Normen
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §21
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §34
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §21
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §34
Spruch:
§ 34 Abs. 3 UWG ist auch auf Unterlassungsklagen gemäß § 30 UWG anwendbar ("Konkursverkauf")
Hat sich der betreibende Gläubiger bereits einen Exekutionstitel gegen den Urheber der Ankündigung verschafft, dann kann von einem "Wahlrecht" zwischen einer Antragstellung nach § 21 Abs. 1 und einen Sicherungsantrag nach § 21 Abs. 2 UWG keine Rede mehr sein
OGH 27. April 1976, 4 Ob 311/76 (OLG Wien 3 R 5/76; HG Wien 19 Cg 255/75
Text
Folgender Sachverhalt ist bescheinigt:
Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 21. November 1975, 18 Cg 307/75-7, wurde auf Antrag der klagenden und gefährdeten Partei (in folgenden: Kläger) der Unicommerz Ein-, Aus- und Durchfuhrhandel M S (in folgenden: Unicommerz) im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Leder- und Pelzwaren-Bekleidung, die Ankündigung des Verkaufes von Waren, die aus der Konkursmasse des Konkurses über das Vermögen der Leder- und Pelzwarenhandelsgesellschaft m.b.H. Innsbruck zu S 77/75 des Landesgerichtes Innsbruck stammen, und auch eigene Ware, in Wien, Messepalast, Halle C, als "Konkursverkauf-" und unter der wahrheitswidrigen Ankündigung, der Verkauf erfolge durch den Masseverwalter Rechtsanwalt Dr. G, verboten. Die beanstandeten Ankündigungen seien gemäß § 30 UWG unzulässig, weil die davon betroffenen Waren nach dem Inhalt der zwischen dem Masseverwalter und M S getroffenen Vereinbarung nicht mehr zum Bestand der Konkursmasse gehörten. Da die Unicommerz die Werbung mit einem "Konkursverkauf" gleichzeitig aber auch als Vorspann für den Absatz anderer überhaupt nicht aus dem Konkurs stammender Ware benützt habe, liege auch ein Verstoß gegen § 1 UWG vor.
Die einstweilige Verfügung wurde der Unicommerz am 24. November 1975 zugestellt. Trotzdem sind in der "X-Zeitung", deren Eigenerin und Verlegerin die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (im folgenden: Beklagte am 1. Dezember 1975, 5. Dezember 1975, 6. Dezember 1975 und 15. Dezember 1975 weitere Ankündigungen des beanstandeten "Konkursverkaufes-" erschienen. Die Aufforderung des Klägers, solche Veröffentlichungen in Hinkunft einzustellen, wurde von der Beklagten abgelehnt.
Unter Hinweis auf diesen Sachverhalt begehrt der Kläger zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsbegehrens, der Beklagten- mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr beim Betrieb einer Tageszeitung im Annoncengeschäft der "X-Zeitung" den Abdruck und die Verbreitung von ;Werbeankündigungen über einen Konkursverkauf von Pelz- und Lederwaren aus dem vormaligen Bestand der Pelz- und Lederwarenhandelsgesellschaft m. b. H. Innsbruck, zu untersagen. Nachdem Exekutionsschritte gegen die Unicommerz selbst bisher erfolglos geblieben seien, habe der Kläger die Beklagte unter Anschluß einer Fotokopie der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 21. November 1975 darauf aufmerksam gemacht, daß die Fortsetzung der Anzeigenkampagne eine Förderung fremden unlauteren Wettbewerbs wäre, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Inserate weiterhin von der Unicommerz oder aber - wie die Beklagte neuerdings behaupte - vom Masseverwalter selbst aufgegeben würden. Die Beklagte habe also die Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten Verkaufsaktion gekannt, trotzdem aber weiterhin gleichartige Anzeigen entgegengenommen und veröffentlicht.
Das Erstgericht folgte der Rechtsauffassung des Klägers und ließ die beantragte einstweilige Verfügung. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger nicht Exekution nach § 21 UWG hätte führen können, sei zu bedenken gewesen, daß sich die bisher vorliegenden Exekutionstitel nur gegen die Unicommerz richteten, auf Grund des Wortlautes der seither erschienenen Inserate aber eine unmittelbare Urheberschaft des Masseverwalters nicht ausgeschlossen werden könne.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 21. November 1975 sei ein Exekutionstitel, auf Grund dessen der Kläger der Beklagten gemäß § 21 Abs. 1 UWG das weitere Veröffentlichen gleichartiger Werbeankündigungen der Unicommerz untersagen könne. Soweit der Kläger aber im vorliegenden Rechtsstreit ein darüber hinausgehendes, auch von dritter Seite aufgegebene Anzeigen umfassendes Verbot anstrebe, stehe seinem Begehren § 3 Abs. 1 UWG entgegen, nach welchem der Eigentümer oder Herausgeber einer Zeitung nur für redaktionelle Mitteilungen hafte. Gesetzwidrige Anzeigen des Masseverwalters könnten nur durch einen gegen den Masseverwalter selbst erwirkten Exekutionstitel ausgeschaltet werden; eine unmittelbare Inanspruchnahme der Beklagten sei dem Kläger nach den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verwehrt.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rekursgericht ist mit Recht von der - gemäß § 34 Abs. 3 UWG auch auf Unterlassungsansprüche nach § 30 UWG entsprechend anzuwenden - Bestimmung des § 21 Abs. 1 UWG ausgegangen, nach welcher dann, wenn eine geschäftliche Kundgebung oder eine Mitteilung, in Ansehung deren ein Exekutionstitel auf Unterlassung im Sinne der §§ 2, 7 oder 9 UWG vorliegt, in einem nicht der Verfügung der Verpflichteten unterliegenden Druckwerk erscheint, auf Antrag der betreibenden Gläubigers von dem zur Bewilligung der Exekution zuständigen Gericht an den Inhaber des mit dem Verlag oder der Verbreitung des Druckwerks befaßten Unternehmens (Herausgeber oder Eigentümer der Zeitung) das Gebot (§ 355 EO) erlassen werden kann das fernere Erscheinen der Kundgebung oder Mitteilung in den nach Zustellung des Gebotes erscheinenden Nummern, Ausgaben oder Auflagen des Druckwerkes einzustellen. Im konkreten Fall hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben bereits zwei einstweilige Verfügungen erwirkt, mit denen der Unicommerz die Ankündigung eines "Konkursverkaufes" von Waren aus der Konkursmasse der Leder und Pelzwarenhandelsgesellschaft m. b. H. in Innsbruck - und zwar nicht nur für den Standort Wien, Messepalast, Halle C (Handelsgericht Wien vom 21. November 1975, 18 Cg 307/75-7), sondern auch ohne Beschränkung auf einen bestimmten Verkaufsort (Landesgericht Klagenfurt vom 28. November 1975, 20 Cg 439/75-2) - wegen Verstoßes gegen § 30 UWG untersagt worden ist. Damit ist der Kläger aber schon jetzt in der Lage, das weitere Erscheinen von Werbeankündigungen den Unicommerz über einen - wo immer in Österreich durchzuführenden - "Konkursverkauf von Pelz- und Lederwaren aus dem vormaligen Bestand der Konkursmasse der Pelz- und Lederwarenhandelsgesellschaft m. b. H." auch in der "X-Zeitung" durch eine Exekutionsführung nach § 21 Abs. 1 UWG gegen die Beklagte als Eigentümerin und Verlegerin dieses Blattes zu verhindern. Verfügt der Kläger aber bereits über einen Exekutionstitel auch gegenüber der Beklagten, dann steht seiner neuerlichen Klageführung und damit auch dem vorliegenden Sicherungsantrag insoweit der Mangel eines Rechtsschutzbedürfnisses entgegen. Für den gegenteiligen Standpunkt des Klägers ist in diesem Zusammenhang auch mit dem Hinweis auf § 21 Abs. 2 UWG nichts gewonnen, weil diese Gesetzesstelle die Möglichkeit eines (provisorischen) Verbotes nach § 21 Abs. 1 UWG auch (und nur) für den Fall schaffen wollte, daß gegen den Urheber der gesetzwidrigen Mitteilung selbst noch kein Exekutionstitel vorliegt (SZ 44/105 = ÖBl. 1971.121, Kadecka, UWG, 109); hat sich der betreibende Gläubiger aber bereits einen Exekutionstitel gegen den Urheber der Ankündigung verschafft, dann kann von einem "Wahlrecht" zwischen einer Antragstellung nach § 21 Abs.). UWG und einem Sicherungsantrag nach § 21 Abs. 2 UWG keine Rede mehr sein.
Im konkreten Fall darf freilich nicht übersehen werden, daß der vorliegende Sicherungsantrag des Klägers zumindest insoweit über die einstweiligen Verfügungen des Handelsgerichtes Wien und des Landesgerichtes Klagenfurt hinausgeht, als er nicht auf Gesetzesverstöße der Unicommerz allein abgestellt ist, sondern ein Verbot der beanstandeten Ankündigungen unabhängig davon anstrebt, wer als Besteller der Inserate auftritt. Auch dieser Umstand kann aber dem Begehren des Klägers nicht zum Erfolg verhelfen: Schon das Rekursgericht hat hier zutreffend auf § 3 Abs. 1 UWG verwiesen, welcher bei irreführenden Angaben, die in einer durch eine Zeitung veröffentlichten Mitteilung enthalten sind, die Haftung des Zeitungseigentümers für die im Interesse dritter Personen veröffentlichten Angaben auf solche (entgeltliche oder unentgeltliche) Mitteilungen beschränkt, die sich als eine von der Schriftleitung ausgehende Empfehlung des Unternehmens eines anderen darstellen; die angeführte Gesetzesstelle schließt somit den Unterlassungsanspruch für Annoncen aus, aus denen - mögen sie bezahlt sein oder nicht - nicht die Zeitung, sondern der Inserent zum Publikum spricht, also nicht die Schriftleitung ein bestimmtes Unternehmen, sondern dieses Unternehmen sich selbst empfiehlt (ÖBl. 1964, 94; Kadecka, 68). Nach seinem Wortlaut und seiner systematischen Einreihung erfaßt zwar § 3 Abs. 1 UWG unmittelbar nur "zur Irreführung geeignete Angaben" im Sinne des § 2 UWG; da aber § 30 UWG nur einen besonderen Fall einer Irreführung des Käuferpublikums betrifft (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 36; Kadecka, 176; vgl. auch Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht[11] I, 1005 f. § 6 dUWG Anm. 1) und die für die besondere Regelung der Verantwortlichkeit des Zeitungseigentümers oder -herausgebers durch § 3 UWG maßgebenden - Erwägungen über den Tatbestand des § 2 UWG hinaus in gleichem Maße auch für alle anderen wahrheitswidrigen oder sonst zur Irreführung geeigneten Zeitungsinserate gelten, ist die Haftungsbeschränkung des § 3 Abs. 1 UWG auch im vorliegenden Fall, in welchem es primär um eine nach § 30 Abs. 1 UWG unzulässige Ankündigung eines "Konkursverkaufes" geht, analog anzuwenden. Die hier beanstandeten Anzeigen waren unstreitig, keine von der Schriftleitung der "X-Zeitung" ausgehenden "redaktionellen Mitteilungen"; sie wurden vielmehr deutlich erkennbar als von der "X-Zeitung" im Rahmen ihres Anzeigengeschäftes entgegengenommene Annoncen eines Dritten veröffentlicht. Damit ist es aber dem Kläger in jedem Falle gemäß § 3 Abs. 1 UWG verwehrt, die Beklagte als Eigentümerin der "X-Zeitung" unmittelbar auf Unterlassung der weiteren Veröffentlichung solcher Inserate in Anspruch zu nehmen.
Da die allgemeine Fassung des § 3 Abs. 1 UWG einen solchen Unterlassungsanspruch auch dann ausschließt, wenn dem Herausgeber oder der Eigentümer der Zeitung im Einzelfall ein Verschulden zur Last fällt, kann auch die Tatsache, daß die Beklagte mehrfach auf die Unzulässigkeit der Werbung für den "Konkursverkauf" der Unicommerz hingewiesen wurde, dem Kläger nicht zum Erfolg verhelfen; seine Berufung auf § 1 UWG muß aber schon am Fehlen zusätzlicher Umstände scheitern, die das Verhalten der Beklagten umabhängig vom Sondertatbestand des § 30 UWG im Sinne des § 1 UWG sittenwidrig erscheinen ließen.
Was der Kläger im Revisionsrekurs gegen die auch insoweit durchaus zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses vorbringt, vermag nicht zu überzeugen: Ob § 2 Abs. 2 UWG, welcher die Schadenersatzpflicht von Personen, die sich gewerbsmäßig mit der Verbreitung öffentlicher Ankündigungen befassen, auf Vorsatz einschränkt (siehe dazu Kadecka, 70), auch auf solche Mitteilungen anzuwenden ist, die im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG keine von den Schriftleitung ausgehende Empfehlung eines fremden Unternehmens sind, ist hier nicht weiter zu untersuchen; daß der Eigentümer oder Verleger einer Zeitung entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes auch auf Unterlassung der Veröffentlichung einer Mitteilung geklagt werden könnte, die zwar keine "redaktionelle Mitteilung" im Sinne des § 3 Abs. 1 ist, deren Unrichtigkeit ihm aber bekannt war, kann aus § 2 Abs. 2 UWG jedenfalls nicht abgeleitet werden. Richtig ist, daß § 3 Abs. 1 UWG eine besondere Regelung der Passivlegitimation des Zeitungseigentümers oder -herausgebers enthält (Hohenecker - Friedl, 95; Kadecka, 68); auch damit ist aber für die Rechtsauffassung des Klägers nichts gewonnen, weil die genannte Gesetzesstelle, wie bereits ausgeführt, gleichzeitig die Haftung der hier genannten Person auf sogenannte "redaktionelle Mitteilungen" einschränkt und damit für Werbeankündigungen, die von einem anderen Unternehmen ausgehen und als solche auch deutlich gekennzeichnet sind, eine Unterlassungsklage gegen den Eigentümer oder den Herausgeber den Zeitung auch im Fall vorsätzlichen Handelns ausschließt. Auch der Vorwurf, der mehrfach erwähnten Entscheidung ÖBl. 1964, 94, sei nicht "der vom Obergericht angenommene Inhalt zu entnehmen", ist unberechtigt; Tatsache ist, daß der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung im Anschluß an (Kadecka, 68) die gleiche Rechtsansicht vertreten hat, wie sie das Rekursgericht durchaus zutreffend auch dem hier angefochtenen Beschluß zugrunde gelegt hat. Schließlich könnte auch der Umstand, daß die hier beanstandeten Annoncen möglicherweise vom Masseverwalter selbst aufgegeben wurden - was der Kläger in erster Instanz allerdings nur angedeutet hat und erst jetzt im Rekurs erstmals dezidiert behauptet -, ein unmittelbar gegen die Beklagte gerichtetes Unterlassungsbegehren nicht rechtfertigen: Da ein gegen die Unicommerz erwirkter Exekutionstitel die Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt des § 21 UWG in keinem Fall hindern könnte, die betreffende Mitteilung als Äußerung eines Dritten - hier das Masseverwalters - wiederzugeben (Kadecka, 108), könnte der Kläger sein Ziel auch in diesem Fall nur im Wege einer Unterlassungsklage gegen den Masseverwalter erreichen. Zur Sicherung eines solchen Begehrens - und nicht, wie hier, eines gegen die Beklagte gerichteten Unterlassungsanspruches - könnte dann gegebenenfalls eine einstweilige Verfügung nach § 21 Abs. 2 UWG auch gegen die Beklagte erlassen werden (vgl. Kadecka, 109).
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