OGH 2Ob564/87

OGH2Ob564/878.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Kropfitsch, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** H*** B.V., NL-6511 nx Nijmegen, Oranje Singel 58, Niederlande, vertreten durch Dr. Helmut A. Rainer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei B*** V***, Basel, Aeschengraben 21, Schweiz,

vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen sfr. 98.000 (= zum Zeitpunkt der Rekursentscheidung öS 823.788), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22. Jänner 1987, GZ 4 R 267/86-24, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 6. November 1986, GZ 12 Cg 66/86-20, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 19.091,40 S (darin 2.400 S Barauslagen und 1.517,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte haftet auf Grund der von ihr am 25. Mai 1983 ausgestellten Generalpolizze der Veranstalterin der Schweizer Mustermesse Basel für die "Art. 14'83", die Internationale Kunstausstellung 1983 in Basel, als Versicherer. Klaus A***, der Inhaber einer Galerie in Vomperbach bei Schwaz in Tirol, welcher mit Graphiken, Pastellen und Ölbildern der Kokoschka-Schülerin Hilde G*** an der Art. 14'83 teilnahm, schloß auf der Grundlage dieser Generalpolizze mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag, welcher unter anderem auch die Sparte "Transport- und Ausstellungsversicherung" umfaßte. Anläßlich der Ausstellung wurden die Exponate des Klaus A*** durch Leitungswasser beschädigt, wofür ihm die Beklagte bisher aus der genannten Versicherungssparte sfr 27.000 bezahlt hat.

Mit der Behauptung, daß der Schaden an den Exponaten weitaus höher gewesen sei, begehrte die Klägerin als Zessionarin des Klaus A*** von der Beklagten mit der vorliegenden Klage unter Berücksichtigung einer bestehenden Unterversicherung den Ersatz von weiteren sfr 98.000 sA. Die Zuständigkeit des Erstgerichtes wurde von ihr zunächst damit begründet, daß die Beklagte in Wien eine Zweigstelle ihres Unternehmens eingerichtet habe. Später berief sich die Klägerin auch noch darauf, daß die Beklagte zur B*** V***-A*** mit dem Sitz in Wien in einem Organschaftsverhältnis stehe. Sie habe für eine Sacheinlage an dieser Aktiengesellschaft Gesellschaftsrechte bzw. Aktien erworben, die sich zum Zeitpunkt der Klagseinbringung jedenfalls zum Teil in Wien befunden hätten. Außerdem bestehe zwischen der Beklagten und der Ö*** B*** V***-A***

fortdauernd ein versicherungsrechtliches Abrechnungsverhältnis, welches zum Zeitpunkt der Klagseinbringung einen Aktivsaldo zugunsten der Beklagten aufgewiesen habe.

In der am 29. November 1984 abgehaltenen ersten Tagsatzung meldete die Beklagte die Prozeßeinrede des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit und der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes an. Diese Einreden führte sie später dahin aus, daß ihre frühere Zweigstelle in Wien nicht mehr existiere und längst im Handelsregister gelöscht sei. Diese Zweigstelle sei in die neu gegründete B*** V***-A*** als Sacheinlage

eingebracht worden. Diese habe der Beklagten hiefür einen Zwischenschein über 25,000.000 S ausgestellt, der sich jedoch am Sitz der Beklagten in Basel befinde und bisher nicht in Aktien umgetauscht worden sei. Die Beklagte habe im Inland keinerlei Vermögen, insbesondere existiere auch der von der Klägerin behauptete Abrechnungssaldo zu ihren Gunsten gegenüber der B*** V***-A*** nicht. Zwischen den Parteien des Versicherungsvertrages sei vielmehr eine ausdrückliche Gerichtsstandvereinbarung für Basel getroffen worden. Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf die von der Beklagten erhobenen Prozeßeinreden ein und verwarf die von der Beklagten erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit (Punkt 1), erklärte jedoch das gesamte bisherige Verfahren unter gleichzeitiger Klagszurückweisung für nichtig (Punkt 2) und erlegte der Klägerin den Ersatz der Kosten des Zwischenstreites gegenüber der Beklagten auf (Punkt 3), wobei es von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging:

Die seinerzeitige Zweigniederlassung der Beklagten in Österreich (die "Zweigniederlassung B*** V***-G*** Direktion für Österreich", eine Kapitalgesellschaft) ist bereits am 23. September 1983 im Handelsregister gelöscht worden. Der Abschluß des Versicherungsvertrages mit Klaus A*** ist ohne irgendeine Mitwirkung dieser früheren Zweigniederlassung der Beklagten in Österreich erfolgt. Die B*** V***-A***

Österreich mit dem Sitz in Wien wickelt keine Geschäfte der Beklagten ab. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bestand zwar zugunsten der Beklagten gegenüber der B***

V***-A*** Ö*** eine Saldoforderung von

22,000.000 S, welche jedoch in der Folge wieder weggefallen ist. Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß zwar weder der von der Klägerin angezogene Gerichtsstand der Niederlassung gemäß § 87 JN noch jener gemäß § 99 Abs 3 JN gegeben sei, daß aber zur Zeit der Klagseinbringung der Vermögensgerichtsstand gemäß § 99 Abs 1 JN vorgelegen sei. Da die Beklagte im übrigen die von ihr behauptete ausschließliche Gerichtsstandvereinbarung für Basel nicht nachgewiesen habe, sei deren Unzuständigkeitseinrede zu verwerfen gewesen. Der zum Zeitpunkt der Klagseinbringung vorliegende Vermögensgerichtsstand reiche aber nicht aus, für die vorliegende Vermögensstreitigkeit die inländische Gerichtsbarkeit zu begründen, zumal es sich hiebei um die einzige Inlandsbeziehung des vorliegenden Rechtsstreites handle, alle anderen Fragen aber sachlich nach Schweizer Recht zu beurteilen seien und beide Parteien ihren Sitz im Ausland hätten. Überdies habe die Beklagte gemäß dem zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft geschlossenen Vertrag vom 16. Dezember 1960 über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, BGBl. 1962/125, Einwände erhoben. Es sei daher wegen des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit das Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen gewesen.

Die Verwerfung der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit durch das Erstgericht blieb unangefochten. Dem gegen die Punkte 2. und 3. des erstgerichtlichen Beschlusses (Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens und Zurückweisung der Klage sowie Kostenentscheidung) von der Klägerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes im Sinne der Verwerfung der Einrede des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit ab. Das Rekursgericht führte aus, das Erstgericht habe zwar zum Vorbringen der Klägerin über das Vorliegen des Vermögensgerichtsstandes gemäß § 99 Abs 1 JN wegen eines Aktienbesitzes der Beklagten an der B*** V***-A*** Ö*** keinerlei

Feststellungen getroffen, doch erweise sich dieser Feststellungsmangel nicht als relevant, weil bereits anhand der vorliegenden Sachverhaltsgrundlagen das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit abschließend bejaht werden könne. Das Erstgericht habe auch übersehen, daß der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, BGBl. 1962/125, weder eine internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte schaffe, noch eine nationale Zuständigkeit ausschließe, sondern zu jener Kategorie von Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsverträgen zähle die nur die Voraussetzungen festlegen, unter denen die im anderen Vertragsstaat ergangenen Urteile anzuerkennen und zu vollstrecken seien, während die innerstaatliche Zuständigkeitsordnung unangetastet bleibe. Ebensowenig sei entgegen der Meinung des Erstgerichtes die inländische Jurisdiktion von der Anwendbarkeit inländischen Sachrechtes abhängig. Die inländische Gerichtsbarkeit in Zivilsachen bestehe vielmehr für solche Rechtssachen, die durch positives Gesetz, durch völkerrechtliche Regeln oder zufolge eines durch die inländische Verfahrensordnung anerkannten Anknüpfungspunktes an das Inland vor die österreichischen Gerichte verwiesen seien. Die beiden erstgenannten Voraussetzungen schieden im vorliegenden Fall aus. Die zur Bestimmung des Umfanges der inländischen Gerichtsbarkeit demnach heranzuziehenden, durch die inländische Verfahrensordnung anerkannten Anknüpfungspunkte an das Inland ergäben sich aber insbesondere aus den Zuständigkeitsregeln, die also mittelbar mitbeachtet werden müßten. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten wäre somit die inländische Gerichtsbarkeit im Falle des Fehlens eines örtlichen Zuständigkeitstatbestandes nur in Ausnahmsfällen zu bejahen, wenn im Einzelfall dennoch ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für die Rechtsverfolgung im Inland bestünde. Daraus folge, daß zwar örtliche Zuständigkeit und internationale Zuständigkeit selbständige, voneinander zu unterscheidende Prozeßvoraussetzungen seien, daß aber doch davon auszugehen sei, daß das Vorhandensein eines inländischen Gerichtsstandes die inländische internationale Zuständigkeit zumindest indiziere. Die inländische Gerichtsbarkeit sei somit dann gegeben, wenn die durch den Gerichtsstand repräsentierte Inlandsbeziehung für die Bejahung des inländischen Justizbedürfnisses insgesamt ausreiche. Die Mehrzahl der gesetzlichen Gerichtsstände und insbesondere auch jener des Vermögens im Sinne des § 99 Abs 1 JN, bei dem der Beklagte ja ein Vermögen in Österreich haben müsse und somit für vermögensrechtliche Prozesse in Österreich ein sachlich beklagtenbezogener österreichischer Anknüpfungspunkt vorliege, repräsentierten in diesem Sinne eine ausreichende Inlandsbeziehung und genügten deshalb auch vom Standpunkt der Indikationentheorie durchaus für die Anknüpfung der inländischen Jurisdiktion. Da nach der insoweit auch das Rekursgericht bindenden rechtskräftigen Entscheidung des Erstgerichtes über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten (Punkt 1) des Beschlusses) bereits feststehe, daß der Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 99 Abs 1 JN im Zeitpunkt der Klagseinbringung gegeben war, sei im Sinne der bisherigen Ausführungen auch die inländische Gerichtsbarkeit für den vorliegenden vermögensrechtlichen Rechtsstreit zu bejahen. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 29 Satz 2 JN in Verbindung mit § 42 Abs 1 JN könnte es aber fraglich sein, ob der festgestellte spätere Vermögenswegfall der Beklagten im Inland auch die inländische Jurisdiktion wieder beseitigt haben könnte, zumal bereits ausgesprochen worden sei, daß das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit nach dem Sachverhalt und der Rechtslage zu beurteilen sei, wie sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Prozeßeinrede bestehen. Die herrschende Rechtsprechung, welcher auch Fasching noch in seinem Kommentar (I 225, 228) gefolgt sei, vertrete hiezu jedoch die Auffassung, daß der Fortfall eines inländischen Vermögens, welches den Gerichtsstand des Vermögens begründet habe, die einmal begründete Zuständigkeit eines bestimmten inländischen Gerichtes nicht mehr beseitigen und auch nicht mehr nachträglich den daraus abgeleiteten Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit zu begründen vermöge. Fasching habe allerdings im Anschluß an Matscher (JBl 1983, 516) seine Auffassung zwischenweilig geändert (Lehrbuch Rdz 79) und lehre nunmehr, daß ein nachträglicher Fortfall der bei Klagseinbringung vorliegenden Gerichtsbarkeitvoraussetzungen auch in den Fällen, wo das Zulässigkeitskriterium mittelbar aus der Zuständigkeitsordnung abgeleitet wurde, gemäß § 29 Satz 2 JN zur Zurückweisung der Klage führen müsse. Dabei werde aber übersehen, daß gerade für die Zuständigkeitsordnung in § 29 Satz 1 JN die "perpetuatio fori" normiert worden sei, daß also für die Fälle, in denen die inländische Jurisdiktion an diese Zuständigkeitsordnung anknüpfe, der Satz 2 dieser Bestimmung nicht mehr zum Tragen kommen könne. Der von Matscher dagegen erhobene Vorwurf, solches wäre nur "ein Spiel mit Worten", vermöge in diesem Zusammenhang keineswegs zu überzeugen. Durch § 29 Satz 1 JN sei vielmehr der Grundsatz der "perpetuatio fori" konsequent verwirklicht. Dessen Satz 2 könne sich daher nur mehr auf jene Fälle beziehen, in denen die inländische Gerichtsbarkeit nicht aus der österreichischen Zuständigkeitsordnung abzuleiten sei.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§§ 528 Abs 2, 502 Abs 4 Z 2 ZPO), aber nicht berechtigt.

Die Beklagte führt in ihrem Rechtsmittel aus, inländische Jurisdiktion und örtliche Zuständigkeit seien selbständige Prozeßvoraussetzungen; die Voraussetzungen der inländischen Jurisdiktion dürften mit denen der örtlichen Zuständigkeit nicht identifiziert werden, so wenig dies mit jenen der Zulässigkeit des Rechtsweges der Fall sei. Die außerordentlich weite Fassung des § 99 JN entspreche nicht dem Schweizer ordre public. Wohl enthalte der Vertrag vom 16. Dezember 1960 zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, BGBl. 1962/125, bloß Beurteilungsregeln, sodaß aus diesem Abkommen keine Normen zu gewinnen seien, die eine internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte schaffen oder eine nationale Zuständigkeit ausschließen. Allerdings wendeten sich die im Abkommen enthaltenen Zuständigkeitsvorschriften lediglich an das Zweitgericht, das prüfen müsse, ob die Zuständigkeit des Erstgerichtes nach den Vorschriften der Konvention derart gegeben war, daß die Entscheidung auch im Zweitstaat geltend gemacht werden könne. Gerade das sei aber hier nicht der Fall, wozu auf die aktenkundigen Vorbehalte der Beklagten und die ausdrückliche Erklärung der Nichtunterwerfung hingewiesen sei. Selbst bei Vorliegen eines inländischen Gerichtsstandes sei die inländische Gerichtsbarkeit zu verneinen, wenn es an einer hinreichenden inländischen Anknüpfung fehle. Selbst wenn aber zufolge des Vorliegens eines örtlichen Zuständigkeitstatbestandes die inländische Gerichtsbarkeit zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bejaht werde, sei diese im Zeitpunkt der Entscheidung über die Unzuständigkeitseinrede durch das Erstgericht bereits weggefallen gewesen, weil die Forderung, aufgrund derer die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten verworfen worden sei, im Zeitpunkt der Entscheidung über diese Einrede nicht mehr bestanden habe. Die inländische Gerichtsbarkeit sei daher nicht gegeben. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Die Verwerfung der von den Beklagten erhobenen Einrede der örtlichen Unzuständigkeit durch das Erstgericht erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Es ist daher davon auszugehen, daß im maßgebenden Zeitpunkt der Klagseinbringung der Gerichtsstand des Vermögens im Sinne des § 99 Abs 1 JN gegeben war.

Die von der Rechtsprechung (SZ 51/34; SZ 53/124; EvBl 1979/94; EvBl 1983/21; ZfRV 1979, 277; ZfRV 1979, 205 ua) und der älteren Lehre (Pollak, System2 250; Sperl 28) vertretene Ansicht, die inländische Gerichtsbarkeit eines österreichischen Gerichtes sei zu bejahen, wenn ein inländischer Gerichtsstand gegeben ist, hat nicht ungeteilte Zustimmung gefunden. Es wurde die "Indikationentheorie" entwickelt, die die inländische Gerichtsbarkeit zunächst als "indiziert" ansieht, wenn ein gesetzlicher Tatbestand der örtlichen Zuständigkeit erfüllt ist, was aber die weitere Prüfung nicht erspare, ob die durch den vorliegenden Gerichtsstand repräsentierte Inlandsbeziehung auch insgesamt für die Bejahung des inländischen Justizbedürfnisses ausreiche (vgl. die von Matscher in JBl 1983, 505 ff und in EvBl 1983/13 zitierten Lehrmeinungen von Schwimann, Hoyer und Bajons). Allerdings wurde auch in der neuesten Lehre teilweise die Ansicht vertreten, mit der Normierung der Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes habe der Gesetzgeber die ausreichende Nahebeziehung einer Rechtssache mit dem Inland vorweg festgestellt; es bedürfe keiner weiteren Voraussetzung für das Bestehen der inländischen Gerichtsbarkeit, wenn die örtliche Zuständigkeit vorhanden sei (vgl. insbesondere Matscher aaO, besonders 516; Loewe in ZfRV 1983, 184; Holzhammer Österreichisches Zivilprozeßrecht2 29; Kralik, ZZP 1961, 26, SZ 57/143 ua). Allerdings repräsentiert die Mehrzahl der gesetzlichen Gerichtsstände eine ausreichende Inlandsbeziehung und genügt deshalb auch vom Standpunkt der Indikationentheorie durchaus für die Anknüpfung der inländischen Jurisdiktion. Dieser Befund wird von einem breiten Konsens in Theorie und Praxis getragen. Die bestrittenen Fälle beschränken sich auf wenige Ausnahmen, nämlich hinsichtlich der Ableitung der inländischen Jurisdiktion vom Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 88 Abs 1 JN), vom Gerichtsstand der Widerklage (§ 96 JN) und allenfalls noch vom Gerichtsstand der Streitgenossenschaft (§ 93 JN), (vgl. Schwimann in RdW 1985/11, S 335). Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß der Gerichtsstand des Vermögens nach § 99 JN jedenfalls eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Ableitung der inländischen Gerichtsbarkeit darstellt (vgl. auch SZ 55/95, 504 unter Berufung auf Pfersmann in JBl 1978, 656). Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung muß das für den Gerichtsstand nach § 99 JN maßgebliche Vermögen im Zeitpunkt der Anhängigmachung der Klage (§ 29 JN) vorhanden gewesen sei; ein nachträglicher Wegfall dieses Vermögens beseitigt den Gerichtsstand nicht (SZ 52/60; JBl 1975, 101; EvBl 1965/186; SZ 11/28; Fasching, Komm. I 478) und begründet auch nicht nachträglich den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit (SZ 52/60; SZ 11/28; EvBl 1984/133; Fasching, aaO I 225; aM nunmehr im Lehrbuch Rz 79). Entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses begründete der nachträgliche Wegfall der im Zeitpunkt der Klagserhebung bestehenden Forderung der Beklagten gegen die B*** V***-AG Ö*** nicht den Wegfall der inländischen Gerichtsbarkeit.

Auch aus der Berufung auf den Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, BGBl. 1962/125, vermag die Beklagte für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen.

Es gibt zwei Arten von Vollstreckungsabkommen: In den einen wird die Zuständigkeit der Gerichte direkt festgelegt (competence directe) mit der Folge, daß diese gemeinsamen Regeln an die Stelle der innerstaatlichen Zuständigkeitsnormen treten, woraus sich dann die Pflicht zur Anerkennung und Vollstreckung derjenigen Urteile ergibt, die von einem gemäß der Konvention zuständigen Gericht eines Vertragsstaates erlassen worden sind. Diese seltenen Abkommen enthalten sogenannte Befolgungsregeln. Zur anderen Kategorie von Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen zählen die Konventionen, die nur die Voraussetzungen festlegen, unter denen die im anderen Vertragsstaat ergangenen Urteile anzuerkennen und zu vollstrecken sind, während die innerstaatliche Zuständigkeitsordnung unangetastet bleibt. Zu den Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen gehört regelmäßig, daß das Urteil von einem Gericht gefällt worden ist, dessen nach innerstaatlichem Recht gegebene Zuständigkeit die Konvention billigt. Derartige Abkommen enthalten für die internationale Zuständigkeit nur sogenannte Beurteilungsregeln (competence indirecte). Zu dieser Kategorie gehören die weitaus meisten Verträge (Kropholler, ZfRV 1968, 301 f; vgl. Heller-Berger-Stix 775; Schwimann, Internationales Zivilverfahrensrecht 26; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 78). Eine bloß Beurteilungsregeln enthaltende Konvention ist nicht nur, wie der Oberste Gerichtshof aussprach, das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BGBl. 521/1974 (SZ 55/95), sondern auch der Vertrag vom 16. Dezember 1960 zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, BGBl. 125/1962; aus diesem Abkommen sind somit keine Normen zu gewinnen, die eine internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte schaffen oder eine nationale Zuständigkeit ausschließen (SZ 57/151, Hoyer, ZfRV 1971, 121).

Für einen Verstoß gegen den Schweizerischen ordre public bestehen im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.

Ohne Rechtsirrtum hat daher das Rekursgericht die Einrede des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit verworfen. Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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