OGH 10ObS314/88

OGH10ObS314/8822.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Sylvia Krieger und Werner Fendrich in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna F***, 3213 Falkensteinrotte 12, vertreten durch Dr. Wolfgang Taussig und Dr. Arno Brauneis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, Roßauer

Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Dr. Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Juni 1988, GZ 31 Rs 174/88-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Dezember 1987, GZ 32 Cgs 1133/87-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.414,72 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 219,52 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war vom 1. Dezember 1947 bis 31. Juli 1986 bei Heinrich und Elfriede F*** sowie deren Rechtsvorgängern als landwirtschaftliche Arbeiterin beschäftigt. Die Ehegatten F*** zahlten auf die der Klägerin zustehende Abfertigung anläßlich der Endabrechnung am 31. Juli 1986 einen Teilbetrag von

16.575 S. Es war geplant, den noch offenen Restbetrag der Abfertigung von 49.725 S ab 1. November 1986 in monatlichen Raten zu 5.525 S zu begleichen. Tatsächlich erfolgte diese Ratenzahlung nicht und der Gesamtbetrag wurde Ende Juli 1987 gezahlt. Mit Bescheid vom 27. Oktober 1986 gewährte die beklagte Partei der Klägerin ab 1. August 1986 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer; deren Höhe betrug im Jahre 1986 monatlich 4.048,60 S und im Jahre 1987 4.202,40 S.

Mit Bescheid vom 30. Dezember 1986 erkannte die beklagte Partei der Klägerin eine Ausgleichszulage zur vorzeitigen Alterspension für die Zeit vom 1. August 1986 bis 31. Oktober 1986 in der Höhe der Differenz zwischen der Pension und dem Richtsatz zu. Für die Zeit ab 1. November 1986 wurde der Anspruch auf Ausgleichszulage verneint. Die ab diesem Tag zu zahlenden monatlichen Raten auf die Abfertigung von 5.525 S stellten ein Einkommen der Klägerin dar, das bei Prüfung des Ausgleichszulagenanspruches zu berücksichtigen sei. Die Summe aus der Pensionsleistung und diesem Einkommen übersteige den Richtsatz.

Die klagende Partei begehrte die beklagte Partei zur Leistung der Ausgleichszulage auch ab 1. November 1986 zu verpflichten. Die Abfertigungszahlungen seien nicht als Nettoeinkommen anzurechnen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei der Klägerin für die Zeit ab 1. August 1986 bis 31. Dezember 1986 eine Ausgleichszulage von 623,40 S und ab 1. Jänner 1987 eine solche von 665,60 S monatlich zu gewähren. Gemäß § 23 des KV für die Dienstnehmer in den bäuerlichen Betrieben des Bundeslandes Niederösterreich, Ausgabe 1985, der auch für 1986 beendete Dienstverhältnisse gelte, gebühre dem Dienstnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung. Die Abfertigung sei eine Entlohnung der Klägerin aus dem am 31. Juli 1986 24 Uhr beendeten Dienstverhältnis und nur auf dieses anzurechnen, stelle aber kein Einkommen dar, welches bei der Ermittlung des Anspruches der Klägerin auf Ausgleichszulage zu der ab 1. August 1986 0,00 Uhr gebührenden Pension zu berücksichtigen wäre. Selbst wenn man die Meinung verträte, daß die Abfertigung bei der Berechnung des Anspruches der Klägerin auf Ausgleichszulage anzurechnen sei, könnte diese Anrechnung nur im August 1986 erfolgen, weil die Abfertigung der Klägerin zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses zur Gänze fällig gewesen sei und daher höchstens den Anspruch auf Ausgleichszulage im ersten Pensionsmonat berühren könne. Daß die Klägerin, um ihrem ehemaligen Arbeitgeber gefällig zu sein, ihren Abfertigungsanspruch gestundet habe oder sich mit Ratenzahlung einverstanden erklärt habe, dürfe ihr pensionsrechtlich nicht zum Nachteil gereichen. Das Begehren für den geltend gemachten Zeitraum bestehe daher zu Recht. Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei gegen dieses Urteil erhobenen Berufung Folge und sprach aus, daß "das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei vom 1. August bis 31. Dezember 1986 eine Ausgleichszulage von 623,40 S monatlich und ab 1. Jänner 1987 eine solche von 665,60 S monatlich zu gewähren, hinsichtlich eines Zeitraumes ab 1. November 1986 bis 31. Juli 1986 (richtig wohl 31. Juli 1987) abgewiesen werde". Die Ausgleichszulage, bei der es sich um keine Versicherungsleistung, sondern um eine Leistung mit Fürsorgecharakter (Sozialhilfecharakter) handle, solle zusammen mit der Pension und den übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten dessen Existenzminimum sichern. Die moderne Rechtsprechung betone den Versorgungsgedanken der Abfertigung und spreche aus, daß die Abfertigung im Fall der Lösung des Arbeitsverhältnisses eine Sicherung der Existenz, eine provisorische Versorgung wenigstens für einige Zeit bewirken solle. Diesem Charakter entsprechend sei die Abfertigung für einen unmittelbar an die Beendigung des Dienstverhältnisses anschließenden ununterbrochenen Zeitraum zu bezahlen. Mangels Anführung der Abfertigung im § 292 Abs 4 ASVG sei diese als Einkommen zu berücksichtigen, wobei es nicht darauf ankomme, daß die Abfertigung nicht Entgelt im Sinn des § 44 Abs 1 lit 1 (§ 49 Abs 3 lit 7) ASVG darstelle. Da die Abfertigung den Einkünften zuzuzählen sei, ergebe sich im Zusammenhang mit dem primären Versorgungscharakter derselben für die Zeit unmittelbar nach Beendigung des Dienstverhältnisses und dem Fürsorgecharakter der Ausgleichszulage, daß die Abfertigung für die Anzahl der an die Beendigung des Dienstverhältnisses bzw. die entsprechende gesetzliche Fälligkeit anschließenden Monate den Einkünften zuzurechnen sei, die zur Berechnung der Abfertigung herangezogen worden seien. Für diesen an den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt der Abfertigung anschließenden Zeitraum sei die Existenz des Versicherten durch die Pension und den an dem letzten Arbeitsentgelt orientierten Abfertigungsteil gesichert, so daß die zur Sicherung eines bestimmten Mindesteinkommens gedachte Ausgleichszulage für diesen Zeitraum nicht zum Tragen komme. Es sei daher der monatliche Teilbetrag der Abfertigung von 5.525 S ab 1. August 1986 für die Dauer eines Jahres den Pensionseinkünften zuzurechnen, womit der Richtsatz überschritten werde. Dem Umstand, daß die Klägerin die Zahlung der Abfertigung gestundet habe, komme keine Bedeutung zu, weil die Nichtgeltendmachung von gesetzlichen oder vertraglichen Ansprüchen, wie jede nicht objektiv begründete Verzögerung, nicht zu Lasten des Sozialversicherungsträgers und damit der Gemeinschaft der Versicherten gehen könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Anspruch auf Ausgleichszulage besteht gemäß § 292 Abs 1 und 2 ASVG, wenn die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und gegebenenfalls des Nettoeinkommens des (der) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Ehegattin) und der gemäß § 292 zu berücksichtigenden Unterhaltsansprüche die Höhe des für den Pensionsberechtigten gemäß § 293 ASVG geltenden Richtsatzes nicht erreicht. Unter Nettoeinkommen im Sinn dieser Bestimmung ist, sofern nicht einer der im § 292 Abs 4 bis 13 ASVG geregelten Sonderfälle vorliegt, nach dem Abs 3 dieser Gesetzesstelle die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge zu verstehen. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt dabei, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer. § 292 ASVG enthält also ebenso wie der damit übereinstimmende § 149 GSVG und § 140 BSVG eine Bestimmung des Begriffes "Nettoeinkommen", die zwar in der Wendung "nach Ausgleich mit Verlusten" dem § 2 Abs 2 EStG 1967 nachgebildet ist (vgl. die EBzRV der 29. ASVG-Novelle 404 BlgNR 13.GP 106), im übrigen aber mit der Definition dieses Gesetzes und des nunmehr geltenden EStG 1972 nicht übereinstimmt. Außerdem enthält es, anders als die Einkommensteuergesetze, keine Definition des Begriffes "Einkünfte". Aus all dem folgt, daß im Sozialversicherungsrecht nicht einfach die Regeln der Einkommensteuergesetze angewendet werden können, weil dies in den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen nur für die Bewertung der Sachbezüge vorgesehen ist und eine uneingeschränkte analoge Anwendung wegen der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze nicht in Betracht kommt. Dies schließt selbstverständlich nicht aus, daß in Einzelfällen auf steuerliche Bestimmungen zurückgegriffen werden kann und muß (vgl. auch Binder, Probleme der pensionsversicherungsrechtlichen Ausgleichszulage, ZAS 1981, 91 ff). Nun kann es zwar keinem Zweifel unterliegen, daß das Entgelt aus einem Arbeitsverhältnis zu den Einkünften im Sinn der Bestimmungen über die Ausgleichszulage gehört. Da die Abfertigung nach herrschender Lehre und Rechtsprechung Entgelt ist (Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht I3 180;

Mayer-Maly-Marhold, österreichisches Arbeitsrecht I 118;

Martinek-Schwarz, Abfertigung 317; Miksch, Zur Reform des Abfertigungsrechtes RdA 1978, 179 und Abfertigung für Arbeiter und Angestellte Rz 160; Arb. 9490 ua), zählt sie zu den Einkünften im Sinn des § 292 ASVG und der vergleichbaren Bestimmungen in den anderen Sozialversicherungsgesetzen. Insoweit ist der von der beklagten Partei in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht beizupflichten. Es ist daraus für ihren Standpunkt jedoch nichts zu gewinnen.

Im Gesetz fehlt nämlich eine Aussage darüber, aus welchem Zeitraum die Einkünfte zu berücksichtigen sind. Bei der Lösung dieser Frage muß beachtet werden, daß es sich bei der Ausgleichszulage um keine Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Fürsorge-(Sozialhilfe-)Charakter handelt, die zusammen mit der Pension und übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten, dessen Existenzminimum sichern soll (Martinek,

Zur Ausgleichszulage VersRdSch 1956, 229; Teschner in Tomandl System, 3. ErgLfg. 406; 10 Ob S 115/87, 10 Ob S 13/88). Da dies nur dann möglich ist, wenn der Pensionsberechtigte über die Einkünfte verfügen kann, können sie, von besonderen Ausnahmefällen vielleicht abgesehen, frühestens berücksichtigt werden, wenn sie ihm zugeflossen sind. Auf der anderen Seite muß aber eine gewisse zeitliche Kongruenz zwischen den Tatsachen, auf welche die Einkünfte zurückgehen und den Pensionszahlungen bestehen. Da der Zeitpunkt, in dem der Pensionsberechtigte über die Einkünfte verfügen kann, unter Umständen nicht von ihm abhängt, könnte eine andere Auffassung zu nicht zu rechtfertigenden Ergebnissen führen, wie etwa dann, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt infolge Verzuges des Arbeitgebers erst verspätet ausbezahlt erhält. Die demnach erforderliche zeitliche Kongruenz wird sich im allgemeinen nach dem Zeitpunkt richten, in dem der Anspruch auf die Einkünfte entsteht. Der Anspruch auf die Abfertigung wird mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erworben (Arb. 9604, für den vorliegenden Fall § 23 KV für die Dienstnehmer in bäuerlichen Betrieben des Bundeslandes Niederösterreich Ausgabe 1985). Die auf Grund dieses Anspruches zufließenden Beträge haben daher dann für die Ausgleichszulage keine Bedeutung, wenn diese erst für einen der Beendigung des Dienstverhältnisses nachfolgenden Zeitraum zusteht (so schon OLG Wien SSV 10/117; vgl. auch SSV 24/119). Daran ändert nichts, wenn die Abfertigungsbeträge erst in diesem Zeitraum zufließen, mag dies auch nur deshalb geschehen sein, weil etwa der Arbeitgeber von der im Gesetz (vgl. etwa § 23 Abs 4 und § 23 a Abs 2 AngG) eingeräumten Möglichkeit, die Abfertigung erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen, Gebrauch gemacht hat oder weil zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses eine Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wurde, wie dies hier der Fall war. Es wäre nicht vertretbar, diese Fälle anders als jene zu behandeln, in denen der Arbeitnehmer die Abfertigung (oder einen anderen Teil des Entgelts) wegen Verzuges des Arbeitgebers erst später erhält. Für eine Auflösung der auf einmal ausgezahlten Abfertigung in monatliche Leistungen entsprechend der Berechnung ihrer Höhe, bietet das Gesetz auch keine Deckung. Sonst müßten im Schenkungs- oder Erbweg erlangte Beträge jedenfalls auf einen längeren Zeitraum verteilt werden (vgl. Binder aaO 94), wobei hier für die Bemessung dieses Zeitraumes überhaupt kein Anhaltspunkt bestünde. Dasselbe muß aber gelten, wenn die Abfertigungsbeträge erst in einem Zeitraum zufließen, in dem ohne ihre Berücksichtigung ein Anspruch auf Ausgleichszulage besteht. Auf dieses Ergebnis ist es entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes und der beklagten Partei ohne Einfluß, daß die Abfertigung nach Lehre und Rechtsprechung auch zur Versorgung und Überbrückung für die Zeiten nach Beendigung des Dienstverhältnisses dient (Miksch, Abfertigung Rz 162 f; Arb. 5.271 mwN). Hier ist zu erwähnen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen, die vorsahen, daß die Abfertigung zum Ruhen von Versicherungsleistungen führt (so etwa § 43 Abs 2 AngVG 1926 BGBl. 388 und § 17 Abs 2 AlVG 1958 BGBl. 199) ersatzlos aufgehoben wurden und eine entsprechende Regelung derzeit nicht vorhanden ist. Ferner steht die Abfertigung auch dem Anspruch auf Notstandshilfe (§§ 33 ff AlVG 1977), die im übrigen ebenso wie die Ausgleichszulage Fürsorgecharakter hat, nicht entgegen (s den Erl. des BMS Zl. 37.003/17-3/1980, abgedruckt bei Ullrich-Ehrenstein AlVG 128). Schließlich entspricht es gerade dem Versorgungscharakter der Abfertigung, sie dem Arbeitnehmer dafür zu belassen, daß er sich nach und nach der nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses drohenden Einkommensminderung anpassen kann. Es wäre unter diesem Gesichtspunkt sachlich nicht gerechtfertigt, einen Pensionsberechtigten, dessen Pension den Richtsatz nicht erreicht, schlechter zu stellen, als einen Pensionsberechtigten, bei dem dies der Fall ist. Auch die Versorgungsfunktion erfordert es also nicht, die Abfertigung bei der Ermittlung des Anspruches auf Ausgleichszulage zu berücksichtigen, zumal noch andere sozialpolitische Funktionen eine Rolle spielen (vgl. JBl. 1986, 804; 10 Ob S 132/87).

Beizutreten ist der Rechtsmeinung der Vorinstanzen, daß durch die Erhebung der Klage der Bescheid gemäß § 71 Abs 1 ASGG zur Gänze außer Kraft getreten ist. Es war zum § 384 Abs 1 ASVG herrschende Auffassung, daß das Ausmaß, in dem der Bescheid außer Kraft tritt, verhältnismäßig weit anzunehmen ist und daß bei Erhebung der Klage nur jener Teil des Bescheides rechtskräftig wird, der sich inhaltlich vom angefochtenen Teil trennen läßt (Oberndorfer in Tomandl System 2. ErgLfg. 649 f, OLG Wien SVSlg. 22.325; vgl. auch SVSlg. 26.239, 28.087 uva; ähnlich zum § 71 Abs 1 ASGG nunmehr Fasching in Tomandl System 3. ErgLfg. 728/5 und Kuderna Kommentar 382). Betrifft ein Bescheid die Entscheidung über einen Ausgleichszulagenanspruch, so ist eine inhaltliche Trennung, allenfalls eine Aufspaltung in verschiedene Zeiträume über die darin abgesprochen wurde, nicht möglich. Durch die Klageerhebung tritt der gesamte Bescheid und zwar auch im stattgebenden Teil außer Kraft (SSV-NF 1/60). Bemerkt sei allerdings, daß der Spruch des Berufungsgerichtes den in den Entscheidungsgründen hiezu enthaltenen Ausführungen nicht Rechnung trägt. Während in der Begründung zutreffend dargelegt wird, daß für den nicht strittigen Zeitraum (1. August 1986 bis 31. Oktober 1986) der bescheidmäßige Zuspruch im Urteil zu wiederholen sei, benennt der Spruch der Entscheidung zwar den gesamten vom Bescheid umfaßten Zeitraum ab 1. August 1986, doch umfaßt die Entscheidung nur den Zeitraum vom 1. November 1986 bis (offenbar richtig) 31. Juli 1987; eine Entscheidung im Sinn des Zuspruches für die Zeit vom 1. August 1986 bis 31. Oktober 1986 unterblieb. Nicht beigetreten werden kann der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß sich die Entscheidung auf die Zeit bis 31. Juli 1987 zu beschränken hatte. Beim Anspruch auf Ausgleichszulage handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch auf eine laufende Leistung. Gemäß § 406 ZPO im Zusammenhang mit § 179 ZPO ist der Zeitpunkt, auf den sich die Entscheidung zu beziehen hat, der Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (SZ 26/298) - hier der 19. Oktober 1987. Der Entscheidung des Gerichtes ist das Parteivorbringen, wie es sich auf Grund von (zulässigen) Änderungen und Ergänzungen in diesem Zeitpunkt darstellt und die Sachlage, wie sie in diesem Zeitpunkt feststeht, zugrundezulegen (Fasching III, 659). Durch die Einbringung der Klage trat der angefochtene Bescheid wie dargestellt außer Kraft; es war vom Gericht ein völlig neues Verfahren durchzuführen und gemäß § 406 ZPO die Entscheidung auf Grund der Sachlage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz zu treffen. Allein die Tatsache, daß die beklagte Partei in Aussicht stellte, für die Zeit ab 1. August 1987 eine Überprüfung vorzunehmen und bescheidmäßig abzusprechen, kann eine Beschränkung der Entscheidung auf einen vor Schluß der Verhandlung gelegenen Zeitraum nicht rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG; Einheitssatz steht gemäß § 23 RAT für die Verfassung der Revision nur in einfacher Höhe zu.

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