OGH 7Ob315/57

OGH7Ob315/573.7.1957

SZ 30/40

Normen

ABGB §163
ABGB §1295
ABGB §163
ABGB §1295

 

Spruch:

Schadenersatzpflicht der Kindesmutter, die die Abgabe des Vaterschaftsanerkenntnisses durch bewußt wahrheitswidrige Angaben veranlaßt hat.

Entscheidung vom 3. Juli 1957, 7 Ob 315/57.

I. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis; II. Instanz:

Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Kläger hat am 28. September 1944 vor dem Vormundschaftsgerichte die Vaterschaft zu dem am 21. Juli 1944 außer der Ehe geborenen Friedrich W. anerkannt, weil er in der Empfängniszeit einmal mit der Mutter des Kindes, der Beklagten, geschlechtlichen Verkehr hatte. Mit der am 29. September 1955 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die urteilsmäßige Feststellung, daß er das Kind nicht gezeugt habe. Die Blutuntersuchung ergab, daß er nicht der Vater des Kindes sein könne. Aus diesem Gründe wurde seinem Feststellungsbegehren in allen Instanzen stattgegeben.

Mit der vorliegenden, am 28. Dezember 1955 eingebrachten Klage verlangte der Kläger nunmehr von der Beklagten den Ersatz der für das Kind bisher geleisteten Unterhaltszahlungen im Betrage von 14.370 S und der Kosten des Bestreitungsprozesses und eines Oppositionsprozesses im Betrage von zusammen 4359 S 54 g.

Beide Untergerichte haben dem Klagebegehren stattgegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Auszugehen ist von den tatsächlichen Feststellungen der Untergerichte, die dahin gehen, daß die Revisionswerberin dem Kläger wider besseres Wissen vorgestellt hat, daß sie außer mit ihm sonst mit keinem anderen Manne in der kritischen Zeit geschlechtlichen Umgang gehabt habe. Aus diesen Feststellungen hat das Berufungsgericht mit Recht den Schluß gezogen, daß das Vorgehen der Revisionswerberin den Tatbestand der listigen Irreführung erfüllt und sie zum Ersatz des daraus erwachsenen Schadens verpflichtet.

Soweit die Revisionswerberin den ursächlichen Zusammenhang bestreiten will, ist ihr entgegenzuhalten, daß der Kläger genötigt war, um sich von den Vaterschaftspflichten gegenüber dem von einem anderen Mann gezeugten Kinde zu befreien, die Bestreitungsklage anzustrengen und, um weiteren Schaden zu verhindern, den Oppositionsprozeß zu führen. Ohne die bewußt falsche Angabe wären der Bestreitungs- und der Oppositionsprozeß nicht notwendig gewesen und dem Kläger wäre der in der Zahlung der Unterhaltsbeiträge und der erwähnten Kosten bestehende Schaden nicht erwachsen. Der ursächliche Zusammenhang zwischen diesem Schaden und der wider besseres Wissen gemachten Angabe liegt also klar zutage. Soweit die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang die Feststellung der Untergerichte, daß sie eine wahrheitswidrige Angabe gemacht habe, bestreitet, liegt eine Bekämpfung der Beweiswürdigung der Untergerichte vor, die im Revisionsverfahren nicht mehr zulässig ist. Die bewußt wahrheitswidrige Angabe ist eine rechtswidrige Handlung, für deren Folgen die Revisionswerberin im Sinne des 30. Hauptstückes des ABGB. haftet.

Daß sich die vom Kläger geleisteten Unterhaltszahlungen und die von ihm beglichenen Kosten als vermögensrechtlicher Schaden darstellen, unterliegt keinem Zweifel. Da dieser Schaden durch die wahrheitswidrige Angabe der Revisionswerberin verursacht wurde, erscheint der Anspruch des Klägers auf Ersatz dieses Schadens rechtlich begrundet.

Was aber den rechtlichen Einwand betrifft, daß der Schadenersatzanspruch verjährt sei, so schließt sich der Oberste Gerichtshof der vom Berufungsgerichte vertretenen Auffassung an, daß der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB. frühestens mit dem Zeitpunkt begonnen hat, da das Ergebnis der Blutuntersuchung dem Kläger zur Kenntnis gelangt ist. Dieser Zeitpunkt war im Dezember 1955, so daß die Frist für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches sowohl hinsichtlich der geleisteten Unterhaltszahlungen als auch hinsichtlich der Prozeßkosten unzweifelhaft gewahrt ist. Wie der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, vermag die Möglichkeit der Kenntnis der Person des Schädigers diese Kenntnis im Rahmen des § 1489 Satz 2 ABGB. nicht zu ersetzen; der Beginn der Verjährungsfrist darf daher nicht früher angenommen werden, als bis der Geschädigte vom ganzen Sachverhalt, der den Grund des Verjährungsanspruches darstellt, Kenntnis erlangt hat. Dem Geschädigten kann nicht zugemutet werden, die Klage in einem früheren Zeitpunkte anzustrengen, als sie Aussicht auf Erfolg hat. Die Behauptung der Revisionswerberin, daß das Berufungsgericht selbst die dreijährige Verjährungsfrist nicht angenommen habe, steht mit den Gründen des angefochtenen Urteils in klarem Widerspruch. Die Ansicht der Revision, die Klage sei jedenfalls verjährt, muß demnach abgelehnt werden.

Daß der Revisionswerberin infolge Verhaltens des Klägers ein Schadenersatzanspruch erwachsen sei, weil er mit der Einbringung der Bestreitungsklage mehr als zehn Jahre zugewartet habe, ist neu und muß schon aus diesem Gründe im Revisionsverfahren unbeachtet bleiben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte