Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit S 13.611,23 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (hievon S 750,23 Umsatzsteuer und S 1.500,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Vertrag vom 2. August 1914 verkaufte die politische Gemeinde Zell am Moos den in ihrem Eigentum stehenden Zeller See (Irrsee), EZ 143 KG Zell am Moos, ein Privatgewässer, um den Preis von 40.000 Kronen an Ferdinand R***. Gemäß Punkt IV des Kaufvertrages "bedingt sich die verkaufende Gemeinde für sich die nachstehenden unentgeltlichen Dienstbarkeiten auf immerwährende Zeiten auf dem ganzen Zeller See und zwar: a) der freien Schiff- und Floßfahrt mit Ruder- und Segelbooten, jedoch ausschließlich Dampf- und Motorbooten, des Badens und des Wäschewaschens". .... Die Ausübung
der Dienstbarkeiten unter a) ".... wird nicht nur für die
verkaufende Gemeinde, sondern für jedermann gewährleistet ...." Im Punkt VII des Vertrages verpflichteten sich die Vertragsparteien für sich und ihre Rechtsnachfolger, die aus dem Vertrag entspringenden Rechte in einer solchen Weise auszuüben, daß dadurch weder die Eigentumsrechte der Eigentümer noch die Rechte der jeweiligen dienstbarkeitsberechtigten Personen beeinträchtigt werden, somit bei Ausübung der bezüglichen Rechte ein gegenseitiges Entgegenkommen an den Tag zu legen; insbesondere "ist seitens der dienstbarkeitsberechtigten Personen auf die uneingeschränkte Ausübung des den Eigentümern des Zeller Sees verbleibenden ungeschmälerten Fischerei- und Jagdrechtes zu achten". Die von der Verkäuferin ausbedungenen Rechte wurden im Lastenblatt der EZ 143 KG Zell am Moos als "Dienstbarkeit der freien Schiff- und Floßfahrt, des Badens und Wäschewaschens" einverleibt. Die Kläger sind Miteigentümer des Zeller Sees; sie sind zum "Konsortium Zeller See", einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, zusammengeschlossen. Die Beklagten betreiben die Segelschule Mondsee als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes. Im Rahmen des Schulbetriebes wird von Ende Mai bis Anfang September Surfunterricht erteilt, wofür zwölf Segelbretter zur Verfügung stehen, die auf dem Grundstück des Seewirtes abgelegt sind. Im Juni, während der Schulsportwochen, stehen 25 Segelbretter in Verwendung; es wird dann ca. 50 bis 60 Personen Unterricht im Surfen erteilt. Der Unterricht erfolgt zunächst an Land mit Hilfe eines Simulators, in der Folge im Wasser; er wird von dem der Segelschule zur Verfügung stehenden Ruderboot oder von einem Segelbrett aus erteilt. Die Schüler bewegen sich im Bereich der Bucht des Zeller Sees. Ein Segelbrett (Surfer) besteht im wesentlichen aus zwei Teilen, dem etwa 50 cm breiten Schwimmkörper, auf dem der Benützer des Sportgerätes steht, und dem sogenannten Rigg, der Segeleinrichtung, die aus einem etwa 4,5 m langen Mast, dem daran etwa in Schulterhöhe quer zum Mast befestigten Gabelbaum und dem Segel besteht, das im Durchschnitt eine Segelfläche von etwa 5,5 m2 hat. Der wesentliche Unterschied zum Segelboot besteht darin, daß der Mast mit Hilfe eines beweglichen Mastfußes drehbar auf dem Schwimmkörper befestigt ist, so daß der Mast nicht nur um die Längsachse gedreht, sondern auch umgelegt werden kann. Der Schwimmkörper des Segelbrettes ist etwa in der Mitte mit einem etwa 60 cm langen Schwert versehen, wie es auch Segeljollen aufweisen, darüber hinaus am hinteren Ende mit einer kleinen Finne, die etwa 20 cm nach unten ragt. Der Zeller See ist ein eher bescheidenes Segelrevier. An die Mitglieder des Konsortiums Zeller See werden etwa 150 Stück Jahreskarten zum Zwecke des Sportfischens ausgegeben, weiters werden an Nichtmitglieder Tages- oder Wochenkarten verkauft. Zur Aufrechterhaltung des Besatzes werden vom Konsortium etwa S 200.000,-- jährlich für Besatzmaßnahmen aufgewendet. Es kommt vor, daß Angelschnüre von Surfern überfahren und beschädigt werden. Aus dem Kreise der Gäste sind Beschwerden darüber geführt worden, daß man am Zeller See nicht mehr fischen könne.
Die Kläger begehren, auf Grund eines Beschlusses der Vollversammlung des Konsortiums Zeller See, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Benützung des Zeller Sees zum Zwecke des Betriebes einer Surfschule zu unterlassen. Die bücherlich jedermann eingeräumte Dienstbarkeit umfasse nicht die Ausübung des Windsurfens, weil die dabei verwendeten Segelbretter sowohl nach den sie definierenden Rechtsnormen als auch nach ihrem Erscheinungsbild und der Art ihrer Handhabung einen eigenen Typ von Wasserfahrzeugen darstellten, der sich wesentlich vom Segelboot unterscheide. Dies betreffe in erster Linie Konstruktionsmerkmale, so den schwenk- und drehbaren Mast, der mit dem Segel öfter in das Wasser falle, wodurch wesentlich größere Unruhe entstehe als beim Betrieb von Segelbooten. Eine Erschwerung des Fischfanges sei auch damit verbunden, daß Schüler bei der Handhabung der Surfbretter öfters in das Wasser stürzen. Diese Art der gewerblichen Nutzung des Sees sei durch die jedermann eingeräumten Benützungsrechte nicht gedeckt, zumal die vertragschließenden Parteien im Kaufvertrag vom 2. August 1914 ausdrücklich vereinbart hätten, daß bei der Ausübung von Dienstbarkeitsrechten ein gegenseitiges Entgegenkommen an den Tag zu legen und eine wechselseitige Beeinträchtigung zu vermeiden sei. Der Betrieb einer Surfschule stelle eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit dar.
Die Beklagten beantragen Abweisung des Klagebegehrens. Der Zeller See sei zwar ein Privatgewässer, auf das aber die Bestimmungen des Schiffahrtspolizeigesetzes anzuwenden seien, wonach das Surfen auf dem See unabhängig vom Willen des Eigentümers erlaubt sei. Auch die einverleibte Dienstbarkeit berechtige zum Surfen, weil Segelbretter lediglich eine besondere Art eines Segelfahrzeuges darstellen. Demgemäß sei das Surfen im Rahmen der Dienstbarkeit der Allgemeinheit erlaubt, weshalb von einer unzulässigen Erweiterung der Servitut keine Rede sein könne. Der Schulbetrieb falle auch gegenüber der Benützung des Sees durch eine Vielzahl wilder Surfer nicht ins Gewicht. Die Kläger seien zur Klagsführung aktiv nicht legitimiert, weil einzelne Miteigentümer der Klagsführung nicht zugestimmt hätten.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Die Kläger seien zur Klage aktiv legitimiert, weil die Eigentumsfreiheitsklage selbst von Minderheitseigentümern ohne Zustimmung der übrigen Teilhaber gegen einen Dritten, der in das Eigentum eingreife, erhoben werden könne. Aus öffentlich-rechtlichen Normen könnten die Beklagten das Recht zum Betrieb einer Surfschule auf dem Zeller See nicht ableiten, da das Schiffahrtspolizeigesetz, BGBl. 1971/91, lediglich Verkehrsregeln für die Schiffahrt enthalte und sich aus § 2 dieses Gesetzes ergebe, daß die Verfügung über Privatgewässer dem Verfügungsberechtigten, im vorliegenden Fall den Miteigentümern, zustehe. Auch aus der Seen- und Fluß-Verkehrsordnung vom 14. März 1979, BGBl. 1979/163, und der Oberösterreichischen Seen-Verkehrsordnung vom 27. Mai 1980, LGBl. 1980/33, seien Rechte der Beklagten zum Betrieb einer Surfschule gegen den Willen der Eigentümer nicht ableitbar. Der Betrieb einer Surfschule sei aber auch durch die im Kaufvertrag zugunsten jedermanns ausbedungenen Rechte der freien Schiffahrt und Floßfahrt nicht gedeckt. Segelbretter seien nicht unter den Begriff des Segelbootes einzuordnen. Dies folge insbesondere auch aus der vertraglich übernommenen Verpflichtung der dienstbarkeitsberechtigten Personen, auf die uneingeschränkte Ausübung des den Eigentümern des Zeller Sees verbleibenden ungeschmälerten Fischerei- und Jagdrechtes zu achten. Die gewerbliche Nutzung des Zeller Sees zum Betrieb einer Surfschule stelle in jedem Fall eine unzumutbare Mehrbelastung des dienenden Gutes und damit eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit dar.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob es unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und verwies die Sache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,--, jedoch nicht S 300.000,-- übersteigt. Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, daß zwischen einem Surfbrett und einem Segelboot wesentliche Unterschiede bestehen, so daß das Windsurfen keinesfalls unter den Begriff "Schiffahrt mit Segelbooten" eingeordnet werden könne. Da das Windsurfen im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages noch nicht geübt wurde, sei infolge der Änderung der Umstände eine Lücke entstanden, die mit Hilfe der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Offensichtlicher Zweck der Vertragsbestimmung sei es gewesen, die Benützung des Sees zu Erholungs- und Freizeitzwecken zu gewährleisten. Der Ausschluß von Dampf- und Motorbooten weise auf die umweltbewußte und fremdenverkehrsorientierte Gesinnung der verkaufenden Gemeinde hin. In Anbetracht dieser Regelung könnte auch das Windsurfen in den Rahmen der eingeräumten Servitut fallen, sofern dadurch nur nicht das dienende Gut erheblich schwerer belastet werde. Da die Dienstbarkeitsberechtigten verpflichtet wurden, auf die uneingeschränkte Ausübung des den Eigentümern des Zeller Sees verbleibenden ungeschmälerten Fischerei- und Jagdrechtes zu achten, werde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein, inwieweit das Windsurfen einen größeren Störfaktor für die Ausübung der Fischerei darstelle als das Fahren mit Ruder- bzw. Segelbooten oder das Baden. Diese Feststellung werde auf Grund des Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Fischerei zu treffen sein. Von Bedeutung werde dabei auch sein, in welchem Ausmaß das Windsurfen auf dem Zeller See durch wilde Surfer betrieben werde und ob die sprunghaft gestiegene Anzahl der Benützer des Sees eine ins Gewicht fallende Mehrbelastung für die Fischer mit sich bringe. Dem gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobenen Rekurs der Kläger kommt Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagten machen zu Unrecht geltend, daß das Befahren des Zeller Sees mit Segelbrettern schon im Rahmen des Gemeingebrauchs zulässig sei und nicht der Einwilligung der Eigentümer bedürfe. Es ist nicht strittig, daß es sich beim Zeller See um ein Privatgewässer (vgl. § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959) handelt. Privatgewässer stehen gemäß § 3 Abs. 1 WRG 1959, wenn nicht von anderen erworbene Rechte vorliegen, im Eigentum des Grundeigentümers (vgl. Klang in seinem Komm.2 II 7; Krzizek, Komm. zum Wasserrechtsgesetz 23; Haager-Vanderhaag, Komm. zum Wasserrechtsgesetz 93). Gemäß § 5 Abs. 2 WRG 1959 steht die Benutzung der Privatgewässer mit den durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel begründeten Beschränkungen denjenigen zu, denen sie gehören. Die Bedeutung dieser Bestimmung liegt in der Anordnung, daß die aus der Privatrechtsordnung erfließende Dispositionsbefugnis des Eigentümers eines Privatgewässers durch Gesetz und besonderen Rechtstitel beschränkt sein kann (SZ 58/203;
Krzizek a.a.O. 23, 44). Das Gesetz enthält eine Einschränkung dahin, daß auch der Eigentümer eines Privatgewässers den sogenannten kleinen Gemeingebrauch (§ 8 Abs. 2 WRG 1959) dulden muß (SZ 58/203;
Krzizek a.a.O. 44; Haager-Vanderhaag a.a.O. 156). Gemäß § 8 Abs. 2 WRG 1959 steht der Gebrauch des Wassers der privaten Seen zum Tränken und Schöpfen mit Handgefäßen, soweit er ohne Verletzung von Rechten oder öffentlicher oder privater Interessen mit Benützung der dazu erlaubten Zugänge stattfinden kann, jedermann ohne besondere Erlaubnis und ohne Bewilligung der Wasserrechtsbehörde offen. Es handelt sich dabei um eine aus der sozialen Gebundenheit des Eigentums erfließenden Eigentumsbeschränkung
(Krzizek a.a.O. 50), durch die die Befriedigung der notwendigsten Wasserbedürfnisse (Tränken des Viehs, Schöpfen mit Handgefäßen) gesichert werden soll (Haager-Vanderhaag a.a.O. 156;
Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2 49 Anm. 1;
Hartig-Grabmayr, Das österreichische Wasserrecht 58). Krzizek a.a.O. 53 bezeichnet es als unbestritten, daß die Aufzählung der zulässigen Nutzungsarten im Rahmen des Gemeingebrauches an privaten Gewässern erschöpfend ist. Die Benutzung der tragenden Kraft des Wassers ist weder in § 8 Abs. 1 WRG 1959 noch in § 8 Abs. 2 WRG 1959 unter den Fällen des Gemeingebrauches erwähnt.
§ 6 Abs. 1 WRG 1959 ordnet an, daß für die Benutzung der Gewässer zur Schiff- und Floßfahrt die jeweils hiefür bestehenden besonderen Bestimmungen gelten. Diese Bestimmung trifft daher ebenfalls keine inhaltliche Regelung der Benutzung der tragenden Kraft des Wassers, sondern verweist nur auf andere gesetzliche Vorschriften (VfSlg. 4330/1962). Damit hat der Gesetzgeber die mit der Benutzung der Gewässer zur Schiffahrt und Floßfahrt zusammenhängenden Fragen aus dem Bereich des Wasserrechtsgesetzes 1959 herausgenommen, so daß die wasserrechtlichen Vorschriften grundsätzlich nicht für die Benutzung der Gewässer zur Schiffahrt und Floßfahrt gelten. Die Benutzung der Gewässer zu diesem Zweck stellt demnach einen Gemeingebrauch dar, der nur nach Maßgabe besonderer Bestimmungen besteht (VfSlg. 4330/1962). Es bestimmt zwar etwa § 2 Abs. 1 Schiffahrtspolizeigesetz, BGBl. 1971/91, dessen Regelungen auf öffentliche fließende Gewässer und die in der Anlage zum Gesetz angeführten Privatgewässer, darunter auch den Zeller See, Anwendung finden, daß die Schiffahrt auf öffentlichen Gewässern innerhalb der durch gesetzliche Vorschriften gezogenen Schranken jedermann gestattet ist; § 2 Abs. 2 SchPG schränkt aber ein, daß die Verfügung über Privatgewässer hinsichtlich ihrer Verwendung zu Zwecken der Schiffahrt dem über die Gewässer Verfügungsberechtigten zusteht, anerkennt also, wie schon der Erstrichter zutreffend erkannte, keinen solchen Gemeingebrauch an Privatgewässern. Daß auch die Seen- und Fluß-Verkehrsordnung vom 14. März 1979, BGBl. 1979/163, und die o.ö. Seen-Verkehrsordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Mai 1980, LGBl. 1980/33, keine Grundlage für den von den Beklagten behaupteten Gemeingebrauch darstellen, wird in der Rekursbeantwortung ausdrücklich eingeräumt.
Es ist einhellige Auffassung, daß die Herkunft des Gemeingebrauches als einer uralten Rechtseinrichtung zugunsten der Allgemeinheit keinen Gebrauch deckt, der seiner Intensität oder seinem Ausmaß nach nicht allgemein geübt werden könnte und daher ungewöhnlich ist (Grabmayr-Rossmann a.a.O. 50 Anm. 2; Hartig-Grabmayr a.a.O. 58; vlg. Krzizek a.a.O. 50). Es ist im vorliegenden Fall nicht darüber abzusprechen, ob die Benützung des Zeller Sees zum Befahren mit Segelbrettern durch einzelne Personen als Gemeingebrauch verstanden werden kann. Die Kläger wenden sich nicht dagegen, daß die Beklagten persönlich den Zeller See mit Segelbrettern befahren, ihr Klagebegehren ist auf die Untersagung der gewerblichen Nutzung des Privatgewässers durch Betrieb einer Surfschule gerichtet. Die gewerbliche Nutzung des Privatgewässers überschreitet aber jedenfalls die aus dem Gemeingebrauch erfließenden Rechte, weil damit nicht mehr von der Ausübung eines Rechtes gesprochen werden kann, das in einer Weise von jedermann ausgeübt werden kann, daß die Nutzung des einen die gleiche Nutzung durch andere nicht ausschließt, wie dies für den Gemeingebrauch kennzeichnend ist (1 Ob 31/86; SZ 47/131 ua). Im vorliegenden Fall liegt eine ungewöhnliche Nutzung des Gewässers durch die Beklagten vor, die schon ihrer Art nach weit über den vom Gesetz an Privatgewässern eingeräumten "kleinen" Gemeingebrauch hinausgeht. Ein aus dem Gemeingebrauch ableitbares Recht der Beklagten steht der Berechtigung des Klagebegehrens somit nicht entgegen. Die vorliegende Klage ist als Eigentumsfreiheitsklage iS des § 523 ABGB zu verstehen, mit der sich der Eigentümer gegen jeden unberechtigten Eingriff in sein Eigentum, mag der Eingreifende ein Recht hiezu behaupten oder nicht, zur Wehr setzt. Die Klage dient dem Schutz des Eigentümers vor der Anmaßung oder unberechtigten Erweiterung einer Servitut wie auch zur Abwehr jeder sonstigen Störung des Eigentums durch unberechtigte Eingriffe (MietSlg. 36.040, 35.053, 33.048; Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 523; Koziol-Welser, Grundriß7 II 86;
Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Call-Eccher, Österreichisches Sachenrecht2 144; Klang a.a.O. 601). Die Eigentumsfreiheitsklage kann grundsätzlich von jedem Miteigentümer erhoben werden, weil er damit von seinem Eigentumsrecht Gebrauch macht und keine Verwaltungsmaßnahme setzt (SZ 54/43; SZ 48/4 und 62; JBl. 1975, 201; MietSlg. 26.042/9, 24.043). Dieses Recht steht einem Minderheitseigentümer nur dann nicht zu, wenn er sich damit in Widerspruch zu einer von der Mehrheit der Eigentümer getroffenen Verfügung setzt (SZ 54/43; SZ 1/72). Auch dem einzelnen Teilhaber einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft steht das Recht zu, sich der zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu bedienen. In Ausübung dieses Rechtes ist er, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, befugt, ohne Zustimmung der übrigen Teilhaber gegen einen Dritten die Negatorienklage zu erheben (SZ 53/2; SZ 48/4 und 62; JBl. 1975, 201; Klang a.a.O. II 601 f, III 1093), soweit damit nur nicht eine Veränderung oder Feststellung des gemeinsamen Rechtes verbunden ist; das ist hier nicht der Fall. Daß sich die Kläger mit der Klage in Widerspruch zu einem von der Mehrheit gefaßten Beschluß setzen, wurde nicht behauptet. Aber auch das beim Verkauf für die verkaufende Gemeinde und für jedermann ausbedugene Recht der freien Schiffahrt und Floßfahrt mit Ruder- und Segelbooten stellt keine taugliche Grundlage für die von der Beklagten in Anspruch genommenen Nutzung des Sees dar. Grundsätzlich muß jede Servitut zum Vorteil eines anderen (als des Eigentümers) oder mehrerer anderer Personen dienen; auch die Berechtigung von "jedermann" ist nicht ausgeschlossen (SZ 41/29; Petrasch a.a.O. Rz 3 zu § 472 ABGB). Auch in diesem Zusammenhang ist nur zu klären, ob die Beklagten aus der vorgenannten Vertragsbestimmung das Recht zur gewerblichen Nutzung des Sees durch Betrieb einer Surfschule ableiten können. Wie bei der Auslegung von Gesetzen hat auch bei der Vertragsauslegung die wörtliche Auslegung am Anfang des Interpretationsvorgangs zu stehen (MietSlg. 31.104;
Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 914; Welser JBl. 1983, 4, 5;
Koziol-Welser, Grundriß8 I 87, 88). Ziel der einfachen Auslegung ist die Ermittlung der Absicht der Parteien (Rummel a.a.O. Rz 4 zu § 914). Bei einem genügend deutlichen Vertragstext ist kein Raum für eine Vertragsergänzung (JBl. 1978, 426). Erst wenn das Mittel der Wortauslegung (unter Berücksichtigung des Parteiwillens) versagt und damit eine Lücke vorliegt, greift die ergänzende Auslegung Platz, als deren Mittel insbesondere der hypothetische Parteiwillen herangezogen werden kann (JBl. 1986, 38; JBl. 1983, 592;
JBl. 1982, 49; MietSlg. 31.104, 29.107, 25.136/20; SZ 45/29; Rummel a. a.O. Rz 9, 11, 12 zu § 914; Koziol-Welser, Grundriß8 I 88;
Gschnitzer in Klang, Komm.2 IV/1, 404). Wenn der Käufer bei Abschluß des Vertrages vom 2. August 1914 jedermann das Recht zur Schiff- und Floßfahrt mit Ruder- und Segelbooten einräumte, so sollte damit offensichtlich (auch im Interesse der Gemeinde Zell am Moos) eine Art erweiterter Gemeingebrauch für die Bevölkerung und wohl auch für Sommergäste geschaffen werden. Die Einräumung bestimmter Rechte zugunsten jedermanns stellt aber klar, daß es sich nur um solche Nutzungen handeln kann, die jedermann in gleicher Weise ausüben kann. Eine gewerbliche Nutzung des Sees durch Betrieb einer Surfschule ist davon nicht erfaßt, weil es sich dabei um ein von der Nutzung des Sees durch bloßes Befahren mit Segelbrettern für private Zwecke verschiedenes Recht, das in dieser (gewerblichen) Form gewiß nicht von jedermann ausgeübt werden kann, handelt. Das von den Beklagten in Anspruch genommene Recht unterscheidet sich damit artlich von jenem, das jedermann im Vertrag vom 2. August 1914 eingeräumt wurde. Da schon die wörtliche Auslegung des Vertrages vom 2. August 1914 ergibt, daß den Beklagten das von ihnen in Anspruch genommene Recht nicht zusteht, ist auf den hypothetischen Parteiwillen nicht zurückzugreifen. Zur Annahme, daß dieser abweichend gewesen wäre, besteht aber ohnehin kein Anhaltspunkt. Es bedarf dann aber nicht mehr der Prüfung, ob durch den schulmäßigen Betrieb eine Mehrbelastung des Zeller Sees eintritt und Rechte anderer Personen, insbesondere der Fischerei- und Jagdberechtigten, beeinträchtigt werden. Demzufolge ist dem Rekurs Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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