert der Liegenschaft geringer als S 2 Mill. sei. Die im Übergabsvertrag veranschlagten Kapitalwerte für Fruchtgenuß und Wohnungsrechte seien nur aus Gründen der Vergebührung derart niedrig bemessen worden. In Wahrheit sei deren Wert wesentlich höher anzusetzen, sodaß letztlich nicht die Rede davon sein könne, daß der Vertrag überwiegend unentgeltlich sei. Alle Auflagen und Bedingungen seien im schriftlichen Vertrag enthalten. Ein Verkauf des Hauses sei nie ausdrücklich ausgeschlossen worden. Unrichtig sei auch, daß die Liegenschaft nur deshalb an den Beklagten übergeben worden sei, damit das Haus im Familienbesitz verbleibt. Es sei lediglich vereinbart worden, daß im Falle eines Verkaufes für die Geschwister ein Vorkaufsrecht bestehen solle. Es liege weder Arglist auf Seiten des Beklagten noch ein Irrtum auf Seiten der Kläger vor. Auch Undank im Sinne des § 948 ABGB sei nicht gegeben.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Aus der Ehe der Kläger stammen 8 Kinder. Bei der streitgegenständlichen Liegenschaft handelt es sich um das alte Widum der Gemeinde Längenfeld, das denkmalgeschützte Bauteile aufweist. Nachdem die Gemeinde Längenfeld die Kanalisierung festgelegt hatte und davon gesprochen worden war, daß für das Wohnhaus Nr. 24, das alte Widum, S 60.000,-- bis S 100.000,-- anfallen würden, entschlossen sich die Kläger, das Haus einem ihrer Kinder zu übergeben, da sie selbst nicht in der Lage gewesen wären, die Kanalisierungskosten zu finanzieren. Sie traten deshalb diesbezüglich zunächst an die Töchter Hildegard und Elisabeth und sodann an die Söhne Theodor und Georg heran. Diese lehnten jedoch eine Übernahme ab. Die Kläger wollten nämlich, daß das Haus in der Familie bleiben und nicht veräußert werden solle. Hätte dieser Wunsch der Kläger nicht bestanden, dann hätten sich diese Kinder zur Übernahme bereiterklärt. Schließlich traten die Kläger an den Beklagten heran. Der Beklagte hatte die Absicht, das Haus zu renovieren und im Haus zu wohnen. Er wollte auch in Schönwies (Nachbarbezirk) zu arbeiten beginnen. Es wurde dabei gesprochen, daß das Haus nicht in fremde Hände gehen solle. In der Folge beauftragten die Kläger den Notar Dr. Hans Christoph K*** in Silz mit der Verfassung eines Übergabsvertrages. Dieser erstellte einen Entwurf. Der Erstkläger wünschte Ergänzungen zum Übergabsvertrag. Die erste Ergänzung betraf das Wohnrecht des Georg W*** und ein Vorkaufsrecht für die Geschwister. Die zweite Änderung betraf wiederum das Wohnrecht des Georg W*** und die Bestimmung, daß im Falle des kinderlosen Todes des Beklagten die Liegenschaft an die Geschwister fällt. Dem ersten Änderungswunsch hatte der Beklagte zugestimmt und ein diesbezügliches Schreiben an Notar Dr. K*** zustimmend unterfertigt. Am 17. Oktober 1985 kam es bei Notar Dr. K*** zum Abschluß des Übergabsvertrages. Dabei wurden die einzelnen Punkte des Vertragsentwurfes erörtert. Insbesondere wurde das Vorkaufsrecht für die Geschwister besprochen und in der Folge im Vertrag auch festgehalten. Nicht besprochen wurde, daß der Beklagte die Liegenschaft nicht belasten oder verkaufen dürfe. Ein Belastungs- und Veräußerungsverbot wurde daher in den Vertrag nicht aufgenommen. Es wurde aber auch nicht zur Vertragsbedingung gemacht, daß das Haus nicht an Außenstehende abgegeben werden solle. Andernfalls wäre dies in den Vertrag aufgenommen worden. Nicht erwiesen ist auch, daß der Übergabsvertrag unter der Bedingung geschlossen wurde, daß der Beklagte das Haus instandsetzt. Wohl wollten die Kläger in den Vertrag aufgenommen haben, daß die Liegenschaft im Falle des kinderlosen Todes des Beklagten wieder an die Geschwister zurückfalle. Als die Ehegattin des Beklagten dies hörte und entsetzt den Raum verließ, war auch der Beklagte nicht mehr bereit, diese Bedingung anzunehmen. Er erklärte, daß er die Liegenschaft nicht übernehme, wenn die Kläger auf dieser Bedingung beharrten. Die Kläger nahmen daraufhin von dieser Bedingung Abstand. Deshalb wurde sie in den Übergabsvertrag auch nicht aufgenommen. Der Übergabsvertrag wurde daraufhin von den Streitteilen ohne die vorgenannten Bedingungen unterfertigt. Allerdings erklärte der Erstkläger sodann, daß die Streitteile nunmehr "geschiedene Leute" seien.

In der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes führte das Erstgericht aus, daß die zur Anfechtung des Übergabsvertrages im Sinne der §§ 870, 871 ABGB erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Kläger vom Beklagten durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht zum Abschluß des Übergabsvertrages veranlaßt worden sind. Aber auch ein Irrtum im Sinne des § 871 ABGB sei nicht erwiesen. Es stehe vielmehr fest, daß vor Unterfertigung des Übergabsvertrages am 17. Oktober 1985 beim Notar erörtert wurde, daß der Beklagte eine Verpflichtung, die Liegenschaft nicht zu veräußern oder im Falle des kinderlosen Todes an die Geschwister zurückzuübertragen, nicht übernommen hat. In diesem Sinn liege daher auch kein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor. Inwieweit der Beklagte sich gegen die Kläger eines groben Undanks schuldig gemacht haben sollte, sei von den Klägern nicht entsprechend ausgeführt worden. Es lägen keine Beweisergebnisse in dieser Richtung vor. Deshalb bedürfe es auch keiner weiteren Feststellungen und Erörterungen darüber, ob und inwieweit der Übergabsvertrag als Schenkung zu beurteilen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.

Aufgrund der Außerstreitstellungen der Parteien in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 18. April 1989 steht fest, daß aus der Ehe der Kläger insgesamt 10 Kinder hervorgegangen sind, die sämtliche noch am Leben sind, sowie daß der Beklagte die streitgegenständliche Liegenschaft um den Preis von S 1,5 Mill. an Manfred O*** verkauft hat. Aufgrund der Parteienaussage des Erstklägers wäre festzustellen gewesen, daß die Söhne Theodor und Georg eine gemeinsame Übernahme der Liegenschaft je zur Hälfte abgelehnt haben. Im übrigen übernahm das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Zur Rechtsrüge der Kläger führte das Berufungsgericht aus:

a) Zur Anfechtung des Übergabsvertrages wegen groben Undanks:

Es liege im Wesen der Schenkung als eines Vertrages, daß auch Schenkungsverträge in der Regel nicht widerrufen werden können (§ 946 ABGB). Eine Ausnahme werde aber in § 948 ABGB normiert. Eine Schenkung könne danach widerrufen werden, wenn der Beschenkte sich gegen seinen Wohltäter eines groben Undanks schuldig macht, worunter eine Verletzung am Leib, an Ehre, an Freiheit oder an Vermögen verstanden wird, welche von solcher Art ist, daß gegen den Verletzer von Amts wegen oder auf Verlangen des Verletzten nach dem Strafgesetz verfahren werden kann. Im Rahmen der Untersuchung, ob grober Undank anzunehmen sei, sei zunächst einmal darauf hinzuweisen, daß von den Klägern eine strafbare Handlung des Beklagten in erster Instanz konkret nicht behauptet worden sei. Es wurde auch nicht behauptet, daß wegen des Verhaltens des Beklagten eine Strafanzeige gegen ihn erstattet worden sei. Da die Kläger aber immerhin ein arglistiges Verhalten des Beklagten um in den Besitz der Übergabsliegenschaft zu gelangen, behaupten, könnte dies als Vorwurf des Betruges gewertet werden. Daß der Beklagte strafrechtlich nicht verfolgt und verurteilt wurde, spiele an sich keine Rolle, weil die Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes in einem solchen Fall vom Zivilgericht als Vorfrage zu prüfen sei (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 948; JBl 1973, 204; SZ 48/68). Die aufgenommenen Beweise hätten aber, wie schon das Erstgericht ausgeführt hat, keinen Hinweis darauf erbracht, daß der Beklagte mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Übergeber, nämlich durch Abschluß des Übergabsvertrages mit ihm, sich durch Täuschung unrechtmäßig zu bereichern und die Übergeber (oder die Geschwister des Beklagten) auf diese Weise zu schädigen, gehandelt habe. Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes beabsichtigte der Beklagte nämlich, im Sinne der Intentionen der Übergeber das Haus zu renovieren und darin zu wohnen. Darüber hinaus liege kein Anhaltspunkt dafür vor, daß der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unwahre Versprechungen in Täuschungsabsicht gemacht habe, welche die Kläger zwar zur Übergabe der Liegenschaft veranlaßt hätten, von denen aber der Beklagte von vornherein nicht die Absicht hätte, sie einzuhalten. Es fehle also schon am Nachweis des erforderlichen Täuschungsvorsatzes zur Zeit des Vertragsabschlusses. Eine nachfolgende Änderung seiner Absichten vermöchte aber diesen Vorsatz nicht mehr herzustellen. Mangels Begehung einer strafbaren Handlung scheide also grober Undank im Sinne des § 948 ABGB aus.

b) Zur Anfechtung des Übergabsvertrages wegen Arglist oder Irrtums:

Was zur Verneinung einer gerichtlich strafbaren betrügerischen Handlung gesagt wurde, gelte auch für den zivilrechtlichen Begriff der List im Sinne des § 870 ABGB. List in diesem Sinne sei nämlich nichts anderes als rechtswidrige vorsätzliche Täuschung (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 870 mwN).

§ 871 ABGB betreffe nur den Irrtum über den Inhalt der Erklärung, also den Geschäftsirrtum im weiteren Sinn, im Gegensatz zum Motivirrtum, der zufolge § 901 ABGB prinzipiell unbeachtlich sei (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 871). Eine Ausnahme bestehe allerdings zufolge des letzten Satzes des § 901 ABGB für unentgeltliche Verträge. Für solche seien die bei den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften anzuwenden. Bei unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden sei daher zufolge Verweisung auf

§ 572 ABGB auch der Motivirrtum beachtlich (Welser in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 572; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 901). Bei Anwendung des § 572 Satz 2 ABGB könne aber auch der Motivirrtum solche Geschäfte nur dann zum Scheitern bringen, wenn der Wille des Vertragspartners einzig und allein auf diesem irrigen Beweggrund beruhte. Der bloße Nachweis eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen einer irrtümlichen Vorstellung des Vertragspartners und dem Vertragsinhalt reiche nicht aus, vielmehr sei der Nachweis der Ausschließlichkeit des irrigen Beweggrundes erforderlich (SZ 52/173 mwN und jüngst 4 Ob 606/88). Die Beweislast für das Vorliegen der Ausschließlichkeit des irrigen Beweggrundes treffe nach allgemeinen Beweislastregeln denjenigen, der die unentgeltliche Zuwendung unter Lebenden wegen eines Motivirrtums anfechte. Im vorliegenden Fall stützten die Kläger ihre Klage auf einen Irrtum darüber, daß sie sich durch den Abschluß des übergabsvertrages von den Lasten befreien wollten, die wegen der Reparaturbedürftigkeit des rund 400 Jahre alten Hauses auf sie zugekommen wären. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes, die auf der Aussage des Erstklägers als Partei beruhen, wären die Kläger auch nicht imstande gewesen, die mit dem Kanalanschluß des Hauses verbundenen Kosten zu tragen, weshalb sie sich entschlossen, das Haus einem ihrer Kinder zu übergeben. Ein weiteres Motiv zur Übergabe bestand darin, das Haus im Familienbesitz zu erhalten. Mit der Übertragung des Eigentumsrechtes an den Beklagten hätten sich die Kläger von den Verpflichtungen zur Zahlung von Kanalanschlußkosten befreit. In diesem Punkt hätten die Kläger also nicht geirrt. Dasselbe gelte auch für die Durchführung von Reparaturen und die damit verbundenen Kosten. Auch darin hätten die Kläger nicht geirrt. Was die Erhaltung des Hauses im Familienbesitz betreffe, so sei diesem Wunsch nach dem Ergebnis der Vertragsverhandlungen dadurch Rechnung getragen worden, daß 8 von 9 weiteren Geschwistern des Beklagten für den Fall der Veräußerung der Liegenschaft durch den Beklagten das Vorkaufsrecht eingeräumt worden sei, sodaß also auch in dieser Hinsicht dem ursprünglichen Beweggrund der Kläger weitgehend entsprochen worden sei. Wie schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt habe, liege hier im übrigen schon deshalb keine irrige Vorstellung der Kläger vor, weil diese im Zuge der Vertragsverhandlungen von ihrer ursprünglichen Absicht (Beweggrund) abrückten und sich mit der Begründung des Vorkaufsrechtes zugunsten der Geschwister des Beklagten einverstanden erklärten, insoweit also nachgegeben haben, sodaß letztlich der Vertrag in seiner konkreten Ausformung im Sinne der zuletzt gewählten Fassung ihren Vorstellungen entsprach. Deshalb könne auch in diesem Punkt nicht von einem Irrtum, auch nicht von einem Motivirrtum, die Rede sein. Aber selbst wenn man hier einen Irrtum annehmen wollte, wäre dieser irrige Beweggrund nicht der ausschließliche gewesen.

Bei diesen Überlegungen sei zugunsten der Kläger von der Annahme ausgegangen worden, daß es sich bei dem vorliegenden Übergabsvertrag um eine unentgeltliche Zuwendung gehandelt habe, obgleich auch dies nicht ohne weiteres gesagt werden könne. Da der Beklagte eine Reihe von in Geld meßbaren Verpflichtungen übernommen hat, liege eine reine Schenkung keinesfalls vor. Diese Gegenleistungen des Beklagten wurden der Höhe nach einvernehmlich mit der Gesamtsumme von

S 342.755,-- bewertet (S 100.000,-- für das Holznutzungsrecht,

S 10.000,-- für das Gartennutzungsrecht, S 150.000,-- für die Erbentrichtungsforderungen der Geschwister, S 25.000,-- für das Wohnungsrecht des Georg W***, S 25.000,-- für das Wohnungsrecht der Hildegard K***, S 20.000,-- für das Wohnungsrecht des Wilhelm W*** und S 12.755,-- für die Übernahme einer pfandrechtlich gesicherten Forderung). Ziehe man in Betracht, daß der Beklagte nunmehr die Liegenschaft um den Preis von S 1,5 Mill. verkaufen konnte und dies den wahren Wert der Liegenschaft darstellt, so könnte allerdings angenommen werden, daß auch ein Element der Unentgeltlichkeit dem Vertrag innewohne. Nun komme es aber auf das bloße Verhältnis des Wertes der Leistung zum Wert der Gegenleistung allein nicht an. Eine gemischte Schenkung liege vielmehr erst dann vor, wenn die Parteien einen Teil der Leistung als Geschenk ansehen wollten (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 938; JBl 1978, 645; SZ 50/101). Das Vorliegen einer Schenkungsabsicht habe das Erstgericht nicht festgestellt. Sie sei auch nicht anzunehmen, selbst wenn man die relativ geringe Höhe der Erbabfertigungsansprüche der Geschwister in Betracht ziehe. Dies habe nämlich offenbar seinen Grund darin gehabt, daß auf den Beklagten erhebliche Aufwendungen zur Erhaltung des Hauses zugekommen wären, die ihn ohnedies stark belastet hätten, sodaß eine Schenkung im Umfang der Differenz zwischen dem anzunehmenden Wert der Liegenschaft und den übernommenen Gegenleistungen wohl eher nicht gewollt gewesen sei. Aber selbst wenn man von einer gemischten Schenkung sprechen wollte, wäre die Anfechtung dieses Vertrages wegen Vorliegens eines Motivirrtums aus den oben angeführten Gründen nicht zulässig. Das Vorliegen eines Geschäftsirrtums unter den im § 871 Abs 1 ABGB normierten Voraussetzungen (Veranlassung des Irrtums durch den Beklagten, offenbares Auffallenmüssen des Irrtums und rechtzeitige Aufklärung) scheide überdies von vornherein aus.

c) Zur Anfechtung des Übergabsvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage:

Nach den Behauptungen der Kläger sei es deren Absicht gewesen, die Liegenschaft EZ 203 II KG Längenfeld dem Beklagten deshalb ins Eigentum zu übertragen, weil das Haus mit hohen Kosten renoviert werden hätte müssen, welche die Kläger nicht aufgebracht hätten, ein Verkauf an Dritte aber deshalb nicht in Erwägung gezogen wurde, weil es im Familienverband erhalten werden und der Beklagte die Liegenschaft nicht an Dritte veräußern sollte, wobei man damit rechnete, daß er das Haus auch bewohnen werde. Die Erhaltung des Besitzes im Familienverband sei dabei im Vordergrund gestanden. Durch das Verhalten des Beklagten seien diese Absichten jedoch vereitelt worden. Damit sei auch die ursprüngliche Geschäftsgrundlage weggefallen. Dem sei, wie schon zur Irrtumsanfechtung ausgeführt wurde, entgegenzuhalten, daß diese von den Klägern verfolgten Absichten in der Folge, und zwar im Zuge der Vertragsverhandlungen mit dem Beklagten, teilweise insoferne eingeschränkt worden seien, als sich die Kläger mit der Einräumung eines Vorkaufsrechtes zugunsten der Geschwister des Beklagten abgefunden hätten, was die Möglichkeit und Zulässigkeit des Verkaufes der Übergabsliegenschaft durch den Beklagten mit einschließe. In dieser Form sei also die Absicht der Parteien Vertragsinhalt geworden. Deshalb könne auch von einem gemeinsamen Irrtum über als selbstverständlich vorausgesetzte und deshalb auch nicht in den Vertrag aufgenommene Umstände nicht gesprochen werden, der es den Klägern nicht zumutbar erscheinen ließe, den Vertrag aufrecht zu erhalten. Durch den Verkauf der Liegenschaft sei vielmehr eine neue Sachlage eingetreten, die nicht gänzlich ausgeschlossen war, mit der also gerechnet werden mußte, weil anders die Einräumung des Vorkaufsrechtes keinen Sinn gehabt hätte. Der zweifellos ursprünglich im Vordergrund gestandene Endzweck des Vertrages, die Liegenschaft im Familienbesitz zu erhalten, sei also in einem auch von den Klägern so verstandenen und zu verstehenden eingeschränkten Sinn als Vertragsbestimmung verwirklicht worden, weshalb vom Wegfall der objektiven Geschäftsgrundlage nicht gesprochen werden könne.

Bei dieser Sach- und Rechtslage habe es keiner Beweisaufnahme durch Sachverständige über den Wert der Übergabsliegenschaft bei gleichzeitiger Beurteilung des Wertes der vereinbarten Gegenleistungen des Beklagten bedurft. Wie sich nämlich aus den vorstehenden Ausführungen zur Rechtsrüge ergebe, sei auf die Möglichkeit der Beurteilung des Übergabsvertrages als (gemischte) Schenkung Bedacht genommen, aber auch unter diesem Gesichtspunkt die Anfechtbarkeit des Übergabsvertrages verneint worden. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Kläger mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Kläger vertreten in ihrer Revision weiterhin den Standpunkt, daß der streitgegenständliche Übergabsvertrag überwiegend als unentgeltlich und daher als Schenkung anzusehen sei, weshalb sie berechtigt seien, diesen Vertrag wegen groben Undanks, Arglist, Irrtums oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzufechten. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Oberste Gerichtshof ist vielmehr gleich den Vorinstanzen der Ansicht, daß den Klagebegehren selbst unter der Annahme kein Erfolg beschieden sein könnte, daß eine (gemischte) Schenkung vorläge:

Die Anfechtung des Übergabsvertrages wegen groben Undanks (in der Form des strafrechtlichen Betruges) oder wegen Arglist (zivilrechtlichen Betruges) scheitert schon daran, daß den Klägern nach den Feststellungen der Beweis nicht gelungen ist, der Beklagte habe bereits bei Vertragsabschluß den (zumindest bedingten) Vorsatz gehabt, das Haus nicht zu renovieren, nicht im Haus zu wohnen und die Liegenschaft an einen außenstehenden Dritten zu verkaufen. Soweit die Kläger meinen, das Verhalten des Beklagten zeige dies eindeutig, gehen sie nicht von den vorinstanzlichen Feststellungen aus. Es erübrigt sich demnach, auf die weiteren Revisionsausführungen zu den erwähnten Anfechtungsgründen einzugehen.

Die Anfechtung des Übergabsvertrages wegen Motivirrtums halten die Kläger deshalb für begründet, weil sie von der irrigen Annahme ausgegangen seien, durch die Ausbedingung des Vorkaufsrechtes für 8 Geschwister des Beklagten einen Verkauf der Liegenschaft an außenstehende Dritte verhindern zu können. Dabei übersehen sie einerseits, daß der von ihnen behauptete Irrtum nicht festgestellt, sondern vom Berufungsgericht sogar als äußerst fragwürdig bezeichnet wurde, und andererseits, daß nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (4 Ob 606/88) auch eine erfolgreiche Anfechtung unentgeltlicher Verträge wegen Motivirrtums voraussetzt, daß der Wille des Vertragspartners einzig und allein auf dem irrigen Beweggrund beruhte, und die Erhaltung des Hauses im Familienbesitz nicht der ausschließliche Beweggrund gewesen ist.

Auch die Anfechtung des Übergabsvertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage stützen die Kläger in der Revision letzten Endes auf ihren behaupteten Irrtum über die Wirkung des Vorkaufsrechtes. Es genügt daher, zur Widerlegung ihrer Argumentation auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Irrtumsanfechtung zu verweisen. Wäre die Annahme der Kläger richtig, daß der gegenständliche Übergabsvertrag als Schenkung anzusehen sei, dann käme noch hinzu, daß eine Heranziehung der Lehre von der Geschäftsgrundlage bei einem Schenkungsvertrag nicht in Betracht kommt, weil die §§ 572 und 901 ABGB für unentgeltliche Geschäfte keine Lücke aufweisen und hier das Gesetz selbst die Auswirkungen veränderter Verhältnisse in den Fällen der §§ 947, 948 und 950 f ABGB regelt (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 901; 4 Ob 606/88; vgl. auch Apathy in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 901, Koziol-Welser8 I 326, SZ 54/71). Da gegen die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch das Berufungsgericht auch sonst keine Bedenken bestehen, war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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