Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden Reinhold H*** und Robert W*** (im zweiten Rechtsgang erneut) des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs. 1 und Abs. 2 (erster Fall) StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie am 3.Juni 1986 in Salzburg im bewußten und gewollten Zusammenwirken (als Mittäter) die Mathilde S*** mit Gewalt gegen ihre Person, indem sie ihr Faustschläge versetzten, sie über die Stiege in den Keller des Hauses Salzburg, Schmiedingerstraße 76, zerrten, sie dort zu Boden warfen und ihr die Kleider vom Körper rissen, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung der Mathilde S***, nämlich einen Schädelbruch, Prellungen und Hautabschürfungen an der Stirn, eine Blutunterlaufung unter dem rechten Augenunterlid, Hautabschürfungen und Prellungen in beiden Jochbeinbereichen und im Bereich des linken Unterkieferastes sowie eine Bißverletzung an der Innenseite des rechten Oberarmes, ferner zahlreiche Prellungen und Hautabschürfungen an beiden Schultern, beiden Ellbogen und Unterarmen, am Rücken, in der Kreuzbeinregion und an beiden oberen und unteren Extremitäten zur Folge hatte.
Dieses Urteil bekämpfen die Angeklagten mit getrennt ausgeführten, jeweils auf die Z 6, vom Angeklagten Reinhold H*** auch auf die Z 11 lit a und vom Angeklagten Robert W*** auch auf die Z 8 und 9 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, die in keiner Richtung hin berechtigt sind.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H***:
Dieser Angeklagte erblickt eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung und damit den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO darin, daß der (ihn betreffenden) Hauptfrage I/ nicht zu entnehmen sei, welches Tatverhalten ihm im einzelnen konkret angelastet werde, vor allem ob er oder der Mitangeklagte W*** den außerehelichen Beischlaf an Mathilde S*** vollzogen habe. Die Rüge, mit welcher der Sache nach eine unzureichende Konkretisierung der Hauptfrage I/ reklamiert wird, versagt. Gemäß § 312 Abs. 1 StPO sind in die Hauptfrage alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung aufzunehmen und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit, Gegenstand usw soweit beizufügen, als es zur deutlichen Bezeichnung der Tat (oder für die Entscheidung über die Entschädigungsansprüche) notwendig ist. Zur "deutlichen Bezeichnung der Tat" ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß in der Frage - über die Angabe der gesetzlichen Deliktsmerkmale in Form der verba legalia hinaus - ein solches Maß konkreter Tatumstände aufgenommen wird, daß damit der Tat das Gepräge eines individuellen Vorgangs verliehen und auch die rechtliche überprüfung des Wahrspruchs durch den Schwurgerichtshof gleichwie (im Rechtsmittelverfahren) durch den Obersten Gerichtshof ermöglicht wird (RZ 1985/65; SSt 54/7; SSt 55/82). Einer darüber hinausgehenden Spezialisierung des Tathergangs, also einer erschöpfenden Beschreibung des gesamten Geschehens in allen Einzelheiten bedarf es hingegen nicht.
Indem in die vorliegende Hauptfrage I/ nicht nur die abstrakten Tatbestands- und Qualifikationsmerkmale aufgenommen wurden, sondern darüberhinaus durch die Anführung, daß der Beschwerdeführer die Tat im bewußten und gewollten Zusammenwirken (als Mittäter) mit dem Angeklagten W*** begangen habe, auch jene konkreten, vom Beschwerdeführer vermißten Tatsachen angegeben wurden, die in bezug auf den Beschwerdeführer diese Merkmale im Einzelfall verwirklichen, haften doch Mittäter für den den gesamten, vom gemeinsamen Vorsatz getragenen Erfolg, wurde die in Rede stehende Hauptfrage im hier aktuellen Belang hinreichend konkretisiert; die behauptete Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung liegt somit nicht vor.
Die auf die Z 11 lit a des § 345 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge hinwieder entbehrt der prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Denn der Beschwerdeführer vergleicht nicht den durch den Wahrspruch festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz, weist mithin nicht aus dem Wahrspruch einen Rechtsirrtum nach, wie dies der geltendgemachte Nichtigkeitsgrund erfordert (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 1 und 2 zu § 345 Z 11 a), sondern behauptet (lediglich), die Geschwornen hätten (auf seine angeblich fehlende Beischlafsfähigkeit hinweisende) Verfahrensergebnisse unbeachtet gelassen und deshalb die Schuldfrage unrichtig gelöst. Die Richtigkeit des Wahrspruchs kann aber niemals Gegenstand einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde sein.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten W***:
Der Angeklagte W*** rügt aus der Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO das Unterbleiben der Stellung der (von ihm in der Hauptverhandlung beantragten; vgl S 78/Bd II in Verbindung mit dem Beweisantrag ON 66/Bd I) Eventualfrage nach einem von ihm bloß geleisteten sonstigen Tatbeitrag (im Sinne des § 12 dritter Fall StGB), die deshalb indiziert gewesen sei, weil er nach seiner Darstellung (bloß) zur Ausführung der Straftat des Mitangeklagten H*** durch gewaltsames Auseinanderdrücken der Beine des Notzuchtsopfers beigetragen habe (vgl S 30 und 40/Bd II). Auf Grund des Inhalts der ihn betreffenden Hauptfrage II/ sei es aber den Geschwornen auch nicht möglich gewesen, durch eine teilweise (einschränkende) Bejahung dieser Hauptfrage als erwiesen anzunehmen, daß er entsprechend seiner Verantwortung lediglich einen Tatbeitrag geleistet habe.
Die vermißte Eventualfrage wurde jedoch vom Schwurgerichtshof zu Recht nicht gestellt. Denn auch unter Zugrundelegung (nur) eines seiner Darstellung in der Hauptverhandlung entsprechenden Tatverhaltens haftet der Beschwerdeführer - wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner in dieser Sache im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung vom 26.März 1987, GZ 12 Os 176/86-9, für das weitere Verfahren in dieser Strafsache bindend, ausgesprochen hat -, indem er an der Herbeiführung der Widerstandsunfähigkeit des Tatopfers und mithin jedenfalls am ersten Teilakt des (zweiaktigen) Delikts der Notzucht mitwirkte, als unmittelbarer (Mit-)Täter auch für die im gemeinsamen Zusammenwirken begangenen Tathandlungen des Mitangeklagten H*** und damit für den gesamten, vom gemeinsamen Vorsatz umfaßten Deliktserfolg, sodaß für eine Beurteilung dieses Verhaltens als Beitragstäterschaft kein Raum ist. Dem steht nicht entgegen, daß eine in faktischer Beziehung unterschiedliche Tatbeurteilung von Mittätern bei der Strafbemessung entsprechend Berücksichtigung findet.
Zum Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Rechtsbelehrung zur Frage der strafrechtlichen Zurechnung der beim Tatopfer eingetretenen schweren Verletzungsfolge im Sinne des § 201 Abs. 2 (erster Fall) StGB Anlaß zu Mißverständnissen geben konnte. Denn diese enthalte einerseits Anleitungen zur Beurteilung der Frage eines allfälligen Exzesses des Mittäters H*** bei Zufügung dieser Verletzung, die nach Ansicht der Beschwerde aber andererseits dadurch zunichte gemacht wurden, daß am Ende der Belehrung zu dem für die Zurechnung der schweren Tatfolge erforderlichen (wenigstens) fahrlässigen Verhalten ausgeführt werde, die Fahrlässigkeit bestehe hier alleine in der Vorhersehbarkeit dieser Folge (S 8 der Rechtsbelehrung). Damit ist die Beschwerde aber nicht im Recht.
Die Tatqualifikation (der schweren Körperverletzung des Tatopfers) betrifft eine besondere Tatfolge im Sinne des § 7 Abs. 2 StGB, die der Täter strafrechtlich zu verantworten hat, wenn er sie wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat. Darauf wird in der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung ausdrücklich Bezug genommen. Darüberhinaus wird aber in der Rechtsbelehrung auch der Begriff der (bewußten und unbewußten) Fahrlässigkeit im Sinn des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 StGB erläutert und in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß sich die Fahrlässigkeitsprüfung nach dem § 6 StGB in der Regel auf das Moment der (objektiven und subjektiven) Vorhersehbarkeit des Erfolges zu beschränken habe, wobei auch diese Rechtsbegriffe (der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit) näher dargelegt werden (vgl S 8 bis 10 der Rechtsbelehrung). Da die Begehung der Grundtat (hier des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs. 1 StGB) grundsätzlich (laut Rechtsbelehrung "in der Regel") die (objektive und subjektive) Sorgfaltswidrigkeit in bezug auf die qualifizierende Tatfolge (hier nach dem § 201 Abs. 2 erster Fall StGB) einschließt, entspricht diese Rechtsbelehrung durchaus der herrschenden Auffassung (vgl Burgstaller, WrK, Rz 20 bis 22 zu § 7 StGB sowie die Rechtsprechung, ÖJZ-LSK 1976/2, 1976/70, 1979/322, 1979/373 und 1979/374 sowie EvBl 1983/145 ua), zumal in diesem Zusammenhang in der Rechtsbelehrung zumindest der Sache nach auch auf den für die Zurechnung des schweren Verletzungserfolges erforderlichen Adäquanz- und Risikozusammenhang Bezug genommen wird (vgl S 9 und 10 der Rechtsbelehrung; ferner 12 Os 176/85, 12 Os 75/86 = JBl 1987, 59 ua).
Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß angesichts dieser zum Qualifikationsmerkmal des § 201 Abs. 2 erster Fall StGB erteilten Rechtsbelehrung bei den Geschwornen der Eindruck entstehen konnte, es sei bei der Zurechnung der schweren Verletzungsfolge nicht weiter zu klären, ob den Täter überhaupt der Vorwurf der Fahrlässigkeit treffe, ist demnach unhaltbar. Die behauptete, angeblich zu einem Mißverständnis der Geschwornen Anlaß gebende Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung liegt sohin auch insoweit nicht vor. Dem Angeklagten W*** kann aber auch nicht beigepflichtet werden, soweit er eine Undeutlichkeit, Unvollständigkeit oder einen Widerspruch und damit den Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs. 1 StPO aus der Antwort der Geschwornen auf die Hauptfrage II/ (nach dem vom Angeklagten W*** im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten H*** am 3.Juni 1986 in Salzburg an Mathilde S*** begangenen und mit einer schweren Körperverletzung der Genannten verbundenen Verbrechen der Notzucht) abzuleiten sucht. Die Geschwornen hatten die Hauptfrage II/ (ebenso wie die den Mitangeklagten H*** betreffende Hauptfrage I/) stimmeneinhellig ("8 ja") bejaht. Aus dem - an sich überflüssigen und mit der Begründung in der Niederschrift der Geschwornen zur Hauptfrage II/ wörtlich übereinstimmenden - Beisatz "schwere Körperverletzung ja laut Aussage H***" kann jedoch von vornherein kein solcher Mangel des Strafausspruchs abgeleitet werden, sodaß die Ausführungen der Beschwerde, dieser Beisatz lasse mehrere Deutungen zu, ins Leere gehen.
Da somit dem angefochtenen Urteil der Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs. 1 StPO nicht anhaftet, war auch der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert W*** ebenfalls ein Erfolg zu versagen.
Mithin waren beide Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen. Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten Reinhold H*** nach § 201 Abs. 2 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren, Robert W*** nach dieser Gesetzesstelle unter Bedachtnahme auf den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Geschwornengerichts beim Landesgericht Salzburg vom 27.Oktober 1986, 18 Vr 1486/86-50, nach § 236 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer solchen von fünf Jahren. Gemäß § 369 Abs. 1 StPO sprach es der Privatbeteiligten S*** G*** einen Betrag von 10.582 S zu. Bei der Strafbemessung war beim Angeklagten H*** erschwerend eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafe und die führende Beteiligung an der Tat, mildernd hingegen die Begehung der Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahres und seine zur Wahrheitsfindung beitragenden Angaben, die allerdings den Wert des Milderungsgrundes des § 34 Z 17 StGB nicht erreichten; beim Angeklagten W*** waren erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorverurteilungen und das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, mildernd das Geständnis und eine mindere Beteiligung an der Tat. Mit ihren Berufungen streben die beiden Angeklagten eine Strafherabsetzung an; der Angeklagte W*** bekämpft überdies das Adhäsionserkenntnis.
Die Berufungen sind nicht berechtigt.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt und auch zutreffend gewürdigt. Die Berufungswerber vermögen in ihren Rechtsmittelschriften nichts aufzuzeigen, was eine Minderung der Strafen rechtfertigen könnte. Zieht man den Hergang der Tat und vor allem die rücksichtslose Vorgangsweise insgesamt in Betracht, so zeigt sich, daß die vom Geschwornengericht verhängten Strafen - auch unter Berücksichtigung der vom Angeklagten H*** aufgezeigten Alkoholisierung zur Tatzeit - dem Unrechts- und Schuldgehalt der Verfehlung entsprechen und den im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung Rechnung tragen. Eine Reduzierung der Strafen war daher nicht angebracht. Der Angeklagte W*** verweist bei Bekämpfung des Privatbeteiligtenzuspruchs lediglich darauf, daß im Hinblick auf sein Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO auch "vorsichtshalber" dieser Zuspruch angefochten werde. Damit werden aber keine Umstände dargetan, die gegen die Annahme einer solchen Haftung und damit gegen das Adhäsionserkenntnis sprechen könnten, sodaß seiner Berufung auch in diesem Umfange ein Erfolg zu versagen war.
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