Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Am 27.6.1957 mietete Elias W***, der Vater des Antragstellers, vom Antragsgegner, der damals noch schlichter Miteigentümer des Hauses Wien 1., Gölsdorfgasse 2 war und nunmehr Wohnungseigentümer des Mietobjektes ist, das "zu linker Hand vom Haustor (gassenseitig gesehen) gelegene, aus zwei Öffnungen bestehende Gassengeschäftslokal im Haus Wien 1., Gölsdorfgasse 2 mit dem anschließenden Verbindungsgang und dem an diesen Gang anschließenden Lagerraum" zur Verwendung zu Geschäftszwecken um einen wertgesicherten monatlichen Hauptmietzins von 1.100 S zuzüglich der auf das Mietobjekt anteilsmäßig entfallenden Betriebskosten und Nebengebühren. Im Punkt 2 Abs 3 des Mietvertrages wird festgestellt, daß das Mietobjekt infolge Umbaues nicht dem Mietengesetz, wohl aber dem Kündigungsschutz unterliege.
Am 26.3.1985 brachte der Antragsteller bei der Schlichtungsstelle des Magistratischen Bezirksamtes für den 1./8.Bezirk den Antrag auf Feststellung ein, daß durch die Einhebung eines wertgesicherten Mietzinses von 1.100 S ab 1.1.1982 der gesetzliche Mietzins überschritten wurde. Er sei gesetzlicher Erbe nach dem am 15.1.1983 verstorbenen Hauptmieter des Geschäftslokales, der gemeinsam mit den übrigen vier Miterben (seiner Mutter und seinen drei Schwestern) und mit deren Zustimmung die Mietrechte erworben habe. Das Mietobjekt sei von der Kriegseinwirkung nicht berührt worden, die Wiederinstandsetzungsarbeiten hätten darüberliegende Objekte betroffen. Er habe nunmehr festgestellt, daß auf der Liegenschaft ein noch nicht voll zurückgezahltes Wohnhauswiederaufbaufondsdarlehen hafte. Die Zinsbildung unterliege daher den Beschränkungen des § 15 WWG.
Der Antragsgegner beantragte die Zurückweisung des Antrages, weil der Nachlaß nach Elias W*** dem Antragsteller erst mit Einantwortungsurkunde vom 28.2.1986 eingeantwortet worden sei. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei er daher nicht Mieter gewesen. Darüber hinaus sei der Antrag nicht berechtigt. Fondshilfe sei erst zwei Jahre nach Mietvertragsabschluß für andere Teile des Hauses in Anspruch genommen worden. Dies könne nicht rückwirkend Einfluß auf die getroffene Mietzinsvereinbarung haben.
Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht wies den Antrag mit Sachbeschluß ab. Es stellte folgenden weiteren Sachverhalt fest:
Das Ansuchen um Fondshilfe wurde mit Bescheid vom 19.5.1959 zunächst im Umfang von 7,562.000 S bewilligt. Sämtliche Miteigentumsanteile des Antragsgegners sind zugunsten des Wohnhauswiederaufbaufonds mit diesem Darlehen sowie mit einem weiteren Fondsdarlehen von 441.250 S belastet. Der bestehende Keller und der von der Mittelmauer gegen die Straßenfront gelegene bestehende Teil des Erdgeschoßes und des ersten Stocks blieben erhalten. Es handelte sich nur um die Behebung eines Kriegsteilschadens. Aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds sollten lediglich Baumaßnahmen an anderen Teilen des Hauses, insbesondere am Hoftrakt, finanziert werden.
Die Verlassenschaft nach Elias W*** wurde mit Einantwortungsurkunde vom 28.2.1986 aufgrund des Gesetzes und der Erbsentschlagungserklärungen der vier weiteren gesetzlichen Erben zur Gänze dem Antragsteller eingeantwortet. Die Einantwortungsurkunde wurde dem Antragsteller am 14.3.1986 zugestellt. Die letzte Verhandlung vor der Schlichtungsstelle fand am 18.3.1986 statt. Die Einantwortung ist noch nicht rechtskräftig.
In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus:
Zunächst sei die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens nach dem Mietrechtsgesetz zu prüfen. § 37 MRG sei unmittelbar anzuwenden, weil das Gebäude vor dem 8.5.1945 errichtet worden sei. Im übrigen wäre das außerstreitige Verfahren nach dem Mietrechtsgesetz schon deshalb zulässig, weil mit dem 1959 gewährten Fondsdarlehen der gemeinsamen Benützung der Mieter dienende Gebäudeteile wieder hergestellt worden seien und das gegenständliche Objekt nach dem unbestrittenen Vorbringen des Antragstellers von der Kriegseinwirkung nicht berührt worden sei (§ 15 Abs 10 WWG idF der WWG-Novelle 1954 BGBl.154). Das Mietobjekt sei daher nach Wiederherstellung der der gemeinsamen Benützung der Mieter dienenden Gebäudeteile wie etwa der Gänge oder des Daches (MietSlg.36.664) zur Gänze den Schutzbestimmungen des Mietengesetzes mit den in den Abs 10 bis 15 des § 15 WWG getroffenen Abänderungen unterlegen. Damit unterliege es seit 1.1.1982 den Schutzbestimmungen des Mietrechtsgesetzes (§ 58 Abs 4 MRG) und damit auch den Bestimmungen über das außerstreitige Verfahren nach dem Mietrechtsgesetz.
§ 15 WWG habe jedoch auf die zwei Jahre zuvor getroffene Mietzinsvereinbarung keine Auswirkungen gehabt. Im Zeitpunkt der Vermietung seien weder das Mietobjekt noch allgemeine Teile des Hauses aus Fondsmitteln wiederhergestellt gewesen. Die Bewilligung der Fondsmittel sei erst 1959 erfolgt. Liege eine von § 15 WWG nicht betroffene Mietzinsvereinbarung vor, so habe auch die Rechtsnachfolge des Antragstellers in die Mieterposition seines Vaters keine Änderung in der Zulässigkeit des vereinbarten Mietzinses gebracht. Daß der Antragsteller während eines Großteiles des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle nicht Mieter gewesen sei, schade nicht, weil er noch vor der letzten vor der Schlichtungsstelle durchgeführten Verhandlung diese Position erlangt (§ 12 Abs 1 AußStrG) und den Antrag in der Verhandlung aufrecht erhalten habe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge und erklärte den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es führte aus:
Zu Unrecht gehe der Antragsteller davon aus, daß er als Mieter des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokales zur Einleitung eines Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG berechtigt sei und eine Überprüfung der Hauptmietzinsvorschreibungen seit 1.1.1982 begehren könne. Nach den unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen datiere die Einantwortungsurkunde vom 28.2.1986 - aufgrund von Erbsentschlagungen der anderen gesetzlichen Erben sei die Einantwortung zur Gänze an den Antragsteller erfolgt -; sie sei im Zeitpunkt der Fassung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses dem Antragsteller zwar zugestellt, nicht jedoch in Rechtskraft erwachsen gewesen. Nach § 1116 a ABGB träten in den Bestandvertrag alle eingeantworteten Erben ein, und zwar erst mit Rechtskraft der Einantwortungsurkunde (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 und 6 zu § 1116 a; Welser in Rummel, ABGB, Rz 1 und 5 zu §§ 797, 798; Weiß in Klang2 III 1046 mwN; SZ 24/141 = MietSlg. 1665, MietSlg. 31.395, 37.177, 37.287; vgl. ferner JBl 1949, 70; NZ 1981, 109 = MietSlg. 33.461; daneben werde von der Rechtsprechung allerdings - vgl. etwa MietSlg. 29.621, 33.641 - auch die Ansicht vertreten, daß für die Frage der Rechtsnachfolge die Zustellung der Einantwortungsurkunde
ausreiche: vgl. ferner EvBl 1948/163, berichtigt in ÖJZ 1948,110 =
SZ 21/54; EvBl 1970/184 = NZ 1970, 182 = SZ 43/1). Bis zur Rechtskraft der Einantwortung seien nämlich Erbserklärungen vom Gericht anzunehmen (Entscheidungen unter Nr.3 zu § 799 ABGB in MGA32), selbst wenn zunächst die Erbschaft ausgeschlagen worden sei (SZ 44/72). Zugleich könne bis zur Rechtskraft der Einantwortung die erfolgte Einantwortung noch mit Rekurs angefochten werden (SZ 25/170). Nun habe zwar die Rechtsprechung wiederholt die Ansicht vertreten, die Einrede der mangelnden Aktivlegitimation sei dann unzulässig, wenn der Berechtigte zugestimmt habe (SZ 24/158; MietSlg. 20.095), und dies auch auf den Fall angewendet, daß der Alleinerbe vor erfolgter Einantwortung bereits im eigenen Namen geklagt habe, obwohl der Anspruch nicht ihm, sondern noch der nicht eingeantworteten Verlassenschaft zugestanden sei. Dies sei aber etwa für den Fall der Aufkündigung durch den noch nicht eingeantworteten Erben nicht angewendet worden (vgl. MietSlg. 21.219, 22.164). Letztlich sei ausgesprochen worden, daß der Erbe erst nach Rechtskraft der Einantwortungsurkunde zur Einbringung der Aufkündigung legitimiert sei (MietSlg. 23.177) und auch erst der rechtskräftig eingeantwortete Erbe aktiv zur Klage auf Zuhaltung des Mietvertrages legitimiert sei. Nichts anderes könne für die Frage der Aktivlegitimation des Erben zur Einleitung eines Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG gelten. Die Mietereigenschaft erhalte der Erbe erst, wenn er aufgrund der Rechtskraft der Einantwortung Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Mieters geworden sei und dessen Nachlaß in seinen rechtlichen Besitz übergegangen sei. Er sei daher erst nach diesem Zeitpunkt legitimiert, Mietzinsüberprüfungen und Rückforderungsansprüche nach § 37 Abs 1 Z 8 und Abs 4 MRG anhängig zu machen. Zu Recht habe somit der Antragsgegner den Mangel der Aktivlegitimation eingewendet. Dies müsse zur Abweisung des gegenständlichen Antrages führen. Mangels Berechtigung zur Antragstellung sei aber auf die Frage der inhaltlichen Berechtigung des Antrages nicht näher einzugehen gewesen.
Der weitere Rekurs sei für zulässig zu erklären gewesen, weil zu der Frage, wann die materiellrechtlichen Wirkungen der Einantwortung eintreten, ob mit Zustellung der Einantwortungsurkunde oder erst mit Rechtskraft dieses Beschlusses, eine einheitliche Rechtsprechung nicht vorliege und dies eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstelle.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Stattgebung seines Antrages abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Antragsgegner beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Antrag des Antragstellers mangels Antragslegitimation zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der Antragsteller vertritt zunächst unter Hinweis auf die Entscheidungen SZ 21/54 und SZ 43/1 den Standpunkt, daß nach überwiegender Rechtsprechung die Zustellung der Einantwortungsurkunde für die Ausübung der dadurch bescheinigten Rechte maßgeblich sei. Die Anerkennung der Zustellung als rechtsbegründend wäre nur dann in Frage zu stellen, wenn dadurch entweder die Rechtssicherheit beeinträchtigt werden oder die Gefahr rechtlicher Nachteile für Dritte entstehen könnte. Im vorliegenden Fall könne mit einer Anfechtung durch Miterben nicht gerechnet werden, weil diese die Erbschaft ausgeschlagen hätten. Selbst wenn aber die Wirksamkeit der Einantwortung - so fährt der Antragsteller fort - von deren Rechtskraft abhängig gemacht werde, hätte das Rekursgericht durch Einsichtnahme in den Verlassenschaftsakt die Rechtskraft feststellen können und müssen. Die Einantwortung verschaffe dem Antragsteller rückwirkend die Antragsberechtigung auf Mietzinsüberprüfung. Es dürfte daher gleichfalls bereits eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die Frage zulässig sein, ob die Mietzinsbeschränkungen des Wohnhauswiederaufbaugesetzes auch auf Mietverhältnisse anzuwenden seien, die vor der Gewährung des Wohnhauswiederaufbaudarlehens begründet worden seien. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
Es trifft zwar zu, daß der ruhende Nachlaß nach einem Teil der Rechtsprechung bereits mit der Zustellung der Einantwortungsurkunde und nicht erst mit deren Rechtskraft zu existieren aufhört (siehe etwa ZBl. 1936/166; MietSlg. 29.621, 33.641). Die herrschende Lehre und die überwiegende - insbesondere neuere - Rechtsprechung setzen den Eintritt der Universalsukzession jedoch mit dem Zeitpunkt der (formellen) Rechtskraft der Einantwortungsurkunde an. Nach Welser in Rummel, ABGB, Rz 1 in Verbindung mit Rz 5 zu §§ 797, 798 treten die Wirkungen der Einantwortung (Universalsukzession des Erben nach dem Erblasser, Aufhören des ruhenden Nachlasses) mit der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses ein. Kralik in Ehrenzweig, Privatrecht-Erbrecht3, 324 bezeichnet die Einantwortung als den konstitutiven Beschluß des Verlassenschaftsgerichtes, der mit Eintritt seiner formellen Rechtskraft den Erbschaftsbesitz von dem als noch besitzend fingierten Erblasser auf den eingewiesenen überträgt. Auch Weiß in Klang2 III 1046 stellt unter Ablehnung der Gegenmeinung, die Einantwortung sei bereits mit der Zustellung der Einantwortungsurkunde vollzogen, auf die Rechtskraft der Einantwortung ab (siehe insbesondere Fußnote 2). Nach SZ 24/141 enthält § 1116 a ABGB keine von den allgemeinen Normen abweichende Sonderregelung für Bestandrechte über den Rechtsübergang im Erbweg; die Mietrechte gehen nach dem ABGB auf die Erben des verstorbenen Mieters wie andere Rechte auch mit der rechtskräftigen Einantwortung über (ebenso MietSlg. 8660 mwN, wonach unter Erben im Sinne des § 1116 a ABGB nur solche Erben zu verstehen sind, denen der Nachlaß rechtskräftig eingeantwortet wurde, und vor der Einantwortung der ruhende Nachlaß, nach der Einantwortung der Erbe Mieter ist; vgl. auch Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1116 a). Nach MietSlg. 31.395 ist eine auf § 19 Abs 2 Z 11 MG gestützte Aufkündigung gegen den Nachlaß des verstorbenen Mieters einzubringen, wenn die Einantwortung an den Erben in diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig ist; erst mit der Rechtskraft der Einantwortung ist die Verlassenschaft nicht mehr parteifähig und treten an deren Stelle die Erben (siehe auch Würth aaO, Rz 6 zu § 1116 a). Nach MietSlg. 23.177 u.a. sind die Erben des Vermieters ab Rechtskraft der Einantwortungsurkunde zur Kündigung legitimiert. In MietSlg. 33.461 wurde entschieden, daß ein Miterbe, dem unter Berufung auf die vor der Einantwortung vorgenommene Erbteilung, die ihm - der Unteilbarkeit des mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentums Rechnung tragend - den Miteigentumsanteil überläßt, dieser Anteil eingeantwortet wird, daran Eigentum nicht erst mit der Einverleibung seines Eigentumsrechtes ins Grundbuch, sondern bereits mit der Rechtskraft der Einantwortung erwirbt. Erst jüngst wurde zu 5 Ob 546/86 ganz allgemein ausgesprochen, daß die Rechtskraft der Einantwortung die Aktiv- und Passivlegitimation des ruhenden Nachlasses beendet und die Legitimation des Erben begründet (ebenso zur Passivlegitimation 5 Ob 530/86).
Der erkennende Senat hält seine mit der herrschenden Lehre und überwiegenden Rechtsprechung übereinstimmende Ansicht im Hinblick auf die Wichtigkeit der Einantwortung und die Erfordernisse der Rechtssicherheit (vgl. dazu insbesondere Weiß aaO sowie SZ 13/98, NZ 1972, 46 = NZ 1973, 28 ua) auch im vorliegenden Fall aufrecht; schon das Rekursgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß die Einantwortung bis zur Rechtskraft auch von Erben, die zunächst die Erbschaft ausgeschlagen haben, unter Abgabe einer Erbserklärung angefochten werden könnte (SZ 44/72).
Da die Einantwortungsurkunde - wie sich der Oberste Gerichtshof durch Akteneinsicht überzeugte - im Zeitpunkt der Fassung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses zwar dem Antragsteller bereits zugestellt worden, aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen war und ein späterer Eintritt der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde im Rahmen der Überprüfung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses außer Betracht zu bleiben hat, haftet der auf den Mangel der Antragslegitimation des Antragstellers gestützten Bestätigung der erstgerichtlichen Antragsabweisung durch das Rekursgericht ein Rechtsirrtum nicht an.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)