OGH 8Ob597/87

OGH8Ob597/878.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sabine A***, geboren am 17.März 1969, infolge Revisionsrekurses des ehelichen Vaters Dr. Anton A***, Rechtsanwalt, Wienerstraße 19, 2700 Wr. Neustadt, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Rekursgerichtes vom 6. April 1987, GZ. R 127/87-101, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt vom 20. Februar 1987, GZ. P 38/80-98, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in Ansehung des Ausspruches über die Verpflichtung des Vaters zum Ersatz eines Betrages von 3.485 S an Kosten für die Parisreise der Minderjährigen in der Zeit vom 2.Februar bis 9.Februar 1985 und eines Betrages von 5.400 S für deren Maturareise vom 21.März bis 1.April 1986 nach Rom aufgehoben.

In diesem Umfang wird dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der mj. Sabine A*** wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 20.12.1979, 1 Cg 925/79, gemäß § 55 a EheG geschieden. In dem im Ehescheidungsverfahren geschlossenen Vergleich vereinbarten die Eltern der minderjährigen Sabine A***, vorbehaltlich der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung, daß diese in Pflege und Erziehung der ehelichen Mutter verbleibt und dieser auch alle aus dem Elternverhältnis entspringenden Rechte und Verbindlichkeiten zustehen sollen. Aufgrund des vor dem Pflegschaftsgericht am 27.März 1984 geschlossenen Vergleiches (ON 66 dA) ist Dr. Anton A*** als ehelicher Vater der Minderjährigen verpflichtet, dieser ab 1.5.1984 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 4.800 S zu bezahlen. Mit dem am 13.2.1985 beim Erstgericht erhobenen Antrag begehrte die eheliche Mutter der Minderjährigen, den ehelichen Vater zum Ersatz verschiedener Sonderausgaben, darunter eines Betrages von 4.000 S für Zahnregulierung, des Betrages von 3.485 S an Kosten für eine von der Minderjährigen in der Zeit vom 2.Februar bis 9.Februar 1985 unternommene Reise nach Paris zu verpflichten. Mit dem am 28. März 1986 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte die eheliche Mutter, den Vater zum Ersatz verschiedener Sonderausgaben, darunter der Kosten der Maturareise vom 21.3. bis 1.4.1986 nach Rom im Betrag von 5.800 S zu verhalten (ON 79 dA).

Der eheliche Vater beantragte die Abweisung dieser Anträge und verwies darauf, daß die Minderjährige nicht im Haushalt der Mutter lebe, sich vielmehr auf Dauer bei den mütterlichen Großeltern in Steinabrückl befinde. Nach dem klaren Wortlaut des § 140 Abs 2 ABGB genüge der den Haushalt führende Elternteil seiner Beitragspflicht nach § 140 Abs 1 ABGB nur dann, wenn er das Kind tatsächlich betreue. Befinde sich das Kind weder im Haushalt des Vaters noch in jenem der Mutter, so hätten beide Elternteile im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zum Unterhalt des Kindes finanziell beizutragen. Die Antragstellerin sei daher verpflichtet, anteilig nach ihren Kräften zum Unterhalt der Minderjährigen beizutragen. Im übrigen könne Sonderbedarf für die Vergangenheit nicht geltend gemacht werden. Die begehrten Ausgaben stellten teilweise einen Luxusbedarf dar.

Das Erstgericht verpflichtete Dr. Anton A*** zur Bezahlung eines Sonderbedarfsbetrages von 4.000 S für Zahnregulierungskosten und wies das Mehrbegehren auf Ersatz weiterer Sonderbedarfskosten von 36.860 S ab. Es stellte im wesentlichen fest, daß der ehelichen Mutter 4.800 S zuzüglich Familienbeihilfe monatlich für das Kind zur Verfügung stünden. Die mj. Sabine befinde sich in "Pflege und Erziehung" der Großeltern mütterlicherseits in Wiener Neustadt, die die eheliche Mutter bei der Bestreitung von Auslagen für das Kind unterstützen. Renate A*** verdiente als Sekretärin im Jahre 1985 monatlich 11.727 S und 1986 12.028 S monatlich netto durchschnittlich einschließlich Familienbeihilfe. Sie hat nur für die mj. Sabine zu sorgen. Aus diesen Feststellungen schloß das Erstgericht, daß die eheliche Mutter nicht nur den Unterhalt des Kindes mit den ihr zur Verfügung stehenden Beträgen leisten könne, sondern auch die ihrer Ansicht nach weiteren notwendigen Kosten. Dr. Anton A*** sei lediglich zu den Kosten der Zahnregulierung von 4.000 S zusätzlich zu verpflichten gewesen, weil er auch bislang diese Kosten im Vergleichswege bestritten habe.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem von der Mutter dagegen erhobenen Rekurs teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß, der hinsichtlich des begehrten Sonderbedarfes von 4.000 S für Zahnregulierungskosten als nicht in Beschwerde gezogen unberührt geblieben war, dahin ab, daß es den ehelichen Vater schuldig erkannte, der Minderjährigen zu Handen der ehelichen Mutter zuzüglich zu dem ihm auferlegten monatlichen Unterhaltsbetrag von 4.800 S an weiteren Sonderbedarfskosten den Betrag von 3.485 S für die Parisreise binnen 14 Tagen und 5.300 S für die Romreise binnen 6 Wochen zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Ersatz der weiters noch geltend gemachten Sonderbedarfskosten wies das Rekursgericht ab. Es führte dazu im wesentlichen folgendes aus:

Die neueste Rechtsprechung vertrete im Gegensatz zur früheren Judikatur, die den Grundsatz, Unterhalt könne für die Vergangenheit nicht gefordert werden, auch auf Sonderbedarf angewandt hätte, nunmehr die Auffassung, daß Sonderbedarf unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden könne. Allerdings müsse der Antrag auf Zuerkennung eines Sonderunterhaltes unverzüglich gestellt werden (JBl 1986, 312). In der Entscheidung EFSlg 43.563 werde die Auffassung vertreten, daß in Fällen, in denen die Momente der Außergewöhnlichkeit, der Dringlichkeit und der unregelmäßigen Höhe überwiegen, eine nachträgliche Geltendmachung im Verfahren außer Streitsachen im Rahmen einer angemessenen Frist gerechtfertigt erscheine. Was die Kosten der mit 3.500 S geltend gemachten Parisfahrt anlange, so liege diesbezüglich ein Beleg über die Einzahlung von 2.985 S im Akt. Aus dem gleichzeitig mit dem Antrag vorgelegten Schreiben des Klassenvorstandes Mag. K*** gehe jedoch hervor, daß die Kosten der Parisfahrt 3.485 S ausmachten. Dieser Betrag sollte in mehreren Teilbeträgen bis 1.Februar (1985) zur Einzahlung gelangen. In Ansehung der Geltendmachung dieser Kosten erweise sich der am 12.2.1985 eingebrachte Antrag als unverzüglich und daher rechtzeitig. Gleiches gelte für die Kosten der Romreise, welche vom 21.3. bis 1.4.1986 stattgefunden habe, die jedoch nach der Auskunft ON 84 5.300 S und nicht, wie beantragt 5.800 S ausgemacht hätten. Nach dem Akteninhalt seien sowohl die Paris- als auch die Romreise von der Mittelschule, die die mj. Sabine besuche, veranstaltet worden (ON 84). An der Parisfahrt hätten nach der Auskunft ON 76 fast alle Schülerinnen der Klasse der mj. Sabine teilgenommen. Bei der Frage, ob die Kosten dieser Reisen zusätzlich zu den vom Vater monatlich geleisteten Unterhaltsbetrag einen Sonderbedarf des Kindes darstellten, seien nicht zuletzt die Lebensverhältnisse und das Einkommen des Unterhaltspflichtigen maßgebend. Der unterhaltspflichtige Vater habe im vorliegenden Fall ausdrücklich erklärt, den Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit zurückzuziehen und vorerst nicht bereit zu sein, eine Zustimmung zur Übersendung von Steuerakten zu geben. Da gerade bei einem Selbständigen die Einsichtnahme in die Steuerakten die verläßlichste Quelle zur Einkommensermittlung darstelle, sei dem Gericht in Anbetracht dieser Erklärung jede Möglichkeit zur Ermittlung des väterlichen Einkommens genommen. Es sei daher davon auszugehen, daß Dr. Anton A***, der den Beruf eines Rechtsanwaltes ausübe, auch in Anbetracht der von ihm behaupteten Sorgepflichten für zwei mj.Kinder - Feststellungen hierüber fehlten - finanziell durchaus in der Lage wäre, seiner Tochter Sabine einmal jährlich einen Urlaub, möge dieser auch im Ausland verbracht werden, zu finanzieren. Es wäre schwer vorstellbar, daß gerade die Tochter eines Rechtsanwaltes, der nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen ein doch über dem Durchschnitt liegendes Einkommen beziehe, die Kosten eines derartigen Auslandsurlaubs nicht aufbringen könnte. Dem vom Vater in erster Instanz erhobenen Einwand der mangelnden Betreuung des Kindes durch die Mutter sei entgegenzuhalten, daß der betreuende Elternteil diese Aufgaben ganz oder teilweise an Dritte zu übertragen befugt sei (EFSlg 35.277, 42.725). Wenn das Kind, um einen Schulwechsel zu vermeiden, so wie hier, während der Woche bei seinen Großeltern wohne, die Kosten für die täglichen Bedürfnisse der mj.Sabine aber allein von der Mutter getragen würden (AS 299), könne nicht gesagt werden, daß die Mutter ihrer Betreuungsfunktion nicht nachkomme, zumal die mj.Sabine jedenfalls an Wochenenden und wohl auch während der Schulferien im Haushalt der Mutter von dieser betreut werde (EFSlg 35.281). Ein Anlaß, die Mutter anteilig zur Tragung dieser Reisekosten zu verhalten, bestehe somit nicht. Was die Kosten der Paris- und Romreise anlange, so erweise sich das Begehren auf Sonderbedarf und damit auch der Rekurs als berechtigt. Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes in Ansehung des Zuspruches von Sonderbedarfskosten von 3.485 S für die Parisreise und von 5.300 S für die Romreise richtet sich der Revisionsrekurs des ehelichen Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Dr. Anton A*** vertritt in seinem Revisionsrekurs den Standpunkt, das Rekursgericht hätte die Mutter der Minderjährigen zur anteilsmäßigen Tragung der Sonderbedarfskosten heranziehen müssen; da die Mutter die Minderjährige nicht pflege und nicht betreue, müsse sie im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zum Unterhalt des Kindes finanziell beitragen.

Dem Revisionsrekurswerber ist darin beizupflichten, daß es sich hier um keine Bemessungsfrage im Sinne des § 14 Abs 2 AußStrG, vielmehr um eine Frage des Grundes des Anspruches handelt, wenn als Vorfrage für die Bemessung des vom anderen Elternteil zu erbringenden Geldunterhaltes zu beurteilen ist, ob ein Elternteil seinen Beitrag zur Deckung der den Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes schon dadurch leistet, daß er den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut (EFSlg 47.177; 8 Ob 630/86 ua). Hingegen handelt es sich bei der Beurteilung, inwieweit sich eine bestehende Unterhaltspflicht des einen Elternteiles auf die Höhe der Unterhaltsverpflichtung des anderen auswirkt, um eine Bemessungsfrage im Sinne des § 14 Abs 2 AußStrG (EFSlg 44.591, 47.159 ua).

Gemäß § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Nach § 140 Abs 2 ABGB leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. In den Gesetzesmaterialien (AB 587 BlgNR 14.GP, abgedruckt in Klang2 ErgBd 45) wird dazu unter anderem ausgeführt:

"Während die Regierungsvorlage darauf abstellt, daß das Kind in dem - von einem Elternteil geführten - Haushalt aufwächst, soll nach Ansicht des Justizausschusses maßgeblich sein, daß das Kind in dem Haushalt betreut wird. Damit wird die Regel nicht nur auch auf bereits erwachsene - aber noch nicht selbsterhaltungsfähige - Kinder anwendbar, sondern es wird auch deutlich ausgedrückt, daß der betreffende, den Haushalt führende Elternteil nur dann seiner Beitragspflicht nach Abs 1 genügt, wenn er das Kind tatsächlich betreut. Mit diesem Ausdruck wird auf die Obsorge abgestellt, die ein Kind im Rahmen eines Haushalts im allgemeinen erfährt; hiezu zählen besonders die Zubereitung der Nahrung, die Instandhaltung und Reinigung der Kleidung und Wäsche sowie die Pflege im Krankheitsfall. Unmaßgeblich ist dabei, ob der haushaltsführende Elternteil ausschließlich oder, besonders weil er berufstätig ist, nur während bestimmter Tageszeiten oder überhaupt nur an bestimmten Tagen sich der Betreuung des Kindes widmet. Es leistet daher auch z. B. der geschiedene Elternteil, dem die Elternrechte zustehen, seinen Beitrag im Sinne dieser Bestimmung, wenn er das Kind tagsüber in einem Hort, bei den Großeltern oder einem Dritten unterbringt. Auch wenn das Kind während der Woche in einem Internat untergebracht ist und sich nur an Wochenenden, zu den Feiertagen und während der Ferien bei diesem Elternteil befindet, leistet er einen vollen Beitrag zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes."

Im Hinblick darauf kann kein Zweifel daran bestehen, daß nach der Absicht des Gesetzgebers der Elternteil, dem die Pflege und Erziehung des Kindes als Teil der Elternrechte zusteht (§§ 144, 177 ABGB), seinen Beitrag im Sinne des § 140 Abs 2 erster Satz ABGB dann leistet, wenn er zur Betreuung des Kindes, das sich zumindest zeitweise in einem von ihm geführten Haushalt befindet, tatsächlich Betreuungsleistungen erbringt (vgl. EFSlg 35.276; 8 Ob 630/86). Ob die Voraussetzungen für die Annahme, die Mutter leiste ihren Beitrag zum Unterhalt der Minderjährigen im Sinne des § 140 Abs 2 ABGB, hier gegeben sind, läßt sich nach den bisherigen Verfahrensergebnissen noch nicht abschließend beurteilen. Nach dem im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich befindet sich die Minderjährige in Pflege und Erziehung ihrer Mutter und stehen dieser auch die aus dem Elternverhältnis entspringenden Rechte und Verbindlichkeiten allein zu. Eine ausdrückliche pflegschaftsbehördliche Genehmigung dieses Vergleiches ist aus dem Akt nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die wiederholten Besuchsrechtsentscheidungen des Erstgerichtes ist wohl davon auszugehen, daß die Vorinstanzen die Genehmigung des Vergleiches unterstellt haben. Dessenungeachtet stellte das Erstgericht nunmehr fest, daß sich die Minderjährige "in Pflege und Erziehung ihrer mütterlichen Großeltern" in Wr.Neustadt befinde. Obwohl der Vater bereits im Verfahren erster Instanz die Behauptung aufstellte, die Minderjährige lebe nicht im Haushalt ihrer Mutter, sie befinde sich auf Dauer ausschließlich bei den mütterlichen Großeltern in Steinabrückl-Heideansiedlung, einem 7 km von Wr.Neustadt entfernt liegenden Vorort, unterließ es das Erstgericht, über Art und Umfang der Betreuung der Minderjährigen durch ihre Mutter oder die mütterlichen Großeltern eindeutige Feststellungen zu treffen. Insoweit das Gericht zweiter Instanz im Rahmen der rechtlichen Beurteilung davon ausgeht, daß die Minderjährige "jedenfalls an Wochenenden und wohl auch während der Schulferien im Haushalt der Mutter von dieser betreut werde", fehlt es - wie der Revisionsrekurswerber mit Recht rügt - an entsprechenden Verfahrensgrundlagen. Der vom Erstgericht vernommene mütterliche Großvater gab nur an, daß sich die Minderjährige seit der Ehescheidung in seinem Haushalt befinde, weil die Mutter immer berufstätig gewesen sei, daß die Mutter der Minderjährigen im Jahr 1986 ihre Wohnung in Wr.Neustadt aufgelöst habe, seither ständig in Wien wohne und daß der Kontakt der Minderjährigen mit ihrer Mutter sehr häufig sei, das Kind die Mutter regelmäßig in Wien besuche, insbesondere am Wochenende, aber immer in Wr.Neustadt schlafe (vgl. AS 299 f). Fehlen aber klare Feststellungen der Vorinstanzen darüber, in welchem Ausmaß, wo und durch wen die Minderjährige tatsächlich betreut wird, ist eine Beurteilung der für die Bemessung des vom Vater zu erbringenden Unterhaltes bildenden Vorfrage, ob die Mutter im Sinne des § 140 Abs 2 ABGB ihren Beitrag zum Unterhalt des Kindes leistet oder doch zur Leistung von Geldunterhalt herangezogen werden kann, nicht möglich. Die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Rahmen der Anfechtung ist daher unumgänglich. In seinem Revisionsrekurs wendet sich der eheliche Vater aber auch gegen die Ansicht des Rekursgerichtes, Sonderbedarf dürfe unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden. Auch dabei handelt es sich um keine zum Komplex der Unterhaltsbemessung gehörige Frage, sondern um eine solche, die den Grund des Anspruches betrifft. Es ist zwar richtig, daß der Rechtssatz "pro praeterito non alitur" in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes trotz verschiedentlich geäußerter Kritik im Schrifttum (Pichler, ÖJZ 1964, 60; Koziol, JBl 1978, 626; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1418) nach wie vor grundsätzlich anerkannt wird (vgl. SZ 23/172; SZ 44/29; SZ 53/57), und auch für die Geltendmachung eines sogenannten einmaligen Sonderbedarfes in der Rechtsprechung von Gerichten zweiter Instanz wiederholt ausgesprochen wurde, daß ein Sonderbedarf nicht rückwirkend geltend gemacht werden könne (etwa EFSlg 24.907, 30.759, 37.706). Anderseits hat aber das Landesgericht für ZRS Wien bereits wiederholt gegenteilig entschieden (EFSlg 43.563, 46.120, 48.702). Dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof bereits einmal in einem Zahnarztkosten betreffenden Fall gefolgt (3 Ob 566, 567/85), weil die für einen Unterhaltsausschluß für die Vergangenheit von der Rechtsprechung als maßgeblich erachteten Gründe in diesem Fall nicht zum Tragen gekommen waren. Ob dies auch hier der Fall ist, kann noch nicht beurteilt werden, weil die Vorinstanzen Feststellungen über die näheren Umstände, wie es zur Planung der beiden Reisen gekommen ist, und damit auch darüber unterlassen haben, inwieweit dabei Momente der Dringlichkeit und Außergewöhnlichkeit zu berücksichtigen waren.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die Frage, ob der Vater überhaupt verpflichtet ist, neben dem laufenden Unterhaltsbetrag die offen gebliebenen Sonderleistungen ganz oder teilweise zu erbringen, stellt eine Frage der Bemessung dar, die vom Obersten Gerichtshof auch aus Anlaß eines an sich zulässigen Rechtsmittels nicht beurteilt werden kann (EFSlg 44.075; 3 Ob 566, 567/85).

Mangels Spruchreife mußten die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und spruchgemäß entschieden werden.

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