OGH 3Ob171/88

OGH3Ob171/8830.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***-V*** Isen eG, Isen, Bischof-Josef-Straße 1, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Wolfgang Zimmermann und Dr. Klaus Kauweith, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Johann H***, Kaufmann und Landwirt, Schärding, Unterer Stadtplatz 13, wegen DM 140.000,-- sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 21. September 1988, GZ 3 R 218/88-5, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 1. August 1988, GZ Nc 82/88-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Auf Grund des Urkunds-Anerkenntnis-Vorbehaltsurteiles des Landgerichtes Passau vom 12.3.1985, AZ 3.0.10/85, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von DM 140.000,-- samt 6 % Zinsen aus diesem Betrag seit 1.8.1985, DM 793,80 Wechselunkosten und DM 3.000,-- Wechselprovision, welche die verpflichtete Partei nur Zug um Zug gegen Quittierung auf dem Wechsel vom 29.12.1981 zu zahlen hat, sowie der mit S 14.102,84 (darin S 1.172,99 Umsatzsteuer und S 1.200,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Exekutionsantrags die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame der verpflichteten Partei befindlichen beweglichen Sachen jeder Art und der im § 296 EO angeführten Papiere und Einlagebücher bewilligt. Als Exekutionsgericht hat das Bezirksgericht Schärding einzuschreiten."

Die Kosten der betreibenden Partei werden für den Rekurs mit S 14.681,70 (darin S 1.334,70 Umsatzsteuer und keine Barauslagen) und für den Revisionsrekurs mit S 17.607,15 (darin S 1.600,65 Umsatzsteuer und keine Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung

Die betreibende Partei legte ihrem Antrag auf Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Forderung im "Teilbetrag" von DM 140.000,-- sA eine mit dem Gerichtssiegel versehene Ausfertigung eines am 12. März 1985 verkündeten "Urkunds-Anerkenntnis-Vorbehaltsurteils" des Landgerichtes Passau in Urschrift bei. Damit wurde der Verpflichtete als Beklagter verurteilt, der betreibenden als klagender Partei Zug um Zug gegen Herausgabe des quittierten Wechsels vom 29. Dezember 1981 DM 1,000.000,-- sowie Zinsen hieraus in Höhe von 2 % p.a. über dem jeweiligen Diskontsatz der D*** B***, mindestens aber 6 % seit 29. März 1982, sowie DM 793,80 Wechselunkosten und DM 3.000,-- Wechselprovision zu bezahlen. Das Urteil enthält den Ausspruch, daß es vorläufig vollstreckbar ist. Dem Beklagten wird "nachgelassen", die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von DM 1,280.000,-- abzuwenden, sofern nicht die Klägerin ihrerseits in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Ausfertigung trägt eine mit 1. Juli 1988 datierte Bestätigung, daß das Urteil rechtskräftig ist, und eine weitere, mit 18. Juni 1985 datierte Bestätigung mit folgendem Wortlaut: "Vorstehende mit der Urschrift übereinstimmende Ausfertigung wird der Klägerin zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt. Die Entscheidung wurde der Gegenpartei am 15.3.1985 zugestellt." Beide Bestätigungen sind vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichtes Passau unterschrieben und es ist jeweils das Gerichtssiegel aufgedruckt.

Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab. Auf der Ausfertigung sei nur die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung beurkundet. Auf Grund von vorläufig vollstreckbaren Urteilen könne gemäß Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 5 Abs. 2 des mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vollstreckungsvertrages nur die Exekution zur Sicherstellung bewilligt werden. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Partei nicht Folge. Die Klausel, wonach die Urteilsausfertigung zum Zweck der Zwangsvollstreckung erteilt werde, könne nur mit dem im Urteil enthaltenen Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit verstanden werden. Auf Grund von vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen könne nur die Exekution zur Sicherstellung bewilligt werden. Dies sei hier deshalb ausgeschlossen, weil die betreibende Partei die Exekution zur Hereinbringung beantragt habe. Auf das im Vollstreckungsvertrag vereinbarte Erfordernis der Vollstreckungsklausel könne nicht verzichtet werden. Ihr Fehlen bilde nicht bloß ein verbesserungsfähiges Formgebrechen, sondern ein Bewilligungshindernis.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene, gemäß § 83 Abs. 3 EO zulässige Revisionsrekurs ist berechtigt.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 des mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Vollstreckungsvertrages vom 6. Juni 1959, BGBl. Nr. 1960/105, werden rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die in einem Staate vollstreckbar und in dem anderen Staat anzuerkennen sind, in diesem Staate nach Maßgabe der Art. 6 und 7 vollstreckt. Gemäß Art. 7 Abs. 1 des Vollstreckungsvertrages hat der betreibende Gläubiger dem Antrag auf Bewilligung der Exekution beizufügen 1. eine mit amtlichem Siegel oder Stempel versehene Ausfertigung der Entscheidung, die auch die Gründe enthalten muß, es sei denn, daß solche nach dem Rechte des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, nicht erforderlich waren;

2. den Nachweis, daß die Entscheidung rechtskräftig und vollstreckbar ist; dieser Nachweis ist bei Entscheidungen von Gerichten in der Bundesrepublik Deutschland durch das Zeugnis über die Rechtskraft und durch die Vollstreckungsklausel zu erbringen (lit. a).

§ 725 dZPO bestimmt, daß die Vollstreckungsklausel: "Vorstehende Ausfertigung wird dem usw (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt" der Ausfertigung des Urteils am Schluß beizufügen, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen ist. Diesem Wortlaut entspricht im wesentlichen die Klausel, die sich auf der von der betreibenden Partei vorgelegten Urteilsausfertigung befindet. Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß sie fehle, trifft daher nicht zu.

Kein Hindernis für die Bewilligung der Exekution bildet es entgegen der Ansicht der Vorinstanzen, daß das Urteil nach dem Inhalt der vorliegenden Ausfertigung (schon ursprünglich) für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde. Dies ermöglicht nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (§§ 708 ff dZPO) die Zwangsvollstreckung wie nach Eintritt der Rechtskraft mit dem Unterschied, daß unter Umständen eine Sicherheitsleistung zu erlegen ist (§§ 708 bis 710 und § 720 a dZPO; Hartmann in Baumbach ua, ZPO46 1597 f). Dieses Erfordernis fällt nach Ende der Rechtskraft weg (vgl. § 715 dZPO). Der demnach im Verhältnis zu Österreich verschiedenen Rechtslage wurde in dem angeführten Vollstreckungsvertrag dadurch Rechnung getragen, daß auf Grund noch nicht rechtskräftiger, jedoch für vorläufig vollstreckbar erklärter Urteile von Gerichten der Bundesrepublik Deutschland in Österreich nur die Exekution zur Sicherstellung und auf Grund von noch nicht rechtskräftigen Urteilen österreichischer Gerichte nur der Sicherung dienende Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zulässig sind (Art. 5 Abs. 2 iVm Art. 10 des Vertrages). Ist die Entscheidung rechtskräftig geworden, kann aber - entweder unmittelbar oder nach Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung - die Exekution zur Befriedigung geführt werden (Art. 7 des Vertrages). Aus dem Gesagten ergibt sich eindeutig, daß es hiefür kein Hindernis bildet, wenn ein in der Bundesrepublik Deutschland ergangenes Urteil (auch) für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde, zumal dies, von bestimmten, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, von Amts wegen zu geschehen hat (Hartmann aaO 1597).

Die betreibende Partei hat den Eintritt der Rechtskraft des den Exekutionstitel bildenden Urteils in der im Art. 7 Abs. 1 Z 2 lit. a des Vertrages vorgeschriebenen Form nachgewiesen. Außerdem ist, wie schon erwähnt, die vorgelegte Urteilsausfertigung mit der Vollstreckungsklausel versehen. Es schadet nicht, daß sie ein Datum trägt, das vor jenem des Zeugnisses über die Rechtskraft liegt. Die Vollstreckungsklausel ist nämlich auf Antrag auch einem noch nicht rechtskräftigen, vorläufig für vollstreckbar erklärten Urteil beizufügen, weil auch auf Grund eines solchen Urteils die Zwangsvollstreckung nur durchgeführt wird, wenn der Gläubiger eine mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des Urteils vorlegt (§ 724 Abs. 1 iVm § 704 Abs. 1 dZPO).

Ein Zustellnachweis im Sinn des Art. 7 Abs. 2 des Vollstreckungsvertrages ist hier nicht notwendig, weil es sich beim Exekutionstitel um ein Anerkenntnisurteil handelt. Dieses setzt voraus, daß die Partei zur mündlichen Verhandlung erschienen ist und sich damit in das Verfahren eingelassen hat (§ 307 Abs. 1 dZPO). Die betreibende Partei hat daher alle Urkunden, die nach dem Vollstreckungsvertrag dem Antrag auf Bewilligung der Exekution beizufügen sind, in entsprechender Form vorgelegt.

Ein Vorbehaltsurteil (das unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht) ist gemäß § 302 Abs. 3 dZPO für die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen. Es ist daher ein Exekutionstitel, auf Grund dessen nach dem Vollstreckungsvertrag die Exekution bewilligt werden darf. Auf Grund eines solchen Urteils kann nach Eintritt der Rechtskraft die Befriedigungsexekution beantragt werden (SZ 38/103; EvBl. 1968/12 ua).

Aus dem Exekutionsantrag ergibt sich zwar, daß die betreibende Partei Ausländer im Sinn des DevG ist. Bei der Bewilligung der Fahrnisexekution ist aber noch nicht zu prüfen, ob die Ausfolgung des Erlöses an die betreibende Partei einer Genehmigung der O*** N*** bedarf (SZ 49/71; EvBl. 1978/44).

Auch andere als die bisher erörterten Umstände, die der Bewilligung der beantragten Exekution entgegenstehen könnten, sind nicht zu erkennen. Die Vorinstanzen haben den Exekutionsantrag daher zu Unrecht abgewiesen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch die Ansicht des Rekursgerichtes, das Fehlen der Vollstreckungsklausel sei bei der Fahrnisexekution nicht verbesserungsfähig, mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Widerspruch steht (vgl. SZ 35/119; EvBl. 1972/130 ua).

Bei der Exekutionsbewilligung war jedoch darauf Bedacht zu nehmen, daß der Verpflichtete nach dem Exekutionstitel die Geldleistung nur Zug um Zug gegen Herausgabe eines quittierten Wechsels zu erbringen hat. Gemäß § 8 EO ist in einem solchen Fall die Bewilligung der Exekution von dem Nachweis, daß die Gegenleistung bereits bewirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt sei, nicht abhängig. Es ist aber nach ständiger Rechtsprechung die Verpflichtung zur Leistung Zug um Zug in der Exekutionsbewilligung zum Ausdruck zu bringen (SZ 23/120; MietSlg. 17.813; EvBl. 1968/328; EvBl. 1970/236; ebenso Heller-Berger-Stix I 214).

Nach dem Inhalt des Exekutionsantrags, von dem bei der Bewilligung der Exekution auszugehen ist, beantragte die betreibende Partei die Exekution nur zur Hereinbringung eines Teiles der ihr zustehenden Geldforderung. Die Bezahlung eines Teilbetrages durch den Verpflichteten löst aber die Verpflichtung zur Herausgabe des Wechsels noch nicht aus, weil dies die Zahlung der ganzen Wechselsumme voraussetzt (vgl. § 39 dWG bzw. § 39 öWG; da beide Gesetzesstellen wörtlich übereinstimmen, muß nicht geprüft werden, welche anzuwenden ist). Die von der betreibenden Partei zu erbringenden Gegenleistung besteht aber nicht nur in der Herausgabe des Wechsels, sondern auch in der Quittierung einer Zahlung. Die Verpflichtung zu diesem Teil der Gegenleistung, die schon bei einer Teilzahlung besteht, war in die Exekutionsbewilligung aufzunehmen. Der Ausspruch über die Exekutionskosten beruht auf § 74 EO.

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