Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 3.397,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 308,85 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile schlossen am 15.2.1978 eine Vereinbarung, wonach der Beklagte ein Althaus des Klägers (das seit März 1983 im Eigentum eines Sohnes des Klägers steht) ausbaut, für fünf Jahre die entstehenden vier Wohneinheiten verwerten dürfe und während dieser fünf Jahre einen monatlichen "Pachtzins" von 2.250 S, das sind für fünf Jahre insgesamt 135.000 S, zahlen müsse. Die Kosten der Investition wurden mit 250.000 S veranschlagt. Da dem Beklagten dieser Betrag nicht zur Verfügung stand, sollte der Kläger ihm diesen Betrag als Darlehen übergeben und der Beklagte diesen Betrag zuzüglich 125.000 S (gedacht als 10 %ige Verzinsung für fünf Jahre) zurückzahlen. Da die Streitteile von Mietzinseinnahmen von 10.000 S monatlich ausgingen, was für fünf Jahre 600.000 S erbracht hätte, wäre dem Beklagten nach Zahlung des Pachtzinses von 135.000 S, des Kreditbetrages von 250.000 S und der Kreditverzinsung von 125.000 S ein Gewinn von 90.000 S verblieben.
Im Zusammenhang mit dem letzlich gescheiterten Plan der Streitteile, einen Betrag von S 146.222 S, - welchen Elisabeth M*** dem Beklagten im Frühjahr 1978 schuldete (und schließlich im Oktober 1978 auch bezahlte) - durch Ausstellung eines Wechsels und Einreichung bei einer Bank zum Diskont früher zu erlangen, kam es zur Ausstellung eines solchen Wechsels, den der Kläger im Verfahren 8 Cg 328/78 des LGZ Graz als Grundlage für die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages auch gegen den Beklagten als Bürgen benützte. Das Verfahren 8 Cg 328/78 endete mit der Aufhebung des Wechselzahlungsauftrages, und der Kläger wurde zum Ersatz der Prozeßkosten dreier Instanzen von zusammen 47.240,87 S an den Beklagten verurteilt.
Der Vertreter des Beklagten, Rechtsanwalt Dr. Otmar Franiek, machte zu dieser Kostenforderung das Pfandrecht nach § 19 a RAO erstmals in der Tagsatzung vom 28.11.1980, dann in der Berufungsverhandlung vom 1.6.1981 und in der Revisionsbeantwortung vom 4.8.1981 geltend. Das Urteil erster Instanz wurde den Parteien am 26.3.1981, das Urteil zweiter Instanz am 15.7.1981 und das Urteil dritter Instanz am 15.1.1982 zugestellt.
Die Kostenforderung wird vom Beklagten im Exekutionsverfahren 11 E 2501/82 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz zur Gänze und im Exekutionsverfahren 11 E 22/83 desselben Gerichtes teilweise betrieben.
Gegen den in diesen beiden Exekutionsverfahren betriebenen Anspruch erhebt der Kläger in zwei verbundenen Klagen Einwendungen nach § 35 EO und macht geltend, ihm stehe gegen den Beklagten eine Forderung auf Rückzahlung eines Darlehens von 300.000 S zu, welche er teilweise zur Aufrechnung mit der betriebenen Kostenforderung verwende.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der beiden Klagebegehren. Er bestreitet den Erhalt des Darlehens und macht weiters die Unzulässigkeit der Aufrechnung wegen des gesetzlichen Pfandrechtes seines Vertreters geltend.
Das Erstgericht gab den Oppositionsklagen statt.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß die beiden Klagebegehren abgewiesen wurden. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht nahm nach durchgeführter Beweiswiederholung als erwiesen an, daß der Kläger dem Beklagten zum Ausbau des Hauses nicht nur die vereinbarten 250.000 S zur Verfügung stellte, sondern einen Betrag von insgesamt 278.968 S übergab. Über den Inhalt der Vereinbarung von 15.2.1978 hinausgehend sei keine Rückzahlung dieses Betrages vor Ablauf der gewährten fünfjährigen Nutzungsberechtigung vereinbart worden. Es sei auch nie zu einer vorzeitigen Einmahnung des Darlehensbetrages gekommen. Die Vereinbarung vom 15.2.1978 legte das Berufungsgericht dabei so aus, daß ihr kein bestimmter Zeitpunkt für den Beginn der Rückzahlung entnommen werden könne, sodaß das Darlehen vor Ablauf fünf Jahren ohne Mahnung nicht fällig geworden sei.
Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des gesetzlichen Pfandrechtes nach § 19 a RAO die Rückzahlungspflicht des Beklagten noch nicht fällig gewesen sei und daher diese Forderung noch nicht aufgerechnet werden konnte.
Die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht unter anderem damit, es sei der Standpunkt vertretbar, auch mit einer im Zeitpunkt des Entstehens einer mit dem Pfandrecht nach § 19 a RAO belasteten Kostenforderung noch nicht fälligen, aber bereits "schwebend wirksamen" Forderung könne aufgerechnet werden (Hinweis auf Rummel in Rummel, ABGB, Rz 24 zu § 1440).
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung vom 15.2.1978 - Zusatzvereinbarungen sind nicht erwiesen - richtig ausgelegt. Ein bestimmter Termin für die vom Beklagten zu leistenden Rückzahlungen ist der Vereinbarung nicht zu entnehmen. Der Hinweis auf die halbjährige oder monatliche Rückzahlung bezieht sich in erster Linie auf ein vom Kläger dem Beklagten zu beschaffendes Bankdarlehen (das nicht festgestellt wurde), während die vorzeitige Rückzahlung sonst eher nur als Recht des Beklagten erwähnt wird. Einige Stellen des Vertrages legen sogar nahe, daß der Beklagte auf jeden Fall fünf Jahre lang nicht zur Rückzahlung verpflichtet sein sollte, so besonders die Kalkulierung der Zinsenlast mit 125.000 S, was bei dem vorgesehenen Zinssatz von 10 % p.a. bedeutet, daß während fünf Jahren die vollen 250.000 S aushaften. Auch der Vertragszweck ergibt keinen bestimmten früheren Rückzahlungstermin. Wenn aber die Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt ist, tritt die Fälligkeit gemäß § 1417 ABGB erst mit dem Tag der Einmahnung ein. Die Feststellungen des Berufungsgerichtes über die vom Kläger an den Beklagten geleisteten Zahlungen sind so zu verstehen, daß die ganzen 278.968 S dem in der Vereinbarung vom 15.2.1978 beschriebenen Zweck dienen sollten. Das rechtliche Schicksal des Differenzbetrages von 28.968 S ist daher von dem des übrigen Betrages nicht verschieden.
Den nach der Vereinbarung vom 15.2.1978 vereinbarten Pachtzins von monatlich 2.250 S hat die klagende Partei zum Zwecke der Aufrechnung nicht geltend gemacht.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger einen Teilbetrag von 146.222 S schon mit der Wechselklage im Jahr 1978 fälliggestellt hätte (Vorbringen in der Tagsatzung vom 1.4.1985), denn es ging dabei um den dann gescheiterten Plan, diesen Betrag durch Eskomptierung eines Wechsels schon vor der Fälligkeit des Darlehens aufzubringen.
Zutreffend nahm daher das Berufungsgericht an, daß im Zeitpunkt des Entstehens des gesetzlichen Pfandrechtes nach § 19 a RAO die in der Oppositionsklage geltend gemachte Darlehensforderung des Klägers noch nicht fällig war.
Mit einer zwar schon entstandenen, aber noch nicht fälligen Gegenforderung kann jedoch der Schuldner einer mit dem Pfandrecht des § 19 a RAO belasteten Kostenforderung, nachdem der Rechtsanwalt im Sinne des § 19 a Abs 4 RAO die Bezahlung der Kosten an ihn verlangt hat, nur aufrechnen, wenn sich diese Kostenforderung und die Gegenforderung im Zeitpunkt des Entstehens der Kostenforderung schon aufrechenbar gegenüberstanden (RSpr 1933/113, EvBl 1967/121). Der Unterschied zum gewöhnlichen Fall der Verpfändung oder Pfändung einer Forderung liegt hier darin, daß die fragliche Kostenforderung überhaupt nur mit der Belastung durch das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwaltes nach § 19 a RAO existent wird (Heller-Berger-Stix 388, Rummel in Rummel, ABGB, Rz 25 zu § 1440). Nur im erstgenannten Fall gilt nach herrschender Ansicht der Grundsatz, daß die Rechtsstellung des Schuldners durch eine Verpfändung oder Pfändung der Forderung nicht geändert wird und daher ein bloßes Fälligwerden der Gegenforderung nach Entstehung des Pfandrechtes an der Hauptforderung die Aufrechnung nicht ausschließt (nur solche Fälle betreffen auch die in der Revision zitierten Entscheidungen SZ 46/49 oder SZ 51/67).
Den allenfalls in Betracht kommenden Oppositionsgrund, dem Beklagten stehe ähnlich wie nach einer Zession (vgl. zum dabei entstehenden Formulierungsproblem SZ 43/21) wegen des gesetzlichen Pfandrechtes seines Vertreters die betriebene Forderung gar nicht mehr zur Zahlung an ihn selbst, sondern nur mehr zum gerichtlichen Erlag oder zu Handen des Pfandgläubigers zu, hat die klagende Partei nicht geltend gemacht.
Der in der vereinzelten Entscheidung SZ 19/320 vertretenen Auffassung, bei Eintreibung einer Kostenforderung durch die Partei statt durch den Anwalt könne die verpflichtete Partei gegen die betreibende Partei eine Gegenforderung ohne Bedachtnahme auf das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwaltes geltend machen, schließt sich der erkennende Senat nicht an, weil es nach der Belastung einer Forderung mit dem gesetzlichen Pfandrecht an der Gleichartigkeit der Kostenforderung, gegen die die klagende Partei aufrechnen will, mit ihrer Forderung, mit der sie aufrechnen will, fehlt. So wie der Kostenschuldner nach der Entstehung des gesetzlichen Pfandrechtes des Rechtsanwaltes nicht mehr schuldbefreiend an den Kostengläubiger zahlen kann, kann er auch nicht aufrechnen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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