Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 11.842,87 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.076,62 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Konditormeister Herbert N*** führte seinen
Hauptbetrieb in Tragwein und betrieb eine Filiale in Pregarten sowie zwei Cafe-Konditoreien in Linz, darunter das Cafe Melange in Urfahr. Seine Hauptverbindlichkeiten hatte er bei der klagenden Partei. Im Jahre 1981 hatte er Kreditverbindlichkeiten von S 10,194.513,67, im Jahre 1982 erhöhten sich seine Kreditbelastungen bei der klagenden Partei auf S 11,259.881,37. Im Jahre 1978 bilanzierte er einen Verlust von S 135.000, 1979 von S 567.000, 1980 bei einem Umsatz von 6,4 Mill. S von S 2,311.000, 1981 von S 1,472.000 und 1982 bei einem Umsatz von 4,5 Mill. S von S 2,384.000. Sein Unternehmen konnte weder die anfallenden Zinsen noch die Abschreibungen erwirtschaften. Herbert N*** war daher laufend auf Kreditausweitungen angewiesen. Viktor S***, der Direktor der klagenden Partei, riet Herbert N***, seinen aushaftenden Kreditsaldo abzusenken. Es wurde besprochen, daß das Cafe Melange verkauft werden sollte. Der Kaufpreis sollte zur teilweisen Abdeckung der aushaftenden Kredite bei der klagenden Partei verwendet werden.
Die Erstbeklagte, die eine kaufmännische Ausbildung nicht genossen hat, aber einige Zeit nach einer Einschulung als Lohnverrechnerin beschäftigt gewesen war, betrieb unter Mithilfe ihrer Mutter zwei Würstelstände in Linz. Sie interessierte sich, obwohl sie kein Eigenkapital besaß, für die Führung eines Cafes. Sie trat mit der L*** Gesellschaft mbH, die das Galeriecafe im Lentia zu verkaufen beabsichtigte, in Verhandlungen; als Kaufpreis wurde der Betrag von 2,5 Mill. S genannt. Die Erstbeklagte versuchte, einen Kredit in dieser Höhe bei der R*** G***
aufzunehmen. Die Besicherung durch eine den Beklagten gehörende Liegenschaft in Grammastetten mit begonnenem Neubau, die bereits mit 1,6 Mill. S belastet war, erschien aber nicht ausreichend. Ing. Karl B***, ein Magistratsbeamter und gerichtlich beeideter Sachverständiger, sollte über Vermittlung eines Vorgesetzten des Zweitbeklagten den Wert der Liegenschaft der Beklagten in Grammastetten und einer Liegenschaft des Stiefvaters des Zweitbeklagten in Linz schätzen. Als er von der Erstbeklagten erfuhr, daß sie für den Ankauf des Galeriecafes einen Kredit benötige, vermittelte er mit dem Bemerken, Viktor S***, der Direktor der klagenden Partei, sei ein guter Bekannter von ihm, er könne allenfalls einen Kredit bewilligen, ein Gespräch der Erstbeklagten mit Viktor S***, das noch am Tag der Schätzung im Juni 1981 in der Privatwohnung Viktor S*** stattfand. Nach kurzer Einsicht in die Unterlagen der Erstbeklagten erklärte Viktor S***, eine Kreditgewährung für den Ankauf des Galeriecafes käme zwar nicht in Frage, er nannte ihr aber das Cafe Melange des Herbert N*** als Kaufobjekt. Der Kaufpreis betrage die Hälfte des Galeriecafes, der Umsatz wäre gleich hoch. Viktor S*** war bekannt, daß die Erstbeklagte keine Eigenmittel besaß und sie daher den gesamten Kaufpreis finanzieren müßte. Herbert N*** wurde den Gesprächen beigezogen. Er nannte als Kaufpreis den Betrag von 1,25 Mill. S. Auf Ersuchen der Erstbeklagten errechnete Viktor S*** den Kreditbedarf; infolge notwendiger Renovierungen kam man auf einen Kredit von 1,5 Mill. S und einem Betriebsmittelkredit von S 100.000. Viktor S*** berechnete für eine zehnjährige Laufzeit eine
monatliche Zinsenbelastung von S 23.000. Der Erstbeklagten war klar, daß dazu noch die Miete von monatlich S 15.000 und die Personal- und Betriebskosten kommen werden. Am Abend besichtigte die Erstbeklagte mit Ing. Karl B*** und Herbert N*** das Lokal. Es kam zwischen Herbert N*** und ihr zu einer Einigung über den Kauf des Lokals unter der Voraussetzung der Kreditgewährung durch die klagende Partei. Bereits am 20.Juni 1986 wurde in der Wohnung des Viktor S*** der von diesem konzipierte schriftliche Vertrag unterfertigt. Die klagende Partei gewährte der Erstbeklagten unter Mithaftung des Zweitbeklagten zur Finanzierung der Kaufsumme für das Cafe Melange einen Kredit von 1,5 Mill. S. Der kreditierte Kaufpreis wurde zur Abdeckung des Kreditobligos Herbert N*** bei der klagenden Partei verwendet. Mit Kreditverträgen vom 1.September und 14. September 1981 gewährte die klagende Partei der Erstbeklagten Betriebsmittelkredite von S 100.000 und S 60.000, für die der Zweitbeklagte als Bürge und Zahler haftet. Diese Kredite wurden im Jahre 1982 fälliggestellt, sie haften mit dem Klagsbetrag aus. Die Erstbeklagte betrieb das Cafe Melange seit September 1981. Es gelang ihr zwar, den Rohaufschlag im Jahr 1983 auf 137,99 % zu erhöhen, die Rendite lag bei 10 % des Umsatzes. Bei einer betriebswirtschaftlichen Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Cafes hätte allein die Annuitätenzahlung von jährlich S 278.000 eine Umsatzrendite von rund 19 % oder aber eine Verdoppelung des Umsatzes verlangt. Selbst bei Einbeziehung der Einkünfte der Beklagten neben dem Cafebetrieb kann die aus der Übernahme sich ergebende Unterdeckung nicht aufgefangen werden. Bereits die Erfolgsrechnung als Teilbetrieb des Unternehmens des Herbert N*** für das Jahr 1980 weist keine Möglichkeit auf, Zinsen abzudecken und den Kredit rückzuführen. Im Rumpfgeschäftsjahr 1981 ergab sich für die Erstbeklagte ein Verlust von S 150.000, im Jahre 1982, in dem die Erstbeklagte einen Umsatz von nicht ganz 2 Mill. S erzielen konnte, ohne Berücksichtigung der Abschreibungen ein solcher von S 108.000. Die klagende Partei begehrt von der Erstbeklagten als Kreditnehmerin und dem Zweitbeklagten als Bürgen und Zahler auf Grund der Kreditverträge vom 1.September 1981 und 14.September 1981 die Bezahlung der aushaftenden Beträge von S 318.787,56 samt Anhang, in eventu wird dieses Begehren auf den Titel der Rückabwicklungspflicht bzw. der Bereicherung gestützt. Eine Zusage, daß der Ertrag des von der Erstbeklagten übernommenen Cafes die Rückzahlung der eingeräumten Kredite ermöglichen werde, sei von Viktor S*** niemals gegeben worden und hätte auch nicht gegeben werden können, da die Frage des Ertrages vom Einsatz und der wirtschaftlichen Führung des Eigentümers, somit von Fakten abhänge, auf die die klagende Partei keinen Einfluß gehabt habe. Die finanziellen Verbindlichkeiten Herbert N*** zur klagenden Partei hätten mit dem Verkauf des Cafes nichts zu tun gehabt. Aus den Erträgen des Cafes und zweier Würstelstände hätte die Rückzahlung des der Erstbeklagten eingeräumten Kredites möglich sein müssen. Von einer Irreführung der Beklagten bei Abschluß der Kreditverträge durch Viktor S*** könne keine Rede sein. Der Erstbeklagten sei von Viktor S*** keine Zusicherung über einen bestimmten Ertrag des von ihr gewünschten Lokales gegeben worden, es seien von ihm auch keine unrichtigen Angaben über Größe und Umsatz des Lokales gemacht worden. Die Erstbeklagte habe sich bei diesem Geschäft als Diplomgastronomin mit einschlägiger Erfahrung ausgegeben, es sei daher zu erwarten gewesen, daß sie selbst beurteilen könne, welcher Ertrag aus dem Umsatz zu erwarten sei und ob sie in der Lage sein werde, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Selbst wenn daher eine Irreführung bei dem Abschluß des Vertrages zwischen Herbert N*** und der Erstbeklagten vorliegen sollte, könne sie dies bei Geltendmachung der Betriebsmittelkredite nicht einwenden. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditunternehmungen, die auch für die beiden Betriebsmittelkredite Geltung hätten, hafte die klagende Partei nicht für unrichtige Auskünfte. Eine allfällige Aussage Viktor S*** über den Umsatz und die Erträgnisse des Cafes Melange seien für den Abschluß des Kreditvertrages sowie für den Abschluß des Kaufvertrages mit Herbert N*** nicht kausal gewesen. Ein Irrtum der Erstbeklagten über den Umsatz und die Erträge des Lokales stelle höchstens einen unbeachtlichen Motivirrtum dar.
Die Beklagten wendeten ein, sämtliche Kreditverträge stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang. Die Verbindlichkeiten seien zum Ankauf und zum Betrieb der Cafe-Konditorei Melange eingegangen worden. Die Beklagten fochten die Kreditverträge wegen arglistiger Irreführung an. Viktor S***, der Direktor der klagenden Partei, habe ausdrücklich erklärt, er kenne das Lokal und wisse, daß dieses gewinnbringend sei. Das Lokal werde verkauft, weil den Inhabern die Arbeit zu viel werde. Das Lokal habe denselben Umsatz wie das Galeriecafe, sein Ankauf wäre daher ein besseres Geschäft. Diese Erklärungen hätten bei der Erstbeklagten den Eindruck einer äußerst günstigen Kaufgelegenheit bewirkt. Auch bei den Verkaufsverhandlungen mit Herbert N***, der erklärt habe, daß seine vier Betriebe über eine Buchhaltung liefen und er daher für das Cafe Melange keine gesonderten Unterlagen habe, habe sich Viktor S*** mit dem Bemerken eingemengt, er kenne aus eigener Erfahrung als Bankdirektor den Betrieb gut und könne bestätigen, daß das Geschäft gut gehe und auch die Kosten für den Kredit leicht abgespart und erwirtschaftet werden können; es sei unnötig, in die Unterlagen Einsicht zu nehmen, wenn er als Kreditgeber des Herbert N*** die wirtschaftliche Lage des Betriebes derart beurteile. Auf Grund dieser Zusagen habe die Erstbeklagte sich mit den Erklärungen zufrieden gegeben und keine Einsichtnahme in Unterlagen begehrt. Es habe sich herausgestellt, daß der gesamte Vertragskomplex sowie die Anbahnung ein von der klagenden Partei durch Viktor S*** bewirktes abgekartetes Spiel mit dem Ziel gewesen sei, offene und ungedeckte Forderungen der klagenden Partei gegen Herbert N*** durch Umschuldung mit neuen und
zusätzlichen Sicherheiten auszustatten. Herbert N*** sei Großkunde bei der klagenden Partei gewesen, die ihre Forderungen gegen ihn zumindest teilweise nicht mehr habe sicherstellen können. Es sei der klagenden Partei sehr zustatten gekommen, daß sie für einen unbesicherten Kredit durch die mit der Erstbeklagten vorgenommene Umschuldung grundbücherliche Sicherstellungen erhalten habe. Ohne die Zusicherungen durch Viktor S*** wären weder der Kaufvertrag über das Cafe noch die Kreditverträge zustandegekommen, so daß die Beklagten durch die Forderungen nicht belastet wären. Die Rückzahlbarkeit und Erwirtschaftbarkeit der Rückzahlungsraten sei Geschäftsgrundlage für den Abschluß des Kaufvertrages mit Herbert N*** und den Abschluß der Kreditverträge mit der klagenden Partei gewesen.
Das Erstgericht wies das gegen die Erstbeklagte gerichtete Hauptbegehren sowie das gegen den Zweitbeklagten gerichtete Haupt- und Eventualbegehren ab. Es stellte fest: Viktor S*** sei bei den Gesprächen mit der Erstbeklagten wegen der katastrophalen finanziellen Situation Herbert N*** als Verantwortlicher der klagenden Partei sehr daran interessiert gewesen, eine Minderung der Kreditschulden Herbert N*** durch Verkauf des Cafes Melange zu erzielen. Viktor S*** habe der Erstbeklagten versichert, den Betrieb und die Wirtschaftslage Herbert N*** gut zu kennen, weil die klagende Partei das Unternehmen Herbert N*** betreue, der Betrieb sei gewinnbringend. Auf die Frage der Erstbeklagten, ob sie die Kreditrückzahlungen werde erwirtschaften können, habe Viktor S*** geantwortet, daß diese auch Herbert N***
erwirtschaftet habe, die monatliche Kreditbelastung werde aus dem Betrieb erwirtschaftet werden können, sonst würde der Kredit nicht gewährt werden. Im Verlauf des Gespräches habe sich Viktor S*** öfter auf seine Stellung als Bankdirektor und auf seine damit verbundene Glaubwürdigkeit berufen. Deshalb hätten auch die Beklagten ohne nähere Prüfung den Angaben Viktor S*** über die Ertragsmöglichkeiten des Cafes geglaubt. Sämtliche Kreditverträge wären nicht abgeschlossen worden, wenn die Beklagten nicht erwartet hätten, die Zinsen und Rückzahlungen an die klagende Partei aus den Erträgen des Cafe Melange decken zu können. Für die klagende Partei sei das alleinige Interesse daran gelegen gewesen, eine Umschichtung vorzunehmen und für einen Teil der offenbar nicht ausreichend besicherten Kredite an Herbert N*** einen neuen Kreditnehmer zu finden, der entsprechende Sicherheiten (zwei Liegenschaften) habe bieten können. Daß Viktor S*** die wirtschaftliche Situation Herbert N*** und auch seines Betriebes in Urfahr genau gekannt habe, sei im Hinblick auf seine Position als Geschäftsführer der klagenden Partei, der Hauptgläubigerin des schwer verschuldeten Herbert N***, als geradezu selbstverständlich anzusehen.
Diese Feststellungen beurteilte das Erstgericht dahin, daß den Beklagten der Beweis gelungen sei, sie seien bei Abschluß der Kreditverträge dem Irrtum unterlegen, es könne aus den Erträgen des Cafe Melange die Rückzahlung der aufgenommenen Kredite geleistet werden. Wenn es sich dabei auch um einen bloßen Motivirrtum gehandelt habe, berechtige dieser die Beklagten zur Anfechtung der beiden Kreditverträge, weil der Irrtum durch List von Seiten der klagenden Partei hervorgerufen worden sei. Viktor S*** habe zur Zeit des ersten Gespräches und auch zur Zeit der Unterfertigung der Kreditverträge gewußt, daß das Geschäft des Herbert N*** keineswegs derart gut gehe, daß aus den Erträgen des Cafe Melange die Kreditrückzahlung in der Höhe von monatlich S 23.000 hätte geleistet werden können. Er habe gewußt, daß die Beklagten über kein Kapital verfügten und noch dazu dabei gewesen seien, ein Haus zu bauen. Ihm als Bankdirektor sei die finanzielle Situation des Herbert N*** und auch bekannt gewesen, daß dieser die Ertragsmöglichkeiten des Cafes in Urfahr im Vergleich zum Kapitaleinsatz falsch eingeschätzt habe. Es genüge, wenn die irrige Vorstellung bestärkt werde und der listig Handelnde damit die Aufrechterhaltung des Irrtums bewirke. Die Erstbeklagte habe der Meinung sein müssen, das Lokal böte im Gegensatz zu dem zunächst angestrebten Ankauf des Galeriecafes die Voraussetzungen, die notwendigen Rückzahlungen zu erwirtschaften. Tatsächlich habe Viktor S*** auf ausdrückliche Anfrage der Erstbeklagten dies bestätigt. Hätte die Erstbeklagte gewußt, daß sie niemals aus den Erträgnissen des Lokals die Rückzahlung erwirtschaften werde können, hätte sie die Kreditverträge nicht unterfertigt. Die erfolgreiche Einrede der Arglist führe zur Aufhebung der beiden Kreditverträge, so daß das Hauptbegehren abzuweisen sei. Da der Zweitbeklagte über die Kreditbeträge nicht habe verfügen können, bestehe auch der Bereicherungsanspruch gegen ihn nicht zu Recht. Noch nicht spruchreif sei das gegen die Erstbeklagte gerichtete Eventualbegehren.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Die Mängel- und Beweisrüge sei nicht berechtigt. Eine Kreditunternehmung sei bei den Vertragsverhandlungen mit ihren Kunden verpflichtet, die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anzuwenden. Diese Sorgfalt gehe über den Rahmen der im Gesetz festgelegten Verpflichtungen eines Kaufmannes hinaus, da die Kreditunternehmung als Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB anzusehen sei. Es sei zwar zutreffend, daß ein Kunde nicht jede Information ungeprüft übernehmen dürfe, sondern seinen eigenen Verstand ebenfalls walten lassen müsse. Vor allem werde sich ein Kreditnehmer nicht allein auf Auskünfte der Kreditunternehmung verlassen dürfen, die im Regelfall nicht alle relevanten Umstände offenlegen könne. Gerade wegen der gegebenen leichten Beeinflußbarkeit der Erstbeklagten wäre es aber die besondere Pflicht Viktor S*** gewesen, der Erstbeklagten vor Abschluß des Rechtsgeschäftes eine genaue betriebswirtschaftliche Analyse zu empfehlen, aus der die konkreten Ertragsaussichten des Lokales und die Möglichkeit der Kreditbedienung hätten beurteilt werden können. Dies habe Viktor S*** unterlassen. Sein Motiv für die Kreditgewährung durch die klagende Partei sei offenbar nur von dem Gedanken getragen gewesen, neue Sicherheiten für die stark verschuldeten Unternehmen Herbert N*** zu erlangen. Deshalb habe er offenbar den Betrieb in Urfahr gegenüber der Erstbeklagten als gewinnbringend hingestellt, obwohl ihm hätte bekannt sein müssen, daß Herbert N*** stark überschuldet sei. Auch wenn Viktor S***
allenfalls die Betriebsumsätze des Teilbetriebes des Herbert N*** in Urfahr nicht konkret bekannt gewesen seien, hätte er trotzdem nicht von einem gewinnbringenden Lokal sprechen dürfen, zumal er keineswegs habe annehmen können, daß gerade dieser Einzelbetrieb keine Verluste abwerfen werde. Viktor S*** sei auch bekannt gewesen, daß die Erstbeklagte das beabsichtigte Rechtsgeschäft ausschließlich mit Fremdkapital werde finanzieren müssen. Trotzdem habe er erklärt, daß die Kreditbedienung zu erwirtschaften sein werde, zumal dies auch Herbert N*** erwirtschaftet habe, was jedoch offenbar nicht der Fall gewesen sei. Hiebei habe Viktor S*** noch auf seine Stellung als Bankdirektor und auf seine damit verbundene Glaubwürdigkeit hingewiesen. Gerade auf Grund dieser Äußerungen habe die Erstbeklagte keineswegs schließen können, Viktor S*** hätte bloß eine subjektive Meinung über die zu erwartende Ertragslage geäußert; sie habe daher dem sicheren Auftreten Viktor S*** voll vertraut und habe aus diesem Grund eine nähere Überprüfung seiner Angaben nicht mehr für notwendig gehalten. Viktor S*** wäre verpflichtet gewesen, die Erstbeklagte dahin zu beraten, daß sie erst nach eingehender Prüfung der betriebswirtschaftlichen Situation sich zu einem Kaufabschluß entschließen solle. Es sei daher nicht von auschlaggebender Bedeutung, ob Viktor S*** konkret habe beurteilen können, ob eine Kreditbedienung aus den Erträgen möglich sein würde; er hätte jedenfalls auf Grund der gegebenen Umstände als Bankfachmann die Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Kreditabstattung bezweifeln und diese Zweifel auch der Erstbeklagten zur Kenntnis bringen müssen. Dadurch aber, daß er ohne Einschränkung die Kreditbedienung als durchführbar hingestellt habe, ja sogar den Betrieb als gewinnbringend beurteilt habe, sei eine arglistige Täuschung gegeben, die für den Kaufentschluß der Erstbeklagten kausal gewesen sei. Viktor S*** habe bewußt eine falsche Auskunft über die bisherige Ertragslage des Cafes gegeben. Er habe auch die künftig zu erwartende Ertragslage in rosiger und schönfärberischer Weise zu dem Zweck geschildert, um dadurch die Erstbeklagte zum Kauf und zur Kreditaufnahme zu bewegen, wodurch bewirkt werden sollte, daß der Kredit der klagenden Partei an Herbert N*** abgebaut und die eigene Sicherheitsposition verstärkt werde. Zwischen sämtlichen Kreditverträgen bestehe ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang. Alle Kredite seien zu dem Zwecke gegeben worden, um der Erstbeklagten den Ankauf und den Betrieb des Cafes zu ermöglichen. Hätte die Erstbeklagte den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, wären nicht nur der Kredit zur Finanzierung des Kaufpreises, sondern auch die Betriebsmittelkredite nicht erforderlich gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. List ist bewußte Täuschung. Sie liegt vor, wenn der Vertragspartner durch vorsätzliche Vorspielung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen in Irrtum geführt oder in seinem schon vorliegenden Irrtum belassen oder bestärkt und dadurch zum Vertragsabschluß bestimmt wird (SZ 55/51; JBl 1982, 36; SZ 47/10; SZ 41/33 uva; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 110; Koziol-Welser8 I 129). Arglistige Täuschung macht ein Geschäft auch dann anfechtbar, wenn sich die Irreführung nur auf das Motiv des abzuschließenden Geschäftes erstreckt. Der dolos Handelnde ist in keinem Fall schutzwürdig (EvBl 1967/437 ua; Koziol-Welser aaO 131; Gschnitzer aaO 109 f; Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 870).
Motiv für den Abschluß sämtlicher Kreditverträge mit der klagenden Partei und des Kaufvertrages mit Herbert N*** war die Annahme der Erstbeklagten, sie werde durch die Führung des Cafes zwar nicht in der Lage sein, in den nächsten zehn Jahren Gewinne zu erzielen, wohl aber, daß die Kreditrückzahlungen erwirtschaftet werden können. Sie fragte Viktor S***, ob sie diese Beträge aus dem Betrieb werde erwirtschaften können. Viktor S*** erklärte darauf, obwohl er die wirtschaftliche Situation Herbert N*** und auch des Zweitbetriebes Cafe Melange genau kannte (Ersturteil S 34), bewußt wahrheitswidrig, daß Herbert N*** das auch erwirtschaftet hätte. Das Gegenteil war aber der Fall. Die wirtschaftliche Situation Herbert N***, die Viktor
S*** bekannt war, bestand vielmehr darin, daß sein
Unternehmen weder die anfallenden Zinsen noch die Abschreibungen erwirtschaften konnte, so daß ständig Kreditausweitungen notwendig waren. Ob Viktor S*** verläßlich hätte beurteilen können, ob es der Erstbeklagten durch persönliche Mitarbeit, Ausweitung des Umsatzes (allenfalls auch Umstellung des Betriebes auf andere Produkte wie Imbisse und Pizzas) eine derartige Steigerung der Erträgnisse möglich gewesen wäre, daß sie die Kreditrückzahlungen hätte tätigen können, ist entgegen den Ausführungen der Revision nicht entscheidend. Wesentlich ist vielmehr, daß Viktor S*** die Erstbeklagte in dem auch für ihn erkennbar wesentlichen Punkt bewußt darüber täuschte, daß es Herbert N*** im Rahmen der bisherigen Führung des Betriebes möglich gewesen wäre, die Kreditrückzahlungen zu erwirtschaften. Ob bei dieser Sachlage Viktor S*** der Erstbeklagten die Empfehlung hätte erteilen müssen, eine betriebswirtschaftliche Analyse einzuholen, ist dann bedeutungslos. Im Gegensatz zum Berufungsgericht mußte Viktor S*** nicht nur bekannt sein, daß das Unternehmen Herbert N*** stark überschuldet war, es war ihm dies nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes auch tatsächlich bekannt; er hätte auch nicht nur über die wirtschaftliche Situation des später veräußerten Teilbetriebes Herbert N*** Bescheid wissen müssen, er wußte dies auch. Soweit die Revision behauptet, diese Täuschung wäre nicht kausal für den Abschluß der Verträge gewesen, ist sie nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Das Gegenteil stellte das Erstgericht ausdrücklich fest. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kreditverträge war die Täuschung auch noch nicht aufgeklärt, der durch die Täuschung hervorgerufene Motivirrtum bestand weiterhin fort. Es kann auch keine Rede davon sein, daß sich der von Viktor S*** arglistig hervorgerufene Motivirrtum nicht auf den Abschluß der beiden Betriebsmittelkredite ausgewirkt hätte. Ohne diesen Irrtum hätte die Erstbeklagte, die keine Eigenmittel besaß, den Betrieb nicht gekauft und weitergeführt. Ob die beiden Betriebsmittelkredite zurückbezahlt hätten werden können, hätte die Erstbeklagte für den Kauf des Lokales Eigenmittel besessen, ist unerheblich.
Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof
prüfte, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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