Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß sowohl im Unterlassungs(Punkt 1) als auch im Widerrufsausspruch (Punkt 2) an die Stelle der Worte "die Äußerung" die Wortfolge "die in bezug auf die klagende Partei gemachte Äußerung" zu treten hat.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen; sie ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.766,22 bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung (darin S 978,75 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine politische Partei im Sinne des Parteiengesetzes BGBl. 1975/404. Auf ihrem in der Zeit vom 12. bis zum 14. September 1986 in Innsbruck abgehaltenen Bundesparteitag wurde Dr. Jörg H*** anstelle Dr. Norbert S*** zu ihrem neuen Bundesparteiobmann gewählt. Der Beklagte war von etwa 1982 bis Mitte September 1986 Generalsekretär der Klägerin und bis zur Zurücklegung der Mitgliedschaft etwa Mitte November 1986 auch deren Mitglied. Am 23. November 1986 fanden Nationalratswahlen statt. Der Beklagte, der bis zum Tag des Zusammentrittes des am 23. November 1986 neu gewählten Nationalrates Abgeordneter zum Nationalrat war, machte Ende November/Anfang Dezember 1986 in einem Interview mit einem Redakteur der in Österreich verbreiteten Wochenzeitung "Die ganze Woche" folgende Äußerung:
"Ich habe eingesehen, daß man aus der FPÖ keine liberale Partei machen kann. Da gibt's nur Biertischpolitiker, die ihre Reden mit den Worten 'unterm Hitler hat's des net geben', abschließen."
In der Ausgabe der Wochenzeitung "Die ganze Woche" Nr. 49 vom 4. Dezember 1986 wurde diese Äußerung des Beklagten im Rahmen eines unter der Überschrift "Aus FPÖ-Abtrünnigen werden 'die Liberalen'" erschienenen Berichtes abgedruckt. Der gesamte Text und das Lichtbild des Beklagten nahmen nahezu ein Drittel der Seite 18 in Anspruch; der Bericht war überdies von dem restlichen Textteil dieser Seite durch eine schwarze Umrandung abgegrenzt. Die "Liberale Internationale", eine Dachorganisation der liberalen Parteien, hatte schon während des Wahlkampfes für die Nationalratswahl vom 23. November 1986 und auch nach dieser Wahl Erkundigungen darüber angestellt, ob und wie weit der Klägerin in österreichischen Medien zu Recht die liberale Gesinnung oder liberale Elemente abgesprochen worden seien. Ob auch die oben erwähnte, in der Wochenzeitung "Die ganze Woche" veröffentlichte Äußerung des Beklagten diese Erhebungen der "Liberalen Internationale" mitverursacht hatte, kann nicht festgestellt werden. Im Zeitpunkt dieses Interviews hatte die Klägerin als Mitglieder nicht nur "Biertischpolitiker, die ihre Reden mit den Worten, 'unterm Hitler hat's des net geben', abschließen"; das war auch dem Beklagten auf Grund seiner vorangegangenen Tätigkeit für die Klägerin bekannt. Bisher hat der Beklagte diese Äußerung nicht widerrufen.
Mit der Behauptung, der Beklagte habe mit dieser Äußerung eine unrichtige Tatsachenbehauptung aufgestellt, die geeignet sei, sie in ihrem Fortkommen zu beeinträchtigen, begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, die oben wörtlich wiedergegebene Äußerung zu unterlassen (Punkt 1) und durch Veröffentlichung in der Zeitschrift "Die ganze Woche" als unwahr zu widerrufen (Punkt 2; ON 8 S. 29 und 31).
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Bei den beanstandeten Sätzen handle es sich um keine Tatsachenmitteilung. Sollte darin eine Ehrenbeleidigung erblickt werden, dann fehle es der Klägerin als einer juristischen Person an der Aktivlegitimation. Werturteile gäben nur die rein subjektive Meinung des Erklärenden wieder. Der Beklagte habe nur das von ihm angenommene, jetzt bestehende politische Gesamtniveau der Klägerin charakterisiert, nicht aber Tatsachen behauptet. Schädigende Wertungen und Urteile könnten jedoch nicht Gegenstand einer Klage nach § 1330 Abs 2 ABGB sein.
Der Erstrichter gab der Klage statt. Auf Grund des eingangs wiedergegebenen Sachverhaltes meinte er rechtlich, der Nachweis eines tatsächlich eingetretenen Schadens sei nicht Voraussetzung für die Anwendung des § 1330 Abs 2 ABGB; vielmehr genüge die bloße Gefährdung des Kredites, des Erwerbes oder des Fortkommens des Betroffenen. Diese Gefährdung der Klägerin bestehe jedenfalls darin, daß die beanstandete Äußerung geeignet sei, Austritte von Mitgliedern der Klägerin zu verursachen, zumal solche von der Annahme ausgehen könnten, ein ehemaliger Generalsekretär der Partei habe entsprechende Beweise für seine öffentlichen Äußerungen über parteiinterne Umstände.
Der Unterlassungs- und Widerrufsanspruch nach § 1330 Abs 2 Satz 2 ABGB setze weiters ein Verschulden des Beklagten voraus, wobei Fahrlässigkeit genüge. Da der Beklagte gar nicht behauptet habe, daß die Klägerin tatsächlich nur aus Biertischpolitikern bestehe, die ihre Reden mit den Worten "unterm Hitler hat's des net geben" abschließen, und dies gerichtsbekannterweise auch nicht zutreffe, sei davon auszugehen, daß sich der Beklagte auch im Zeitpunkt des Interviews der Unwahrheit seiner Äußerung bewußt gewesen sei und eine Gefährdung der Klägerin im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB durch die für ihn vorhersehbare Veröffentlichung bewußt in Kauf genommen habe.
Tatsachen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB seien Ereignisse und Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und an Hand bestimmter Umstände auf seine Richtigkeit überprüfbaren Inhalt; die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptungen des Beklagten habe die Klägerin nachzuweisen. Der Begriff der Tatsachenbehauptung sei dabei weit auszulegen. Auch Urteile, die auf entsprechende Tatsachen schließen ließen, seien als Tatsachenmitteilungen zu werten; könne einem Urteil entnommen werden, daß es von bestimmten Tatsachen ausgehe, so liege eine "konkludente Tatsachenbehauptung" vor. Bei einer Vermengung von Tatsachenbehauptungen und Werturteilen entscheide das Überwiegen der einen oder anderen darüber, ob die Gesamtäußerung noch als Werturteil oder als Tatsachenvorbringen angesehen werden müsse. Als Tatsachenmitteilungen seien auch Verdächtigungen und abfällige Urteile anzusehen, die auf entsprechende Tatsachen schließen ließen. Es genüge daher, daß eine Äußerung, wenn auch nur mittelbar, eine abfällige Tatsachenbehauptung enthalte, die einer objektiven Nachprüfung zugänglich sei. Im vorliegenden Fall sei demnach davon auszugehen, daß nicht nur ein bloßes Werturteil des Beklagten im Sinne einer unüberprüfbaren, seine rein subjektive Ansicht wiedergebenden Meinungskundgebung vorliege, sondern eine objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptung im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB. Lägen aber die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle vor, so sei nicht nur der Anspruch auf Widerruf und dessen Veröffentlichung, sondern auch auf Unterlassung zu bejahen.
Die Wiederholungsgefahr sei zu vermuten; der Beklagte habe nichts vorgebracht, was auf einen Wegfall dieser Gefahr schließen ließe.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß es den Beklagten nur schuldig erkannte, "die Äußerung des Inhaltes, 'Da gibt's nur Biertischpolitiker', die ihre Reden mit den Worten, 'unterm Hitler hat's des net geben', abschließen", zu unterlassen (Punkt 1) und durch Veröffentlichung in einer Ausgabe der Zeitschrift "Die ganze Woche" als unwahr zu widerrufen (Punkt 2); das Mehrbegehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, auch die Äußerung des Inhaltes, "er habe eingesehen, daß man aus der FPÖ keine liberale Partei machen kann", zu unterlassen und zu widerrufen, wies es hingegen ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und daß in diesem Bereich die Revision zulässig sei; der von der Bestätigung betroffene Teil des Streitgegenstandes übersteige S 300.000. Rechtlich führte es aus:
Von entscheidender Bedeutung sei es, ob in der Äußerung des Beklagten Tatsachenbehauptungen oder Werturteile zu erblicken seien. Nach den schon vom Erstgericht richtig wiedergegebenen Begriffsbestimmungen sei der erste der beiden beanstandeten Sätze des Beklagten ein bloßes Werturteil gewesen, der zweite Satz hingegen eine Tatsachenbehauptung. Die Bedeutung des Begriffes "liberal" sei, wenngleich er oftmals in politischen Diskussionen verwendet werde, im allgemeinen Sprachgebrauch nicht klar umrissen; er lasse vielfältigste Deutungen zu, die allesamt von der subjektiven Wertung des Auslegenden bestimmt würden. Aus der Äußerung, "man könne aus der FPÖ keine liberale Partei machen", sei daher nicht auf eine - wenn auch nur konkludente - Behauptung bestimmter Tatsachen durch den Beklagten zu schließen; vielmehr verleihe der Beklagte mit dieser Wendung seiner eigenen Wertung Ausdruck, ohne daß darauf auf konkrete (überprüfbare) Umstände auch nur geschlossen werden könnte.
Ganz anders verhalte es sich mit dem zweiten in der Zeitschrift "Die ganze Woche" wiedergegebenen Satz. Das Wort "Biertischpolitiker" bezeichne nicht nur jemanden, der eben am Biertisch politisiert; dieser Begriff sei vielmehr dem allgemeinen Sprachschatz entnommen, welcher darunter ganz allgemein jemanden verstehe, dessen politischen Argumenten eine gewisse Derbheit, Naivität und Oberflächlichkeit eigen sei. Diese Bezeichnung lasse für sich allein schon Rückschlüsse darauf zu, daß derjenige, der sich ihrer bediene, ganz konkrete Verhaltensweisen des mit dieser Bezeichnung Bedachten ausdrücken wolle. Das werde sehr gut dadurch illustriert, daß der Beklagte selbst eine dieser Verhaltensweisen, nämlich den Abschluß von Reden mit dem Satz "Unter'm Hitler hat's des net geben" besonders hervorhebe. Da unbekämpft feststehe, daß es zum Zeitpunkt des Interviews mit dem Beklagten in der klagenden Partei nicht nur Personen gegeben habe, die sich einer solchen Ausdrucksweise bedient hätten, liege in dieser Äußerung des Beklagten eine unrichtige Tatsachenbehauptung. Diese sei eindeutig von dem vorhergehenden Werturteil abzugrenzen, der Beklagte habe eingesehen, daß man aus der FPÖ keine liberale Partei machen könne. Die Frage, was bei einer Vermengung von Tatsachenbehauptungen und Werturteilen entscheidend sein solle, könne daher auf sich beruhen. Die Verbreitung einer unwahren Tatsachenbehauptung führe nur dann zu Ansprüchen nach § 1330 Abs 2 ABGB, wenn durch sie die relevanten wirtschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen des Betroffenen gefährdet würden. Daß die Gefährdung des wirtschaftlichen Rufes mit einer Verletzung der persönlichen Ehre des Betroffenen verbunden sei, sei nicht Voraussetzung. Nun sei es offenkundig, daß die wirtschaftliche Position einer politischen Partei ganz entscheidend davon abhänge, welchen Grad der Akzeptanz die von ihr vertretenen politischen Grundlinien in der Bevölkerung erfahren. Je stärker es gelinge, gegenüber den potentiellen Wählern ein positives, fortschrittliches und geschlossenes Gesamtbild einer Partei aufzubauen, desto größeren Zuspruch werde eine solche Partei erfahren. Damit sei ihr politischer Einfluß untrennbar verknüpft. Je stärker der politische Einfluß, um so mehr würden verschiedenste Interessengruppen Kontakte zu dieser Partei knüpfen und sie dafür, daß sie die Anliegen dieser Gruppen vertritt, auch in materieller Hinsicht unterstützen. Daß die Äußerungen eines ehemaligen Generalsekretärs, der gemeinsam mit dem ehemaligen Obmann diese Partei über lange Zeit nach außen hin repräsentiert und vertreten habe, Mitglieder, Sympathisanten und Interessengruppen dazu bewegen könne, sich von der Partei abzuwenden oder ihre Unterstützung für die Partei einzustellen, liege auf der Hand. Zumindest diejenigen Personen, die sich vormals vom Beklagten und dem damaligen Obmann vertreten gefühlt hatten, würden ihre Interessen und Vorstellungen von der Art, Politik zu machen, in einer Partei, wo es nur Biertischpolitiker gebe, die ihre Reden mit dem Satz, 'unter'm Hitler hat's des net geben', abschließen, gefährdet sehen und sich von der Partei abwenden. Damit sei dem Erfordernis des § 1330 Abs 2 ABGB, daß der Kredit, der Erwerb oder das Fortkommen gefährdet sein müsse, Genüge getan. Der Nachweis eines tatsächlich eingetretenen Schadens sei nicht erforderlich, vielmehr reiche die bloße Gefährdung aus; schon die Eignung zur Schädigung begründe eine solche Gefährdung. Davon, daß auf Grund dieser Rechtsansicht jeglicher Freiraum für politische Diskussionen über eine bestimmte Partei beseitigt würde, könne keine Rede sein. Auch im Rahmen der politischen Diskussion müsse im Sinne einer umfassenden Interessenabwägung die Rechtswidrigkeit einer Äußerung im Sinne eines Verstoßes gegen § 1330 Abs 2 ABGB einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Das dürfe nicht dazu führen, daß man über den politischen Gegner schuldhaft objektiv unwahre Behauptungen aufstelle, insbesondere dann, wenn sie in einer grob generalisierenden Weise erfolgten und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Auch die Abwägung der Interessenlage führe also im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis. Die übrigen Rechtsfragen, insbesondere was das Verschulden des Beklagten und die Wiederholungsgefahr betreffe, habe das Erstgericht richtig beurteilt.
Gegen den abändernden Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und des erstgerichtlichen Verfahrens sowie unrichtiger Kostenentscheidung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Urteilsbegehren vollinhaltlich stattgegeben werde, hilfsweise den Beklagten zur Unterlassung und zum Widerruf der Äußerung: "In der FPÖ gibt's nur Biertischpolitiker, die ihre Reden mit den Worten, 'unter'm Hitler hat's des net geben' abschließen" zu verurteilen; in eventu stellt sie auch einen Aufhebungsantrag. Den bestätigenden Ausspruch des Berufungsgerichtes bekämpft der Beklagte mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; er stellt einen Abänderungsantrag auf gänzliche Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben. Der Beklagte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
I. Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, auch der erste Satz der von ihr beanstandeten Äußerung des Beklagten sei als Behauptung einer Tatsache zu werten. Man müsse beide Sätze im Gesamtzusammenhang verstehen. Dem Urteil des Beklagten könne entnommen werden, daß er von bestimmten Tatsachen ausgehe, leite er doch seine erste Aussage - daß aus der Klägerin nie eine liberale Partei werden könne - aus der im zweiten Satz enthaltenen Behauptung ab, daß es in dieser Partei nur Biertischpolitiker gebe, die der Hitlerzeit nachtrauern. Die Äußerung, daß etwas (hier: die Entwicklung der Klägerin zu einer liberalen Partei) ausgeschlossen sei, sei jedenfalls auf ihre Richtigkeit überprüfbar. Der Beklagte schließe in seiner Äußerung die Möglichkeit einer solchen Eigenschaft der Klägerin aus, auf die keine politische Partei in einem demokratischen Rechtsstaat verzichten könne und wolle, nämlich daß sie eine Politik frei von Vorurteilen betreibe. Liberalität sei eine Gesinnung, um die sich jede Partei bemühe; der Begriffsinhalt der Liberalität im politischen Sinn sei im Sprachgebrauch klar umrissen. Eine politische Partei, die ihre liberale Gesinnung in Abrede stelle, stehe einem Kaufmann gleich, der behaupte, nicht über eine wirtschaftliche Lebensgrundlage zu verfügen.
Diese Ausführungen sind nicht stichhältig.
Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, sind Tatsachen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB Umstände, die ihrer allgemeinen Natur nach objektiv überprüfbar sind (SZ 50/111; ÖBl. 1980, 130 uva; Koziol, Haftpflichtrecht2 II 174, Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 1330). Die Frage, ob die Ereignisse und Eigenschaften - wie in einer großen Zahl von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ausgesprochen - für das Publikum überprüfbar sein müssen (SZ 37/176; ÖBl. 1980, 130 uva) oder ob es allein auf die objektive Überprüfbarkeit ankommt (Schönherr, Kreditschädigende Tatsachenbehauptungen, ÖBl. 1975, 77 f !79 ; SZ 50/111), bedarf hier keiner Untersuchung, weil diese Unterscheidung im vorliegenden Fall ohne Bedeutung ist. Die Aussage, daß aus einer Partei "niemals eine liberale Partei werden könne", ist nämlich - in gleicher Weise wie etwa die Äußerung, diese Partei sei derzeit keine liberale Partei - grundsätzlich einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit nicht zugänglich; sie enthält vielmehr ein Urteil, das eine rein subjektive Auffassung wiedergibt, ohne daß ihm entnommen werden könnte, es gehe von bestimmten Tatsachen aus (in welchem Fall eine "konkludente" Tatsachenbehauptung vorläge; siehe dazu Koziol aaO 175; ÖBl. 1980, 130). Der Beklagte hat nämlich in Verbindung mit seiner Einschätzung der Klägerin weder mitgeteilt, von welchem Begriff des (politischen) Liberalismus er ausgeht, noch, nach welchen Kriterien er den Charakter einer Partei beurteilt, ob also nach ihrem Programm, nach den Handlungen oder den Äußerungen ihrer führenden Funktionäre, nach der unter den Mitgliedern und/oder Stammwählern vorherrschenden Denkweise odgl. Mangels solcher Angaben ist es aber schon rein begrifflich ausgeschlossen, die Äußerung des Beklagten, er habe eingesehen, daß aus der Klägerin nie eine liberale Partei werden könne, auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Ob sich ein derartiges Urteil auf den derzeitigen Zustand einer Partei oder auf deren künftige Entwicklung bezieht, macht - im Gegensatz zu den Revisionsausführungen der Klägerin - keinen Unterschied.
Soweit die Klägerin meint, in einem demokratischen Rechtsstaat müsse jede Partei für sich in Anspruch nehmen, eine liberale Partei zu sein, legt sie ihrer Argumentation eine Begriffsbestimmung des Liberalismus - nämlich die Fähigkeit zur vorurteilsfreien Politik - zugrunde, die mit dem allgemeinen Sprachgebrauch im Bereich der Politik nicht übereinstimmt. Daß der Beklagte sagen wollte, die FPÖ werde nie imstande sein, eine Politik frei von Vorurteilen zu betreiben, kann seiner in der Zeitschrift "Die ganze Woche" abgedruckten Äußerung jedenfalls nicht entnommen werden. Der Klägerin kann auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie einen untrennbaren Zusammenhang zwischen den beiden beanstandeten Sätzen des Beklagten behauptet und seine Äußerung im Zusammenhang dahin verstanden wissen will, daß nach seiner Erfahrung aus der Klägerin niemals eine liberale Partei werden könne, weil es dort nur Biertischpolitiker mit deutlichen Sympathien für Hitler gebe. Da ein solcher Zusammenhang nach dem Wortlaut der Erklärung keineswegs eindeutig erkennbar ist, können die beiden aneinander gereihten Äußerungen des Beklagten auch getrennt gesehen und daher rechtlich verschieden behandelt werden. Die Frage, ob nicht auch bei einer völligen Vermengung von Tatsachen und Werturteilen diese beiden Kategorien voneinander zu trennen sind und zu überprüfen ist, ob und wie weit die Tatsachenbehauptung im Sinne des § 1330 ABGB allein gefährdet und schädigt (in diesem Sinne Bydlinski, Anm. zu JBl. 1963, 376; Reischauer aaO Rz 12; Koziol aaO 175; a.M. SZ 35/113), ist bei dieser Sachlage nicht näher zu untersuchen. Mit Recht hat demnach das Berufungsgericht das Unterlassungs- und Widerrufsbegehren, soweit es sich auf die Äußerung des Beklagten über den politischen Charakter der Klägerin bezog, abgewiesen.
Da jedoch das Berufungsgericht - wie bei Behandlung der vom Beklagten erhobenen Revision noch darzulegen sein wird - den Urteilsspruch im übrigen zutreffend bestätigt hat, ist auch auf die von der Klägerin aus dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgeworfene Frage einzugehen, ob der vom Gericht zweiter Instanz gewählte Spruch dem Klagebegehren entspricht. Der Klägerin ist darin zuzustimmen, daß der der Klage stattgebende Teil des angefochtenen Urteils - für sich allein genommen - nicht den Sinngehalt der dem Beklagten untersagten Äußerung zum Ausdruck bringt, läßt doch der Satz "da gibt's nur Biertischpolitiker.....", nicht erkennen, wo es nur derartige Biertischpolitiker geben soll. Im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Satz ist aber klar, daß sich diese Äußerung auf die Klägerin bezogen hat; daß diese mit ihrem Urteilsbegehren darauf abgezielt hat, dem Beklagten diese Äußerung deshalb zu untersagen, weil sie gegen sie gerichtet sei, unterliegt keinem Zweifel. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich aber auch ebenso eindeutig, daß das Berufungsgericht den Unterlassungs- und Widerrufsausspruch aus der Erwägung bestätigt hat, daß die wörtlich wiedergegebene
Äußerung - tatsachenwidrig - auf die Klägerin bezogen war. Wenn das Berufungsgericht dies im Spruch nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, bedeutet dies keinen Verfahrensfehler; vielmehr war der Urteilsspruch - dem Entscheidungswillen des Berufungsgerichtes entsprechend - mit der Maßgabe zu bestätigen, daß vor dem Wort "Äußerung" die Worte eingefügt wurden: "in bezug auf die Klägerin gemachte......" (§ 419 ZPO; Fasching III, 815). Auf die Kostenrüge der Klägerin war nicht einzugehen, weil ein Berufungsurteil im Kostenpunkt jedenfalls unanfechtbar ist.
§ 528 ZPO schließt nicht nur die selbständige Anfechtung einer Kostenentscheidung des Gerichtes zweiter Instanz aus, sondern auch die in der Revision enthaltene ausdrückliche Anfechtung einer solchen Entscheidung (Fasching IV 458; Arb. 10.506 uva). Der Revision der Klägerin mußte demgemäß ein Erfolg versagt bleiben.
II. Auch die Revision des Beklagten ist nicht gerechtfertigt:
Der Beklagte meint, auch bei seiner zweiten in der Zeitschrift "Die ganze Woche" wiedergegebenen Äußerung handle es sich um keine Tatsachenbehauptung, sondern um ein subjektives Wert- und Qualitätsurteil. Würde man der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes folgen, dann wäre jeglicher Freiraum für politische Diskussionen über eine bestimmte Partei beseitigt. Unter dem Begriff "Biertischpolitiker" sei nach seiner Ansicht ein Politiker zu verstehen, der eben am Biertisch politisiere und den Leuten nach dem Mund rede. Bei der umstrittenen Äußerung handle es sich um eine verbale Karikierung politischer Denkweisen, wie sie der Beklagte nach dem Bundesparteitag der Klägerin, auf dem eine neue Führungsspitze gewählt wurde, vermute. Das Wort "Biertischpolitiker" sei weder rechtlich noch sprachlich eindeutig definiert. Dem kann nicht gefolgt werden:
Die erwähnte Äußerung kann objektiv überprüft werden; sie ist daher - im Sinne der oben erwähnten Definition - eine Tatsachenbehauptung. Die Frage, ob eine Partei nur Politiker aufweist, die "am Biertisch" - also auf niedrigem intellektuellen Niveau - politisieren, ist ebenso überprüfbar wie die weitere Behauptung, daß alle diese Politiker ihre Reden mit dem Hinweis darauf beenden, daß es "das" (offenbar gemeint: die jeweils vorher besprochenen Mißstände) unter Hitler nicht gegeben habe. Schon im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung, daß der Begriff der Tatsachenmitteilung stets weit auszulegen ist (ÖBl. 1980, 130), muß die erwähnte Äußerung des Beklagten dem Tatbestand des § 1330 Abs 2 ABGB unterstellt werden. Daß die Behauptung unwahr ist, hat der Erstrichter unbekämpft als gerichtsbekannt angenommen. Mit Recht haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß diese Äußerung des Beklagten geeignet war, "den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen" der Klägerin zu gefährden. § 1330 Abs 2 ABGB soll den wirtschaftlichen Ruf einer Person als absolutes Recht (JBl. 1984, 492) schützen. Unter diese Bestimmung fällt jede Gefährdung wirtschaftlich bedeutsamer Beziehungen oder Verhältnisse (Koziol aaO 174). Tatsachenbehauptungen, die überhaupt keinen Bezug zur wirtschaftlichen Wertschätzung des Betroffenen aufweisen, wird zwar die Schädigungseignung im Sinne des § 1330 ABGB abzusprechen sein (Mertens in Münchener Kommentar2, Rz 35 zu der dem § 1330 Abs 2 ABGB entsprechenden Bestimmung des § 824 BGB); zur Schädigung geeignet sind aber auch solche Behauptungen, die sich nicht unmittelbar mit der Wirtschaftslage des Betroffenen befassen. Eine Gefährdung, die mittelbar wirtschaftliche Nachteile zur Folge haben kann, reicht für den Tatbestand des § 1330 Abs 2 ABGB hin (vgl. Mertens aaO; Schäfer in Staudinger 10./11. Auflage, Rz 32 zu § 824; Zeuner in Soergel11 Rz 18 zu § 824). Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß (auch) die wirtschaftliche Position der Klägerin von ihrem politischen Erfolg abhängt und daß daher jede Aussage, die dem Ziel dient, den politischen Einfluß der Klägerin zu schwächen - wie dies auf die Äußerung des Beklagten zutrifft -, auch geeignet ist, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zu beeinträchtigen.
Auch die Revision des Beklagten mußte mithin erfolglos bleiben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 40, 41, 50 ZPO.
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