Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Im Rechtsmittelverfahren ist nicht mehr strittig, daß der Beklagte vom Kläger am 1. September 1985 einen gebrauchten PKW Opel Caravan um S 32.000 kaufte. Ursprünglich hatte der Beklagte behauptet, sein Vertragspartner sei nicht der Kläger, sondern Anna P***. Der Beklagte sollte einen Kaufpreisteilbetrag von S 8.000 bei Abholung des PKW, den Kaufpreisrest innerhalb von 6 Monaten bezahlen. Nach der Vertragsurkunde (Beilage A) darf der "ÖAMTC-Test keine größeren Schäden aufweisen". Der Beklagte erbrachte bei Abholung des PKW ca. 2 bis 3 Wochen nach Abschluß des Kaufvertrages die vereinbarte Teilzahlung von S 8.000 und bezahlte am 1. März 1986 weitere S 12.000. Nach seinem Standpunkt habe der von ihm am 13. November 1985 eingeholte ÖAMTC-Test größere Mängel ergeben, die eine Preisminderung um S 12.000 rechtfertigten.
Der Kläger behauptet, daß die im ÖAMTC-Test aufgezeigten Mängel keine größeren Schäden im Sinne der Kaufvereinbarung darstellten. Durch die diesbezügliche Klausel im Kaufvertrag sollte überdies nicht die Höhe des Preises, sondern das Zustandekommen des Kaufvertrages vom Nichtvorhandensein größerer Schäden abhängig gemacht werden. Der Kläger habe dem Beklagten zur Zahlung des Kaufpreisrestes eine Nachfrist gesetzt. Da dieser den Kaufpreisrest nicht bezahlt habe, begehre er die Aufhebung des Kaufvertrages, die Rückstellung des PKW Zug um Zug gegen Rückgabe des bereits bezahlten Kaufpreisteilbetrages und eine Vergütung von S 8.000. Das zuletzt genannte Begehren stützte der Kläger auf die Behauptung, daß der Beklagte den PKW durch 8 Monate zu seinem Nutzen verwendet und überdies beschädigt habe.
Der Beklagte bestreitet, daß der Kaufvertrag bedingt abgeschlossen worden sei. Lediglich die Höhe des Kaufpreises sollte vom ÖAMTC-Test abhängen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen führte die Mutter des Klägers in dessen Auftrag die Verkaufsverhandlungen mit dem Beklagten. Der Beklagte besichtigte den PKW und führte eine Probefahrt durch. Hiebei stellte er Lack- und Rostschäden und einen schadhaften Auspuff fest. Diese Mängel wurden von ihm akzeptiert, der Kaufpreis jedoch von S 33.000 auf S 32.000 reduziert. Die Stundung des Kaufpreisrestes erfolgte mit Rücksicht auf die finanzielle Situation des Beklagten. Ein Eigentumsvorbehalt wurde nicht vereinbart. Der Beklagte sollte jedoch nach der Anmeldung des Fahrzeuges dem Kläger den Einzelgenehmigungsbescheid übergeben. Als größere Schäden im Sinne der Testklausel sollten nach Ansicht des Beklagten solche im Ausmaß von S 3.000 und nach Ansicht des Klägers solche im Ausmaß von S 5.000 verstanden werden. Welche Auswirkungen das Vorhandensein von solchen Schäden auf den Vertrag haben sollte, konnte nicht festgestellt werden. Am 13. November 1985 wurde der ÖAMTC-Test durchgeführt. Darin wurden verschiedene Wartungsreparaturen, die Notwendigkeit der Erneuerung des Luftfilters und eines Unterbrecherkontaktes, Lackschäden an der Karosserie, Rostschäden am Auspuff, an den Türen und Radkästen sowie an der Bodenplatte, Schäden am Kühler und am Frontblech, an den Radlagern und an den Bremsklötzen sowie ein Motorölverlust festgestellt. Diese Schäden wurden mit Schreiben vom 10. Dezember 1985 unter Anschluß des Testberichtes dem Kläger mitgeteilt und gleichzeitig eine Kaufpreisminderung um S 5.000 angeboten. Da der Kläger mit einer Preisreduzierung nicht einverstanden war, wurde vom Beklagten ein Schätzungsgutachten eingeholt. In diesem Gutachten stellte der Sachverständige im wesentlichen dieselben Mängel fest, wie sie der ÖAMTC-Test aufgezeigt hatte. Für die durchzuführenden Reparaturarbeiten in einer Fachwerkstätte wurde ein Betrag von S 12.000 bis S 14.000 veranschlagt. Ein Schaden am rechten vorderen Kotflügel wurde vom Beklagten herbeigeführt. Nach Bezahlung eines weiteren Kaufpreisteilbetrages von S 12.000 setzte der Kläger dem Beklagten zur Zahlung des Kaufpreisrestes eine Nachfrist bis 14. März 1986.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes stehe dem Kläger nach der sinngemäß auch im bürgerlichen Recht anzuwendenden Bestimmung des Art. 8 Nr. 21 der 4.EVHGB ein Rücktrittsrecht nicht mehr zu, weil er den Kaufgegenstand übergeben und den Kaufpreis gestundet habe. Durch die obgenannte Bestimmung werde zwar eine besondere Vereinbarung eines Rücktrittsrechtes nicht ausgeschlossen, eine solche Vereinbarung sei jedoch im vorliegenden Fall nicht getroffen worden.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt. Das Berufungsgericht erblickte einen primären Verfahrensmangel in der Unterlassung der Vernehmung von zwei vom Kläger geführten Zeugen über die näheren Umstände und die Erklärungen der Beteiligten beim Vertragsabschluß. Daraus könnten sich Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage ergeben, ob nach der Parteienabsicht durch die Klausel, der ÖAMTC-Test dürfe keine größeren Schäden aufweisen, lediglich ein Preisminderungsvorbehalt oder ein Rücktrittsrecht vereinbart werden sollte. Es seien auch Feststellungen über die vom Beklagten behaupteten Mängel erforderlich, unter anderem auch, um allenfalls die Berechtigung einer Vertragsaufhebung nach Irrtums- oder Gewährleistungsregeln beurteilen zu können. Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Rekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach Art. 8 Nr. 21 der 4.EVHGB steht dem Verkäufer ein Rücktrittsrecht nach § 918 ABGB nicht zu, wenn er dem Käufer die Ware übergeben und den Kaufpreis gestundet hat. Diese Bestimmung wird in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im bürgerlichen Recht analog angewendet (SZ 45/112; SZ 36/95; SZ 34/146; HS 5346; JBl. 1967, 316; 1 Ob 562/79, 1 Ob 541/78 ua.). Diese Rechtsprechung wird im Schrifttum teilweise in Zweifel gezogen (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB Rdz 10 zu § 918; Mayrhofer in Ehrenzweig, System3 II/1 385 f.; Gschnitzer in JBl. 1967, 317). Nach Bydlinski (in Klang2 IV/2 137 f.) erscheint die Analogie aber durchaus vertretbar, da der handelsrechtlichen Norm keine erkennbaren Besonderheiten des Handelskaufes zugrunde liegen. Vielmehr liegen die Interessen insoweit beim Handelskauf und beim allein nach bürgerlichem Recht zu beurteilenden Kauf durchaus gleich. Der maßgebliche Gesichtspunkt des Art. 8 Nr. 21 4.EVHGB, nämich der Lockerung des synallagmatischen Zusammenhanges von Leistung und Gegenleistung trifft in beiden Fällen gleichmäßig zu und stellt zur Vermeidung eines Wertungswiderspruches einen tragfähigen Grund für den Ausschluß des Rücktrittsrechtes dar (für eine analoge Anwendung auch Aicher in Rummel, ABGB Rdz 7 zu § 1045; Hämmerle-Wünsch3 § 297; Koziol-Welser7 I 218; vgl. auch Wahle in Klang2 IV/2 23). In Anlehnung an Bydlinski bestehen daher gegen die analoge Anwendung des Art. 8 Nr. 21 4.EVHGB im Bereich des allgemeinen Zivilrechtes seitens des erkennenden Senates keine Bedenken, zumal Erwägungen über die rechtspolitische Zweckmäßigkeit der Norm (vgl. hiezu Reischauer aaO) außer Betracht zu bleiben haben.
Die Voraussetzungen des Art. 8 Nr. 21 4.EVHGB, die Übergabe der Kaufsache ins Eigentum des Käufers und die Stundung des Kaufpreises, auf welches Erfordernis im Schrifttum besonders hingewiesen wird (vgl. Bydlinski aaO; Gschnitzer aaO), liegen hier vor. Unerheblich ist, daß nur ein Teil des Kaufpreises gestundet wurde, weil dies auf die Lockerung des synallagmatischen Zusammenhanges ohne Einfluß ist und bei bloß teilweiser Stundung nur wegen des nicht gestundeten Teiles des Kaufpreises das Rücktrittsrecht bestehen bleibt (Metzger in BGB-RGR-Komm. Rdz 3 zu § 454; vgl. auch Staudinger12 Rdz 12 zu § 454). Dem Rekurswerber ist daher in der Billigung der Rechtsansicht des Erstgerichtes beizupflichten, daß der Kläger wegen nicht vollständiger Bezahlung des gestundeten Kaufpreises durch den Beklagten nicht mehr vom Vertrag zurücktreten und Rückabwicklung begehren, sondern nur mehr den noch offenen Kaufpreisrest fordern kann. Ein solches Begehren hat der Kläger aber nicht erhoben, er hat seinen Urteilsantrag aber auch auf die vereinbarte Testklausel gestützt, durch die nach seinem Prozeßstandpunkt die Wirksamkeit des Kaufvertrages nach der Parteienabsicht vom Nichtvorliegen größerer Schäden abhängig gemacht werden sollte. Insoweit das Berufungsgericht zur Beurteilung dieser Frage eine Verfahrensergänzung für erforderlich hält, kann dem nicht entgegengetreten werden. Unerörtert bleiben kann jedoch entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes die Frage einer Vertragsaufhebung nach Irrtums- oder Gewährleistungsregeln, weil ein derartiger Anspruch nicht geltend gemacht, in dieser Richtung auch kein Sachvorbringen erstattet wurde und das Gericht sich auf den aus dem Parteienvorbringen sich ergebenden Streitgegenstand zu beschränken hat (RZ 1979/16).
Demgemäß ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 2 ZPO.
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