OGH 4Ob114/88

OGH4Ob114/887.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*** & W*** Zeitschriftengesellschaft mbH, Wien 16., Baumeistergasse 25, vertreten durch Dr. Günther Weingartner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) E***R***B*** Verlagsgesellschaft mbH & Co KG, Wien 6., Mariahilferstraße 71, vertreten durch DDr. Walter Barfuß ua., Rechtsanwälte in Wien, 2.) A*** A*** FÜR F*** Gesellschaft mbH, Wien 6., Loquaiplatz 13,

3.) Peter K***, Angestellter, p.A. der Zweitbeklagten, beide vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 305.000,-) infolge Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22. September 1988, GZ 1 R 189/88-13, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14. Juli 1988, GZ 37 Cg 185/88-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die erstbeklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist die Medieninhaberin (Verlegerin) einer Fachzeitschrift für den Elektrohandel und das Gewerbe mit dem Titel "E & W". Im Verlag der Erstbeklagten erscheint die Fachzeitschrift "ERH-Elektro Radio Handel". Die Zweitbeklagte organisiert Fachausstellungen, insbesondere eine Fachmesse für Installations- und Elektrotechnik unter der Bezeichnung "IET". Der Drittbeklagte ist Angestellter der Zweitbeklagten.

In den Nummern 1 bis 2, 4 und 5/1988 der Zeitschrift "E & W" erschienen ein Herausgeberbrief sowie mehrere Artikel, in denen ua. berichtet wurde, daß Pläne für eine Zusammenlegung der Fachmessen "Aquatherm" und "IET" bestünden. Diese Berichterstattung war jedoch nicht richtig: Es war nie davon die Rede, daß die Fachausstellungen "Aquatherm" und "IET" integriert werden sollten. Auch in einem Gespräch, das der Herausgeber der Zeitschrift der Klägerin, Helmut R***, und der Angestellte der Klägerin Dr. Friedrich K*** einerseits mit dem Direktor der W*** M*** und C*** GmbH, KR Gerd A. H***, und dem Bundesinnungsmeister der Elektro-, Radio- und Fernsehtechniker, KR Hans B***, andererseits geführt hatten, war von einer Vereinigung dieser beiden Fachausstellungen nicht die Rede.

Am 6. Mai 1988 ersuchten KR Gerd A. H***, KR Hans B***, der "IET-Fachbeiratsvorsitzende Ing. Roland G*** und der Drittbeklagte in einem (u.a.) auch an die Klägerin und die Erstbeklagte gerichteten Schreiben einen mit "Entgegnung zum Bericht E & W/Ausgabe 4/88 'aquatherm '88' - in zwei Jahren mit der 'IET'" überschriebenen Brief wegen einer "die ganze Elektrobranche irritierenden Falschmeldung über die IET '88 in der Zeitschrift E & W Nr. 4/88" zu veröffentlichen. Die Erstbeklagte kam diesem Ersuchen in der am 5. Mai 1988 erschienenen Ausgabe der Zeitschrift "ERH-Elektro Radio Handel" nach. Das Schreiben hatte folgenden Wortlaut:

"Diese von den E & W-Journalisten sehnsüchtig gewünschte Traumhochzeit wird bleiben (gemeint: ein Traum bleiben). Nach Gesprächen mit Herrn Komm.Rat Gerd A. H*** - Direktor der W*** M*** und C*** Ges.mbH, Komm.-Rat Hans

B*** - Bundesinnungsmeister und dem Verantwortlichen der ARGE für Fachausstellungen - Herrn Peter K***, wurde vom Fachbeirat der 'IET' einstimmig beschlossen, daß auf dem Gebiet der Elektrotechnik die 'IET' - die im Abstand von 2 Jahren veranstalteten Informationstage Elektrotechnik - als alleinige und einzige Fachmesse für Industrie, Handel und Gewerbe im österreichischen Messekalender bleiben wird.

Die in diesem Artikel zitierten Statements entstammen der journalistischen Ideenfabrik und Traumwelt der E & W, sowie die vielen vorhergegangenen Falschmeldungen und lancierten Verunsicherungen betreffend die 'IET', wie: Öffnung der 'IET' zur Publikumsmesse, unnötige Überhäufung mit Info-Zentren, 3 unwirtschaftliche 'IET'-Branchenführer, usw.

Die journalistische Effekthascherei der E & W-Crew dient dem Selbstzweck einer vermeintlichen Selbstprofilierung. Denn der Herausgeber Herr Helmut R*** selbst wollte ein zusätzliches Info-Zentrum, wie auf der 'HIT' zur Unterstützung seiner Idee - Club E - inszinieren, sowie einen kostenlosen 'IET'-Branchenführer herausgeben. Das alles natürlich nur unter der Prämisse einer kostenlosen Platzbereitstellung durch den Veranstalter, der ARGE für Fachausstellungen.

Viele Worte - zu viele Worte - wenig real, besser irreal!!! So bleibt es dem Leserkreis der E & W vorbehalten, die redaktionellen Seifenblasen zu glauben oder sich von der Realität auf der 'IET', durch Realisierung eines Konzeptes für die gesamte E-Branche, zu überzeugen.

........"

Diese "Entgegnung" war von KR Gerd A. H***, KR Hans B***, Ing. Roland G*** und dem Drittbeklagten unterzeichnet. Zur Verfassung dieser "Entgegnung" war es auf Drängen des Drittbeklagten gekommen, der erklärt hatte, daß die "IET" platzen würde, wenn die Entgegnung nicht unterschrieben werde. KR Gerd A. H*** hatte KR Hans B*** mit der Begründung um Unterfertigung ersucht, daß er sonst Schwierigkeiten mit dem Beirat der "IET" haben werde, der Rücktrittsabsichten geäußert habe.

Zur Sicherung ihres Anspruches auf Unterlassung "wettbewerbswidriger und ehrenrühriger Aussagen" beantragt die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung das Verbreiten folgender Behauptungen zu verbieten:

"Die in diesem Artikel zitierten Statements entstammen der journalistischen Ideenfabrik und der Traumwelt der 'E & W', sowie die vielen vorhergegangenen Falschmeldungen und lancierten Verunsicherungen betreffend die 'IET', wie: Öffnung der 'IET' zur Publikumsmesse, unnötige Überhäufung mit Info-Zentren, drei unwirtschaftliche 'IET' Branchenführer, usw ... Die journalistische Effekthascherei der E & W-Crew dient zum Selbstzwecke einer vermeintlichen Selbstprofilierung. Denn der Herausgeber Helmut R*** selbst wollte ein zusätzliches Info-Zentrum wie auf der 'HIT' zur Unterstützung seiner Idee-Club E - inszinieren, sowie einen kostenlosen 'IET'-Branchenführer herausgeben. Das alles natürlich nur unter der Prämisse einer kostenlosen Platzbereitstellung durch den Veranstalter, der ARGE für Fachausstellungen. Viele Worte - zu viele Worte - wenig real, besser irreal! So bleibt es dem Leserkreis der 'E & W' vorbehalten, die redaktionellen Seifenblasen zu glauben oder sich von der Realität auf der 'IET' durch Realisierung eines Konzeptes für die gesamte E-Branche, zu überzeugen". Weiters beantragte die Klägerin, den Beklagten aufzutragen, bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteiles das Verbreiten der Nr. 5/1988 der Zeitschrift "ERH-Elektro Radio Handel" zu unterlassen. In einem am 11. März 1988 im Büro von KR Gerd A. H*** geführten Gespräch, an dem Herren der Klägerin beteiligt gewesen seien, habe sich die Vermutung der Klägerin bestätigt, daß das bisherige Scheitern eines von der W*** M*** angestrebten gemeinsamen Fachmesseprojektes auf die mangelnde Gesprächsbereitschaft der Elektrotechnikbranche zurückzuführen sei. Dabei sei auch Einigung dahin erzielt worden, sich weiterhin um die Vereinigung der beiden Fachausstellungen zu bemühen. Die von der Beklagten veröffentlichte "Entgegnung" enthalte dagegen völlig unqualifizierte Vorwürfe gegen die Klägerin und deren Mitarbeiter. KR Gerd A. H*** und KR Hans B*** hätten die "Entgegnung" nur unterschrieben, weil Ing. Roland G*** mit seinem Rücktritt als Vorsitzender des "IET"-Beirates sowie damit gedroht habe, alle Aussteller aufzufordern, die "IET" 1988 nicht zu beschicken. Um den Erfolg der "IET" nicht zu gefährden, habe die Klägerin mit KR Gerd A. H*** vereinbart, die "Entgegnung" nicht zu veröffentlichen, aber auch keine gerichtlichen Schritte gegen ihre Autoren einzuleiten. Die Erstbeklagte habe jedoch die "Entgegnung" veröffentlicht, um sich mit Hilfe der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten Wettbewerbsvorteile im Anzeigengeschäft zu verschaffen. So habe Ing. Roland G*** bereits Anzeigenaufträge bei der Klägerin storniert. Die Vorwürfe publizistischer Unseriosität eröffneten der Erstbeklagten die Chance, weiteres Insertionsvolumen von der Klägerin abzuziehen. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Unterlassung derartiger ehrenrühriger Aussagen.

Die Beklagten sprachen sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Die Erstbeklagte habe lediglich eine Presseaussendung der an der Veranstaltung der Fachmesse "IET" maßgeblich beteiligten Personen abgedruckt, für deren Richtigkeit sie gemäß § 3 UWG nicht einzustehen habe; nicht die Erstbeklagte, sondern der aus den Unterzeichnern der "Entgegnung" bestehende Personenkreis habe damit zum Publikum gesprochen. Die Zweitbeklagte und der Drittbeklagte bestritten das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung, einer Wettbewerbsabsicht und eines Wettbewerbsverhältnisses zur Klägerin.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Klägerin habe nicht bescheinigt, daß die Auseinandersetzung der Erstbeklagten die Möglichkeit geboten habe, sich mit Hilfe der Zweitbeklagten und des Drittbeklagten Vorteile im Inseratengeschäft zu verschaffen; damit sei aber eine der Voraussetzungen für die Annahme eines Verstoßes gegen § 1 UWG, der nach Meinung der Klägerin offenbar vorliege, nicht gegeben.

Das Rekursgericht gab dem nur gegen die Abweisung des Sicherungsantrages gegen die Erstbeklagte gerichteten Rekurs der Klägerin Folge und erließ die beantragte einstweilige Verfügung gegen die Erstbeklagte; weiters sprach es aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,- übersteige. Sowohl die Klägerin als auch die Erstbeklagte wendeten sich mit ihren Fachpublikationen an Branchenmitglieder des Elektrohandels; sie stünden daher im Wettbewerb. Das Veröffentlichen der "Entgegnung" sei auch objektiv geeignet gewesen, den Absatz der Klägerin zum Vorteil der Erstbeklagten zu beeinflussen; es sei daher auch eine Wettbewerbshandlung. Selbst dann, wenn man der Auffassung folge, daß bei Presseäußerungen die Vermutung für das Vorliegen der Wettbewerbsabsicht bei Handlungen objektiv wettbewerbsrechtlichen Charakters oder bei Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses im Interesse der Pressefreiheit nicht ohne weiteres angewendet werden könne, müsse auch die Wettbewerbsabsicht der Erstbeklagten bejaht werden, sei es doch hier nicht um eine weltanschauliche Auseinandersetzung, sondern unmittelbar um die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin gegangen. Der beanstandeten Veröffentlichung sei es nicht darum gegangen, das Publikum sachbezogen zu unterrichten und am öffentlichen Meinungsbildungsprozeß teilzunehmen; wegen der aggressiven und verallgemeinerten Tendenz der Äußerungen, die gegenüber der Sachinformation bei weitem in den Vordergrund getreten sei, sei vielmehr anzunehmen, daß im vorliegenden Fall der Wettbewerbszweck überwogen habe. Erklärungen, die geeignet seien, einen Mitbewerber vor der Öffentlichkeit ohne nähere Begründung als unseriös hinzustellen, seien für Pressefehden weltanschaulicher, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Art oder für eine sachbezogene Aufklärung des Publikums nicht typisch; sie dienten in der Regel dazu, die eigenen geschäftlichen Leistungen gegenüber denen der Konkurrenz herauszustellen. Die Aussage in der "Entgegnung", daß die Berichterstattung der Klägerin der Unterstützung von geschäftlichen Vorhaben des Herausgebers gedient habe, sei eine typische Behauptung im Sinne des § 7 UWG mit nachprüfbarem Inhalt; ihr sei der Vorwurf zu entnehmen, Veröffentlichungen in der Zeitschrift der Klägerin dienten nicht der objektiven Berichterstattung, sondern überwiegend oder ausschließlich persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen des Herausgebers. Bezeichnungen wie "Ideenfabrik, Traumwelt, Falschmeldungen, lancierte Verunsicherungen, Effekthascherei, redaktionelle Seifenblasen" enthielten gerade im Medienwesen besonders gravierende Herabsetzungen des angegriffenen Produktes; sie seien daher auch geeignet, den Betrieb der Klägerin oder deren Kredit zu schädigen. Den Beweis, daß die beanstandete "Entgegnung" richtig war, habe die Erstbeklagte gar nicht angetreten. Selbst wenn aber die Berichterstattung der Klägerin über die geplante Zusammenlegung der beiden Fachausstellungen richtig gewesen wäre, wären die hier beanstandeten pauschalen Vorwürfe nicht gerechtfertigt.

Auch das Tatbestandsmerkmal des "Verbreitens" unwahrer Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 7 UWG sei ungeachtet des Umstandes, daß erkennbar ein Leserbrief veröffentlicht worden sei, zu bejahen. Die Weitergabe des von anderer Seite Gehörten an Dritte werde dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Quelle, aus der die Nachricht stammt, angegeben werde; auch das bloße Weitergeben einer fremden Behauptung sei eine Verbreitung. Daß die Erstbeklagte nicht erklärt habe, sich mit dem Inhalt des Leserbriefes zu identifizieren, könne daher ihre Verantwortlichkeit nicht beseitigen. Die wettbewerbsrechtliche Haftung des Verlegers für den Inhalt veröffentlichter Leserbriefe sei insbesondere dann zu bejahen, wenn ein Mitbewerber davon betroffen sei.

Auf § 3 UWG könne sich die Erstbeklagte nicht mit Erfolg berufen, weil mit der Veröffentlichung der "Entgegnung" nicht ausschließlich das Interesse dritter Personen verfolgt, sondern (auch) die Förderung des Wettbewerbs des eigenen Zeitungsunternehmens bezweckt worden sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Erstbeklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wiederherzustellen; hilfweise stellt die Erstbeklagte auch einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Nach Auffassung der Erstbeklagten gehe das "zur Sicherung des Anspruches auf Unterlassung wettbewerbswidriger und ehrenrühriger Äußerungen" erlassene Verbot über das im Hauptverfahren erhobene Begehren "auf Unterlassung wahrheitswidriger und ehrenrühriger Aussagen" hinaus. Es stehe nicht fest, daß die beanstandeten Äußerungen unrichtig waren; das Erstgericht habe vielmehr festgestellt, daß die vom Leserbrief kritisierte Berichterstattung der Klägerin unrichtig gewesen sei. Die Erstbeklagte bekämpft auch die Annahme der Wettbewerbsabsicht und die Ablehnung des Haftungsausschlusses gemäß § 3 UWG durch das Rekursgericht. Den von der Erstbeklagten dazu vorgetragenen Argumenten kann jedoch nicht beigepflichtet werden:

Der Auffassung der Erstbeklagten, der Sicherungsantrag wäre schon deshalb abzuweisen gewesen, weil er über das Hauptbegehren hinausgehe, ist lediglich entgegenzuhalten, daß Unterlassungsanspruch und Sicherungsantrag wörtlich übereinstimmen. Von einer zweiten Fassung des Sicherungsantrages aber auch deshalb keine Rede sein kann, weil die Klägerin sowohl im Hauptverfahren als auch im Provisorialverfahren ehrenrührige Aussagen verfolgt. Das Rekursgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß der beanstandeten "Entgegnung" der pauschale Vorwurf entnommen werden kann, Veröffentlichungen in der Zeitschrift der Klägerin dienten schlechthin nicht der objektiven Berichterstattung, sondern ganz überwiegend oder sogar ausschließlich persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen des Herausgebers, sie basierten nicht auf den Ergebnissen journalistischer Recherchen, sondern seien ausschließlich an persönlichen Zwecken orientiert. Damit wurde aber nicht nur zum Ausdruck gebracht, daß die Berichterstattung der Klägerin über bestehende Absichten zur Zusammenlegung bestimmter Fachmessen unrichtig gewesen sei; mit den beanstandeten Äußerungen wurde vielmehr die Berichterstattung der Klägerin als solche abgewertet und in ein schiefes Licht gestellt. Da es sich dabei ganz überwiegend um keine Tatsachenbehauptungen handelte, liegt insoweit eine objektive Nachprüfung entzogene, mit Schlagworten operierende - und deshalb dem Wahrheitsbeweis

entzogene - Pauschalabwertung eines Konkurrenten vor, die den Boden einer sachlichen Aufklärung des Publikums verläßt und deshalb gegen § 1 UWG verstößt (Gamerith, Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur vergleichenden Werbung - Verbotsprinzip oder Mißbrauchsprinzip? HWR 1988, Heft 6, 7 ff !23 ; ÖBl 1984, 5). Soweit die herabsetzenden Äußerungen der "Entgegnung" aber auch einen Tatsachenkern enthalten, verstoßen sie gegen § 7 UWG. Diese Bestimmung schützt den Verletzten vor der zu Zwecken des Wettbewerbs vorgenommenen Behauptung oder Verbreitung nicht erweislich wahrer Tatsachen über das Unternehmen eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Unternehmens, über die Ware oder Leistungen, die geeignet sind, den Kredit des Inhabers zu schädigen. Der Begriff der Tatsachenbehauptung wird von Lehre und Rechtsprechung zum Schutze des Verletzten seit jeher weit ausgelegt und darin jede Äußerung über Vorgänge oder Zustände objektiv nachprüfbaren Inhalts erblickt (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 39; ÖBl 1973, 105; ÖBl 1978, 151; ÖBl 1984, 5). Herabsetzende Tatsachenbehauptungen können daher auch durch bloße Andeutungen und Umschreibungen verbreitet werden (ÖBl 1974, 114; ÖBl 1981, 122). Die in der "Entgegnung" enthaltenen herabsetzenden Tatsachenbehauptungen über die Berichterstattung der Klägerin sind jedenfalls nicht erweislich wahr; den Beweis, daß sie richtig seien, hat die Erstbeklagte - wie das Rekursgericht richtig ausgeführt hat - nicht einmal angetreten. Es kann aber auch keinem Zweifel unterliegen, daß die abwertende Kritik an der Berichterstattung der Klägerin geeignet war, den Kredit der Klägerin zu schädigen. Die zutreffende Auffassung des Rekursgerichtes, daß auch das Weitergeben fremder Behauptungen als "Verbreiten" im Sinne des § 7 UWG anzusehen ist (ÖBl 1978, 3), daß die Angabe der Quelle, aus der die Nachricht stammt, den Eintritt der sich aus § 7 UWG ergebenden Rechtsfolgen nicht verhindern kann (ÖBl 1975, 33), und daß es auch keinen Unterschied macht, wenn sich solche Äußerungen in Briefen Dritter finden (ÖBl 1967, 85), bekämpft die Erstbeklagte im Revisionsrekursverfahren nicht mehr.

Die Ausführungen der Erstbeklagten zur Wettbewerbsabsicht lassen sich kurz dahin zusammenfassen, daß bei Presseäußerungen die Vermutung nicht dafür spreche, daß sie in Wettbewerbsabsicht gemacht wurden; das Rekursgericht hätte aber auch aus den konkreten Formulierungen der "Entgegnung" nicht auf die Wettbewerbsabsicht schließen dürfen, weil sie nicht von der Klägerin stammten und ein Bedürfnis daran bestanden habe, die Öffentlichkeit über die Meinung maßgeblicher Branchenmitglieder betreffend die Berichterstattung in der Zeitschrift der Klägerin zu informieren; die Erstbeklagte habe sich mit dem Inhalt der veröffentlichten "Entgegnung" auch nicht identifiziert. Auch diesen Ausführungen kann kein Erfolg beschieden sein:

Auszugehen ist zunächst davon, daß die Veröffentlichung des Leserbriefes, in dem die Berichterstattung in der Zeitschrift der Klägerin herabgesetzt wurde, objektiv geeignet war, den Wettbewerb der Erstbeklagten zum Nachteil der Klägerin zu fördern. Ob ein Verhalten geeignet ist, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, ist eine Rechtsfrage; dagegen gehört die Feststellung, ob Wettbewerbsabsicht vorliegt, zum Tatsachenbereich (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 282 Rz 230 EinlUWG; SZ 47/23; ÖBl 1984, 102). Wenn miteinander im Wettbewerb stehende Gewerbetreibende im geschäftlichen Verkehr Äußerungen machen, die objektiv geeignet sind, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, dann spricht nach der Lebenserfahrung die tatsächliche Vermutung für die Wettbewerbsabsicht (Baumbach-Hefermehl aaO 284 Rz 233 EinlUWG). Dasselbe gilt, wenn ein Gewerbetreibender im Wettbewerb abfällige Äußerungen über einen Konkurrenzbetrieb macht (Hohenecker-Friedl aaO 20). Die festgestellte Wettbewerbsabsicht muß aber nicht das einzige oder wesentliche Ziel der Handlung gewesen sein; sie darf nur gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten (SZ 44/116); ob dies der Fall ist oder die (mitspielende) Wettbewerbsabsicht neben anderen Zielen der Handlung noch Gewicht hat, ist als Wertung eine Rechtsfrage, die auf Grund der zu den konkurrierenden Motiven und Zwecken des Handelnden getroffenen Tatsachenfeststellungen zu beurteilen ist (4 Ob 101/88). Wie weit die festgestellte Absicht eines Zeitungsverlages, durch das Verbreiten eines Leserbriefes den eigenen Wettbewerb zu fördern, hinter das Bedürfnis, die Öffentlichkeit über die Meinung des Leserbriefschreibers zu informieren, zurücktreten kann, muß aber im vorliegenden Fall gar nicht beurteilt werden: Hier handelt es sich weder um weltanschauliche Auseinandersetzungen noch um eine sachliche Kritik, sondern um Äußerungen, die den unmittelbaren Mitbewerber pauschal herabsetzen und in seinem Kredit schädigen; an solche Äußerungen ist stets ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. Baumbach-Hefermehl aaO 287 ff Rz 235 und 237 EinlUWG; Ochs, Wettbewerbsrechtliche Probleme 56 f; Kreft in Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechtes 99; BGH in GRUR 1982, 234). Auch im Pressewesen besteht kein schutzwürdiges Informationsbedürfnis an der pauschalen Herabsetzung von Mitbewerbern, auch nicht zum Zweck der Information über die Meinung maßgeblicher Mitglieder einer bestimmten Branche betreffend die Berichterstattung eines unmittelbaren Konkurrenten. Für die Annahme, daß ein solches Informationsbedürfnis die Absicht, den eigenen Wettbewerb zu fördern, in den Hintergrund dränge, bleibt daher kein Raum. Aber auch die Auffassung der Erstbeklagten, daß aus den Formulierungen der "Entgegnung" nicht auf ihre eigene Absicht geschlossen werden dürfe, ist unrichtig, weil es ihr freigestanden war, den Leserbrief im vollen Wortlaut abzudrucken oder nur über den richtigen Teil seines Inhaltes unter Berufung auf die Verfasser zu berichten. Mit der wörtlichen Veröffentlichung des Leserbriefs hat die Erstbeklagte dessen Formulierungen übernommen und sie daher auch zu vertreten.

Auch aus § 3 UWG, der die Unterlassungsklage gegen den Zeitungsherausgeber oder -eigentümer wegen irreführender Ankündigungen ausschließt, durch die nicht die Zeitung, sondern der Inserent zum Publikum spricht (ÖBl 1964, 94), kann keine Befreiung der Erstbeklagten von der Haftung für die Veröffentlichung des Leserbriefes ("Entgegnung") abgeleitet werden; diese nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Einordnung nur auf § 2 UWG Bezug nehmende Bestimmung, die von der Rechtsprechung auch auf alle anderen wahrheitswidrigen oder sonst zur Irreführung geeigneten Zeitungsinserate ausgedehnt wird (so in SZ 49/57 = ÖBl 1976, 163 auf die gemäß § 30 Abs 1 UWG unzulässige Ankündigung eines "Konkursverkaufes" in einem Zeitungsinserat ist auf die unsachliche Pauschalabwertung eines Konkurrenten durch Verbreiten eines Leserbriefes in einer Zeitschrift keinesfalls anwendbar. Somit war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Erstbeklagten auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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