OGH 7Ob605/88

OGH7Ob605/8830.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Katharina E***, Magistratsbedienstete, Wels, Schafwiesenstraße 80, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, gegen den Antragsgegner Emil E***, Arbeiter, Wels, Schafwiesenstraße 80, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 24. Februar 1988, GZ R 114/88-35, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 13. November 1987, GZ F 10/86-27, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Keinem der beiden Revisionsrekurse wird Folge gegeben. Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Mit Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 5. Juni 1986 wurde die zwischen den Parteien am 11. Mai 1963 geschlossene Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden. Der Ehe entstammen die Kinder Wilhelm, geboren am 20. August 1963, Silvia, geboren am 28. April 1968, und Hans-Peter, geboren am 5. Jänner 1970. Nach einem im Scheidungsverfahren abgeschlossenen Vergleich werden die elterlichen Rechte und Pflichten im Sinne des § 144 ABGB hinsichtlich Silvia (nunmehr zufolge Volljährigkeit gegenstandslos) und Hans-Peter von der Antragstellerin allein ausgeübt. Die Parteien sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer einer Liegenschaft im Ausmaß von 775 m2, auf der das Haus Schafwiesenstraße 80 während der Ehe errichtet worden ist. Die Antragstellerin beantragte die Zuweisung dieser Liegenschaft und des im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehenden Mobiliars in der ehelichen Wohnung unter Auferlegung einer Abschlagszahlung von S 400.000,--.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung dieses Antrages und begehrte seinerseits die Zuweisung des Hälfteanteils der Antragstellerin gegen eine Ausgleichszahlung von S 300.000,--. Das Erstgericht wies das Eigentumsrecht am Hälfteanteil des Antragsgegners einschließlich des Liegenschaftszubehörs und des Hausrats, soweit er bisher dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Ehegatten gedient hat, der Antragstellerin zu und trug dieser auf, dem Antragsgegner binnen eines Monates ab Rechtskraft der Entscheidung einen Ausgleichsbetrag von S 700.000,-- zu bezahlen. Den Antragsgegner erkannte es schuldig, die Liegenschaft binnen eines Monates ab Rechtskraft der Entscheidung zu räumen. Das Erstgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:

Der Antragsgegner verfügte bei der Eheschließung über Ersparnisse von S 36.000,--. Die Antragstellerin hatte keine Ersparnisse. Im April 1964 erwarben die Parteien um S 46.000,-- das den Gegenstand des Verfahrens bildende Grundstück, für das sie einschließlich der Vertragsgebühren und Nebenkosten S 55.000,-- zu zahlen hatten. Die Bezahlung dieses Betrages erfolgte einerseits mit Hilfe der Ersparnisse des Antragsgegners. Den Rest von S 19.000,-- lieh sich die Antragstellerin vom Lebensgefährten ihrer Mutter, Wilhelm G*** (die Rückzahlung dieses Betrages erfolgte aus dem Erbe nach der Mutter der Antragstellerin, Katharina S***, die am 14. Mai 1980 starb).

Im Herbst 1964 begannen die Parteien mit der Errichtung des Hauses Schafwiesenstraße 80. Im Herbst 1967 war der Bau so weit vollendet, daß die Ehegatten einziehen konnten. Die Bauführung fand "in Eigenregie" statt. Ein Baumeister, bei dem der Vater des Antragsgegners beschäftigt war, zeichnete den Plan und stellte die Baustellentafel zur Verfügung. Die eigentlichen Bauarbeiten verrichteten die Parteien und ihre Angehörigen zum größten Teil selbst. Nur für die Elektroinstallation wurden Professionisten herangezogen. Die Hauptarbeit verrichteten der Antragsgegner selbst, der seine gesamte Freizeit der Bauführung widmete und sein Vater, der von Beruf Maurer war, 1965 pensioniert wurde und ab diesem Zeitpunkt auch untertags zur Verfügung stand. Auch andere Angehörige halfen mit, besonders bei baubedingten Stoßzeiten wie dem Betonieren der Geschoßdecken oder dem Dachdecken. In solchen Fällen half auch die Mutter des Antragsgegners fallweise mit. Öfter noch leistete die Antragstellerin selbst Bauarbeiten. Allerdings war sie zu dieser Zeit berufstätig, so daß ihr nur die Freizeit zur Verfügung stand. Auch die Mutter der Antragstellerin half fallweise mit, ferner zwei entfernte Verwandte und vor allem Wilhelm G***, der Berufserfahrung als Waserleitungsinstallateur hatte und gemeinsam mit dem Antragsgegner die Wasserleitung sowie die Zentralheizung besorgte. Alle diese Angehörigen arbeiteten ohne Entgelt und wurden fallweise auf der Baustelle verköstigt, wobei die Mahlzeiten entweder die Mutter der Antragstellerin oder diese selbst zubereiteten. Der Arbeitsanteil des Antragsgegners und seiner Angehörigen betrug geschätzt 2/3 aller angefallenen Arbeiten. Die Baumaterialien bestritten die Parteien teils aus ihrem Arbeitsverdienst, teils mit Hilfe zweier Bankkredite mit einer Gesamtsumme von S 200.000,--, die überwiegend aus dem Arbeitseinkommen des Antragsgegners zurückgezahlt wurden. Die Antragstellerin erhielt während der Bauführung etwa s 50.000,-- von ihrer Mutter, die beim Bau oder bei der Einrichtung des Hauses verwendet wurden. Der Verkehrswert des Hauses betrug am Tag der Scheidung der Ehe wie auch am Tag des Schlusses der Verhandlung erster Instanz S 1,287.000,--. Während der dreijährigen Bauführung hatten die Parteien keinen gemeinsamen Haushalt, sie wohnten weiterhin bei ihren Eltern. Der Antragsgegner arbeitete bereits vor der Eheschließung und weiter bis Juni 1985 als Monteur bei einem Unternehmen in Wels mit einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen von zuletzt S 15.000,--. Er wurde dann von seinem Dienstgeber gekündigt und erhielt eine Abfertigung von insgesamt rund S 260.000,--. Dieser Betrag war zur Zeit der Scheidung der Ehe im wesentlichen aufgebraucht, und zwar für den Kauf eines PKWs (S 100.000,--), für einen Fortbildungskurs (S 10.000,--), für Prozeßkosten (Scheidung, zwei Strafverfahren, Detektivnosten für die Überwachung der Antragstellerin) und für den persönlichen Bedarf. Bis zum Ende des Jahres 1985 erhielt der Antragsgegner eine monatliche Arbeitslosenunterstützung von S 9.000,--, in den folgenden Monaten Notstandshilfe von S 2.600,--. Seit Mai 1986 ist der Antragsgegner bei der V*** in Linz Monteur und verdient im Winter durchschnittlich S 16.000,-- bis S 17.000,-- monatlich netto, im Sommer (etwa 7 Monate lang) an die S 25.000,-- monatlich netto zuzüglich Sonderzahlungen.

Die Antragstellerin war zur Zeit der Eheschließung Friseurlehrling. Sie blieb nach der Auslehre zunächst Friseurgehilfin, war vom 10. Jänner 1965 bis 10. März 1965

arbeitslos und dann bis 16. März 1968 Verkäuferin. In der Folge bezog die Antragstellerin bis Jänner 1971 Karenzgeld und anschließend Arbeitslosenunterstützung. Vom 2. November 1973 bis 31. August 1974 arbeitete sie wieder als Verkäuferin, bezog hernach 4 Monate Arbeitslosenunterstützung und blieb sodann etwa 6 Jahre lang allein im Haushalt. In den folgenden Jahren verrichtete die Antragstellerin Gelegenheitsarbeiten. Seit 11. Juli 1983 ist sie Magistratsbedienstete und arbeitet nunmehr als Stationsgehilfin in einem Pensionistenheim. Sie verdient einschließlich der Sonderzahlungen monatlich netto etwa S 15.000,--.

Zur Zeit der Ehescheidung verfügte die Antragstellerin über Ersparnisse von S 23.000,-- und einen PKW mit einem Zeitwert von S 3.000,--, der Antragsgegner über ein Vermögen von S 153.000,-- (Sparguthaben, Werte einer Lebensversicherung) und über einen PKW mit einem Zeitwert von S 60.000,--.

Die im Hause Wels, Schafwiesenstraße 80 befindlichen Möbel und der sonstige Hausrat, der dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Parteien gedient hat, haben einen Verkehrswert von S 45.000,--. Ein im Frühjahr 1986 um S 18.000,-- angeschafftes Glashaus hat einen Verkehrswert von S 12.000,--.

Wilhelm G*** hat den Parteien außer einem Betrag von S 1) 000,-- (anläßlich des Grundkaufes) während der Bauführung noch weitere S 32.000,-- geliehen. Die Antragstellerin verbrauchte diesen Betrag für den Lebensunterhalt der Familie, sodaß der Antragsgegner seinen Verdienst beim Hausbau verwenden konnte.

Die Mutter der Antragstellerin starb am 14. Mai 1980. Sie hinterließ der Antragstellerin und einer zweiten Tochter ein Haus, das verkauft wurde. Aus dem auf sie entfallenden Erlös von etwa S 400.000,-- zahlte die Antragstellerin S 51.000,-- an Wilhelm G*** zurück, S 70.000,-- gab sie für die Einrichtung der Küche, des Bades und der Toilette aus, S 250.000,-- überließ sie den Kindern teils in Form von Sachzuwendungen, teils bar. Den Rest verbrauchte sie für den Lebensunterhalt der Familie.

Im Mai 1986 trennten sich die Parteien in der Weise, daß der Antragsgegner allein in der bisherigen Ehewohnung im Erdgeschoß des Hauses verblieb, während die Antragstellerin in das Obergeschoß übersiedelte, in dem auch die Kinder der Parteien wohnen. Die Antragstellerin teilt das Wohnzimmer mit der Tochter Silvia als Schlafraum und hat gemeinsam mit ihren Kindern eine Kochnische zur Verfügung.

Es kam nicht nur während der Ehe zu argen Zerwürfnissen zwischen den Parteien. Auch seit der Trennung und Ehescheidung kamen viele Male Streitereien vor. Besonders nach Alkoholkonsum schreit der Antragsgegner die Antragstellerin oder die Kinder unbeherrscht an. Der Alkoholkonsum betrug in den letzen drei Jahren wöchtenlich mindestens 1 Kiste Bier. Infolge dieses Verhaltens des Antragsgegners haben alle drei Kinder Partei für die Antragstellerin ergriffen und stellen sich gegen den Antragsgegner. Von 1976 bis 1981 betreute die Antragstellerin über insgesamt 38 Monate die 1972 geborene Tochter eines Bruders des Antragsgegners, wofür dieser anfangs S 1.000,--, später S 1.800,--

bis S 2.400,-- monatlich bezahlte.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Anteile der Parteien an der Vermögensbildung seien etwa gleich hoch, doch sei der Anteil des Antragsgegners am Hausbau etwas höher als jener der Antragstellerin. Die Frage der Eigentumszuweisung sei dennoch zu Gunsten der Antragstellerin zu entscheiden gewesen, weil der Antragsgegner leichter eine Ersatzwohnung finden könne als die Antragstellerin mit ihren teilweise noch unversorgten und jedenfalls noch ledigen Kindern. Auch sei zu berücksichtigen, daß die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden worden sei. Das aufzuteilende Gesamtvermögen betrage S 1,344.000,--. Im Hinblick auf die höheren Arbeits-Wertschöpfungsbeiträge des Antragsgegners sei eine Ausgleichszahlung von S 700.000,-- an ihn gerechtfertigt. Eine reale Teilung des Objektes sei zufolge der bestehenden Streitigkeiten und Zerwürfnissen untunlich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht, jenem des Antragsgegners hingegen teilweise Folge. Es erkannte den Antragsgegner - bei im übrigen gleicher Entscheidung wie das Erstgericht - schuldig, die Liegenschaft binnen 2 Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses zu räumen, ordnete die Einverleibung des Pfandrechtes für eine Ausgleichszahlung von S 700.000,-- samt 4 % Zinsen sowie eine Nebengebührensicherstellung von S 50.000,-- auf der der Antragstellerin allein gehörigen Liegenschaft an und erkannte die Antragstellerin schuldig, in die Einverleibung (richtig: Anmerkung; § 53 GBG) einer Rangordnung für dieses Pfandrecht einzuwilligen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- und der Wert des von der Abänderung betroffenen Teils S 15.000,-- übersteigt (ein solcher Ausspruch ist in dem § 232 Abs 1 AußStrG nicht vorgesehen; er ist jedoch dem Ausspruch, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, gleichzuhalten). Da auf eine von den Parteien vorgenommene außergerichtliche Aufteilung des schon durch den Antrag ausgenommenen ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse Bedacht zu nehmen sei, sei zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin über eheliche Ersparnisse von S 23.000,--, der Antragsgegner über solche von S 153.000,-- verfüge. Auch die dem Antragsgegner aus der Auflösung seines Dienstverhältnisses zugeflossenen Beträge könnten nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, sondern seien zum Teil als Betrag anzusehen, der ihm nach § 91 EheG als zugekommen zuzurechnen sei. Da der Antragsgegner aus der Abfertigung einen Fortbildungskurs finanziert habe und sie zum Teil auch zur Aufrechterhaltung der üblichen Gestaltung der Lebensverhältnisse habe heranziehen dürfen, als er - im Vergleich zu seinem Arbeitseinkommen - nur geringe Beträge an Arbeitslosenunterstützung und Notstandshilfe bezogen habe, seien nur rund S 200.000,-- (einschließlich des für den PKW-Kauf verwendeten Betrages) in die Aufteilung einzubeziehen. Dagegen unterliege der Grundwert der Liegenschaft nicht zur Gänze der Aufteilung, da der Antragsgegner S 36.000,-- in die Ehe eingebracht und diese zur Finanzierung des Baugrundes verwendet habe. Er habe damit rund 2/3 der Kosten des Baugrundes - dessen gegenwärtiger Wert mit S 329.400,-- ermittelt worden sei - bezahlt. Die vom Antragsgegner eingebrachten Ersparnisse seien damit konkret weiter verfolgbar. Die Quote des Antragsgegners am Baugrund betrage daher rund S 220.000,-- . Bei der Aufteilung seien daher der Hauswert abzüglich 2/3 Grundwert (S 1,067.000,--), das Inventar (S 45.000,--), das sonstige Vermögen der Parteien (S 23.000,-- und S 150.000,--), zum Teil die Abfertigung des Antragsgegners (S 200.000,--) und das Glashaus (S 12.000,--) zu berücksichtigen, insgesamt sohin Werte von S 1,500.000,--. Bei der Entscheidung, welcher Partei das Haus zuzuweisen sei - die Begründung von Alleineigentum eines Ehegatten sei notwendig, weil es ständig zu argen Zerwürfnissen zwischen den Parteien komme -, sei zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin das bessere Verhältnis zu den rechtlich selbsterhaltungsfähigen Kindern, die jedoch noch keinen eigenen, örtlich getrennten und selbständigen Haushalt begründet hätten, habe, und daß die Antragstellerin in Wels, der Antragsgegner jedoch in Linz arbeite. Auch das überwiegende Verschulden des Antragsgegners an der Ehescheidung dürfe nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Es ergebe sich, daß die Umstände leicht zu Gunsten der Antragstellerin überwiegen, so daß die Zuweisung an sie gerechtfertigt sei. Bei der Bemessung der Ausgleichszahlung sei zu berücksichtigen, daß der Antragsgegner ständig erwerbstätig gewesen sei und anfangs auch in hohem Maße durch Arbeitsleistung in der Freizeit zum Hausbau beigetragen habe. Aber auch die Antragstellerin habe durch persönliche Arbeit und durch Arbeitsleistungen aus dem Kreis ihrer Verwandtschaft zum Hausbau beigetragen. Daneben habe sie lange Jahre ein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielt, seit 1967 allein den ehelichen Haushalt geführt und drei eheliche Kinder sowie mehr als 3 Jahre lang auch ein Kind des Bruders des Antragsgegners erzogen und betreut. Der Beitrag der Antragstellerin sei sohin sehr gewichtig und eine Quote von 50 % nicht zum Nachteil des Antragsgegners. Zum Hälfteanteil des Antragsgegners an den ermittelten Werten von S 750.000,-- komme der ihm zuzurechnende Grundwert (S 220.000,--), gekürzt um seine Ersparnisse (S 150.000,--) und die als Vorausempfang anzurechnende Abfertigung (S 200.000,--), so daß sich ein Betrag von S 620.000,-- ergäbe. Zum Ausgleich für die mit dem Verlassen der Ehewohnung verbundene Härte sei jedoch eine Ausgleichszahlung von S 700.000,-- angemessen. Zur Sicherheit des Antragsgegners sei eine pfandrechtliche Sicherstellung anzuordnen, aus Gründen einer möglichen Gebührenersparnis auch die Möglichkeit einer Rangordnung für ein solches Pfandrecht vorzusehen gewesen.

Den Beschluß des Rekursgerichtes bekämpfen beide Parteien. Die Antragstellerin wendet sich gegen den Beschluß, soweit ihr eine Ausgleichszahlung und deren pfandrechtliche Sicherstellung von mehr als S 400.000,-- aufgetragen wurde, der Antragsgegner, soweit seinem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes nicht Folge gegeben wurde, wobei er den Antrag stellt, den Beschluß der zweiten Instanz dahin abzuändern, daß ihm die Liegenschaft gegen Bezahlung einer angemessenen Ausgleichszahlung ("etwa S 350.000,--") zugewiesen und die Antragstellerin zur Räumung der Liegenschaft verpflichtet werde, in eventu, die Antragstellerin zu verpflichten, ihm einen Ausgleichsbetrag von S 950.000,-- binnen einem Monat ab Rechtskraft des Beschlusses zu bezahlen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Beide Parteien haben Rekursbeantwortungen erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Keiner der beiden Rekurse ist berechtigt.

Verfehlt ist es zunächst, wenn der Antragsgegner geltend macht, die Antragstellerin habe innerhalb der Frist des § 95 EheG nur den Antrag gestellt, ihr die gemeinsame Liegenschaft unter Auferlegung einer Ausgleichszahlung von S 400.000,-- zuzuweisen, nicht auch gegen Bezahlung eines höheren Ausgleichsbetrages. Dieser Antrag aber sei "untunlich und unmöglich" und daher abzuweisen. Nur dann, wenn eine Ausgleichszahlung begehrt und beziffert wird, ist der begehrte Betrag der Rahmen, innerhalb dessen das Gericht zu entscheiden berufen ist, und es ist eine Ausdehnung des bezifferten Begehrens nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG ausgeschlossen (SZ 55/163 und 192 u.a., zuletzt EFSlg 51.846). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin eine Ausgleichszahlung nicht begehrt, sondern angeboten. Es besteht kein rechtliches Hindernis, der Antragstellerin die Leistung einer höheren Ausgleichszahlung als der von ihr angebotenen aufzuerlegen.

Der Umstand, daß der Antragsgegner nach seinen Behauptungen sehr an dem Haus hängt, weil es einen bedeutenden Teil seines Lebensinhalts darstelle, könnte allenfalls dann berücksichtigt werden, wenn er auf die Antragstellerin nicht oder doch nicht in gleicher Weise zuträfe (vgl. 8 Ob 653/85). Doch ist dies nicht der Fall. Die Antragstellerin hat vielmehr dieselbe Intensität ihrer Beziehungen zu dem Haus geltend gemacht. Auch die Feststellungen der Vorinstanzen haben nichts Gegenteiliges ergeben.

Es trifft zu, daß der bloße Wunsch eines vormaligen Ehegatten, mit bereits großjährigen und selbsterhaltungsfähigen Kindern weiterhin zusammenzuleben, in die gemäß § 83 Abs 1 EheG vorzunehmenden Billigkeitserwägungen so lange nicht einzubeziehen ist, als ein solches Zusammenwohnen nicht im Hinblick auf besondere Umstände (etwa Pflegebedürftigkeit einer der beteiligten Personen) notwendig ist (EFSlg 51.778). Von den drei Kindern der Parteien sind zwei (Wilhelm und Silvia) bereits volljährig und selbsterhaltungsfähig, das dritte (Hans-Peter) wird in wenigen Monaten volljährig sein und befindet sich im dritten Lehrjahr als kaufmännischer Lehrling, sodaß auch seine Selbsterhaltungsfähigkeit in naher Zeit bevorsteht. Das Wohnungsbedürfnis dieses Kindes - nicht auch der beiden anderen Kinder - ist daher entgegen der Meinung des Antragsgegners derzeit noch zu berücksichtigen. Es kann ihm jedoch mit Rücksicht auf die dargestellten Umstände gewiß kein ausschlaggebender Einfluß auf die Zuweisung des Hauses beigemessen werden.

Beizupflichten ist dem Antragsgegner darin, daß die Lage seines derzeitigen Arbeitsplatzes (Linz) schon mit Rücksicht auf die geringe Entfernung von der gegenständlichen Liegenschaft bei deren Zuweisung keine Rolle spielen kann.

Nicht gefolgt werden kann dem Antragsgegner dagegen, wenn er meint, die Frage des Verschuldens an der Ehescheidung sei im vorliegenden Fall bedeutungslos. Zwar bildet das Verschulden an der Auflösung der Ehe im allgemeinen nur dann ein Kriterium für die Billigkeitsentscheidung nach § 83 EheG, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung der Ehe im weitesten Sinn bedeutsam war (EFSlg 46.364). Es ist jedoch nach der herrschenden Rechtsprechung gerechtfertigt, dem an der Scheidung schuldlosen Teil Optionsmöglichkeiten bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens einzuräumen (EFSlg 51.756, 48.953, 46.367). Das Gebot, die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen, hat die Anpassung der Rechtsfolgen an die besondere Lage des Einzelfalles zum Ziel, damit die durch die Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse notwendige Differenzierung vorgenommen und eine dem natürlichen Gerechtigkeitsempfinden entsprechende Entscheidung gefällt wird. Es kann deshalb der Umstand, daß ein Teil an der Auflösung der Ehe allein schuldig ist, nicht ohne jede Bedeutung sein. Es ist insbesondere als Gebot der Billigkeit anzusehen, innerhalb der wertmäßigen Aufteilung dem an der Auflösung der Ehe schuldlosen Teil gewisse Optionsmöglichkeiten auf jene Gegenstände zu geben, die er behalten oder zugewiesen haben will. Es widerspräche dem Gerechtigkeitsempfinden, dem an der Zerstörung der Ehe schuldlosen Teil auch noch eine seinen Vorstellungen und Interessen widersprechende Auseiandersetzungsart aufzuzwingen. Wenn nicht andere, schwerer wiegende Gründe - etwa ein existenzielles Bedürfnis des an der Eheauflösung schuldigen Teils, das sonst nicht befriedigt werden könnte - berücksichtigungswürdiger erscheinen, so soll doch der Aufteilungswunsch des an der Auflösung der Ehe schuldlosen Teils Anerkennung finden (SZ 55/45). Zwar ist der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens an der Zerrüttung jenem des alleinigen Verschuldens nicht völlig gleichzustellen. Doch wird bei der Regelung des Unterhalts nach Scheidung der Ehe in den §§ 66 ff EheG der überwiegend schuldige Ehegatte gleich dem allein schuldigen behandelt, weshalb auch der Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens nur dann als gerechtfertigt angesehen wird, wenn die Schuld des einen Gatten erheblich schwerer ist und das Verschulden des anderen fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg 51.658 u. v.a.). Auch bei überwiegendem Verschulden des anderen wird daher einem geschiedenen Ehegatten zumindest dann ein Wahlrecht einzuräumen sein, wenn nicht im speziellen Fall anderen, allgemeinen Aufteilungsgrundsätzen der Vorrang zu geben ist oder besonders schwerwiegende Gründe dagegen sprechen (vgl. EFSlg 51.763).

Im vorliegenden Fall sind derartige Umstände nicht vorhanden. Daß der Antragsgegner mehr als die Antragstellerin bei der Errichtung des Hauses mitgewirkt hat, ist innerhalb der wertmäßigen Aufteilung zu berücksichtigen. Der Umstand, daß er überwiegend auch zu der Anschaffung des Grundes - durch Heranziehung seiner Ersparnisse - beigetragen hat, wurde bereits von der zweiten Instanz unter Hinweis auf § 82 Abs 1 Z 1 EheG (wonach der Aufteilung Sachen nicht unterliegen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat) beachtet. Die - zweifellos sehr bedeutenden - Arbeitsleistungen des Vaters des Antragsgegners sind im Zweifel als Zuwendungen zu gleichen Teilen an beide Parteien anzusehen (EFSlg 51.735, 46.348 u. a.); daß eine andere Vereinbarung - ausdrücklich oder stillschweigend - getroffen worden wäre, wurde nicht behauptet. Persönliche Beziehungen zur Liegenschaft bestehen bei beiden Parteien in gleicher Weise. Daß der Wunsch der Antragstellerin, die Liegenschaft zugewiesen zu erhalten, auch darin seinen Grund hat, mit den Kindern in dem Haus zu wohnen - so lange diese noch keinen eigenen, örtlich getrennten Haushalt begründet haben -, die ihrerseits mit der Antragstellerin, nicht jedoch mit dem Antragsgegner zusammenwohnen wollen, hindert nicht, diesen Wunsch entsprechend den vorstehenden Ausführungen anzuerkennen. Daß es dem besser verdienenden Antragsgegner leichter als der Antragstellerin fallen wird, unter Berücksichtigung der an ihn zu leistenden Ausgleichszahlung einen neuen Wohnsitz zu schaffen, sei nur am Rande bemerkt, ist jedoch nach den allgemeinen Aufteilungsgrundsätzen gleichfalls zu beachten.

Eine Stellungnahme zu den Ausführungen des Antragsgegners, Wilhelm G*** habe den Betrag von S 19.000,-- beiden Parteien geliehen, ist entbehrlich, da nichts anderes festgestellt wurde und eine Bekämpfung der Beweiswürdigung darüber hinaus im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht zulässig ist. Die Annahme des Rekursgerichtes, die Zuwendungen der Mutter der Antragstellerin seien an die Antragstellerin erfolgt, finden ihre Stütze in den Feststellungen des Erstgerichtes. Es ist im übrigen nicht zu erkennen, in welcher Weise der Antragsgegner hiedurch im Aufteilungsverfahren beschwert worden wäre.

Bei der Berechnung der Höhe der Ausgleichszahlung stimmt der Oberste Gerichtshof den Ausführungen des Rekursgerichtes im wesentlichen bei. Zwar erscheint die unter Hinweis auf § 91 EheG vorgenommene Berücksichtigung der Abfertigung, die der Antragsgegner erhalten hat, mit einem Betrag von S 200.000,-- hoch gegriffen. Bliebe sie aber auch gänzlich unberücksichtigt (was schon im Hinblick auf den daraus angeschafften PKW keinesfalls zu rechtfertigen wäre), könnte dies doch an der Höhe der Ausgleichszahlung kaum etwas ändern (der Gesamtwert des aufzuteilenden Vermögens betrüge S 1,300.000,--, die Hälfte daher S 650.000,--, hinzu käme der dem Antragsgegner zuzurechnende Grundwert von S 220.000,--, abzuziehen wären die Ersparnisse und das Vermögen des Antragsgegners von S 150.000,--, so daß sich ein Betrag von S 720.000,-- ergäbe, der jedoch um den halben Wert des PKWs auf S 690.000,-- zu kürzen wäre).

Die Antragstellerin ist mit ihrem Rechtsmittel im wesentlichen auf diese Ausführungen zu verweisen. Der den Parteien von Wilhelm G*** zum Erwerb des Grundstückes geliehene Betrag von S 19.000,-- kann nicht als eine Sache angesehen werden, die die Antragstellerin in die Ehe eingebracht hat (§ 82 Abs 1 Z 1 EheG), auch wenn er - nach 16 Jahren, unverzinst und nicht aufgewertet - von der Antragstellerin aus dem Erbe ihrer Mutter zurückgezahlt wurde. Im Fall der im Revisionsrekurs der Antragstellerin zitierten Entscheidung 1 Ob 562/84 (die das gleiche Verfahren wie 1 Ob 533/85 betraf) hatte der Ehegatte den Kaufpreis einer Liegenschaft durch Heranziehung von Kreditmitteln gezahlt, diese jedoch kurze Zeit später aus dem Verkaufserlös von Vermögenswerten im Sinne des § 82 Abs 1 Z 1 EheG zurückgezahlt, so daß dem Kredit nur die Funktion eines Überbrückungskredites zukam und davon ausgegangen wurde, daß die Liegenschaft wirtschaftlich aus Mitteln des Antragsgegners, die er durch Veräußerung im Sinne des § 82 Abs 1 Z 1 EheG erworben hatte, bezahlt wurde. Von einem Überbrückungskredit kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Der Betrag von S 17.000,--, den die Antragstellerin zurückgezahlt hat, vermag an der Gesamtabrechnung zwischen den Parteien kaum etwas zu ändern.

In der Frage der Bewertung der Liegenschaft schließt sich der erkennende Senat der herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes an, wonach der Wert einer Liegenschaft im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG mit dem Verkehrswert anzusetzen ist, also mit jenem Preis, der im gewÄhnlichen Geschäftsverkehr nach der Lage und Beschaffenheit des Bewertungsgegenstandes bei einer Veräußerung erzielbar wäre. Die Heranziehung der für die Ermittlung des Schätzwertes von Liegenschaften im Zwangsversteigerungsverfahren erlassenen Realschätzordnung und damit die zweifache Bewertung nach dem kapitalisierten Zinsertrag einerseits und nach dem Grund- und Bauwert andererseits sowie die Berechnung der arithmetischen Mittels daraus im Sinne des § 16 Abs 3 RSchO kommt nicht in Betracht, weil die der RSchO eigene Bewertungsmethode dem Bewertungszweck im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht gerecht wird (MietSlg 34.607 u. a., 6 Ob 658/84, zuletzt 7 Ob 683/87).

Die der Antragstellerin auferlegte Ausgleichszahlung entspricht unter den gegebenen Voraussetzungen der Billigkeit. Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 234 AußStrG.

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