Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Beide Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies den Antrag des Revisionsrekurswerbers (= Antragstellers), ihm als Eigentümer des Grundstückes 603/9 der EZ 219 KG Leiten entlang der östlichen Grenze des Grundstückes der Antragsgegnerin 603/4 der EZ 248 KG Leiten in einer Breite von 5 m das Geh- und Fahrtrecht zum Grundstück 603/1 unter Errichtung einer ortsüblichen Weganlage (als Notwegedienstbarkeit) einzuräumen, ab und ging im zweiten Rechtsgang von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
Der Antragsteller ist seit 1962 Eigentümer des Grundstückes 603/6 (das, wie alle weiteren genannten, in der KG Leiten des Gerichtsbezirkes Schladming liegt), auf dem er ein Haus baute. Im Laufe der Zeit erwarb er in der Umgebung dieser Liegenschaft weitere Grundstücke (603/10, 603/7, 599/5, 598/3, 601/2, 601/1). Mit den Kaufverträgen vom 19. und 22.März 1979 erwarb er das Grundstück 603/1 Weg und das Grundstück 603/9, für das er nunmehr den Notweg beansprucht und das vom Verkäufer Hans P*** seit jeher als Saatwiese benützt worden war. Der Antragsteller räumte Hans P*** beim Kauf das kostenlose Nutzungsrecht an diesem Grundstück ein. Der Verkäufer dürfe es als Saatwiese so lange landwirtschaftlich nutzen, als der Käufer Eigentümer sei und eine Bebauung nicht stattfinde. Nachdem der Antragsteller auf dem Grundstück 603/1 Weg einen Schranken errichtet hatte (was zu mehreren Zivilprozessen mit Nachbarn führte), bewirtschaftete Hans P*** das Grundstück 603/9 nicht mehr von dort (Norden), sondern von Süden her. Er benützte hiebei keinen gebahnten Weg, sondern fuhr über Nachbargrundstücke seiner Schwester (610/2), des Antragstellers (603/7) und der Ehegatten H*** (603/8). Otto H*** hatte Hans P*** diese Benützung auf Ersuchen des Antragstellers schon im Jahre 1978 gestattet.
Über die Zufahrt zum Grundstück 603/9 wurde beim Kauf zwischen dem Antragsteller und Hans P*** nicht gesprochen. Das Grundstück 603/9 ist Freiland im Sinne des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974. Der Antragsteller konnte schon zur Zeit der Kaufverträge vom 19. und 22.März 1979 nicht über eigene Grundstücke zum Grundstück 603/9 gelangen. Er hat die Absicht, das Grundstück zur Lagerung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse zu nutzen und nach entsprechender (Um-)Widmung dort ein Einfamilienhaus zu errichten, doch will Hans P*** auf die landwirtschaftliche Nutzung nicht verzichten.
Die Antragsgegnerin erwarb im Jahre 1963 das Grundstück 603/4, das nunmehr im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ramsau als reines Wohngebiet ausgewiesen ist. Das Grundstück der Antragsgegnerin hat ein Ausmaß von 847 m2. Die vom Antragsteller beanspruchte Weganlage würde (nach den bereits hier wiedergegebenen Feststellungen des Rekursgerichtes) 165 m2 erfordern. Der Wert des Grundstückes würde schon durch diesen Flächenverlust um 82.500 S auf 341.000 S sinken. Die mit der Verkleinerung des Grundstückes verbundene Wertminderung würde weitere 68.200 S betragen. Die Verbauung des Grundstückes des Antragsgegners und die damit verbundene Verkehrsbelastung zöge eine weitere Entwertung um 34.100 S nach sich, so daß das Grundstück insgesamt 43,64 % seines Wertes, das sind 184.800 S verlöre. Das Erstgericht war der Ansicht, daß der Mangel der nunmehr vom Antragsteller für die Erbauung eines Einfamilienhauses beanspruchten Wegeverbindung auf eine auffallende Sorglosigkeit zurückzuführen sei, da er für diese Möglichkeit beim Erwerb des Grundstückes nicht vorgesorgt habe. Er habe nur für die gleichbleibende Nutzung durch den Verkäufer keiner Wegeverbindung bedurft. Für jede andere Benützungsart hätte er beim Kauf vorsorgen müssen. Der beanspruchte Wegebedarf für Bauland sei mangels Umwidmung des Grundstückes noch gar nicht gegeben.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.
Aus dem vom Antragsteller im Rekursverfahren vorgelegten Kaufvertrag vom 18.Dezember 1967 ergebe sich deutlich, daß zu dem "südlich des Grundstückes des Frl. Margarete S***"
(= Antragsgegnerin) gelegenen Grundstück des Hans P*** (= nunmehr auch Grundstück 603/9) schon damals keine Zufahrt bestanden habe, so daß die Behauptung des Antragstellers, er habe in der Folge schuldlos von Hans P*** dieses Grundstück ohne entsprechende Wegeverbindung gekauft, widerlegt sei. Dem Antragsteller falle daher auffallende Sorglosigkeit beim Mangel einer Wegeverbindung zur Last. Die Einräumung des beanspruchten Wegerechtes sei aber auch unzulässig, weil die Vorteile des Notweges nicht die Nachteile überwögen, welche der belasteten Liegenschaft dadurch erwüchsen; dies ergebe sich schon aus dem Wertverlust, den das Grundstück der Antragsgegnerin durch die Einräumung des Notweges erleiden würde. Der Antragsteller bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß ihm das beantragte Notwegerecht eingeräumt werde.
Der Antragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs des Antragstellers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Beide Parteien - auch die Revisionsrekursgegnerin - übersehen, daß im Verfahren über die Einräumung eines Notweges nach stRsp (GlUNF 5.379; ZVR 1964/205; SZ 49/99 uva, zuletzt 8 Ob 644/88) die Grundsätze des Verfahrens außer Streitsachen Anwendung finden (§§ 8 Abs 3, 16 NWG) und daher die Rechtsmittelbeschränkungen des § 16 AußStrG gelten, so daß eine durch das Rekursgericht bestätigte Entscheidung des Erstgerichtes nur wegen offenbarer Gesetz- oder Aktenwidrigkeit und wegen Nichtigkeit angefochten werden kann. Auf die Beweisrüge des Revisionsrekurswerbers ist daher nicht einzugehen.
In der Rechtsrüge macht der Antragsteller keine - über eine einfache unrichtige rechtliche Beurteilung hinausgehende - offenbare Gesetzwidrigkeit geltend. Diese liegt nach stRsp nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (grundlegend SZ 39/103 uva, zuletzt etwa EFSlg 52.757). Solche exakte gesetzliche Kriterien bestehen für die Beurteilung der Frage, ob der Mangel der Wegverbindung noch auf einem minderen Grad des Versehens oder schon auf einer auffallenden Sorglosigkeit beruht, nicht (vgl SZ 49/99). Diese Frage ist nach stRsp nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (NZ 1962, 13; RZ 1987/61, 225). Sie unterliegt daher nur bei Verstößen gegen eine insoweit klare Gesetzeslage - zB weil die Vorinstanzen das Vorliegen dieser Voraussetzung überhaupt nicht beurteilt haben (SZ 40/78) - oder gegen Grundprinzipien des Rechtes verstoßen wurde - einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof. Solche Verstöße liegen aber hier nicht vor, so daß die Abgrenzung zwischen minderem Grade des Versehens und auffallender Sorglosigkeit nur der rechtlichen Beurteilung durch die Vorinstanzen unterliegt. Daher erübrigt es sich, auf das Vorliegen des zweiten, vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgrundes des § 2 Abs 1 NWG einzugehen, nämlich daß das Begehren um Einräumung eines Notweges unzulässig ist, wenn der Vorteil des Notweges nicht die Nachteile überwiegt, welche durch denselben den zu belastenden Liegenschaften insgesamt erwachsen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 25 NWG. Der Kostenersatzanspruch umfaßt zwar nach nunmehriger Rechtsprechung auch die Kosten der anwaltlichen Vertretung (EvBl 1985/127; vgl auch SZ 59/229 = JBl 1987, 237) doch hat die Antragsgegnerin in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf die bestehende Rechtsmittelbeschränkung nicht hingewiesen, so daß ihr keine Kosten gebühren.
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