Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere
Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Die Beklagte war seit 1979 Geschäftsführerin der F*** Gesellschaft mbH, die Komplementärin der "Bauunternehmung F*** & Co, Bau-, Maurer- und Zimmermeister" (in der Folge als Firma F*** & Co bezeichnet) in Wattens war. Über die Firma F*** & Co und über die F*** Gesellschaft mbH als
Komplementärin wurde bereits im Jahr 1979 zu Sa 12/79 des Landesgerichtes Innsbruck ein Ausgleichsverfahren eröffnet; es wurde nach Erfüllung des Ausgleichs am 5. Februar 1980 wieder eingestellt. Am 1. April 1983 stellte die Beklagte als Geschäftsführerin den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Firma F*** & Co. Das Konkursverfahren wurde am 6. April 1983 zu S 56/83 des Landesgerichtes Innsbruck eröffnet. Am selben Tag wurde auch über das Vermögen der F*** Gesellschaft mbH zu S 57/83 des Landesgerichtes Innsbruck das Konkursverfahren eröffnet, jedoch mangels Deckung der Kosten am 2. Mai 1983 wieder aufgehoben. Die Eintragung der Gesellschaft wurde amtswegig gelöscht. Die Überschuldung der Firma F*** & Co führte dazu, daß im Konkurs selbst die Masseforderungen nur teilweise befriedigt werden konnten, während die übrigen Konkursgläubiger mit Gesamtforderungen von 8,600.000 S keine Zahlungen erhielten.
Die Beklagte wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Dezember 1984, 26 Vr 3609/83-15, rechtskräftig des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB schuldig erkannt. Es wurde ihr zur Last gelegt, daß sie in der Zeit von Februar 1980 bis 1. April 1983 als Geschäftsführerin der Firma F*** & Co fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit herbeiführte, insbesondere durch mangelndes Eigenkapital, unverhältnismäßige Kreditbenutzung, zu niedrige Kalkulation und durch mangelnde kaufmännische Kenntnisse und Fähigkeiten.
Die Klägerin hat sich diesem Strafverfahren mit einem Schadensbetrag von 92.523,80 S als Privatbeteiligte angeschlossen. Der Anschluß erfolgte auf dem dem Vertreter der Klägerin zugestellten Fragebogen StPForm Anfr. 9, der dem Vertreter der Klägerin am 29. Juni 1983 zugestellt worden war und beim Bezirksgericht Hall am 4. Juli 1983 einlangte. Die Klägerin wurde nach Beendigung des Strafverfahrens von ihrer Verweisung auf den Zivilrechtsweg verständigt.
Die Klägerin begehrte im vorliegenden Rechtsstreit (die Klage wurde am 5. Juni 1986 beim Erstgericht eingebracht) die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 181.269,96 S samt 11 % Zinsen seit 2. Juli 1986 und 20 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen im wesentlichen mit der Begründung, daß ihr laut Rechnungen vom 28. Februar 1983 eine Forderung in der Höhe des Klagsbetrages gegen die Firma F*** & Co zugestanden sei. Sie habe im Konkursverfahren keine Zahlung erhalten. Die Beklagte als Geschäftsführerin dieses Unternehmens hafte persönlich wegen ihres deliktischen Verhaltens für die Forderung der Klägerin. Dieser stehe voller Schadenersatz zu, weil bei rechtzeitiger Konkurseröffnung das Geschäft gar nicht zustandegekommen wäre. Die Klägerin habe nichts von der der Firma F*** & Co drohenden Insolvenz gewußt. Sie sei in ständiger Geschäftsverbindung mit diesem Unternehmen gestanden und habe jeweils am Tag der Bestellung oder längstens einen Tag danach ihre Lieferungen und Leistungen erbracht. Sämtliche der Klagsforderung zugrundeliegenden Leistungen der Klägerin seien im Februar 1983 erbracht und dementsprechend mit Rechnungen vom 28. Februar 1983 fakturiert worden. Die Fälligkeit der Klagsforderung sei mit 1. April 1983 eingetreten. Aus den Verzugszinsen stehe der Klägerin die entsprechende Umsatzsteuer zu.
Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, die Klägerin hätte auch bei rechtzeitiger Konkurseröffnung keine Zahlung erhalten, sodaß sie gegen die Beklagte überhaupt keinen Schadenersatzanspruch habe. Allenfalls stehe ein solcher nur in Höhe einer Quote zu, die bei zeitgerechter Konkurseröffnung bezahlt worden wäre. Überdies wären, da der Beklagten nur leichte Fahrlässigkeit anzulasten sei, Abzüge von den eingeklagten Rechnungsbeträgen in der Höhe von Fixkosten, "sprungfixen" Kosten und der Gewinnspanne vorzunehmen. Die Beklagte habe die Klägerin auf das Insolvenzrisiko hingewiesen; die Klägerin habe auf eigene Gefahr gehandelt. Die Klagsforderung sei verjährt, weil die Verjährungsfrist mit der Konkurseröffnung (6. April 1983) zu laufen begonnen habe. Die Kenntnis der genauen Höhe des Schadens durch die Klägerin sei für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist nicht erforderlich.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 181.269,96 S samt 4 % Zinsen seit 2. Juli 1986 und 20 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen an die Klägerin (Punkt 1 des Urteilsspruches). Das auf Zahlung von weiteren 7 % Zinsen aus 181.269,96 S seit 2. Juli 1986 zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer gerichtete Zinsenmehrbegehren der Klägerin wies es ab (Punkt 2 des Urteilsspruches).
Das Erstgericht stellte über den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen folgendes fest:
Die Zahlungsunfähigkeit der Firma F*** & Co trat Anfang November 1982 ein und war für die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits erkennbar. Trotz Kenntnis von dieser Zahlungsunfähigkeit der Firma F*** & Co beauftragte die Beklagte die Klägerin im Februar 1983 laufend, für sie Betonlieferungen zu erbringen. Insgesamt wurden Betonlieferungen im Gegenwert von 186.035,28 S erbracht, wobei lediglich ein Teilbetrag von 4.765,32 S auf die Rechnung Nr. 40 bezahlt wurde, sodaß nach wie vor ein Rechnungsbetrag von 181.269,96 S unberichtigt aushaftet. Dem die Agenden der Klägerin leitenden Einzelprokuristen Heinz P*** war die Zahlungsunfähigkeit der Firma F*** & Co nicht bekannt. Auf Grund der laufenden Geschäftsbeziehungen mit dieser Firma und die bis Ende des Jahres 1982 immer wieder geleisteten Zahlungen wurde seitens der Klägerin ein Außenstand der Firma F*** & Co bis zu 200.000 S toleriert, zumal sich die monatlichen Umsätze zwischen 100.000 S und 200.000 S beliefen. Dem Prokuristen der Klägerin war zwar bekannt, daß die wirtschaftliche Situation der Firma F*** & Co nicht sehr günstig war; ihm wurde jedoch mitgeteilt, daß eine Beteiligung der Firmengruppe S*** beabsichtigt sei, sodaß er keine Bedenken an einer weiteren Zusammenarbeit mit der Firma F*** & Co hatte. Für eine derartige Verbindung sprach auch die Heirat der Beklagten mit Manfred S*** sowie die Gründung einer Tochterfirma der S***-Gruppe, nämlich der G*** Gesellschaft mbH, die Auftraggeberin der Firma F*** & Co war. Insgesamt durfte Heinz P*** berechtigt darauf vertrauen, daß die ausstehenden Forderungen der Klägerin durch die Firma F*** & Co in naher Zukunft erfüllt werden konnten. Dazu kommt, daß gerade die Wintermonate im Baugeschäft eine Flaute verursachen, die zu zahlreichen Zahlungsstockungen von Bauunternehmern führt. Im allgemeinen stellen sich auch für die Klägerin die Wintermonate als äußerst umsatzschwach dar. Hätte die Klägerin im Februar 1983 nicht die Aufträge der Firma F*** & Co gehabt, die zu der klagsgegenständlichen Forderung führten, hätte sie keinerlei andere Aufträge verrichten können, sondern die bei ihr beschäftigten Arbeiter abgemeldet.
Die Klägerin erzeugt und liefert Beton. Im allgemeinen beinhalten die von ihr in Rechnung gestellten Preise einen Anteil an Material von 60 %, an Fracht von 20 % und an Lohn von 15 %; die restlichen 5 % stellen den Rohgewinn dar. In den Wintermonaten kommt es jedoch auf Grund der allgemein schlechten Auftragslage vor, daß auch Aufträge ohne diese Rohgewinnspanne ausgeführt werden, insbesondere dann, wenn es sich um Aufträge solcher Firmen handelt, mit denen man während des Jahres in guter Geschäftsbeziehung steht und während der Sommermonate einen entsprechenden Gewinn auf Grund der Aufträge solcher Firmen erwirtschaften kann.
Nach der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Firma F*** & Co am 6. April 1983 meldete die Klägerin die klagsgegenständliche Forderung am 28. April 1983 im Konkurs an. Diese Forderung wurde anläßlich der Prüfungstagsatzung am 6. Juni 1983 anerkannt. Bei dieser Prüfungstagsatzung wurde durch den Masseverwalter der voraussichtliche Vermögensstand bekanntgegeben und es war erkennbar, daß die Aktiva für die Befriedigung der Massegläubiger nicht hinreichten und jedenfalls für die Gläubiger der dritten Klasse keinerlei Masse zur Verfügung stehen werde, um deren Forderungen zu befriedigen.
Den Organen der Klägerin war subjektiv erst nach der Verurteilung der Beklagten wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB erkennbar, daß die Beklagte schuldhaft die Zahlungsunfähigkeit der Firma F*** & Co herbeigeführt hat.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die strafgerichtliche Verurteilung der Beklagten wegen Vergehens nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB das Zivilgericht binde. Diese Vorschrift gelte als Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB. Das Verschulden der Beklagten an der Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit sei damit erwiesen. Diese Verurteilung beziehe sich auf den Zeitraum von Februar 1980 bis 1. April 1983, in welchen Zeitraum die Aufträge an die Klägerin und deren Leistungen fielen.
Der Klägerin stehe der Anspruch auf Ersatz des vollen Schadens, nicht nur des sogenannten Quotenschadens zu. Die Zahlungsunfähigkeit der Firma F*** & Co habe nämlich bereits bestanden, als die Beklagte die klagsgegenständlichen Leistungen in Auftrag gegeben habe, sodaß die Klägerin ein sogenannter "Neugläubiger" sei. Darüber hinaus bestehe bei einer Verurteilung gemäß § 159 Abs. 1 Z 1 StGB gegen den Geschäftsführer ein Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses, auch wenn ihm nur leichte Fahrlässigkeit anzulasten sei. Ohne Eingehen der Schuld durch die Beklagte wäre der Klägerin kein Schaden entstanden. Daraus ergebe sich die Haftung der Beklagten für den gesamten Rechnungsbetrag und nicht nur für eine Quote.
Für ein Mitverschulden der Klägerin oder ihrer Organe fehle auf Grund der getroffenen Tatsachenfeststellungen jede Grundlage. Eine Verjährung der Klagsforderung sei nicht eingetreten. Die dreijährige Verjährungsfrist für eine Schadenersatzforderung beginne mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Schädiger soweit kenne, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könne. Wenn der Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Zusammenhänge habe, beginne die Verjährungsfrist nicht zu laufen. Es könne also nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß mit Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft bereits feststehe, daß der geschäftsführende Gesellschafter für Forderungen der Gläubiger aus dem Titel des Schadenersatzes einzustehen habe. Es sei daher für den Beginn der Verjährungsfrist erforderlich, daß der Gläubiger auch Kenntnis über jene Umstände gewinne, welche ein Verschulden des Schädigers, also einen Verstoß gegen Schutzgesetze, darstellten, die den eingetretenen Schaden verhindern sollten. Weder mit der Konkurseröffnung noch mit der Forderungsanmeldung oder der Einleitung des Strafverfahrens habe die Verjährungsfrist zu laufen begonnen. Selbst wenn man aber annehme, daß die Verrichtung der Prüfungstagsatzung im Konkurs oder der Anschluß als Privatbeteiligter im Strafverfahren die Verjährungsfrist ins Laufen gesetzt habe, wäre die Klagsführung innerhalb der Dreijahresfrist ab diesem Zeitpunkt erfolgt.
Diese Entscheidung des Erstgerichtes erwuchs in ihrem klagsabweisenden Teil in Rechtskraft. In ihrem klagsstattgebenden Teil (Punkt 1 des Urteilsspruches) wurde sie von der Beklagten mit Berufung bekämpft.
Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß diesem Rechtsmittel Folge. Es hob die Entscheidung des Erstgerichtes in diesem Umfang unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, daß der Ersatzanspruch zumindest im Fall eines strafbaren Tatbestandes nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB den Vertrauensschaden umfasse, der sich in der Regel durch Abzug der im Fakturenwert enthaltenen Gewinnspanne ergebe. Dies gelte auch für den vorliegenden Fall, dem eine Verurteilung der Beklagten wegen Vergehens nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB zugrundeliege. Um einen entsprechenden Abzug von der Fakturensumme, also dem Klagsbetrag, in der Höhe der Gewinnspanne vorzunehmen, fehle es an ausreichend bestimmten Feststellungen. Enthalte im vorliegenden Fall die Klagssumme einen Gewinnanteil, dann werde dessen Zuspruch wohl nicht möglich sein, weil in der umsatzschwachen Zeit der Wintermonate durch die Klägerin - zumindest bisher - nicht nachgewiesen worden sei, daß sie bei Nichtlieferung an die Firma F*** & Co anderweitig Geschäfte mit Gewinn hätte machen können. Jedenfalls bedürfe es im fortgesetzten Verfahren in erster Instanz noch der Ermittlung und Feststellung, ob und welche Gewinnquote die Klägerin bei dem hier in Frage stehenden Geschäft einkalkuliert habe. Leistungen ohne Gegenleistung unterlägen nach § 16 UStG auch dann nicht der Umsatzsteuer, wenn sie zwar in Erwartung einer Gegenleistung erbracht würden, diese aber zufolge Konkurses des Empfängers ausbleibe. Im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Grund von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung führe dies bereits zur Steuerberichtigung. Es sei nicht einmal ein Abwarten des Ergebnisses des Gerichtsverfahrens geboten.
Es fehle an Feststellungen darüber, ob und in welchem Umfang eine Umsatzsteuerquote im Klagsbetrag enthalten sei. Ob bisher durch die Klägerin eine Umsatzsteuer auf den Klagsbetrag entrichtet oder ob eine Steuerberichtigung vorgenommen worden sei, könne den Feststellungen nicht entnommen werden. Das Fehlen von Feststellungen über die Höhe des im Klagsbetrag enthaltenen Umsatzsteueranteils bilde ebenso wie die fehlende Feststellung über die Gewinnquote einen Mangel des Ersturteils, der zu dessen Aufhebung gemäß § 496 Abs. 1 Z 3 ZPO führen müsse.
Die Beklagte werde im Falle der schuldhaften Unterlassung einer Steuerberichtigung durch die Klägerin eine Verletzung der Schadensminderungspflicht geltend machen können.
Sei die Umsatzsteuerquote kein bereits entstandener Schaden (dies wäre nur dann der Fall, wenn die Umsatzsteuer dem Finanzamt entrichtet und - aus welchen Gründen immer, jedoch ohne schuldhafte Versäumnis der Klägerin - nicht rückforderbar wäre), dann stelle die allfällige Erbringung der Schadenersatzleistung durch die Beklagte keinen Ertrag im Unternehmen der Klägerin dar, der eine Umsatzsteuerpflicht auslöse. Denn die Klägerin habe an die Beklagte ja ihrerseits keine Leistung erbracht. Es liege also nur eine einseitige Leistung, jedoch kein Fall eines umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausches vor. Es werde also voraussichtlich nur der (auch um die Gewinnquote verminderte) Nettorechnungsbetrag ohne Umsatzsteuer zuzusprechen sein.
Umsatzsteuer für Zinsen aus einer Schadenersatzforderung stehe nur dann zu, wenn diese selbst umsatzsteuerpflichtig sei. Enthalte weiters die Hauptforderung einen Umsatzsteuerteilbetrag, dann bestehe kein Anspruch auf Umsatzsteuer für die auf diesen Teilbetrag entfallenden Verzugszinsen.
Unbegründet sei die Rechtsrüge der Beklagten insoweit, als sie sich auf die Frage der Verjährung beziehe.
Zwar würden Schadenersatzansprüche der hier geltend gemachten Art nicht erst nach rechtskräftiger Verurteilung eines Geschäftsführers wegen fahrlässiger Krida fällig, sondern schon während, ja sogar vor Konkurseröffnung, auch wenn nicht feststehe, ob und in welcher Höhe Gläubiger aus dem Gesellschaftsvermögen etwas zu erwarten hätten. Der Schaden entstehe dem Gläubiger in voller Höhe bereits, sobald die (konkursreife) Gesellschaft mbH in Verzug sei. Andererseits sei zum Unterschied von der Fälligkeit der Verjährungsbeginn nach § 1489 ABGB erst nach Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers eingetreten. Dabei müsse beim Kläger die Kenntnis vom gesamten anspruchsbegründenden Sachverhalt gegeben sein, in Fällen der Verschuldenshaftung somit auch die Kenntnis jener Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergebe. Diese Kenntnis sei jedenfalls mit der in Gegenwart der Klägerin bzw. ihres Vertreters erfolgten rechtskräftigen Verurteilung der Beklagten bzw. mit der Verständigung der Klägerin von der Verweisung auf den Zivilrechtsweg gegeben gewesen. Auch wenn man einen strengeren Standpunkt hinsichtlich der Überprüfungs- und Erkundungspflicht der Klägerin ab Eröffnung des Konkurses vetrete, werde keinesfalls vor Durchführung der Prüfungstagsatzung (6. Juni 1983) bzw. Verständigung der Klägerin von Erhebungen wegen des Verdachtes eines Kridadeliktes der Beklagten (Zusendung des Anfragebogens in Kridasachen am 29. Juni 1983) die Voraussetzung für den Verjährungsbeginn zu bejahen sein. Diese beiden Termine lägen innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, da die Klage am 5. Juni 1986 eingebracht und das Verfahren gehörig fortgesetzt worden sei. Gegen diesen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Streitteile. Die Klägerin stellt den Antrag, "dem Rekurs Folge zu geben und in der Sache selbst zu entscheiden"; die Beklagte beantragt, "den angefochtenen Beschluß dahingehend abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde"; hilfsweise stellt sie den Antrag, "den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen". Beide Streitteile haben Rekursbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs des Gegners keine Folge zu geben. Beide Rekurse sind zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
I) Zum Rekurs der Beklagten:
Die Beklagte vertritt in ihrem Rechtsmittel den Standpunkt, daß das Klagebegehren bei ihrer Meinung nach richtiger rechtlicher Beurteilung wegen Verjährung abzuweisen sei.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Es entspricht Lehre und ständiger Rechtsprechung, daß die im § 1489 ABGB für Schadenersatzansprüche normierte dreijährige Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen soweit kennt, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1489 mwN; SZ 18/171; SZ 30/40; SZ 40/40; ZVR 1979/22 uva). Die Kenntnis des Ersatzberechtigten muß dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt erfassen, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (Schubert aaO; MietSlg. 29.217; 3 Ob 560/86; 4 Ob 543/87 uva). Im vorliegenden Fall ist die deliktische Haftung der Beklagten für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden aus der Verletzung der Schutznorm des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB abzuleiten, nicht aus der Verletzung der Schutznorm des § 159 Abs. 1 Z 2 StGB. Im Sinne obiger Rechtsausführungen kommt es daher bei der Beurteilung des Beginnes des Laufes der Verjährungsfrist nicht auf die Kenntnis der Klägerin bzw. der für sie handelnden Personen davon an, daß die Firma F*** & Co zahlungsunfähig war oder daß die Beklagte die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen dieses Unternehmens nicht rechtzeitig beantragte, sondern auf die Kenntnis davon, daß die Beklagte durch ein tatsächliches im § 159 Abs. 1 Z 1 StGB pönalisiertes Verhalten den dort normierten Tatbestand verwirklichte. Die Beklagte hat im Verfahren erster Instanz keinerlei Tatsachenbehauptungen in der Richtung aufgestellt, daß die Klägerin bzw. die für sie handelnden Personen von einem derartigen Verhalten der Beklagten mehr als drei Jahre vor der Einbringung der vorliegenden Klage Kenntnis erhalten hätte; derartiges ergibt sich auch aus den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nicht. Insbesondere ist eine derartige Kenntnis der Klägerin bzw. der für sie handelnden Personen weder aus der Tatsache der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma F*** & Co noch aus der Bekanntgabe des voraussichtlichen Vermögensstandes der Gemeinschuldnerin in der Prüfungstagsatzung vom 6. Juni 1983 abzuleiten.
Die vorliegende Klage wurde am 5. Juni 1986 eingebracht. Daß die Klägerin bzw. für sie handelnde Personen von einem tatsächlichen Verhalten der Beklagten, mit dem diese den Tatbestand des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB verwirklichte, mehr als drei Jahre vor Klagseinbringung Kenntnis erhalten hätten, wurde weder behauptet noch ergibt sich dies aus den Feststellungen der Vorinstanzen. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen die Verjährung der Klagsforderung verneint.
II) Zum Rekurs der Klägerin:
Die Klägerin wendet sich in ihrem Rechtsmittel gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß ihr nur der Ersatz des Vertrauensschadens gebühre und daß ihr die in den hier in Frage stehenden Rechnungsbeträgen enthaltene Umsatzsteuer nicht zu ersetzen sei.
Auch dem kann nicht gefolgt werden.
Der Oberste Gerichtshof hat in der in RdW 1988, 14 veröffentlichten Entscheidung, auf deren Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen im einzelnen verwiesen werden kann, im wesentlichen unter Berufung auf Doralt in GesRZ 1982, 90 ausgeführt, daß der Schadenersatzanspruch eines Neugläubigers gegen den Geschäftsführer einer GmbH, der schuldhaft die Schutznorm des § 159 Abs. 1 Z 2 StGB übertreten hat, der Höhe nach nur den Ersatz des Vertrauensschadens umfaßt, der sich in der Regel durch Abzug der im Fakturenwert enthaltenen Gewinnspanne ergibt.
Doralt hat insbesondere in JBl. 1972, 121 überzeugend darauf hingewiesen, daß der Geschädigte dann, wenn er mit der GmbH ein Kreditgeschäft nach Eintritt ihrer Zahlungsunfähigkeit abgeschlossen hat, einen Schaden erleidet, der in der Differenz zwischen seinem hypothetischen Vermögensstand bei Unterlassung dieses Geschäftes und dem tatsächlichen Vermögensstand, der durch den Verlust des Eigentums an der Ware und die Uneinbringlichkeit der Forderung aus dem Geschäft gekennzeichnet ist, besteht. Nach dem Schadensbegriff des österreichischen Rechtes ist zunächst zu untersuchen, welcher Teil dieser Vermögensdifferenz positiver Schaden und welcher Teil entgangener Gewinn ist (§ 1323 ABGB). Eine im verrechneten Kaufpreis enthaltene Gewinnspanne ist zum entgangenen Gewinn zu rechnen. Nur den positiven Schaden kann der Geschädigte bei jedem Grad des Verschuldens des Schädigers ersetzt verlangen (§ 1332 ABGB); der Ersatz entgangenen Gewinnes setzt grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Schädigers voraus (§ 1331 ABGB).
Diese rechtlichen Überlegungen gelten für jeden Fall des Abschlusses eines Geschäftes nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners. Sie begrenzen die Höhe des gegen den Geschäftsführer einer GmbH wegen Verletzung der Schutznormen des § 159 StGB gerichteten Schadenersatzanspruches des Gesellschaftsgläubigers aus einem nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH geschlossenen Geschäft unabhängig davon, ob der Geschäftsführer gegen § 159 Abs. 1 Z 1 StGB oder gegen § 159 Abs. 1 Z 2 StGB zuwidergehandelt hat. Denn in beiden Fällen erleidet der Geschäftspartner der GmbH seinen Schaden dadurch, daß er mit einem zahlungsunfähigen Partner kontrahiert. Für den Geschäftspartner der GmbH ist für die Höhe seines Schadenersatzanspruches nach den dargestellten Erwägungen allein entscheidend, daß er mit der GmbH nach Eintritt ihrer Zahlungsunfähigkeit kontrahierte, nicht aber, ob diese Zahlungsunfähigkeit durch ein deliktisches Verhalten des Geschäftsführers nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB herbeigeführt wurde oder ob der Geschäftsführer gegen § 159 Abs. 1 Z 2 StGB verstieß. Der erkennende Senat kommt daher entgegen der von Reich-Rohrwig,
Das österreichische GmbH-Recht, 144, ohne nähere Begründung vertretenen Meinung zu dem Ergebnis, daß der Geschäftsführer einer GmbH, der durch ein im § 159 Abs. 1 Z 1 StGB unter Strafe gestelltes Verhalten die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeiführte, dem Gesellschaftsgläubiger, der nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft mit dieser kontrahierte, nur für den Ersatz des Vertrauensschadens, nicht aber für das Erfüllungsinteresse haftet. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß im vorliegenden Fall eine in den hier in Frage stehenden Rechnungen der Klägerin enthaltene Gewinnspanne von der Beklagten als entgangener Gewinn nicht zu ersetzen sei (die diesen Rechnungen zugrundeliegenden Geschäfte wurden nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Firma F*** & Co abgeschlossen; Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Beklagten wurde nicht behauptet), ist daher zu billigen. Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, daß eine Schadenersatzpflicht der Beklagten in Ansehung der in den hier in Frage stehenden Rechnungen der Klägerin enthaltenen Umsatzsteuerbeträge nicht in Betracht kommt, wenn die Klägerin Anspruch auf Refundierung dieser Umsatzsteuerbeträge hat, weil dann insoweit eine von der Beklagten zu ersetzende Vermögensverminderung auf Seiten der Klägerin nicht vorliegt.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 UStG hat, wenn sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert hat, der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Gemäß § 16 Abs. 3 UStG gilt diese Bestimmung sinngemäß, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Die Beantwortung der Frage, ob Uneinbringlichkeit vorliegt, hat nach den Umständen des Einzelfalles zu erfolgen (siehe dazu Dorazil-Frühwald-Hock-Mayer-Paukowitsch, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz 1972, Anm. 9 zu § 16 und Kranich-Siegl-Waba-Caganek, Mehrwertsteuer-Handbuch5 Anm. 5 zu § 16). Die Uneinbringlichkeit ist im vorliegenden Fall in Ansehung der von der Firma F*** & Co der Klägerin geschuldeten Leistungen nach den getroffenen Feststellungen eindeutig zu bejahen. Die von der Klägerin vertretene Rechtsmeinung, daß im Hinblick auf die Schadenersatzpflicht der Beklagten die Vorschrift des § 16 Abs. 3 UStG nicht anzuwenden sei, findet im Gesetz keine Deckung. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die in den Rechnungen der Klägerin enthaltene Umsatzsteuer nur dann dem von der Beklagten zu ersetzenden Schaden zuzurechnen ist, wenn die von der Klägerin entrichtete Umsatzsteuer aus welchen Gründen immer, jedoch ohne schuldhafte Versäumnis der Klägerin, nicht rückforderbar wäre, ist daher uneingeschränkt zu billigen.
Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, daß eine Schadenersatzleistung der Beklagten an die Klägerin nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, weil es sich hier um echten Schadenersatz ohne Leistungsaustausch handelt (siehe dazu Dorazil-Frühwald-Hock-Mayer-Paukowitsch aaO Anm. 8 zu § 3 und Kranich-Siegl-Waba-Caganek aaO Anm. 7 zu § 1). Es unterliegen daher auch der Klägerin zustehende Verzögerungszinsen nicht der Umsatzsteuerpflicht (siehe dazu SZ 52/42), sodaß der von der Klägerin verlangte Zuspruch von Umsatzsteuer aus den von der Beklagten zu zahlenden Verzögerungszinsen nicht in Betracht kommt. Es muß somit beiden vorliegenden Rekursen ein Erfolg versagt bleiben.
Da die Rekurse beider Streitteile zur Klärung der Rechtslage beigetragen haben, ist die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens im Sinne des § 52 ZPO dem weiteren Verfahren vorzubehalten (EvBl. 1958/28).
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