OGH 4Ob628/88

OGH4Ob628/887.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***-B*** Inc., 8340 Center Street, River Grove, Illinois, USA, vertreten durch Dr.Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** D***

Gesellschaft mbH, Wien 15., Siebeneichengasse 2, vertreten durch Dr.Herwig Kubac und Dr.Harald Svoboda, Rechtsanwälte in Wien, wegen 458.106 S sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 7. Oktober 1988, GZ 1 R 192/88-24, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30.Juni 1988, GZ 25 Cg 570/87-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 14.739,45 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 1.339,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin - eine Kapitalgesellschaft mit dem Sitz in Illinois, USA - begehrte mit der vorliegenden Klage von der Beklagten die Zahlung eines Schadenersatzbetrages von 458.106 S sA. Die Beklagte habe die mit Vertrag vom 3.Mai 1983 gegenüber der Klägerin übernommene Verpflichtung zur Bierlieferung sowohl verspätet als auch mangelhaft erfüllt; desgleichen auch die im Protokoll vom 23.Jänner 1984 zum Zweck der Schadensgutmachung übernommene Verpflichtung zur Lieferung von Ersatzware. Hiedurch sei der Klägerin ein Schaden von insgesamt US-Dollar 20.823 entstanden, dessen Gegenwert in österreichischen Schilling nach dem Kursmittelwert zum Stichtag 1.Feburar 1985 die Klageforderung ergebe. Das Erstgericht trug der Beklagten mit Beschluß vom 27.Oktober 1987 gemäß § 243 Abs 4 ZPO die Beantwortung der Klage binnen drei Wochen auf.

Mit dem fristgerecht am 23.November 1987 überreichten Schriftsatz ON 2 stellte die Beklagte den Antrag, der Klägerin eine Sicherheitsleistung von 200.000 S für die Prozeßkosten aufzuerlegen; zugleich erstattete sie "für den Fall, daß sie verpflichtet werde, das Verfahren in der Hauptsache fortzusetzen", eine Klagebeantwortung, mit welcher sie ausschließlich sachliche Einwendungen gegen den Schadenersatzanspruch der Klägerin erhob. Die Klägerin erlegte daraufhin am 4.Dezember 1987 ein auf die Bezeichnung "Manfred B***" lautendes Sparbuch der

C***-B***, Filiale Stockerau, mit einem Einlagestand zum 24.März 1987 von 100.000 S und stellte den Antrag auf Abweisung des darüber hinausgehenden Sicherheitsleistungsantrages der Beklagten.

In der darauffolgenden Streitverhandlung vom 22.April 1988 verhandelte und entschied das Erstgericht über den Antrag auf Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten. Es legte der Klägerin den Erlag einer Prozeßkostensicherheitsleistung von 100.000 S "binnen 4 Wochen" auf und erklärte "den Auftrag hiemit als erfüllt", wenn das zwischenzeitig bereits erlegte Sparbuch tatsächlich die Einlage von 100.000 S aufweise (ON 8).

Mit Schriftsatz vom 18.Mai 1988, beim Erstgericht eingelangt am 27. Mai 1988, erhob die Beklagte "vor Streiteinlassung" die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichtes wegen Vorliegens einer Schiedsvereinbarung (ON 12).

Das Erstgericht erklärte sich daraufhin für (sachlich) unzuständig und wies die Klage zurück, weil der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Liefervertrag vom 3.Mai 1983 eine Schiedsklausel zugunsten der Internationalen Handelskammer in Zürich enthalte.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß die von der Beklagten erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit zurückgewiesen werde. Die Unzuständigkeitseinrede sei nicht in der Klagebeantwortung und daher verspätet erhoben worden.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.

Die Klägerin stellt in ihrer "Revisionsbeantwortung" (richtig: Revisionsrekursbeantwortung gemäß § 521 a Abs 1 Z 3 und Abs 2 ZPO) den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Beklagte wendet sich nicht gegen die zutreffende Ansicht des Rekursgerichtes, wonach das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung vor den ordentlichen Gerichten als Verfahrenshindernis wirkt, das nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede der sachlichen Unzuständigkeit wahrzunehmen ist (Fasching, ZPR Rz 2184; derselbe, Kommentar III 167 f; SZ 50/152; MietSlg 33.693/11; SZ 55/89; SZ 57/136 ua). Sie meint aber, daß sie vor Entscheidung über ihren Antrag auf Prozeßkostensicherheit nicht zur Streiteinlassung verpflichtet gewesen wäre und eine solche auch nicht vorgenommen habe; ihr Antrag habe zur Folge gehabt, daß sie zur Erstattung einer Klagebeantwortung nicht verpflichtet war. Sie habe diese auch nur für den Fall erstattet, daß sie auf Grund einer Entscheidung über ihren Antrag auf Sicherheitsleistung zur Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache verpflichtet werde. Damit sei ihr die spätere Erhebung der Unzuständigkeitseinrede noch offengestanden. Diese Argumentation erweist sich aus folgenden Gründen als nicht stichhältig:

Ein Beklagter, der gemäß § 239 Abs 2 ZPO bei sonstigem Ausschluß (§ 59 Abs 1 ZPO) den Antrag auf Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten stellen muß und auch stellt, wird durch § 61 ZPO nur von der Verpflichtung zur Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache befreit; nur insoweit kommt einem solchen Antrag daher die Wirkung einer echten "prozeßhindernden" Einrede zu (Fasching, ZPR Rz 477). Die sonstigen in § 239 Abs 2 ZPO genannten Einreden und Prozeßhandlungen - soweit es sich nicht um solche handelt, die nicht präkludiert, sondern auch im Fall der Verspätung noch als Anregung zur amtswegigen Wahrnehmung zu behandeln sind - muß aber der Beklagte trotz rechtzeitiger Stellung des Antrages auf Prozeßkostensicherheitsleistung gleichzeitig mit diesem, also schon bei der ersten Tagsatzung, erheben bzw vornehmen; nach der Erledigung des Kautionsantrages ist kein Platz mehr für die Geltendmachung dieser weiteren, nur der ersten Tagsatzung vorbehaltenen Einreden oder Prozeßhandlungen (Fasching, Kommentar II 404 f). Dazu gehört gemäß § 240 Abs 1 ZPO auch die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichtes, die nur in den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen des Abs 2 dieser Gesetzesbestimmung auch später noch von Amts wegen berücksichtigt werden könnte. Das Rekursgericht hat daher im Gegensatz zur Meinung der Beklagten zutreffend erkannt, daß durch § 243 Abs 4 Satz 2 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983 all jene Einreden und Anträge, die bei sonstigem Ausschluß in der ersten Tagsatzung vorzubringen sind, im Fall eines ohne Anberaumung einer ersten Tagsatzung erfolgten beschlußmäßigen Auftrages zur Erstattung einer Klagebeantwortung bei sonstigem Ausschluß in dieser vorzubringen sind. Der Kautionsantrag der Beklagten war demnach bereits die Beantwortung der Klage, mit welcher aber die Beklagte die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichtes wegen Vorliegens einer Schiedsvereinbarung noch nicht geltend gemacht hat. Die erste mündliche Streitverhandlung vom 22. April 1988 diente im vorliegenden Fall gemäß § 243 Abs 4 Satz 3 ZPO iVm § 239 Abs 3 ZPO lediglich zur Entscheidung über den Kautionsantrag der Beklagten.

Die von der Beklagten erst danach erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit ist aus allen diesen Gründen verspätet; sie war schon deshalb unbeachtlich und nicht mehr zu berücksichtigen. Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO.

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