OGH 4Ob594/88

OGH4Ob594/8811.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann S***, Werkzeugschärfdienst, Irschen, Streßweg 22, vertreten durch Dr. Jakob O***, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagten Parteien 1. Josef H***, Kaufmann,

2. Ruth H***, Handelsfrau, beide Mitinhaber der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft und nicht protokollierten Firma "TOP-S***", Greifenburg, Gries 1, beide vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, wegen S 48.892,70 samt Anhang, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 6. Juli 1988, GZ 1 R 133/88-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 23. März 1988, GZ 19 Cg 92/88-7, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die beiden Beklagten betrieben gemeinsam eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes unter der Bezeichnung "TOP-S***"; eine derartige Firma war im Handelsregister nie eingetragen. Mit Gesellschaftsvertrag vom 6. Juli 1987 und einem Nachtrag vom 24. Juli 1987 wurde die "M***-M***-P*** MBH"

gegründet; diese Gesellschaft wurde am 29. Juli 1987 zu HRB 291/Spittal in das Handelsregister des Landesgerichtes Klagenfurt eingetragen; vertretungsbefugt sind die Beklagten. Der Kläger begehrte am 5. August 1987 von der "Firma TOP-S*** Holzverarbeitung" in Greifenburg, Gries Nr. 1, S 48.892,70 s.A. als Entgelt für Werkzeuglieferungen und sonstige Leistungen. Diese Klage wurde dem Erstbeklagten zugestellt. Die "Firma TOP-S***" erstattete eine Klagebeantwortung, ohne sich zur Frage ihrer Parteifähigkeit und ihrer Bezeichnung zu äußern. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 23. März 1988 änderte der Kläger die Bezeichnung der beklagten Parteien in "1. Josef H***, Kaufmann, und 2. Ruth H***, Handelsfrau, beide Mitinhaber der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft und nicht protokollierten Firma TOP-S***".

Die Beklagten sprachen sich gegen die Änderung aus, weil keine Parteienidentität gegeben sei, zumal es sich bei ihnen um zwei physische Personen handle, die als solche keine Klage entgegengenommen hätten. Da ihnen gegenüber noch keine Streitanhängigkeit bestehe, sei die Klage "zurück- bzw. abzuweisen". Der Erstrichter hob hierauf das gesamte Verfahren einschließlich der Klagezustellung als nichtig auf und wies die Klage zurück. Der Kläger habe keine - jederzeit zulässige - Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei, sondern eine Parteienänderung vorgenommen, weil mit den nun als Beklagten in Anspruch genommenen Parteien noch kein Prozeßrechtsverhältnis bestanden habe. Der Kläger wäre zur Angabe verpflichtet gewesen, wer der Inhaber der "Firma TOP-S***" sei; diese Unterlassung müsse ihm als Verschulden angerechnet werden. Da die Klage nicht hätte zugestellt werden dürfen, sei ihre Zustellung und das anschließende Verfahren mit Nichtigkeit behaftet.

Das Gericht zweiter Instanz hob infolge Rekurses des Klägers diesen Beschluß "in dessen Abänderung" auf und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Nach § 235 Abs 5 ZPO sei es weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei, wenn die Parteienbezeichnung auf diejenige Partei richtiggestellt werde, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden sei. Die Klage sei hier eindeutig gegen das in Greifenburg ansässige Holzverarbeitungsunternehmen mit der Bezeichnung "Firma TOP-S***" gerichtet gewesen. Bei diesem Unternehmen handle es sich um kein parteifähiges Gebilde; in einem solchen Fall sei die Parteienbezeichnung auf den Unternehmensinhaber richtigzustellen. Das Unternehmen sei nach den Feststellungen von den beiden Beklagten betrieben worden. Die von den Beklagten erst im Rekursverfahren aufgestellte Behauptung, daß die Zweitbeklagte Alleininhaberin der "Firma TOP-S***" sei, müsse auf Grund des Neuerungsverbotes unberücksichtigt bleiben. Die beiden Beklagten seien nach dem Inhalt der Klageschrift als in Anspruch genommen anzusehen. Wer Partei ist, richte sich allein nach den Angaben der Klage. Die Beklagten träten nicht an die Stelle eines anderen, bisher in Anspruch genommenen Rechtssubjektes, komme doch der "Firma TOP-S***" keine Parteifähigkeit zu. Ob ein Prozeßrechtsverhältnis mit den Beklagten schon begründet worden sei, habe keine rechtliche Bedeutung, weil dies keine Voraussetzung für die Berichtigung sei. Der Kläger habe die ungenaue Parteienbezeichnung der beklagten Partei so richtigstellen können, daß die Bezeichnung den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Da die Parteienbezeichnung noch vor der Beschlußfassung des Erstrichters richtiggestellt worden sei, sei der frühere Mangel der Parteifähigkeit der Beklagten geheilt worden; es liege daher keine die Zurückweisung der Klage rechtfertigende Nichtigkeit vor.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstrichters wiederherzustellen.

Der Kläger beantragte, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Das Gericht zweiter Instanz hielt den Revisionsrekurs für zulässig, weil eine einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 235 Abs 5 ZPO fehle; das trifft jedoch nicht zu:

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung ist es für die Unterscheidung zwischen einer - in jeder Lage des Verfahrens zulässigen, nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen vorzunehmenden - Richtigstellung der Parteienbezeichnung und einer - auch mit Zustimmung des Prozeßgegners grundsätzlich unzulässigen - Parteienänderung von wesentlicher Bedeutung, ob die betreffende Partei nach ihrer Neubezeichnung noch im Prozeßrechtsverhältnis verbleibt oder ob nun eine andere Partei an ihre Stelle tritt. Eine bloße Berichtigung liegt immer dann vor, wenn die Bezeichnung des als Partei genannten Rechtssubjektes geändert wird, ohne daß dadurch an die Stelle des bisher als Partei angesehenen und als Partei behandelten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt treten soll; eine Parteiänderung ist hingegen dann anzunehmen, wenn an Stelle des bisher als Partei bezeichneten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit einbezogen werden soll. Als Prozeßpartei ist dabei diejenige Person anzusehen, deren Parteistellung sich aus dem Vorbringen und aus dem Begehren der Klage klar und deutlich ergibt (Fasching III 111 f und LB Rz 321 ff; SZ 38/176; SZ 42/146; SZ 44/174; EvBl 1973/281; RZ 1977, 211; ÖBl 1985, 82 u.v.a.). Diese Rechtsprechung ist mit dem durch die ZVN 1983 eingeführten § 235 Abs 5 ZPO im Gesetz selbst "festgeschrieben" worden. Wie sich aus den EB zur RV der ZVN 1981 (669 BlgNR 15.GP 52 f zu Z 31 !§ 235 ZPO ) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung jene häufigen Fälle treffen, in denen Fehler bei der Bezeichnung einer Partei - vor allem der beklagten Partei - vom Beklagten schikanös als Grundlage für eine Bestreitung der Klagelegitimation herangezogen werden, indem davon ausgegangen wird, Partei sei jemand anderer als der, der eindeutig gemeint ist, und dieser andere, auf den die unkorrekte Bezeichnung zufällig paßt, sei eben nicht als Kläger oder Beklagter legitimiert. In den meisten aus der Judikatur bekannten Fällen handle es sich darum, daß eindeutig der Rechtsträger eines bestimmten Unternehmens als Beklagter in Anspruch genommen werden soll, daß aber der Name dieses Rechtsträgers verfehlt werde. Keine Schwierigkeiten bereiteten dabei jene Fälle, in denen als Partei ein nicht parteifähiges Gebilde genannt sei, dessen Rechtsträger sich unzweifelhaft ergibt; hier sei nicht isoliert an der Bezeichnung der Partei im Sinne des § 75 Z 1 ZPO zu kleben und in Konsequenz dessen die Klage mangels Parteifähigkeit zurückzuweisen, sondern bloß die Bezeichnung der Partei auf den nach dem gesamten Inhalt der Klage eindeutig gemeinten Rechtsträger zu ändern. Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof nach dem Inkrafttreten des § 235 Abs 5 ZPO unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsprechung ausgesprochen, daß die Bezeichnung der beklagten Partei auf den - richtigen - Namen des durch die Klage erkennbar in Anspruch genommenen Unternehmensinhabers berichtigt werden kann (ÖBl 1985, 82). Gerade der - auch diesmal gegebene - Fall, daß der Unternehmensinhaber unter einer "nicht protokollierten Firma" oder einer Unternehmensbezeichnung geklagt und diese Bezeichnung in der Folge auf den bürgerlichen Namen des Unternehmensinhabers richtiggestellt wurde, war schon wiederholt Gegenstand oberstgerichtlicher Entscheidungen (SZ 38/176; EvBl 1973/30; WBl 1987, 41; 14 Ob 110, 111/86 u.v.a.). Mit ihrer Behauptung, der Kläger habe die Bezeichnung der beklagten Partei nicht auf die Unternehmensinhaber richtiggestellt, setzen sich die Beklagten in unzulässiger Weise über die Feststellungen der Vorinstanzen hinweg. Da das Rekursgericht die hier maßgebliche Frage des Verfahrensrechtes im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst hat, liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1, § 528 Abs 2 ZPO nicht vor; der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Dem Kläger waren die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung nicht zuzuerkennen, weil dieser Schriftsatz mangels Hinweises auf die Unzulässigkeit des von den Beklagten erhobenen Rechtsmittels zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderlich war.

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